I.
Der Antragsteller <ASt> begehrt im Beschwerdeverfahren, ihm vorläufig weitere Leistungen für Unterkunft <KdU> und Heizung bis zur Höhe seiner tatsächlichen Aufwendungen von 654,81 € monatlich zu zahlen. Umstritten ist insbesondere, ob der Antragsgegner <AG> nach einem zwischenzeitlichen Ausscheiden des ASt aus dem Leistungsbezug sich auf eine im Januar 2008 ausgesprochene Kostensenkungsaufforderung berufen kann.
Der 1956 geborene ASt bewohnt seit November 1992 eine 3-Zimmer und 101,32 qm große Wohnung in B-S (Mietvertrag vom 08. Oktober 1992). Monatlich fallen hierfür seit dem 01. Juni 2009 eine Brutto-Kaltmiete von 571,81 € (Mieterhöhung vom 26. Februar 2009) und Abschlagskosten von 83,- € für Gas (Mitteilung B Gaswerke Aktiengesellschaft <GASAG> vom 20.11.2009), mithin 654,81 €, an. Der ASt ist als selbständiger Autor und Regisseur tätig und stand bereits im Januar 2008 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch <SGB II>. Mit Schreiben vom 08. Januar 2008 forderte ihn der AG auf, die KdU und Heizung (damals 540,51 € Kaltmiete zzgl 48,62 € Nebenkosten) auf mindestens 360,- € monatlich innerhalb der nächsten sechs Monate zu senken und nahm mit bestandskräftigen Bescheid vom 25. März 2008 zum 01. August 2008 eine Neuberechnung der Leistungen unter Berücksichtigung der KdU und Heizung auf 360,- € monatlich vor.
Nach Ende des Leistungsbezugs zum 30. September 2009 beantragte der ASt erst am 04. Januar 2010 erneut, ihm wieder Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Dabei gab er aus seiner selbständigen Tätigkeit ein monatliches negatives Einkommen von 100,- € an, während er in 2009 noch Bruttoeinkünfte von zusammen 16.871,- € (zzgl Umsatzsteuer) erzielt habe. Von diesen Einkünften habe er allein 5.000,- € an das Finanzamt überwiesen (Bescheid Finanzamt S vom 19. März 2009 für 2007 über eine Steuerfestsetzung von 6.840,- € Einkommenssteuer zzgl 324, 99 € Solidaritätszuschlag) und zur Deckung laufender Kosten habe er „… etliche Rechnungen auflaufen lassen und ... (sich) ... privat bei Freunden verschuldet …“.
Mit Bescheid vom 29. Januar 2010 bewilligte der AG dem ASt für die Zeit vom 04. Januar bis zum 30. Juni 2010 vorläufig Leistungen nach dem SGB II von monatlich 737,- € (Regelleistung 359,- € zzgl KdU und Heizung 378,- €). Auf den Widerspruch vom 02. Februar 2010 nahm der AG mit Bescheid vom 10. Februar 2010 eine Neuberechnung der Leistungen vor (Regelleistung 359,- € zzgl KdU und Heizung 415,18 €), da gemäß Nr 3.2.1 der „Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII“ <AV-Wohnen> des Landes Berlin die Richtwerte bei bestehenden Wohnraum in besonders begründeten Einzelfällen in der Regel um bis zu 10 % überschritten werden können, insbesondere bei längerer Wohndauer (mindestens 15 Jahre).
Zuvor hatte der ASt am 08. Februar 2010 vor dem Sozialgericht B <SG> die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, da er Gefahr laufe, aufgrund des zwischenzeitlich bereits aufgelaufenen Mietrückstands von 571,81 € (Schriftsatz vom 12. Februar 2010) seine Wohnung zu verlieren. Ein neuer Bedarf von „ALG II“ sei für ihn nicht absehbar gewesen, und er habe keinen Grund gehabt, nach mehr als 17 Jahren in der Zeit seines Nichtleistungsbezuges vom 01. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2009 umzuziehen.
Mit Beschluss vom 18. Februar 2010 hat das SG den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die vorübergehende Unterbrechung des Leistungsbezuges führe nicht zu einer Verpflichtung des AG zu einer Übernahme unangemessen hoher KdU und Heizung. Dem ASt treffe eine Kostensenkungsobliegenheit, denn seit dem 08. Januar 2008 habe er Kenntnis davon gehabt, dass seine Mietaufwendungen unangemessen hoch seien. Nach Auffassung des SG sei für einen 1-Personenhaushalt eine Bruttokaltmiete von monatlich 308,50 € (238,00 € Kaltmiete zzgl 70,50 € Nebenkosten) angemessen.
Gegen den am 23. Februar 2010 zugestellten Beschluss hat der ASt am 24. Februar 2010 mit der Begründung Beschwerde eingelegt, sein Antrag vom 04. Januar 2010 sei sowohl in Form als auch in der Sache ein Neuantrag und gerade keine vorübergehende Unterbrechung des Leistungsbezuges gewesen. Für ihn sei nicht absehbar gewesen, dass er im Januar 2010 für einen Übergangszeitraum erneut SGB II Leistungen benötigt habe, so dass ihm zumindest für eine Übergangszeit ein Anspruch auf Übernahme der vollen KdU und Heizung zustehe.
Seinem schriftsätzlichen Vorbringen ist zu entnehmen, dass er sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts B vom 18. Februar 2010 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm im Zeitraum vom 04. Januar 2010 bis zum 31. Januar 2010 vorläufig weitere 223,08 € und vom 01. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2010 monatlich weitere 239,63 € als Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen.
Der AG hat beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2010 zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses und auf seinem, am 30. April 2010 erlassenen Widerspruchsbescheid, gegen den der ASt am 05. Mai 2010 vor dem SG B sein Begehren in der Hauptsache weiter verfolgt hat. Ergänzend hat er die Auffassung vertreten, dass lediglich in Fällen, in denen der Hilfebedarf zwischenzeitlich überwunden worden sei, einem Leistungsempfänger nicht unbedingt vorgeworfen werden könne, er habe die Phase wirtschaftlicher Erholung zum Wohnungswechsel nutzen müssen. Ein solcher Fall liege bei dem ASt nicht vor, so dass die Kostensenkungsaufforderung vom 08. Januar 2008 aus der Zeit des früheren Leistungsbezugs fortwirke.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts den Widerspruchsbescheid vom 30. April 2010 und den bestandskräftigen Neuberechnungsbescheid vom 25. März 2008 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen (Teil-) Leistungsakte des AG Bezug, die Gegenstand der Beratung geworden sind.
II.
Die Beschwerde, über die der Senat ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§§ 12 Abs 1 Satz 2, 176 Sozialgerichtsgesetz <SGG>), ist zulässig, da insbesondere der ablehnende Bescheid vom 29. Januar 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 10. Februar 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2010 noch nicht bestandskräftig ist (§ 86b Abs 3 SGG, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Randnummer <Rn> 26d). In der Sache ist die Beschwerde aber nicht begründet. Wie das SG im angefochtenen Beschluss zutreffend entschieden hat, liegen die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nicht vor.
Rechtsfehlerfrei hat das SG dabei den Streitgegenstand auf die Höhe der KdU und Heizung beschränkt, denn nach der Rechtsprechung <Rspr> des Bundessozialgerichts <BSG>, der der Senat folgt, handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU und Heizung bewilligt worden ist um eine gesondert anfechtbare, abgetrennte Verfügung (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 4 AS 8/08 R - juris.de; Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - Sozialrecht <SozR> 4-4200 § 22 Nr 1, mit weiteren Nachweisen <mwN>). Zudem ist der geltend gemachte Anspruch im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ebenso wie im anhängige Hauptsacheverfahren durch den im Bewilligungsbescheid vom 29. Januar 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 10. Februar 2010 auf den im Bescheid festgestellten Leistungszeitraum vom 04. Januar bis zum 30. Juni 2010 beschränkt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 19/09 R - juris.de, mwN; Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Oktober 2008 – L 3 B 530/08 AS ER – juris.de).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruch ist, worauf das SG ebenfalls zu Recht hingewiesen hat, § 86b Abs 2 Satz 2 SGG (Regelungsanordnung). Danach kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des ASt vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 86b Abs 2 Satz 1 SGG). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, dh die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht < NVwZ> 2005, Seite 927; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, am angegebenen Ort <aaO>, § 86b Rn 27 f mwN).
Die danach zum Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung notwendigen Voraussetzungen liegen nicht vor:
Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit <iVm> § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung <ZPO>) eines Anordnungsanspruchs. Mit dem SG geht der Senat davon aus, dass der ASt zwar hilfebedürftig im Sinne des <iSd> § 7 SGB II ist, aber kein weiterer Anspruch auf Übernahme von weiteren 1.418,13 € in Form der Differenz zwischen den anerkannten und den tatsächlichen KdU und Heizung besteht.
Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden die KdU und Heizung grundsätzlich nur in Höhe der angemessenen Kosten vom AG erbracht. Nach dem Stand des Verfahrens kann der Senat es unentschieden lassen, was im hier zur Entscheidung stehenden Einzelfall für den 1-Personenhaushalt des ASt nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II als KdU und Heizung tatsächlich als angemessen anzusehen ist, denn diese sind nach der ständigen Rspr des Senats nach allen in Betracht kommenden Berechnungsmethoden zur Ermittlung der Angemessenheit der KdU und Heizung (grundlegend Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Februar 2010 - L 19 AS 129/10 B ER - juris. de; speziell zu der vom SG zu Grunde gelegten Berechnung anhand des B Mietspiegels Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2009 - L 26 AS 407/07, Revision anhängig unter B 14 AS 2/10 R; Urteil vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08, Revision anhängig unter B 14 AS 65/09 R; Urteil vom 31. März 2009 - L 29 AS 1164/08, Revision anhängig unter B 14 AS 85/09 R; - alle juris.de; Schifferdecker/Irgang/Silbermann, in Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, 2010, 28, mwN; zu der vom BSG entwickelten Produkttheorie bereits BSG, Urteil vom 06. November 2006 – B 7 AS 18/06 R – aaO; differenzierend BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – juris.de – schlüssiges Konzept -; zur Heizkostenberechnung BSG, Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R – BSG-Entscheidungssammlung <BSGE> 104, 41 mit Anmerkung Neunaher in jurisPK-SozR 26/2009 Anm 1; zur Berechnung nach der AV-Wohnen des Landes Berlin, Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Februar 2010 – aaO; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2009 – B 1 AS 1/08 R – juris. de – unangemessene Unterkunftskosten im Wege einer Verwaltungsvorschrift -) jedenfalls nicht höher als die von dem AG nach der AV-Wohnen des Landes Berlin für den ASt berechneten 415,18 €. Insoweit nimmt der Senat nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung des § 142 Abs 2 Satz 3 SGG Bezug auf die zutreffenden Berechnungsbeispiele des SG im angefochtenen Beschluss vom 18. Februar 2010. Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass auch die Ermittlung des Höchstbetrages für Miete nach § 12 Wohngeldgesetz <WoGG> (dazu Beschluss des erkennenden Senates vom 23. Februar 2010 - aaO; Urteil BSG vom 20. September 2009 – aaO) zu keinem anderen Ergebnis führt. Bei einem 1-Personenhaushalt und der Mietstufe IV (dazu Bundesminister für Verkehr, Bau und Städtebau, Übersicht über Mietstufen der Gemeinden in den Ländern ab 2009 – www.bmvbs.de) ergibt sich aus der Tabelle zu § 12 Abs 1 WoGG lediglich ein Höchstbetrag der monatlichen Kaltmiete von 358,- € zzgl Heizkosten von 24,- € (§ 12 Abs 6 WoGG), mithin KdU und Heizung von zusammen 382,- €, der ebenfalls unter den bereits vom AG anerkannten monatlichen Leistungen von 415,18 € für KdU und Heizung liegt.
Entgegen seiner Rechtsauffassung ergibt sich für den ASt auch kein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind die Aufwendungen für KdU und Heizung, soweit sie – wie hier – nach den Besonderheiten des Einzelfalls den angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen … so lange zu berücksichtigen, wie es diesem … nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch nicht länger als sechs Monate (bereits einschränkend hinsichtlich dieses 6-Monatszeitraums BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Der ASt hat weder Umstände behauptet, noch in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht, die der Zumutbarkeit und der Möglichkeit zur Kostenreduzierung bis zum 03. Januar 2010 entgegenstehen; noch sind solche nach Lage der Akten für den Senat erkennbar. Der Senat hat auch keine Zweifel an der subjektiven Möglichkeit des ASt zur Kostenreduzierung (dazu BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – aaO), denn insbesondere konnte er bei der erneuten Antragstellung am 04. Januar 2010 nicht darauf vertrauen, ihm stehe eine erneute „Schonzeit“ nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II zu.
Dies folgt unmittelbar aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, der bereits nach seinem Wortlaut keine Kostensenkungsaufforderung enthält (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 70/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 8, vgl auch zu den Nachwirkungen von Kostensenkungsaufforderungen durch den Sozialhilfeträger BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 10/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 2). Sind dem Leistungsempfänger danach die maßgebenden Gesichtspunkte bekannt, bedarf es keiner weiteren Aufklärung und Information durch den AG mehr.
So liegt der Fall hier. Der AG hat den ASt bereits mit Informationsschreiben vom 08. Januar 2008 auf die unangemessen hohen KdU und Heizung hingewiesen. Die Warnfunktion aus diesem Schreiben bestand nach den Umständen des hier allein zur Entscheidung stehenden Einzelfalls über den 30. September 2008 (Ende des letzten Leistungsbezugs) dauerhaft fort. Zwar wird, worauf der ASt zu Recht hingewiesen hat, in der Rspr (Beschluss LSG Niedersachsen-Bremen vom 18. Mai 2009 – L 9 AS 529/09 B ER – juris. de, mit Anmerkung Padé, jurisPR-SozR 25/2009) teilweise die Auffassung vertreten, dass nach einem zwischenzeitlich länger als ein Jahr dauernden Ausscheiden eines Leistungsempfängers aus dem Leistungsbezug davon ausgegangen werden kann, dass die Warnfunktion einer weit zurückliegenden Kostensenkungsaufforderung erloschen sei und die Grundregel des § 22 SGB II greife, wonach zeitlich befristet die vollen KdU und Heizung vom Grundsicherungsträger zu übernehmen seien. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass der Leistungsempfänger während dieser Zeit aus dem ihm zur Verfügung stehenden Einkommen seine – jedenfalls – grundsicherungsrechtlich unangemessenen hohen Kosten der Unterkunft tragen konnte und so darauf vertrauen durfte, bei Eintritt einer neuen Hilfebedürftigkeit nicht gezwungen zu sein, seine bisherige Wohnung sofort aufgeben zu müssen. Ihm solle vielmehr nach Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II eine Übergangszeit verbleiben, in der er sich um geeignete Kostensenkungsmaßnahmen selbst bemühen kann.
Ein solcher Fall liegt hier gerade nicht vor. Anders als in dem vom LSG Niedersachsen-Bremen entschiedenen Sachverhalt, hatte der ASt die „Schonzeit“ von längstens sechs Monaten bereits während seines vorherigen Leistungsbezugs im Jahr 2008 vollständig ausgeschöpft. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug konnte er nach seinem eigenen Vorbringen nicht davon ausgehen, dauerhaft seine Hilfebedürftigkeit überwunden zu haben. Tatsächlich erzielte er im ersten Quartal 2009 nach eigener Einlassung lediglich ein Brutto-Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von 1.000,- € und im 2. Quartal von 3.520,- €. Unter Berücksichtigung der – grundsicherungsrechtlich unangemessen – hohen Wohnkosten und von Freibeträgen nach dem SGB II lag danach durchgehend Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vor. Obwohl sich die Einkommenssituation im 3. und 4. Quartal 2009 etwas besser gestaltete (5.885,- € bzw 6.466,- €) drohte ihm angesichts der jedenfalls seit März 2009 bekannten Steuernachforderung und den von ihm im Antrag vom 04. Januar 2010 selbst eingeräumten - und bisher noch gar nicht berücksichtigten - laufenden Betriebsausgaben durchgehend Hilfebedürftigkeit bzw der jederzeitige Wiedereintritt von Hilfebedürftigkeit. Insoweit traf ihn durchgehend die in § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II normierte Obliegenheit, alle Möglichkeiten zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, der er nach eigener Einlassung in keiner Weise nachgekommen ist. Als potentieller Hilfebedürftiger hatte es der ASt gerade nicht in der Hand, durch die Nicht-Geltendmachung der ihm (wohl) zustehende Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II erneut in den Genuss der „Schonzeit“ nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II zu kommen, was allein einen irgend gearteten Vertrauenstatbestand ausschließt (wie hier: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 11. Januar 2010 – L 8 B 211/08 – juris.de; im Ergebnis wohl auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Oktober 2008 – aaO). Für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung spricht zudem die weitere Einlassung des ASt im Leistungsantrag vom 04. Januar 2010, wonach der „im Verlauf des Jahres etliche Rechnungen“ habe auflaufen lassen müssen und sich privat verschuldet habe. Dabei bleibt es bei der hier gegebenen Prüfungsdichte dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, die konkrete Einkommenssituation und die Gründe des ASt für sein zwischenzeitliches Ausscheiden aus dem Leistungsbezug näher zu ermitteln.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 und 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden, § 177 SGG.