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Säumniszuschlag; Verjährung; Verwirkung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat Entscheidungsdatum 13.10.2011
Aktenzeichen L 22 R 388/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 24 SGB 4, § 25 SGB 4, § 184 SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten für beide Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 10 725,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von 10 725,00 Euro für die verspätete Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen einer Nachversicherung.

Der 1971 geborene RS (im Folgenden: Beamter) stand in der Zeit vom 01. Sep 1988 bis zum 31. März 1991 als Polizeihauptwachtmeister-Anwärter im Beamtenverhältnis (auf Widerruf) beim Kläger und schied ohne Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung aus. Mit Schreiben vom 28. Januar 1991 erklärte er, dass er nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Schutzpolizei eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben werde. Zum 01. September 1991 nahm er eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf.

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens des Beamten bei der Beklagten forderte die Beklagte den Kläger zur Prüfung der Nachversicherung und Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen auf. Unter dem 25. September 2008 stellte der Kläger die Bescheinigung nach § 185 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zur Nachversicherung des Beamten aus und übersandte diese an die Beklagte. Die errechneten Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 8 068,85 Euro wurden an die Beklagte überwiesen (Wertstellung zum 25. September 2008).

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 26. November 2008 zur Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von 10 725,00 Euro an. Sie ging dabei von der Fälligkeit der Beiträge am 01. April 1991 und einer ab dem 01. Januar 1995 beginnenden Säumnis in Höhe von 165 Monaten aus.

Mit Schreiben vom 02. Januar 2009 erhob der Kläger die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen. Nach der bisherigen Praxis seien die Nachversicherungen nach Abschluss der notwendigen Ermittlungen und Feststellung der Nachversicherungspflicht bzw. in Einzelfällen nach Aufforderung des ehemaligen Beschäftigten oder des zuständigen Rentenversicherungsträgers umgehend durchgeführt worden. Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen sei eine Nachversicherung des Beamten bis zum 30. Juni 1991 und danach nicht erfolgt. Nachversicherungsbeiträge seien am 22. September 2008 aus Gründen der Fürsorge überwiesen worden, obwohl im vorliegenden Fall die Verjährung des Beitragsanspruchs nach § 25 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) eingetreten sei. In einem solchen Fall seien Säumniszuschläge jedenfalls nicht mehr zu entrichten.

Mit Bescheid vom 09. Juli 2009, eingegangen beim Kläger am 17 Juli 2009, forderte die Beklagte auf die von ihm gezahlten Nachversicherungsbeiträge Säumniszuschläge in Höhe von 10 725,00 Euro. Der Beitragsanspruch und damit der Anspruch auf Säumniszuschläge sei zum Zeitpunkt der Beitragszahlung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) auch noch nicht verjährt gewesen. Ein Anspruch auf Säumniszuschläge verjähre nämlich erst nach Ablauf von 30 Jahren, wenn die betreffenden Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien. Nach dem Ausscheiden des Beamten aus der versicherungsfreien Beschäftigung sei hier das Vorliegen eines Aufschubgrundes durch Erteilen einer Aufschubbescheinigung nicht geltend gemacht worden; die Nachversicherungsbeiträge seien daher am 01. April 1991 fällig geworden. Im Hinblick auf die Ausführungen in dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Juni 1990 (12 RK 13/89) werde eine 30-jährige Verjährungsfrist für den Anspruch auf Nachversicherungsbeiträge generell für anwendbar gehalten, da der Kläger grundsätzlich Kenntnis von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge gehabt habe.

Hiergegen richtet sich die am 14. August 2009 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobene Klage. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Erhebung des Säumniszuschlages treuwidrig gewesen sei und zudem verjährt. Die Erhebung des Säumniszuschlages sei treuwidrig, weil bis zum Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 diese in vergleichbaren Fällen ausnahmslos von der Möglichkeit, Säumniszuschläge zu erheben, keinen Gebrauch gemacht habe. Mit diesem Schreiben habe sie der Personalstelle des Klägers mitgeteilt, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis zur Erhebung von Säumniszuschlägen wegen verspäteter Nachversicherungsbeiträge aufgebe und künftig in allen Fällen Säumniszuschläge erheben würde. Mit dem angefochtenen Bescheid werde ein Säumniszuschlag für zurück liegende Zeiträume erhoben, in denen die Beklagte ihre Verwaltungspraxis noch nicht geändert gehabt hätte. Damit setze sich die Beklagte in Widerspruch zu ihrer eigenen, jedenfalls bis April 2003 praktizierten Verfahrensweise. Darüber hinaus verstoße die Beklagte gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, wenn sie zunächst das Unterbleiben der Beitragszahlungen über einen Zeitraum von acht Jahren widerspruchslos dulde und später einen Säumniszuschlag erhebe, der das gesetzlich Mögliche bis auf den Grund abschöpfe, ohne dass sie ihrem eigenen Vorverhalten Rechnung trage. Die Ansprüche auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge seien ausgehend von einer Fälligkeit am 01. April 1991 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zum 31. Dezember 1995 verjährt gewesen, somit bereits seit über zwölf Jahren einredebehaftet. Mache die Beklagte ihre Ansprüche erst im Jahre 2008 geltend, so beruhe die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge allein auf Kulanz und Fürsorge, und weil es unbotmäßig erscheine, wenn sich öffentlich-rechtliche Leistungsträger gegenseitig schädigten. Der Anspruch auf Zahlung des Säumniszuschlages sei ebenfalls gemäß § 25 Abs. 1, 2 SGB IV i. V. m. § 217 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) am 31. Dezember 1995 verjährt gewesen. Im vorliegenden Fall könne nicht von einer längeren 30-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausgegangen werden, da die Nachversicherungsbeiträge nicht vorsätzlich vorenthalten worden seien. Es sei ein voluntatives Element erforderlich. Dieses müsse anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden. Allgemein gehaltene Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes genügten gerade nicht. Dies verkenne die Beklagte, wenn sie ein bedingt vorsätzliches Vorenthalten der Beiträge grundsätzlich annehme, sobald ein öffentlicher Arbeitgeber nach Ablauf von drei Monaten seit dem Ausscheiden des Beschäftigten noch keine Entscheidung über den Aufschub der Nachversicherung ohne die Zahlung der Beiträge getroffen habe. Damit würde der Vorsatz ohne weiteres unterstellt bzw. fingiert werden. Dies lasse sich jedoch weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Regelungen des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vereinbaren. Vorsatz bezüglich der Nichtzahlung der Beiträge sei bei der unterlassenen Nachversicherung im Jahre 1995 nicht feststellbar. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nichtabführung der Beiträge im vorliegenden Fall billigend in Kauf genommen oder gar wissentlich und willentlich betrieben worden wäre. Eine Nachversicherung sei aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen bis zum 30. Juni 1991 und danach nicht erfolgt. Allerdings erscheine es lebensfremd anzunehmen, der Sachbearbeiter hätte die Archivierung mit Bedacht vorgenommen und dabei die Nichtabführung des Nachversicherungsbeitrages zumindest billigend in Kauf genommen. Soweit die Rechtsauffassung des Klägers der Rechtsauffassung des BSG zur Frage der Verjährung in seinem Urteil vom 17. April 2008 (B 13 R 123/07 R) entgegenstehe, könne der Kläger den Ausführungen des BSG nicht folgen. Soweit das BSG die Auffassung vertrete, man könne und müsse dem Nachversicherungsschuldner, der jedenfalls Kenntnis von seiner Nachversicherungspflicht habe, grundsätzlich auch eine bedingt vorsätzliche Vorenthaltung der Beiträge unterstellen, führe dies zu einer Beweislastumkehr, die den Schuldner nach Auffassung des BSG dazu verpflichte, einzelne Umstände zur Entkräftung des Vorsatzvorwurfs vorzutragen. Dies sei vom Gesetzgeber eindeutig nicht vorgesehen. Bei der Personalstelle des Polizeipräsidenten in Berlin seien über 25 000 Personalakten der Polizeimitarbeiter zu verwalten, was unvermeidlich dazu führe, dass einzelne Veranlassungen in der Sachbearbeitung schlicht übersehen oder vergessen würden. Hierbei handele es sich um den klassischen Fall einer fahrlässig fehlerhaften Vorgangsbearbeitung. Dem Sachbearbeiter darüber hinaus auch Vorsatz unterstellen zu wollen, gehe dagegen völlig an der Realität vorbei.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass der Anspruch auf Säumniszuschläge nicht verwirkt sei. Ihr bloßes „Nichtstun“ oder Schweigen reiche als Verwirkungshandeln nicht aus; es müsse darüber hinaus ein konkretes Verhalten des Gläubigers hinzukommen, welches beim Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt habe, dass eine Forderung nicht bestehe oder nicht geltend gemacht werde. Insoweit müsste der Kläger nachweisen, dass er vor der Zahlung der Nachversicherungsbeiträge eine konkrete Auskunft der Beklagten erhalten habe. Eine solche konkrete Auskunft der Beklagten sei weder behauptet noch ersichtlich. Aus dem vom Bundesministerium des Innern veröffentlichten Informationsblatt der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, worin neben der künftigen Erhebung von Nachversicherungsbeiträgen auch die Erhebung von Säumniszuschlägen angekündigt werde, könne kein Verjährungsschutz hergeleitet werden. Die Pflicht zur Zahlung sei gesetzlich zum 01. Januar 1995 eingeführt worden. Der Forderungsbescheid sei erst nach Veröffentlichung des o. g. Informationsblattes ereilt worden. Darüber hinaus beziehe sich die Beklagte zur Frage der (Nicht-)Verjährung der Säumniszuschläge auf das Urteil des BSG vom 17. April 2008, Az.: B 13 R 123/07 R.

Nachdem sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG darauf geeinigt hatten, dass im vorliegenden Verfahren die Berechnungsmethode der Beklagten zur Ermittlung der Höhe der Säumniszuschläge so akzeptiert werde, wie sie vorgenommen worden sei und dass die Höhe der jeweiligen Säumniszuschläge nicht im Streit stehe, hat das SG die Klage durch Urteil vom 30. März 2010 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen des Urteils wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen die § 24 Abs. 1 SGB IV vorlägen. Ein Anspruch auf Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für die Versicherte sei unstreitig entstanden. Der Anspruch sei auch erst mit Wertstellung am 25. September 2008 erfüllt worden. Die Fälligkeit der Beitragszahlung sei gemäß § 23 Abs. 4 SGB IV i. V. m. § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bereits am 01. April 1991 eingetreten. Da die Beiträge somit vor dem 01. Oktober 1994 fällig geworden seien, beginne die Säumnis gemäß § 184 Abs. 1 Satz 3 SGB VI am 01. Januar 1995. § 24 Abs. 1 SGB IV sei auch auf Beschäftigungszeiten vor dem 01. Januar 1995 anwendbar, so dass auch bei zu spät erfolgter Beitragsnachentrichtung Säumniszuschläge zu erheben seien. Bereits in der Fassung des § 24 Abs. 1 SGB IV vom 23. Dezember 1976 sei die Erhebung von Säumniszuschlägen geregelt, jedoch in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt worden. Die ab dem 01. Januar 1995 geltende Fassung bestimme dann, dass Säumniszuschläge zwingend zu erheben seien. Dass diese Vorschrift auch auf Beiträge Anwendung finde, die vor dem 01. Januar 1995 fällig geworden seien, ergebe sich eindeutig aus der seit dem 01. Januar 2008 geltenden Fassung des § 184 Abs. 1 Satz 3 SGB VI, welcher für diese Beiträge eine entsprechende Regelung zum Säumnisbeginn trifft. Diese Vorschrift sei nach der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 16/6540, Seite 13, 28) der bisherigen Praxis nachgebildet, so dass sich hier auch keine Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers ergäben. Der Erhebung der Säumniszuschläge stünde vorliegend auch nicht § 24 Abs. 2 SGB IV entgegen. Denn danach sei, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt werde, ein Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Beitragspflicht gehabt habe. Die Regelung finde auch in Fällen wie dem vorliegenden Anwendung, in denen die Beitragsschuld vom Beitragsschuldner selbst ermittelt und durch die Zahlung dokumentiert sei (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 13 RJ 28/03 R, zitiert nach juris). Der insoweit beweisbelastete Kläger habe vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Pflicht der Zahlung der Nachversicherungsbeiträge gehabt habe. Zwar könne eine Körperschaft des öffentlichen Rechts genauso wenig selbst „Kenntnis“ haben wie eine juristische Person des Privatrechts. Es sei jedoch der Grundsatz zu beachten, dass jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherzustellen habe, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden könnten. Sie müsse es deshalb so einrichten, dass ihre Repräsentanten, die dazu berufen seien, im Rechtsverkehr bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen, die erkennbar erheblichen Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weiterleiten würden. Hieraus folge die Notwendigkeit eines internen Informationsaustausches. Die Notwendigkeit eines Informationsaustausches bedinge entsprechende organisatorische Maßnahmen. Wenn es an derartigen organisatorischen Maßnahmen fehle, müsse sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter - auf welcher Ebene auch immer diese angesiedelt seien - zurechnen lassen (Bezugnahme auf Urteil des BSG vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R, zitiert nach juris). Vorliegend sei dem Kläger bekannt gewesen, dass der Versicherte unversorgt aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sei. Mit dem unversorgten Ausscheiden hätten damit die Voraussetzungen des Nachversicherungsfalls - vorbehaltlich des Vorliegens eines Aufschubgrundes - vorgelegen. Vorliegend seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger unverschuldet keine Kenntnis von der Verpflichtung zur Nachversicherung gehabt haben könnte. Bereits das Vorbringen des Klägers, welcher sich bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen auf Vertrauensschutz berufe, mache deutlich, dass Kenntnis von der Nachversicherungspflicht bestanden habe. Es seien auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Aufschubtatbestandes ersichtlich. Der Anspruch der Beklagten auf die erhobenen Säumniszuschläge sei auch nicht gemäß § 25 SGB IV verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährten Beitragsansprüche und die entsprechenden Säumniszuschläge als abhängige Nebenleistungen (§ 25 Abs. 2 SGB IV i. V. m. § 218 BGB) in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Vorliegend sei die Verjährungsfrist von 30 Jahren maßgeblich, da von einem vorsätzlichen Verhalten des Klägers auszugehen sei. Der Begriff des vorsätzlichen Vorenthaltens schließe dabei den bedingten Vorsatz mit ein. Für den bedingten Vorsatz sei ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflichten nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Sei eine natürliche Person Beitragsschuldner, werde im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht (rechtzeitig) gezahlt worden seien, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass der Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten habe. Denn die Rechtspflicht zur Beitragszahlung habe zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen sei. Wenn somit feststehe, dass der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht gehabt und die Zahlung nicht sichergestellt habe, obwohl er hierzu in der Lage gewesen sei, indiziere dies den Vorsatz. Dann möge der Schuldner besondere, im Einzelfall zu prüfende Umstände vortragen, die diesen Vorwurf aus seiner Sicht entkräften und ein ähnliches Gewicht hätten wie eine Zahlungsunfähigkeit oder ein nicht zuzurechnendes Verschulden Dritter. Dementsprechend müsse es für die Annahme eines vorsätzlichen Verhaltens auch bei einer juristischen Person oder aber einer Körperschaft öffentlichen Rechts ausreichen, dass dieser die Kenntnis von der Beitragspflicht zugerechnet werde (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 17. April 2008, a. a. O.). Wenn also dem Kläger die Kenntnis von der Nachentrichtungspflicht der Nachversicherungsbeiträge zuzurechnen sei und er die Zahlung der Beiträge nicht organisatorisch sichergestellt habe, folge hieraus auch in der Regel, dass die verlängerte 30-jährige Verjährungsfrist im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuwenden sei. Entsprechend konkrete organisatorische Maßnahmen bzw. Vorkehrungen zur Überprüfung der rechtzeitigen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge seien nicht getroffen worden. Insoweit sei es nicht ausreichend, wenn Verfügungsvordrucke für den Fall des Ausscheidens eines Beamten existierten (wie vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vorgetragen), auf denen die Nachversicherung als abzuarbeitender Punkt aufgeführt sei, denn eine abschließende Kontrolle der tatsächlichen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge sei damit nicht gewährleistet. Es sei daher von einem Organisationsverschulden des Klägers auszugehen. Habe eine zurechenbare Kenntnis von der Beitragspflicht bestanden und der Kläger es dennoch unterlassen, die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge sicherzustellen, indiziere dies den im Sinn von § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erforderlichen Vorsatz. Umstände, die geeignet seien, diesen Vorwurf zu entkräften und die ein ähnliches Gewicht gehabt hätten, wie z. B. eine Zahlungsunfähigkeit oder ein nicht zurechenbares Verschulden Dritter, seien weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Kläger könne sich schließlich gegenüber der Erhebung der Säumniszuschläge auch nicht mit Erfolg auf Verwirkung berufen. Dieses Rechtsinstitut könne bereits deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung der Säumniszuschläge führen, weil die Beklagte nicht nur berechtigt, sondern durch die eindeutige Gesetzesregelung des § 24 Abs. 1 SGB IV auch verpflichtet gewesen sei, die entsprechenden Festsetzungen vorzunehmen. Schließlich habe die Beklagte auch nicht mit ihrem Schreiben vom 28. März 2003 auf eine Erhebung von Säumniszuschlägen für vergangene Zeiträume verzichtet. Ein solcher Verzicht wäre für die Beklagte als Träger der öffentlichen Verwaltung lediglich in Form eines Erlasses nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV möglich. Dies setze jedoch eine Prüfung des Einzelfalls voraus. Das Schreiben vom 28. März 2003 beziehe sich jedoch ersichtlich nicht auf den Einzelfall, zumal dieser der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt auch noch gar nicht bekannt gewesen sei (Bezugnahme auf Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 23. Juli 2008, L 6 R 64/06, zitiert nach juris).

Gegen die dem Kläger am 23. April 2010 zugestellte Entscheidung hat er am 04. Mai 2010 Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Nachdem das Verfahren im Hinblick auf den beim BSG geführten Rechtsstreit zum Az.: B 13 R 67/09 R geruht hatte (Beschluss vom 31. Mai 2010), ist es nach der Entscheidung des BSG in diesem Verfahren wieder aufgenommen worden.

Die Berufung wird nach dem genannten Urteil des BSG von der Beklagten mit der Begründung weitergeführt, dass ein Organisationsverschulden des Klägers nicht vorgelegen habe. Der Sachbearbeiter sei offenbar irrtümlich davon ausgegangen, dass für die Nachversicherung darauf abzustellen sei, ob der ausgeschiedene Beamtenanwärter innerhalb eines Jahres nicht eine weitere versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen werden, d. h., der Versicherte habe ein Jahr Zeit, um sich über seine berufliche Zukunft Gedanken zu machen. Eine Entscheidung über die Nachversicherung habe nach Ablauf dieses Zeitraums zu erfolgen. Dies ergebe sich jedenfalls aus der Entlassungsverfügung vom Februar 1991. Der Irrtum sei auch ohne weiteres nachvollziehbar, da jedenfalls bis zum Jahre 1995 in den Fällen einer verspäteten Nachversicherung die Erhebung eines Säumniszuschlages nicht zwingend vorgegeben gewesen sei und tatsächlich auch niemals erfolgt sei. Für den zuständigen Amtswalter habe es also überhaupt kein Verspätungsproblem bei der Nachversicherung ausgeschiedener Beamter gegeben. Vorliegend sei jedoch auch nach Ablauf eines Jahres die Nachversicherungsfrage offenbar nicht wieder aufgegriffen, sondern schlicht vergessen und der Vorgang archiviert worden. Dieser Bearbeitungsfehler des zuständigen Amtswalters sei nicht im Bewusstsein geschehen, die Beiträge zur Nachversicherung einsparen zu wollen. Was die Frage des Organisationsverschuldens betreffe, so seien die Ausführungen des BSG im Urteil vom 17. April 2008, B 13 R 123/07 R, hierzu mit Blick auf die Gesetzeslage in keiner Weise überzeugend. Das BSG behaupte, dass Vorsatz stets vorläge, wenn der Schuldner seine Beitragspflicht gekannt habe und die Zahlung nicht sichergestellt habe, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre. Da der Kläger - wie wohl jede öffentliche Körperschaft - in jedem Einzelfall seine Beitragspflichten kenne und eine Zahlung auch stets sicherstellen könnte, müsste jeder Verspätungsfall als vorsätzliche Vorenthaltung bewertet und mit der 30-jährigen Verjährungsfrist bedacht werden. Für die Geltung der vierjährigen Verjährungsfrist, die in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV grundsätzlich vorgesehen sei, bliebe danach überhaupt kein Anwendungsbeispiel übrig. In die in gleicher Weise falsche Richtung wiesen auch die Überlegungen des BSG, wonach auf das Unterlassen organisatorischer Vorkehrungen zur Vermeidung dieser Fehler (z. B. Schlusskontrolle der Vorgänge) abgestellt werde. Auch insofern gehe es regelmäßig nur um die Verletzung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt, womit üblicherweise ein Fahrlässigkeitsvorwurf zum Ausdruck gebracht werde. Organisationsmängel, die regelmäßig zu Bearbeitungsfehlern führten, würden von keiner öffentlich-rechtlichen Körperschaft bewusst auf Dauer akzeptiert. Auch dieses Indiz unterlassener Vorkehrungen sei daher keinesfalls geeignet, um den Vorsatz eines Schuldners nachzuweisen. Insgesamt entstehe der Eindruck, das BSG habe hier die Rolle des Ersatzgesetzgebers übernommen, um ein nicht gewünschtes Ergebnis zu vermeiden. Das SG sei diesen Überlegungen gefolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09. Juli 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: ) und der Personalakte des Klägers über den Beamten Bezug genommen, die bei gezogen waren und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegt nicht vor, da es bei der Erhebung von Säumniszuschlägen nicht um wirtschaftlich rückgängig zu machende „Leistungs“-Vorgänge geht (vgl. BSG, Urteil vom 02. Juli 2010, B 13 R 67/09 R, Rz. 15, zitiert nach juris) – statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist zwar zulässig, weil es eines Vorverfahrens nach Maßgabe des § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG nicht bedurfte, jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 09. Juli 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).

Rechtsgrundlage für die Forderung der Beklagten auf Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von 10.725,00 Euro ist § 24 SGB IV. Die Höhe des Säumniszuschlages ist, da sich die Beteiligten darüber geeinigt haben, dass der Bescheid wegen der Höhe der Säumnisbeiträge nicht angegriffen werde, nicht zu prüfen.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV gelten die Vorschriften des SGB IV auch für den Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung, die im SGB VI geregelt ist. Eine eigenständige Regelung über die Erhebung von Säumniszuschlägen für fällig gewordene Beiträge, die nach § 1 Abs. 3 SGB IV unberührt bliebe, enthält das SGB VI nicht, so dass bereits von daher von der Anwendung des § 24 SGB IV auf die Vorschriften des SGB VI über die Zahlung von Beiträgen auszugehen ist. Insbesondere enthalten die §§ 181 ff. SGB VI, die die Durchführung der Nachversicherung regeln, keine eigenständige Regelung über die Erhebung von Säumniszuschlägen für fällig gewordene Nachversicherungsbeiträge (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 13 RJ 28/03 R, Rz. 19, 20, zitiert nach juris).

Die Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen liegen hier vor, da der Kläger die Beiträge zur Nachversicherung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat.

Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen, § 24 Abs.1 Satz 1 SGB IV.

Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs. 4 SGB IV nach § 184 Abs. 1 SGB VI. Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorhanden sind. Der Nachversicherungsbeitragsanspruch des Rentenversicherungsträgers entsteht mit Eintritt des Nachversicherungsfalls und wird in der Regel zugleich fällig (BSG Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 zitiert nach juris).

Im vorliegenden Fall sind die Nachversicherungsbeiträge am 01. April 1991 fällig geworden; denn der Nachversicherungsfall ist mit Ablauf des 31. März 1991 mit dem unversorgten Ausscheiden des Beamten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit dem Kläger eingetreten mit der Hauptpflicht des Arbeitgebers gegenüber dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger die – im Regelfall sofort fällig werdenden Nachversicherungsbeiträge zu tragen und unmittelbar an den Rentenversicherungsträger zu zahlen.

Da die Beiträge vor dem 01. Oktober 1994 fällig geworden sind, beginnt die Säumnis nach § 184 Abs. 1 Satz 3 1. HS SGB VI am 01. Januar 1995. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB VI, § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) lagen nicht vor und sind vom Kläger auch nicht behauptet worden. Die Nachversicherungsbeiträge sind bei der Beklagten erst am 25. September 2008, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist auch nicht gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ausgeschlossen, weil der Kläger bezüglich der Nachentrichtung nicht unverschuldet säumig war.

Nach dieser Vorschrift ist in dem Fall, dass eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheitfestgestellt wird, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

Die Vorschrift des § 24 Abs. 2. Satz 1 SGB IV berücksichtigt nach ihrem Gesetzeszweck den Umstand, dass Beitragsforderungen regelmäßig bereits mit Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes entstehen und aufgrund gesetzlicher Regelungen fällig werden, dem Beitragsschuldner aber unter Umständen die Unkenntnis der Beitragspflicht nicht vorgeworfen werden kann. Dies ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn zweifelhaft oder streitig war, ob Versicherungspflicht besteht bzw. nicht besteht oder wenn die Unkenntnis durch unzutreffende Informationen oder Angaben Dritter verursacht ist. Eine solche Situation kann auch bei der Nachversicherung gemäß §§ 181 ff. SGB VI eintreten, weil zwar objektiv der Nachversicherungsfall und die Fälligkeit der Beiträge bereits mit dem unversorgten Ausscheiden eintreten, der Versorgungsträger aber subjektiv unter Umständen noch nicht feststellen kann, ob etwaige Aufschubgründe gemäß § 184 Abs. 2 SGB VI vorliegen.

Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von § 276 BGB entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 13 RJ 28/03 R, Rz. 34).

Der Kläger hat nicht glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

Dies ergibt sich bereits aus seinem Vortrag: Bei der Personalstelle des Polizeipräsidenten in Berlin seien über 25 000 Personalakten der Polizeimitarbeiter zu verwalten, was unvermeidlich dazu führe, dass einzelne Veranlassungen in der Sachbearbeitung schlicht übersehen oder vergessen würden. Hierbei handele es sich um den klassischen Fall einer fahrlässig fehlerhaften Vorgangsbearbeitung. Der Sachbearbeiter sei offenbar irrtümlich davon ausgegangen, dass für die Nachversicherung darauf abzustellen sei, ob der ausgeschiedene Beamtenanwärter innerhalb eines Jahres nicht eine weitere versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen werde, d. h., der Versicherte habe ein Jahr Zeit, um sich über seine berufliche Zukunft Gedanken zu machen. Eine Entscheidung über die Nachversicherung hätte nach Ablauf dieses Zeitraums zu erfolgen gehabt. Dies ergebe sich hier jedenfalls aus der Entlassungsverfügung vom Februar 1991. Der Irrtum sei auch ohne weiteres nachvollziehbar, da jedenfalls bis zum Jahre 1995 in den Fällen einer verspäteten Nachversicherung die Erhebung eines Säumniszuschlages nicht zwingend vorgegeben gewesen sei und tatsächlich auch niemals erfolgt sei. Für den zuständigen Amtswalter habe es also überhaupt kein Verspätungsproblem bei der Nachversicherung ausgeschiedener Beamter gegeben. Vorliegend sei jedoch auch nach Ablauf eines Jahres die Nachversicherungsfrage vom zuständigen Amtswalter offenbar bearbeitungsfehlerhaft nicht wieder aufgegriffen, sondern schlicht vergessen und der Vorgang archiviert worden.

Nach diesem Vortrag ist nicht glaubhaft, dass nicht unverschuldet – mindestens – fahrlässig die den Kläger treffende Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären, über Aufschubtatbestände zu entscheiden und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen jedenfalls bis 25. September 2009 (Datum der Wertstellung der nachgezahlten Nachversicherungsbeiträge; Nachversicherungsbescheinigung erst am 29. September 2008) verletzt worden ist. Diese Pflichten sind unabhängig von der Frage, ob Säumniszuschläge erhoben werden, von dem Kläger wahr zunehmen und nicht erst dann, wenn er solche zu erwarten hat.

Auch das Schreiben der Beklagten vom 28. März 2003 und das beigefügte Informationsblatt stehen entgegen der Auffassung des Klägers dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlages nicht entgegen. Denn das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht auf Säumniszuschläge für vor dem 28. März 2003 fällig gewordene Beiträge. Diesbezüglich schließt sich der Senat den Ausführungen des BSG im Urteil vom 01. Juli 2010 (B 13 R 67/09 R, Rz. 28, zitiert nach juris) an. Das BSG hat ausgeführt:

„Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des Säumniszuschlags für die am 10. Februar 2003 eingegangenen Nachversicherungsbeiträge unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzulassen (Erlassvertrag „pactum d de non petendo“ ... Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort „künftig“, aus dem die Klägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum Zeitpunkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 01.01.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in Nachversicherungsfällen zu erheben und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtages. Dies ist hier nicht geschehen…“

Das BSG hat weiterhin ausgeführt, dass das Geltendmachen des Säumniszuschlages auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) widerspreche; es liege auch keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor. Dazu heißt es in dem genannten Urteil (Rz. 30 ff.) u. a.:

„... Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass diese das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. ...

Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastungen durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die „kurze“, vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet. ... Ein „bloßes Nichtstun“ als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus, ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches beim Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird ...., im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner dass Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf. Dies ist jedoch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen oder Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden sind, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten. ... Derartiges hat jedoch die Klägerin nie behauptet. ...

Keinesfalls kann das Schreiben vom 28.03.2003 mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein Vertrauensverhalten der Klägerin im Sinne der oben angeführten Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die Klägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen Nachversicherungsfällen zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der Zeit zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige Vertrauensverhalten die Klägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige „Rechtsauffassung“ gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom 28.03.2003 und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der Klägerin im Widerspruch stehenden - angefochtenen Säumniszuschlag-Bescheids vom 16.05.2003 liegen. Insofern ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

Die vom Senat in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der Klägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtzeitig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben. ... Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz. ...“

Da es mithin an einer für ein mögliches Vertrauensverhalten kausalen Vertrauensgrundlage hier fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind.

Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des „venire contra factum proprium“ vor. Denn ein Verhalten, dass zum eigenen früheren Verhalten im Widerspruch steht, welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen der Kläger berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das „bloße Nichtstun“ hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des Nachversicherungsverfahrens (so BSG, a. a. O., Rz. 41).

Der Anspruch der Beklagten auf den geltend gemachten Säumniszuschlag wegen verspätet geleisteter Nachversicherungsbeiträge ist auch nicht verjährt. Zwar hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Die Voraussetzungen der Verjährung liegen hier aber nicht vor.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind, § 25 Abs.1 Satz 2 SGB IV.

Für den bedingten Vorsatz, wie ihn diese Vorschrift zumindest voraussetzt, ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. (BSG, a. a. O., Rz. 28). Das BSG hat hierzu im Einzelnen ausgeführt (a. a. O., Rz. 29 ff., zitiert nach juris):

„Jedenfalls dann aber, wenn feststeht, dass der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt - innerhalb der kurzen Verjährungsfrist - Kenntnis von der Beitragspflicht hatte und die Zahlungen nicht sichergestellt hat, obwohl er hierzu in der Lage war, indiziert dies den im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV erforderlichen Vorsatz. Dann mag der Schuldner besondere, im Einzelnen zu prüfende Umstände vortragen, die diesen Vorwurf aus seiner Sicht entkräften und ein ähnliches Gewicht haben wie eine Zahlungsunfähigkeit oder ein nicht zuzurechnendes Verschulden Dritter.

Andernfalls liefe die Verlängerung der Verjährung in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch bei bedingtem Vorsatz ... weitgehend ins Leere. Denn dann könnte sich ein Schuldner nach Ablauf von vier Jahren seiner Zahlungspflicht stets mit der Behauptung entziehen, er habe zwar zunächst von seiner Zahlungspflicht gewusst, die geplante Zahlung sei jedoch unterblieben, weil er die Unterlagen verlegt und dann den Vorgang vergessen habe. Ein derartiger Vortrag wäre kaum zu widerlegen, wobei die Feststellungslast bei demjenigen liegt, der sich auf die Verlängerung der Verjährungsfrist beruft. ...

Auf dieser Grundlage aber muss es für die Annahme eines vorsätzlichen Vorenthaltens im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch bei einer juristischen Person oder aber einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausreichen, dass dieser die Kenntnis von der Beitragspflicht zugerechnet wird. Denn ebenso wie bei der Frage, ob § 24 SGB IV auf Körperschaften des öffentlichen Rechts als Nachversicherungsschuldner anzuwenden ist, besteht auch im Rahmen des § 25 SGB IV kein Grund zu ihrer Bevorzugung.

Im Gegenteil obliegt dem früheren Dienstherrn des nachzuversichernden Beamten diesem gegenüber eine nachwirkende Fürsorgepflicht (vgl. z. B. § 48 Satz 1 Beamtenrechtsrahmengesetz), die Nachversicherungen nicht nur überhaupt, sondern auch unverzüglich durchzuführen. ...“

Unter Berücksichtigung dieses Prüfmaßstabes greift hier die gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verlängerte 30-jährige Verjährungsfrist, die am 09. Juli 2009 – dem Datum des angegriffenen Bescheides – noch nicht abgelaufen war, ein.

Der für den Kläger in Erfüllung seiner originären Aufgaben handelnde zuständige Personalsachbearbeiter hatte innerhalb der kurzen Verjährungsfrist Kenntnis von der Beitragspflicht und hatte gleichwohl die Zahlungen nicht sichergestellt, obwohl er hierzu in der Lage war. Sein Verschulden im Sinne des „billigenden In-Kauf-Nehmens“ der Nichtabführung der Nachversicherungsbeiträge muss sich der Kläger zurechnen lassen.

Der zuständige Personalsachbearbeiter des Polizeiverwaltungsamtes des Klägers hatte hier bereits vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist am 31. März 1995 (Fälligkeit 01. April 1991 plus vier Jahre) Kenntnis vom Eintreten des Nachversicherungsfalls und hatte die Nichtabführung der Beiträge zumindest billigend in Kauf genommen. Denn ihm lag noch vor und im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Beamten dessen eigenhändig unterschriebene Erklärung vom 28. Januar 1991 (auf einem Formvordruck des Klägers) vor, dass er nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Schutzpolizei B eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben werde. Damit wusste der Sachbearbeiter bereits beim Ausscheiden des Beamten, dass die Voraussetzungen für eine Nachversicherung dem Grunde nach hier vorlagen. Dies ergibt sich auch aus dem Entlassungsschreiben des Klägers vom 11. Februar 1991 an den Beamten. Denn darin heißt es, dass „wir Sie in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichern, wenn Sie nicht innerhalb eines Jahres ein anderes rentenversicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis eingehen.“ Zwar wird – wie der Kläger ausgeführt hat – damit auch deutlich, dass damals davon ausgegangen worden ist, dass erst ein Jahr nach Ausscheiden des Beamten über die Durchführung der Nachversicherung zu entscheiden sein werde. Aber spätestens nach Ablauf dieses Jahres wäre auch aus der Sicht des zuständigen Personalsachbearbeiters die notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der Nachversicherung zu verwirklichen gewesen. Dazu ist es aber nicht gekommen, weil spätestens mit der letzten Verfügung in der über den Beamten geführten Personalakte des Klägers vom 14. März 1991 der Vorgang „ZdA“ geschrieben und keine Wiedervorlagefrist – auch nicht, was aus der Sicht des Personalsachbearbeiters zwingend gewesen wäre – eine solche von einem Jahr – verfügt wurde. In dem Zeitpunkt dieser Verfügung nahm der Sachbearbeiter die Nichtabführung der Beiträge zumindest billigend in Kauf.

Aus der Personalakte ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Akte danach wieder – bis zum Beginn des Nachentrichtungsverfahrens mit der Beklagten – bearbeitet worden ist, auch nicht nach Ablauf eines Jahres nach dem Ausscheiden des Beamten.

Tatsachen, die zu einer anderen Bewertung führen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Ein Versehen eines Dritten, das dem Kläger nicht zugerechnet werden müsste, ist nicht ersichtlich.

Da aus den genannten Gründen die 30jährige Verjährungsfrist maßgebend ist, kommt es auf die weitere Frage, ob die Berufung auf die Einrede der Verjährung gegebenenfalls rechtsmissbräuchlich wäre, nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.