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Entscheidung 6 U 96/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 17.01.2012
Aktenzeichen 6 U 96/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.8.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam – 12 O 475/09 – teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 8. Januar 2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 320,42 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 8. Januar 2010 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren der Klägerin zukünftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu tragen, insbesondere auch Kosten von ärztlichen und nichtärztlichen Behandlungen und Medikamenten, soweit diese Folge des Unfalls auf dem Gelände des Filmstudios … während des von der Beklagten veranstalteten Stuntmen-Workshops vom 30. August 2008 sind und diese nicht auf Dritte übergehen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.419,19 € an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, die J… AG, …, zur Rechtsschutzversicherungsnummer 4.18.0000232 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 58 %, die Beklagte 42 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche wegen eines Sturzes der Klägerin von einem fahrenden Pkw, der sich im Rahmen eines von der Beklagten veranstalteten Stuntworkshops am 30. August 2008 im Filmpark … zugetragen hat.

Die Beklagte betreibt entgeltliche Workshops, um Interessierten einen Einblick in die Arbeitswelt der Stuntmen zu verschaffen. Bei diesen Workshops können Laien Stuntübungen unter professioneller Anleitung von Stuntmen ausführen.

Die 1973 geborene Klägerin wollte aufgrund eines ihr zugewendeten Geschenkgutscheins (Bl. 13 d. A.) an dem Wochenende vom 30. bis zum 31. August 2008 an einem Programm der Beklagten zur Absolvierung von Stuntübungen im Filmpark … teilnehmen.

Die Klägerin unterzeichnete am 30. August 2008 vor der Kursteilnahme eine mit "Haftungsausschluss" überschriebene Erklärung (Blatt 19 d. A.) folgenden Inhalts:

Die Teilnahme am Stuntworkshop verlangt gute körperliche sowie geistige Voraussetzungen. Die Teilnahme am Warm Up ist obligatorisch. Bitte teilen Sie uns unbedingt vor Antritt des Workshops mit, wenn Sie sich nicht fit fühlen, krank sind oder nicht ausgeheilte, akute bzw. alte Verletzungen haben. Das Gleiche gilt für Platzangst und Höhenangst. Folgen Sie immer den Anweisungen der Coaches. Beachten Sie bitte, dass i. d. R. die Übungen in Kulissen, Spielstätten durchgeführt werden, die nicht beschädigt werden dürfen. Führen Sie bitte keine eigenmächtigen Übungen durch. Melden Sie bitte unverzüglich Verletzungen, Beschädigungen den Coaches. Während des Workshops sind Sie über die (Beklagte) haftpflicht- sowie unfallversichert. Sollte durch Nichtbeachten/Zuwiderhandlungen obiger Bestimmungen Verletzungen/ Beschädigungen auftreten, so kann die (Beklagte) dafür keine Haftung übernehmen.

Die einzelnen Übungen bestanden u. a. aus einer simulierten Schlägerei, einem Absprung von einem sog. Kübelwagen sowie dem Tragen eines brennenden Feueranzugs. Die Teilnehmer konnten dabei die Übungen mehrfach durchführen.

Die Übung, bei der die Kursteilnehmer sich auf der Beifahrerseite an einem anfahrenden "Kübelfahrzeug" - das ist ein Pkw, bei dem die Beifahrertür fehlt - festhalten und bei einem abrupten Abbremsen des Fahrzeugs aus der Türöffnung auf einen Mattenstapel springen und dort eine Vorwärtsrolle durchführen sollen, wurde zunächst durch einen Stuntman vorgeführt. Er trug dabei weder einen Helm noch sonstige Sicherheitsbekleidung. Die Klägerin absolvierte die Fahrt, den Absprung und die Landung auf den Matten jedenfalls zwei bis drei Mal ohne Probleme.

Vor einer weiteren Fahrt wies ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin darauf hin, dass sie sich weiter vorne auf den Rahmen des Kübelfahrzeugs stellen und ihre Hüfte nicht in den Fahrzeugrahmen klemmen solle, um dadurch besser auf die Matten abspringen zu können. Bei der dann folgenden Fahrt stürzte die Klägerin vor Erreichen des Mattenstapels vom Fahrzeug und prallte mit ihrem Kopf auf den vor dem Mattenstapel befindlichen Betonboden.

Die Klägerin befand sich vom 30.8.2008 bis zum 6.9.2008 in stationärer Behandlung und war bis zum 11.10.2008 arbeitsunfähig. Im Entlassungsbericht des Krankenhauses heißt es, dass sie ein Schädel-Hirn-Trauma II. Grades mit Hirnkontusion und subduralem Hämatom rechts über dem Schläfenhirn und rechts über dem Hinterhauptshirn mit traumatischer Subarachnoidalblutung links über dem Stirnhirn und Schläfenhirn erlitten hatte.

Das Versicherungsunternehmen, bei dem die Beklagte eine Unfallversicherung zugunsten der Klägerin abgeschlossen hatte, beauftragte einen medizinischen Gutachter, der unter dem 14.1.2010 ein nervenärztliches Gutachten erstattete (Bl. 64-78 d. A.). Aufgrund dieses Gutachtens zahlte das Unfallversicherungsunternehmen der Klägerin wegen des vollständigen Verlustes des Geruchssinnes und wegen Störungen der Aufmerksamkeitsleistungen und der exekutiven Funktionen eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 20 % der versicherten Invaliditätssumme von 50.000 €, mithin 10.000 €.

Den von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch wies die Haftpflichtversicherung der Beklagten mit Schreiben vom 26.10.2009 (Bl. 17 d. A.) unter Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen für Stuntman-Workshops einer B… GmbH (Bl. 18 d. A.) zurück.

Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. So sei sie verpflichtet gewesen, ihr vor der Übung einen Helm zum Zwecke der Sturzsicherung auszuhändigen. Dies sei unterblieben. Die Beklagte habe es auch versäumt, die Fahrstrecke bis zum Mattenstapel hin ausreichend abzusichern. Auch bei einer vorsichtigeren Fahrweise wäre der Unfall zu vermeiden gewesen.

Sie hat behauptet, sie habe die Beklagte ausdrücklich nach einem Schutzhelm gefragt, ohne dass die Beklagte dem nachgekommen sei. Sie habe bei voller Fahrt des Fahrzeuges auf den Mattenstapel abspringen sollen. Das Fahrzeug habe unter starker Beschleunigung eine Höchstgeschwindigkeit von über 30 km/h erreicht, bevor der Fahrer ruckartig eine Vollbremsung eingeleitet habe. Dies habe maßgeblich zu ihrer Standunsicherheit geführt, die letztlich mitursächlich für ihren Sturz gewesen sei.

Die Klägerin hat behauptet, mehrere Tage nach dem Unfall habe sie unter Kopfschmerzen, starker Übelkeit, Schwindel und schwallartigem Erbrechen gelitten. Aufgrund des Sturzes sei der Geruchsnerv zerstört und eine starke Beeinträchtigung ihres Geschmackssinns eingetreten. Ihr sei es bis heute lediglich möglich, extreme Geruchs- und Geschmacksrichtungen wahrzunehmen. Infolge des Unfalls habe sie an einer Firmenreise vom 1.9.-5.9.2008 nach Dubai nicht teilnehmen können. Das Regulierungsverhalten der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Aus diesen Gründen stehe ihr ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 65.000 € zu.

Sie habe infolge des Unfalls auch materielle Schäden erlitten. So habe sie ihre zum 30.9.2008 gekündigte Mietwohnung räumen und ein Umzugsunternehmen beauftragten müssen, das ihr 1.198,58 € in Rechnung gestellt habe. Ohne den Unfall hätte sie diesen Umzug selbst und mit Hilfe von Freunden kostenlos durchgeführt. Für die Renovierung der neu zu beziehenden Wohnung habe sie 400,42 € für Malerarbeiten aufwenden müssen, die ohne den Unfall nicht angefallen wären. Sie hätte die Renovierungsarbeiten selbst erledigt. Sie habe außerdem den mit ihrer privaten Krankenversicherung vereinbarten Selbstbehalt in Höhe von 250,00 € bezahlen müssen und den ihr infolge nicht in Anspruch genommener Versicherungsleistung zustehenden Bonus zu den Beiträgen der privaten Krankenversicherung in Höhe von 841,26 € verloren. Diese Beträge habe ihr die Beklagte zu erstatten. Sie habe auch Anspruch auf eine Kostenpauschale für Telefonate und die Bereitstellung von Fotokopien in Höhe von 50,00 €.

Sie, die Klägerin, sei rechtsschutzversichert. Ihre Prozessbevollmächtigten hätten bei der Rechtschutzversicherung eine Kostendeckungszusage eingeholt. Diese Tätigkeit, ausgehend von einem Streitwert von 91.899 €, habe einen Gebührenanspruch ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 603,93 € ausgelöst, von dem sie die Beklagte freizustellen habe.

Wegen des bei ihr eingetretenen Dauerschadens bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass weitere ärztliche und nichtärztliche Behandlungen notwendig werden würden. Sie müsse deshalb die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten insoweit betreiben. Wegen der verbliebenen Dauerschäden müsse auch allgemein festgestellt werden, dass die Beklagte für weitere materielle und immaterielle Schäden einstandspflichtig sei.

Ihre Prozessbevollmächtigten hätten sie, die Klägerin, vorgerichtlich vertreten und hierfür bei einem Streitwert von 79.798,60 € Gebühren in Höhe von 2.594,20 € verdient, darunter eine 1,8-Geschäftsgebühr, die von ihrer, der Klägerin, Rechtschutzversicherung bezahlt worden seien. Die Beklagte sei verpflichtet, diesen Betrag an die Rechtsschutzversicherung zu zahlen.

Die Klägerin hat - nach Erweiterung des Klageantrages zu 2.) - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld zu zahlen, das einen Betrag i. H. v. 65.000,00 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 8. Januar 2010 nicht unterschreiten sollte,

2. Schadensersatz i. H. v. 2.740,26 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 08. Januar 2010 zu zahlen,

3. sie von notwendigen Kosten ihrer Rechtsverfolgung i. H. v. 603,93 € freizustellen,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Kosten von ärztlichen und nichtärztlichen Behandlungen und Medikamenten zu tragen, sofern diese als Folge der Verletzungen, die die Klägerin durch den Unfall vom 30.8.2008 während des Stuntman-Workshops der Beklagten auf dem Gelände des Filmstudios … erlitten hat, noch entstehen werden und sofern diese nicht auf Dritte übergehen,

5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren ihr zukünftig noch entstehenden, materiellen und immateriellen Schäden zu erstatten, soweit diese Folge des Unfalls auf dem Gelände des Filmstudios … während des von der Beklagten veranstalteten Stuntmen-Workshops vom 30. August 2008 sind und diese nicht auf Dritte übergehen,

6. außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 2.594,20 € an die Rechtschutzversicherung der Klägerin, die J… AG, …, zur Rechtsschutzversicherungsnummer 4.18.0000232 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, dass ihre wirksam einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Stunt Workshops Basic I und Basic II (Bl. 53-54 d. A.) zu einem generellen Haftungsausschluss führten. Gemäß Ziffer 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen werde für jeden Teilnehmer eine Unfallversicherung abgeschlossen, wobei der Unfallversicherungsschutz nicht bestehe bei Schäden, die auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln des Teilnehmers zurückzuführen seien. Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehe eine Haftung des Veranstalters für die von ihm und seinen Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten Schäden vor. Für einfache Fahrlässigkeit solle nur bei Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit sowie in Fällen der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht, durch die die Erreichung des Vertragszwecks (Kardinalpflichtverletzung) gefährdet werde, gehaftet werden.

Die Beklagte hat behauptet, dass der Kübelwagen lediglich eine Maximalgeschwindigkeit von 8 km/h gehabt habe. Diese ergebe sich bereits aus der Kürze des Fahrwegs innerhalb des Filmparks.

Den Stuntübungen habe ein natürliches Gefahrenpotenzial innegewohnt, dem sich jeder Teilnehmer freiwillig unterworfen habe, um eine möglichst stuntgetreue Simulation der Übungen zu erfahren. Eine Ausstattung mit Schutzhelmen sei nicht notwendig gewesen. Da das Fahrzeug mit einer vergleichsweise geringen Beschleunigung an den Mattenstapel herangefahren und dort abgebremst worden sei, seien die dabei wirksamen Fliehkräfte nicht hoch gewesen. Deshalb habe auch nicht die Gefahr eines Ausgleitens aus dem Fahrzeug vor Erreichen des Mattenstapels bestanden.

Die Klägerin sei zu früh abgesprungen und habe sich damit über eine Anweisung des Kursleiters hinweggesetzt.

Das Landgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.6.2010 Beweis erhoben über den Hergang des Unfalls durch Vernehmung der Zeugen T… P… und O… F… sowie durch Anhörung der Klägerin und des Geschäftsführers der Beklagten. Am Schluss der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht gemäß den §§ 371 Abs. 2, 144 Abs. 1 ZPO der Beklagten auferlegt, etwaig gefertigte Videos von dem Workshop binnen drei Wochen vorzulegen. Nach Ablauf der gesetzten Frist hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.7.2010 eine CD-ROM mit dem Titel "Stuntworkshop Basic I August 2008" vorgelegt.

Das Landgericht hat mit am 26.8.2010 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, Schmerzensgeldansprüche kämen nicht in Betracht, weil es an einer haftungsbegründenden Pflichtverletzung der Beklagten gefehlt habe.

Aus dem Umstand, dass die Klägerin einige Absprünge aus dem Kübelwagen problemlos absolviert habe, lasse sich schließen, dass die Beklagte ihrer Einweisungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Klägerin gegen deren Willen dazu gedrängt hätte, die Übung ohne Kopfschutz durchzuführen. Die Beklagte habe es angesichts der geringen Geschwindigkeit des fahrenden Wagens - die auch aus dem von der Beklagten eingereichten Video ersichtlich sei - nicht pflichtwidrig versäumt, den Fahrbahnbereich vor den Matten abzusichern. Das Gericht gehe davon aus, dass die Klägerin infolge einer ausschließlich ihr zuzurechnenden situativen Unachtsamkeit aus dem anfahrenden Fahrzeug herausgeglitten sei. Daran ändere auch nichts, dass der Zeuge P…, Coach der Beklagten, der Klägerin geraten habe, ihre Hüfte nicht in den Türrahmen zu drücken, um so besser aus dem Fahrzeug abspringen zu können.

Im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils erscheint der von der Klägerin gestellte Antrag zu 4.) nicht. Außerdem ist der Klageantrag zu 2.) nicht in der Fassung aufgeführt, in der er gestellt worden ist, sondern in der vor der Klageerweiterung formierten Fassung.

Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 31.8.2010, hat die Klägerin durch bei Gericht am 28.9.2010 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 1.12.2010 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren am 29.10.2010 eingegangenen Antrag bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Die Klägerin meint, von der Beklagten sei zu verlangen, dass sie nicht nur Vorkehrungen für das geplante Abspringen vom Kübelwagen treffe, sondern auch für das unbeabsichtigte und versehentliche Herunterfallen von Kursteilnehmern vom fahrenden Fahrzeug. Deshalb habe die Beklagte weitere Matten auslegen müssen. Sie sei auch verpflichtet gewesen, der Klägerin einen Helm zur Verfügung zu stellen. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten hätten der Klägerin sogar vom Tragen eines Helms abgeraten. Fehlerhaft sei auch die Feststellung des Landgerichts, dass das Fahrzeug eine maximale Geschwindigkeit von 12-14 km/h erreicht habe. Das Landgericht habe auf ein Video Bezug genommen, das der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt worden sei.

Das Landgericht habe keine nachvollziehbare Begründung dafür mitgeteilt, warum die vom Zeugen P… der Klägerin gegenüber geäußerte Aufforderung, ihre Haltung bei der Übung zu ändern, keine Haftung begründen würde.

Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung ihre Berufung insoweit zurückgenommen, als sie bei den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten mehr als eine 1,3-Geschäftsgebühr beansprucht hat. Sie hat außerdem ihre zunächst angekündigten erstinstanzlichen Feststellungsanträge zu 4. und 5. zusammengefasst und beantragt zuletzt,

unter Abänderung des am 26.8.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam - 12 O 475/09 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld zu zahlen, das einen Betrag i. H. v. 65.000,00 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 8. Januar 2010 nicht unterschreiten sollte,

2. Schadensersatz i. H. v. 2.740,26 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 08. Januar 2010 zu zahlen,

3. sie von notwendigen Kosten ihrer Rechtsverfolgung i. H. v. 603,93 € freizustellen,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren ihr zukünftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu tragen, insbesondere auch Kosten von ärztlichen und nichtärztlichen Behandlungen und Medikamenten, soweit diese Folge des Unfalls auf dem Gelände des Filmstudios … während des von der Beklagten veranstalteten Stuntmen-Workshops vom 30. August 2008 sind und diese nicht auf Dritte übergehen,

5. - sinngemäß - außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.880,20 € an die Rechtschutzversicherung der Klägerin, die J… AG, …, zur Rechtsschutzversicherungsnummer 4.18.0000232 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Berufung der Klägerin schon für unzulässig und das landgerichtliche Urteil für richtig.

Sie meint, die Beklagte habe in ausreichendem Maße für die Sicherheit der Kursteilnehmer Sorge getragen. Insbesondere habe sie – wegen der niedrigen Geschwindigkeit des Fahrzeugs - nicht den Bereich vor dem Mattenstapel gesondert absichern müssen. Sie habe auch nicht gegen Hinweis- und Warnpflichten verstoßen. Ein Unfall wie derjenige der Klägerin habe sich bei den von der Beklagten durchgeführten Veranstaltungen noch nie ereignet.

Das Berufungsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.11.2011 den auf der von der Beklagte zur Akte gereichten CD-ROM gespeicherten Film in Augenschein genommen. In diesem Film werden Personen gezeigt, die verschiedene Stuntübungen ausführen. Die Klägerin und ihr Sturz sind in diesem Film nicht zu sehen, die Klägerin soll aber ausweislich des Abspanns des Films Teilnehmerin des Kurses gewesen sein. Ferner ist zu sehen, wie verschiedene Kursteilnehmer die Übung ausführen, bei der die Klägerin gestürzt ist. Diese Kursteilnehmer tragen lockere Straßenkleidung und sind nicht durch Sicherheitskleidung oder einen Helm geschützt.

Das Berufungsgericht hat außerdem die Klägerin zu ihrer Behauptung angehört, ohne die Verletzungen hätte sie in ihrer neuen Wohnung Malerarbeiten selbst ausgeführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß den §§ 517, 519 und 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

A. Das angefochtene Urteil ist kein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil, so dass die Sache nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO auch ohne Antrag einer der Parteien unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen wäre.

Allerdings weist das Urteil Mängel auf. Denn der Klageantrag zu 2.) ist nur teilweise ohne Berücksichtigung einer von der Klägerin vorgenommenen Klageerweiterung, der Antrag zu 4.) überhaupt nicht im Tatbestand aufgeführt worden, so dass diese Anträge bzw. Antragsteile formell nicht Gegenstand der Klageabweisung sind. Sie sind auch nicht in die Streitwertfestsetzung eingeflossen, wie man am Ende des Urteils erkennen kann. Diese Anträge sind jedoch vollumfänglich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gestellt worden.

Allerdings wollte das Landgericht ersichtlich kein Teilurteil erlassen. Dies ist aus der Urteilsbegründung und aus der Kostenentscheidung ersichtlich. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass keinerlei Ansprüche der Klägerin bestehen, da keine Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt und hat aus diesem Grunde die Klage insgesamt abweisen wollen.

Einen fristgebundenen Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 ZPO hat nach dem Inhalt der Akten keine der Parteien gestellt. Eine ebenfalls fristgebundene Urteilsergänzung nach § 321 ZPO ist genauso wenig beantragt worden.

Bei der falschen Wiedergabe des Antrages zu 2.) und dem fehlenden Antrag zu 4.) handelt es sich nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die - fristungebunden - gemäß § 319 ZPO berichtigt werden könnte. Der klageabweisende Tenor wird nur in Zusammenschau mit den im Tatbestand wiedergegebenen Anträgen verständlich, und diese enthalten die von der Klägerin verfolgten Anträge nicht, so dass die Unrichtigkeit des Tatbestandes nicht offensichtlich ist.

In einem solchen Fall entfällt die Rechtshängigkeit des in erster Instanz übergangenen Antrags mit Ablauf der Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO. Ein solchermaßen nicht mehr rechtshängiger Antrag kann allerdings im Berufungsverfahren durch Klageerweiterung wieder in den Prozess eingeführt werden (BGH, Urteil vom 16.2.2005, VIII ZR 133/04, zitiert nach Juris). Dies ist hier geschehen. Die Klägerin hat ihre erstinstanzlichen Anträge vollständig in der Berufungsbegründung erneut gestellt.

B. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Insofern hatte die Berufung Erfolg. Im Übrigen war die Klage unbegründet und deshalb die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

I. Der Klägerin steht ein Schmerzensgeldanspruch in der tenorierten Höhe zu, weil die Beklagte die ihr gegenüber der Klägerin obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt hat, §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB.

1.) Der Beklagten als Veranstalterin des Workshops oblagen gegenüber den Teilnehmern, so auch gegenüber der Klägerin, vertragliche und deliktische Verkehrssicherungspflichten.

Diese Pflichten ergaben sich zunächst aufgrund des Vertrages zur Durchführung des Workshops, den die Beklagte abgeschlossen hat. Nach den hier erkennbaren Umständen ist die Klägerin Vertragspartnerin der Beklagten geworden und nicht der Schenker des Gutscheins. Dieser hat erkennbar allein die Verpflichtung übernommen, die Zahlung der Vergütung an die Beklagten zu übernehmen.

Selbst wenn nicht die Klägerin, sondern der Schenker des Gutscheins zur Teilnahme an diesem Workshop Vertragspartner der Beklagten wäre, wäre die Beklagte ebenfalls vertraglich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Klägerin nicht an ihrem Körper verletzt wird. Denn die Klägerin wäre - weil die Beklagte ihr gegenüber die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen hätte - in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem Schenker des Gutscheins und der Beklagten einbezogen.

Mit diesen vertraglichen Verkehrssicherungspflichten decken sich die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten, deren Verletzungen zu deliktischen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 BGB führen.

2.) Die Beklagte, die die Teilnehmer an ihren Workshops dazu veranlasst, Übungen durchzuführen wie sie sog. Stuntmen durchführen, schafft damit eine Gefährdung für die körperliche Integrität und die Gesundheit der Teilnehmer. Hierauf hat sie Rücksicht zu nehmen.

Ein Stuntman spielt in Filmen anstelle des Filmschauspielers schwierige und vor allem gefährliche Szenen. Er hat besondere Fähigkeiten oder eine besonders gute körperliche Verfassung, die es ihm ermöglichen, gefährliche Situation zu spielen, ohne dabei zu Schaden zu kommen. Dabei werden teilweise Szenen so gedreht, dass sie tatsächlich nicht gefährlich sind oder aber der Stuntman ersetzt durch seine gute körperliche Verfassung und Routine fehlende bzw. nicht ausgeprägte Fähigkeiten des Filmschauspielers. Es ist bekannt, dass die Tätigkeit von Stuntmen gefährlich sein kann und ein teilweise erhebliches Verletzungsrisiko birgt. Bietet nun die Beklagte wie hier in ihrer von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegten Leistungsbeschreibung an, Teilnehmer an diesem Workshop ohne besonderen körperlichen Voraussetzungen "zum Film zu bringen" und erklärt außerdem, dass ein Profi die einzelnen Stunts vorspielen und die Teilnehmer die jeweiligen Stunts "unter gesicherten Bedingungen" nachspielen dürfen, hat sie mit der Durchführung der Workshops Verkehrssicherungspflichten gegenüber den Teilnehmern übernommen.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat Grundsätze für vertragliche geschuldete Verkehrssicherungspflichten entwickelt, die den Betreiber einer potentiell gefährlichen Sportanlage bzw. - im vorliegenden Fall - die Veranstalterin einer gefährlichen Freizeitbeschäftigung treffen (vgl. BGH, Urteil vom 3.6.2008, VI ZR 223/07 - Trampolinanlage). Danach ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Geboten sind danach solche Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftiger Grenzen vorsichtiger, den betroffenen Verkehrskreisen zugehöriger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei kann nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Haftungsbegründend wird eine Gefahr, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden.

Hier lag die Gefahr, die sich bei der Klägerin verwirklicht hat darin, dass sie - in der Beifahrertüröffnung eines fahrenden Fahrzeuges stehend und sich nur mit den Händen festhaltend - beim Anfahren, Beschleunigen oder Fahren - aus dieser Öffnung herausgefallen ist bzw. unbeabsichtigt losgelassen hat, bevor das Fahrzeug den für die Durchführung des Absprungs vorgesehenen Mattenstapel erreicht hatte. Dieser Mattenstapel sollte das gefahrlose Abspringen in sportlicher Form ermöglichen. Die Stuntübung bestand darin, dass die Workshopteilnehmer durch abruptes Bremsen des Fahrzeugs - wie in dem von der Beklagten hergestellten Film erkennbar - vom Auto "abgeschüttelt" werden und damit "gewollt" fallen sollten.

Gefährlich war dabei, dass das Fahrzeug keine Beifahrertür hatte und die Workshopteilnehmer bei der Fahrt nicht auf dem Sitz saßen, sondern in der Türöffnung standen und sich dabei mit den Händen festhalten sollten. Dass die Workshopteilnehmer dabei vor Erreichen des Mattenstapels herunterfallen konnten, ist für einen objektiven Beobachter eine naheliegende Gefahr. Denn die Workshopteilnehmer sollten nicht etwa eine Vorwärtsrolle vom stehenden, sondern von einem beschleunigten und dann abrupt abgebremsten Fahrzeug machen. Das Festklammern an diesem fahrenden, türlosen Fahrzeug birgt die Gefahr des Herunterfallens in sich, wobei die Gefahr nicht nur besteht, wenn das Fahrzeug abrupt abbremst, sondern auch dann, wenn es anfährt.

Der Auffassung der Klägerin, dass eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten schon darin liegen soll, dass das Fahrzeug, an dem sich die Teilnehmer festhalten sollten, abrupt anfährt, beschleunigt und plötzlich abbremst, kann sich der Senat allerdings nicht anschließen. Darin bestand gerade die Stuntübung. Wäre das Fahrzeug vorsichtiger gefahren, hätte man das Festhalten am fahrenden Fahrzeug und den kontrollierten Absprung und das Abrollen auf dem Mattenstapel kaum mehr als Stunt bezeichnen können. Wie die vom Landgericht gehörten Zeugen P… und F… bekundet haben, hatte die Beklagte bereits durch die Gestaltung der Übung die Gefahr für die Teilnehmer des Workshops klein gehalten. Da die Fahrstrecke des Fahrzeugs lediglich etwa 15 Meter betrug, konnte das Fahrzeug nur kurz beschleunigen und keine allzu hohe Geschwindigkeit erreichen. Außerdem wurden die Teilnehmer vor dem Bremsen akustisch gewarnt, so dass sie sich auf den bevorstehenden Absprung einstellen konnten.

Die Beklagte hat dennoch nicht alle ihr obliegenden Pflichten zur Sicherung der Workshopteilnehmer bei dieser Übung beachtet.

Es muss dabei nicht weiter aufgeklärt werden, ob es eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten darstellt, dass sie den Teilnehmern an dieser Stuntübung keinen Helm zur Verfügung gestellt hat und dass ihre den Workshop verantwortlich leitenden Trainer die Klägerin angewiesen haben, sich nur mit den Händen festhalten und sich nicht mit dem Gesäß in die Beifahrertüröffnung zu klemmen. Die Beklagte hat es jedoch pflichtwidrig unterlassen, den Boden vor der Absprungstelle auf der rechten Seite des Fahrzeugs durch Matten abzusichern.

Das Auslegen von Matten vergleichbar dem Mattenstapel, auf dem die Teilnehmer nach einer Vorwärtsrolle landen sollten, wäre geeignet gewesen, die Kopfverletzungen der Klägerin durch ein vorzeitiges Herunterfallen zu vermeiden. Die am Ende der Fahrstrecke liegenden Matten waren geeignet, die Teilnehmer an dieser Übung vor Verletzungen zu schützen. Dieselbe Funktion hätten Matten am Fahrweg ebenfalls erfüllt. Dies hat die Beklagte auch nicht in Abrede gestellt.

Eine solche Maßnahme wäre der Beklagten angesichts der kurzen Fahrstrecke auch zumutbar gewesen. Wie sich aus den Aussagen der erstinstanzlich gehörten Zeugen ergibt, ist die Strecke, die das Fahrzeug bei dieser Übung fährt, relativ kurz - etwa 10-15 Meter - so dass an dieser Strecke, an der die Gefahr des Herunterfallens besteht, mit vertretbarem Aufwand abgesichert werden kann.

3.) Die Haftung der Beklagten ist nicht durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder einen von der Klägerin unterzeichneten Haftungsausschluss beschränkt oder ausgeschlossen.

a.) Soweit sich die Haftpflichtversicherung der Beklagten auf den Standpunkt gestellt hat, die Haftung für einfache Fahrlässigkeit sei aufgrund von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen gewesen, kann dem nicht gefolgt werden.

Es fehlt schon an ausreichendem Vortrag der Beklagten dazu, wann und wie Allgemeine Geschäftsbedingungen in das Vertragsverhältnis mit der Klägerin einbezogen worden sein sollen. Die von der Haftpflichtversicherung der Beklagten in Bezug genommenen AGB - diese hat die Klägerin mit der Klageschrift vorgelegt - stammen nicht von der Beklagten, sondern von einer A…. Die inhaltsgleichen AGB der Beklagten, die die Beklagte im Rechtsstreit vorgelegt hat, sind an der dafür vorgesehenen Stelle nicht von der Klägerin unterschrieben worden.

Im Übrigen ist aus der jeweiligen Ziffer 9. dieser AGB bei einer Verletzung des Körpers und der Gesundheit eine Beschränkung der Haftung der Beklagten auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht erkennbar.

b.) Die Haftung der Beklagten entfällt auch nicht infolge des von der Klägerin unterzeichneten "Haftungsausschlusses". Darin heißt es, dass durch "Nichtbeachten/Zuwiderhandlungen obiger Bestimmungen" verursachte Verletzungen keine Haftung der Beklagten begründen. Die "obigen" Bestimmungen verlangten von der Klägerin die Teilnahme am sog. Warm Up, die Offenbarung von Unwohlsein, Krankheit und Verletzungen, das Befolgen von Anweisungen der Coaches und keine eigenmächtige Durchführung der Übungen. Die Verletzung der Klägerin ist nicht durch einen Verstoß gegen diese Pflichten eingetreten.

Denn die Klägerin hat sich nicht regelwidrig verhalten. Sie hat das Warm Up mitgemacht und ist dabei nicht als körperlich unzureichend fit aufgefallen. Im Gegenteil hat sie die Übung mehrfach ausführen können. Sie hat auch den Weisungen des Personals Folge geleistet. Sie hat insbesondere auf einen Helm bei dieser Übung verzichtet, wie ihr dies empfohlen worden ist, sie hat sich nicht mit dem Gesäß in die Beifahrertüröffnung gezwängt.

Damit lagen die in der Erklärung vorgesehenen Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nicht vor.

c.) Es kann auch nicht von einem stillschweigend erklärten Einverständnis der Klägerin mit den bei ihr eingetretenen Verletzungen ausgegangen werden. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass derjenige, der sich bewusst einer Gefährdung aussetzt, in der Regel nicht in den Verletzungserfolg einwilligt (BGH, Urteil vom 24.1.1984, VersR 1984, 286, zitiert nach Juris).

3.) Die Klägerin trifft auch kein die Haftung der Beklagten ausschließendes oder einschränkendes Mitverschulden, § 254 BGB.

a.) Soweit die Beklagte geltend machen will, die Klägerin sei körperlich nicht fit genug gewesen oder aber sei zu früh abgesprungen - und nicht etwa nur herunter gefallen -, könnte dies zwar den Mitverschuldenseinwand begründen. Allerdings hat sie dies nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich hat vortragen wollen, die Klägerin habe sich den Anweisungen der Trainer widersetzt und sei vorzeitig abgesprungen, ist dies angesichts des Inhalts der Aussagen der erstinstanzlich gehörten Zeugen nicht bewiesen. Die Zeugen haben vielmehr bekundet, sie hätten den Sturz entweder nicht gesehen bzw. die Klägerin sei aus dem Auto "herausgeglitten", also gerade nicht gesprungen.

Dass die Klägerin nicht ausreichend fit war, um diese Übung durchzuführen, ist angesichts des Umstands widerlegt, dass sie sie vor dem Unfall mehrfach hat absolvieren können.

b.) Der Klägerin kann auch nicht deshalb ein Verschulden gegen sich selbst angelastet werden, weil sie diese Übung durchgeführt hat, obwohl sie erkennbar die Gefahr barg, vom fahrenden Fahrzeug herunterzufallen.

Die Klägerin konnte angesichts der Leistungsbeschreibung der Beklagten darauf vertrauen, dass die Übungen unter gesicherten Bedingungen stattfinden. Wie man dem von der Beklagten vorgelegten Video und den Aussagen der beiden von ihr benannten Zeugen entnehmen kann, hat die Beklagte auch bei allen Stuntübungen ersichtlich für die Sicherheit der Teilnehmer Sorge tragen wollen. Die Übungen wurden unter der Anleitung von professionellen Stuntmen durchgeführt, die den Teilnehmern deren Ablauf vorgeführt und im Einzelnen erklärt haben. Bei einer derartigen Sachlage musste die Klägerin davon ausgehen, dass sie, wenn sie alle von den für den Workshop verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten gegebenen Regeln befolgte, keinen Schaden erleiden würde, weil im übrigen für ihre Sicherheit gesorgt war.

c.) Die Haftung der Beklagten ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr eingeschränkt. Das Handeln auf eigene Gefahr ist ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteter Tatbestand, der von Rechtsprechung und Lehre für Fälle entwickelt worden ist, in denen sich jemand bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen.

Hier liegt kein Fall eines Handelns auf eigene Gefahr vor, bei dem eine Haftung der Beklagten völlig entfallen würde. Eine völlige Haftungsfreistellung des Schädigers wird nur dann angenommen, wenn der Geschädigte versucht, denjenigen Schaden auf einen anderen abzuwälzen, den er bewusst in Kauf genommen hat, obschon er ebenso gut in die Lage hätte kommen können, in der sich nun der Schädiger befindet, sich dann aber mit Recht dagegen gewehrt haben würde, diesem Ersatz leisten zu müssen (BGH, Urteil vom 7.2.2006, VI ZR 20/05, Rempeltanz, zitiert nach Juris m. w. N.). Dabei handelt es sich um eng begrenzte Ausnahmefälle, wie etwa die Teilnahme an Boxkämpfen oder anderen besonders gefährlichen Sportarten, in denen die Rechtsprechung das bewusste Sich-Begeben in eine Situation drohender Eigengefährdung als Grundlage für eine vollständige Haftungsfreistellung des Schädigers in Betracht gezogen hat. Nur bei derartiger Gefahrexponierung kann von einer bewussten Risikoübernahme und einer Einwilligung des Geschädigten in die als möglich vorgestellte Rechtsgutverletzung mit der Folge eines vollständigen Haftungsausschlusses für den Schädiger ausgegangen werden. Ein solcher Fall ist hier ersichtlich nicht gegeben, weil die Beklagte hier nicht als Teilnehmerin, sondern als Veranstalterin des Workshops in Anspruch genommen wird, und nicht selbst potentiell Geschädigte hätte sein können.

Zwar kann ein Handeln auf eigene Gefahr als ein Fall schuldhafter Selbstgefährdung auch zur Annahme eines anteiligen Mitverschuldens des Geschädigten und damit zur Schadensteilung führen, so bei der Teilnahme an Freizeitveranstaltungen mit Gefährdungspotential. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Der bloße Umstand, dass die Klägerin an dem Workshop überhaupt teilgenommen hat, kann den Vorwurf des Mitverschuldens nicht begründen, genauso wenig wie der Umstand, dass jemand sich entschließt, eine gefährliche Sportart auszuüben (zum Reitsport vgl. BGH, Urteil vom 24.1.1984, VersR 1984, 286, zitiert nach Juris).

Die Rechtsfigur des Handelns auf eigene Gefahr dient bei der Gefährdungshaftung dazu, diese Haftung in solchen Fällen auszuschließen, in denen sie nach dem Normzweck als unangemessen erscheint, weil der Schaden nicht etwa der Gefahr eines Tieres oder eines Kraftfahrzeugs, sondern dem Handeln des Geschädigten selbst zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 17.3.2009, VI ZR 166/08, VersR 2009, 693, zitiert nach Juris). Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn es um die Frage geht, ob die Haftung wegen Verkehrssicherungspflichtverletzungen durch ein Handeln auf eigene Gefahr beschränkt wird.

Die Klägerin trifft deshalb nur dann der Vorwurf des Mitverschuldens, wenn sich feststellen ließe, dass sie in irgendeiner Form die sie treffende Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten verletzt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Hier sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, die den Vorwurf rechtfertigen würden, die Klägerin habe Grund zur Annahme gehabt, sie werde die Übung nicht gefahrfrei ausführen können, so dass dies den Vorwurf des Mitverschuldens würde begründen können (vgl. BGH, Urteil vom 24.1.1984, VersR 1984, 286, zitiert nach Juris). Vielmehr hatte die Klägerin alle von der Beklagten aufgestellten Regeln für die Teilnahme am Workshop und für die Durchführung der konkreten Übung erfüllt. Sie erfüllte auch die körperlichen Voraussetzungen, um die Übung ausführen zu können.

4.) Die Klägerin hat infolge des Sturzes ein Schädelhirntrauma 2. Grades erlitten und befand sich vom Unfalltag am 31.8.2008 bis zum 5.9.2008 in stationärer Behandlung. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 11.10.2008. Dies ist unstreitig.

Die Beklagte hat zwar erstinstanzlich zunächst bestritten, dass die Klägerin unter Belastungskopfschmerzen und unfallbedingter Konzentrationsschwäche leide. Bestritten hat sie auch, dass die Klägerin unfallbedingt einen Geruchsverlust erlitten habe.

Die Klägerin hat daraufhin jedoch ein nervenärztliches Gutachten eines Arztes für Neurologie und Psychiatrie vom 14.1.2010 vorgelegt, das dieser für das Unfallversicherungsunternehmen erstellt hat, bei der die Beklagte die Teilnehmer des Workshops und damit auch die Klägerin versichert hatte. Der Gutachter sollte die Frage beantworten, inwieweit der von der Klägerin erlittene streitgegenständliche Unfall auf nervenärztlichem Fachgebiet Folgen hinterlassen hat, wie hoch die dadurch bedingte dauerhafte Minderung der Leistungsfähigkeit (Invalidität) bzw. teilweise Gebrauchsminderung nach der Gliedertaxe der Privaten Unfallversicherung einzuschätzen seien, ob infolge der Unfallfolgen bereits ein Dauerzustand eingetreten sei oder ob mit einer Änderung bis zum Ende des dritten Unfalljahres zu rechnen sei. Diesem Gutachter lagen ausweislich der Einleitung zu seinem Gutachten eine ausführliche ambulante nervenärztliche Untersuchung nebst Elektroenzephalographie sowie ein neuropsychologisches Zusatzgutachten zugrunde. Der Gutachter hat ausweislich des Gutachtens die Klägerin auch persönlich untersucht. Sein Gutachten enthält einen neurologischen und psychischen Befund. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, die Klägerin habe ein substantielles Hirntrauma erlitten. Außerdem sei es zu einem Abriss der Riechfäden an der Riechzwiebel mit der Folge eines aufgehobenen Vermögens zu riechen und differenziert zu schmecken gekommen. Die neuropsychologische Befunderhebung habe leichte Störungen der Aufmerksamkeitsleistungen und der exekutiven Funktionen ergeben.

Zu diesem detaillierten Gutachten hat die Beklagte sich in keiner Weise geäußert. Sie hat insbesondere keine Gründe vorgetragen, warum die darin getroffenen Feststellungen zu den von der Klägerin erlittenen Verletzungsfolgen nicht zutreffend sein sollen. Das Vorbringen der Klägerin hierzu ist damit, wenn nicht schon als bewiesen, jedenfalls aber als von der Beklagten nicht mehr bestritten anzusehen.

5.) Der dem Grunde nach gegebene Schmerzensgeldanspruch der Klägerin erreicht jedoch nicht die von der Klägerin begehrte Höhe von 65.000 €.

a. ) Das Schmerzensgeld ( § 253 Abs.2 BGB) hat nach allgemein anerkannter Rechtsprechung doppelte Funktion: es soll zum einen dem Verletzten einen Ausgleich für erlittene Leiden verschaffen und zum anderen ihm eine Genugtuung dafür sein, was ihm der Schädiger angetan hat. Diese sog Genugtuungsfunktion spielt allerdings seit der Schuldrechtsreform in der Rechtsprechung keine große Rolle mehr (s. hierzu Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253 Rn 4) und im vorliegenden Fall - einem Fall reiner Gefährdungshaftung - ohnehin nicht.

Ausschlaggebend sind hier das Ausmaß und die Schwere der erlittenen Verletzungen, die damit verbundenen Schmerzen, die Dauer der ärztlichen Behandlung sowie die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der verbliebenen Beeinträchtigung. Die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung steht im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen an der Spitze (BGH, NJW 2004, 1243).

Hinsichtlich des Ersatzes für Schäden an immateriellen Gütern - hier die nicht in Geld messbare körperliche Unversehrtheit der Klägerin - ist mit dem anzuwendenden Maßstab der Billigkeit dem Gericht ein Spielraum eröffnet. Innerhalb dieses Spielraums ist zu berücksichtigen, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund, ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, so dass richterliche Entscheidungen in vergleichbaren Fällen unter Berücksichtigung etwaig eingetretener Geldentwertung heranzuziehen sind.

b. ) Die erlittenen Kopfverletzungen der Klägerin sind erheblich, es lag eine Gehirnprellung mit Kontusionsblutung im Schläfenhirn vor, es waren Blutergüsse in der Kopfschwarte vorhanden sowie ein subdurales Hämatom über dem Hinterhauptshirn. Besonders schwer wiegt der Abriss der Riechfäden an der Riechwurzel und die damit verbundene dauerhafte Störung des Riechens und differenzierten Schmeckens. Der Klägerin ist hiermit die Freude an den leiblichen Genüssen des Essens und auch des Zubereitens von Speisen, welches in der Regel mit „Abschmecken“ verbunden ist, zu Teil genommen. Allerdings ist der Geschmacksinn nicht gänzlich verloren, wie die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat. Grobrichtungen wie süß, salzig, sauer etc. vermag die Klägerin wahrzunehmen. Aromen vermag sie aber nicht mehr zu unterscheiden, das differenzierte Schmecken ist verloren gegangen. Der Verlust des Geruchsinns stellt ebenfalls eine erhebliche Einschränkung dar, sei es das Wahrnehmen guter bzw. stimulierender, sei es dasjenige gefährlicher Gerüche.

Ärztlich festgestellt ist ferner eine Verringerung der Aufmerksamkeitsleistungen der Klägerin.

c.) Diese Leiden und Beeinträchtigungen führen unter Berücksichtigung richterlicher Schmerzensgeldbemessung in vergleichbaren Fällen zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Schmerzensgeldbetrag.

Die Entscheidungen, auf die sich die Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs der Höhe nach beruft, sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

Soweit das OLG Oldenburg (Urteil vom 21.1.1991, 13 U 164/90, zitiert nach Juris) einer jungen Frau, die u. a. den Geruchssinn verloren hatte, ein Schmerzensgeld in der hier geltend gemachten Höhe zugesprochen hatte, hat es betont, dass es sich dabei um einen Betrag an der Obergrenze des Vertretbaren gehandelt hat, der durch viele schwerwiegende Beeinträchtigungen der dortigen 26jährige Klägerin gerechtfertigt sei. Die Erwerbsfähigkeit der dortigen Klägerin war zu 60 % gemindert, sie konnte auch in dem erlernten Beruf nicht mehr arbeiten. Außerdem hatte sie infolge hormoneller Störungen den Verlust der Gebärfähigkeit zu beklagen.

Soweit das OLG Nürnberg (Urteil vom 14.12.2000, 8 U 1072/00, zitiert nach http://www.ra-kotz.de/bus.htm) einer 18jährigen Auszubildenden ein Schmerzensgeld in der Klageforderung vergleichbarer Höhe zugesprochen hat, war für die Entscheidung ausschlaggebend, dass die dortig Klägerin bereits in jungen Jahren vergleichbare Verletzungsfolgen wie die Klägerin erlitten hatte, daneben aber auch unter verstärkter Tagesmüdigkeit, vermehrtem Angstempfinden in Stresssituationen und vermehrter Aggressivität litt. Die Minderung der Erwerbstätigkeit betrug 30 %. Das Gericht hatte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes das jugendliche Alter des Geschädigten ausschlaggebend berücksichtigt. Die hiesige Klägerin war zum Unfallzeitpunkt 35 Jahre alt und hat etwas weniger schwere Unfallfolgen zu beklagen.

Auch soweit das OLG Koblenz (Urteil vom 24.6.1991, zitiert nach Juris) im Falle einer Verletzung eines 12jährigen Schülers mit der Folge einer Einschränkung des Riechvermögens Schmerzensgeld zugesprochen hat, liegt das Schmerzensgeld unter dem Betrag, den die Klägerin hier für sich beansprucht. Seine Verletzungen waren jedoch deutlich schwerer, er hatte ein schweres offenes Schädelhirntrauma erlitten und musste eine Schädeldachplastik erhalten, so dass er äußerlich teilweise entstellt war. Diese Unfallfolgen sind als erheblich schwerer einzuschätzen als diejenige der Klägerin.

Der Senat zieht für die Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes eine Entscheidung des OLG München (Urteil vom 26.11.2009, GesR 2010, 206, zitiert nach Juris) heran, das 20.000,00 € für den Verlust des Geruchssinnes in einem Fall für angemessen gehalten hatte, bei dem eine Patientin infolge einer in der Nase vergessenen Tamponade drei Jahre lang unter erheblichen Beschwerden litt und bei der der Verlust des Geruchssinnes nach Entfernung der Tamponade als Dauerfolge verblieben ist. Die Klägerin hat hier ausweislich ihres Vortrages in den ersten drei Jahren nach dem Unfall nicht unter vergleichbaren Beschwerden gelitten. Allerdings hat sie einen doppelten Dauerschaden erlitten. Zum einen hat sie den Geruchssinn und teilweise den Geschmackssinn verloren, zum anderen ist sie in ihrer Aufmerksamkeitsleistung eingeschränkt.

Bei einer Zusammenschau aller erkennbaren Umstände ist ein Schmerzensgeld in dieser Höhe angemessen, wobei mit diesem Betrag auch die infolge des Unfalls verpasste Firmenreise mit abgegolten ist. Das Regulierungsverhalten der Beklagten hält der Senat demgegenüber nicht für derart beeinträchtigend, dass es ein höheres Schmerzensgeld der Klägerin rechtfertigen würde. Die Versicherung der Beklagten hat zwar zögerlich geantwortet, allerdings hat die Klägerin innerhalb eines Jahres nach dem Unfall, d. h. innerhalb angemessener Zeit, Klarheit über die Haltung der Beklagten gewinnen und Klage erheben können.

Soweit sich die Beklagte demgegenüber auf eine Entscheidungen des OLG Köln (Urteil vom 17.2.1993, 27 U 42/92, NJW-RR 1993, 226, zitiert nach Juris) und des OLG Karlsruhe (Urteil vom 10.1.1990, 1 U 212/89, nicht veröffentlicht) beruft, die Schmerzensgelder für angemessen gehalten haben, die auch nach Anpassung mit Hilfe des Lebenshaltungsindexes heute unter 10.000 € liegen, kann der Senat dem nicht folgen. Diese Rechtsprechung steht in deutlichem Kontrast zu den von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Entscheidungen. Der Senat vermag auch dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 10.12.1999, 22 U 98/99, VersR 2001, 251, zitiert nach Juris) nicht in Gänze zu folgen, das dem dortigen Kläger bei ähnlichen Verletzungen und Beeinträchtigungen, wie die Klägerin sie hier erlitten hat, ein Schmerzensgeld 30.000 DM zugesprochen hat. Dort war der Kläger Opfer einer vorsätzlichen Körperverletzung geworden, ein Umstand der bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu Lasten des Schädigers zu berücksichtigen gewesen wäre. Der Senat ist der Auffassung, dass dem vollständigen Verlust eines Sinnesorgans und den dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen mit derartigen Beträgen nicht angemessen Rechnung getragen wird.

Auf das der Klägerin zuzusprechende Schmerzensgeld ist der von der Unfallversicherung gezahlte Betrag von 10.000 € nicht anzurechnen. Nach dem von der Klägerin erstinstanzlich vorgelegten nervenärztlichen Gutachten und dem von ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Schreiben der Unfallversicherung an sie vom 5.3.2010 ist dieser Betrag als Invaliditätsentschädigung gezahlt worden, mithin als Ausgleich für die Minderung der Erwerbsfähigkeit. Damit sollte ersichtlich der materielle Schaden der Klägerin ausgeglichen werden. Auf eine Anrechnung dieses Betrages auf ein etwa geschuldetes Schmerzensgeld hat sich die Beklagte im Übrigen auch nicht berufen.

II. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen materieller Schäden nur im tenorierten Umfang zu, § 280 Abs. 1 BGB.

1.) Die Klägerin kann nur teilweise Ersatz der von ihr geltend gemacht Kosten für ihren Umzug und für Malerarbeiten beanspruchen, die ihr nach ihrer Behauptung nicht entstanden wären, wenn sie gesund gewesen wäre, § 252 BGB.

Bei den Leistungen, für die das Umzugsunternehmen einen Betrag in Höhe von 1.198,58 € in Rechnung gestellt hat, handelt es sich um solche Arbeiten, die die Klägerin unfallunabhängig ohnehin hätte vornehmen müssen. Wer geltend macht, er hätte ohne ein schadensstiftendes Ereignis keine Aufwendungen gehabt, weil ihm Freunde und Familienangehörige gefälligkeitshalber geholfen hätten, muss im einzelnen darlegen, wie die Planungen für den Einsatz dieser Hilfskräfte insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht waren und wie sicher gestellt werden sollte, dass keine Fremdkosten anfallen. Weiter muss vorgetragen werden, wie sich die Planungen durch den Eintritt des Schadens geändert haben und wie die notwendigen Arbeiten dann durchgeführt worden sind. Die Klägerin hat entsprechenden Vortrag trotz einer entsprechenden Beanstandung durch die Beklagte nicht gehalten. Die bloße Behauptung, ihre privaten Helfer hätten die Ein- und Auspackarbeiten übernommen, die sie selbst hat durchführen wollen, deshalb hätten die Helfer den Transport des Umzugsgutes nicht vornehmen können, ist nicht ausreichend. Ohne näheren Vortrag ist nicht verständlich, warum fünf Personen – freiwillige Helfer, die die Klägerin als Zeugen benannt hat - benötigt wurden, um die Arbeitskraft der Klägerin zu ersetzen. Es fehlt auch jeglicher Vortrag zum Umfang des Umzugsgutes. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die privaten Helfer der Klägerin dieses in ihren Fahrzeugen hätten transportieren können, wie die Klägerin in der Klageschrift behauptet hat. Unverständlich ist auch, weshalb die Klägerin der Beklagten die Kosten für beim Umzug benötigte Umzugskartons und für Verpackungsmaterial berechnet.

Etwas anderes gilt für die Kosten für den von der Klägerin beauftragten Maler. Insoweit hat die Klägerin, vom Senat in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört, nachvollziehbar dargelegt, dass sie die Malerarbeiten selbst durchgeführt hätte, wenn sie den streitgegenständlichen Unfall nicht erlitten hätte. Wie sich aus ihrer Teilnahme am Workshop der Beklagten ergibt, war die Klägerin vor ihrem Unfall in einer körperlichen Verfassung, die es ihr ermöglicht hätte, Malerarbeiten in der von ihr erworbenen Wohnung durchzuführen. Ihre Schilderung, dass sie keinen Maler beauftragen, sondern notwendige Malerarbeiten selbst ausführen wollte, entsprechen einem weitgehend üblichen Verhalten. Allerdings muss sich die Klägerin die durch die Beauftragung dieser Unternehmen ersparten Aufwendungen anrechnen lassen. So müssen vom Rechnungsbetrag die Materialkosten abgezogen werden, die der Senat auf 80,00 € brutto (Farbe und Abdeckmaterial) schätzt, § 287 ZPO.

2.) Soweit die Klägerin die Erstattung des mit der Krankenversicherung vereinbarten Selbstbehalts in Höhe von 250 € und des Bonus bei Nichtinanspruchnahme ärztlicher Leistungen in Höhe von 841,26 € angeht, hat die Klägerin einen ihr entstandenen Schaden nur unzureichend dargelegt, jedenfalls aber nicht hinreichend unter Beweis gestellt.

Die Vorlage des Versicherungsscheins, der den vereinbarten Selbstbehalt ausweist, und des Schreibens der Versicherung, aus dem ersichtlich ist, dass sie einen Bonus erhält, wenn sie im Jahre 2008 keine Leistungen in Anspruch nimmt, ist angesichts des Bestreitens der Beklagten und deren ausdrücklicher Aufforderung, hierzu näher vorzutragen, nicht ausreichend. Die Klägerin muss vielmehr darlegen und beweisen, dass sie im Jahre 2008 ausschließlich Aufwendungen gehabt hat, die auf den Unfall zurückzuführen sind. Dies ist unterblieben.

3.) Die geltend gemachte Kostenpauschale von 50 € wegen kleinerer Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Unfall ist mangels jeglicher Darlegungen dazu, um welche Kosten es sich dabei handeln soll, nicht als Schaden ersatzfähig.

III. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen etwaiger Kosten für die Einholung der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, §§ 280, 249 BGB, steht der Klägerin nicht zu.

Es ist schon zweifelhaft, ob dem Rechtsanwalt für die Einholung der Deckungszusage überhaupt gesonderte Gebühren zustehen.

Jedenfalls sind unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens Rechtsverfolgungskosten nur dann zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falles erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, Urteil vom 9.3.2011, NJW 2011, 1222, zitiert nach Juris). Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines von ihr erlittenen Unfalls in Anspruch. Dass sie für die Einholung der Deckungszusage hierfür anwaltlicher Hilfe bedurft hätte, ist nicht ersichtlich. Der Sachverhalt war übersichtlich und hätte von der Klägerin selbst unterbreitet werden können. Warum dies hier ausnahmsweise anders gewesen sein soll und die Klägerin hierfür anwaltlicher Hilfe bedurft hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

IV. Auf den Feststellungsantrag der Klägerin hin war auszusprechen, dass die Beklagte auch wegen künftiger, auf den Unfall kausal zurückzuführenden Schäden der Klägerin zum Ersatz verpflichtet ist. Zukünfte materielle und immaterielle Schäden sind angesichts der Schwere der Verletzung nicht ausgeschlossen (so auch OLG München, Urteil vom 26.11.2009, 24 U 334/08, GesR 2010, 206, zitiert nach Juris im Falle des Verlustes des Geruchssinnes und wiederkehrenden Kopfschmerzen). Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass fortdauernde Beeinträchtigungen vorhanden sind.

V. Der Klägerin steht ein Anspruch auf einen Teil der geltend gemachten vorgerichtlicher Anwaltskosten zu, §§ 280 Abs. 1, 249 BGB.

Auch insoweit besteht ein Schadensersatzanspruch der Klägerin. Die Zahlung der vorgerichtlich angefallenen Gebühren der anwaltlichen Vertreter der Klägerin durch die Rechtsschutzversicherung der Klägerin, die der Senat nach Vorlage der korrespondierenden Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung der Klägerin vom 19.12.2008 für bewiesen ansieht, kann der Beklagten nicht zum Vorteil gereichen und führen nicht zum Vorteilsausgleich. Die Klägerin ist deshalb weiterhin Inhaberin des Schadensersatzanspruches. Sie ist jedoch angesichts des Anspruchs des Versicherers auf Auskehrung von Kostenerstattungen berechtigt, die Zahlung nicht an sich, sondern an ihre Rechtsschutzversicherung zu verlangen.

Die ihren späteren Prozessbevollmächtigten zustehenden Gebühren bemessen sich nach dem Wert der Ansprüche, die die Klägerin in begründeter Weise gegen die Beklagte geltend machen kann. Die Zahlungsansprüche betragen - wie aus dem Tenor ersichtlich - 20.320,42 €, der Feststellungsantrag hat einen Wert von 15.000 €. Die Gebührenansprüche der anwaltlichen Vertreter der Klägerin richten sich mithin nach einem Streitwert von 35.320,42 €.

Nachdem sie zunächst eine 1,8-Geschäftsgebühr geltend gemacht hat, hat die Klägerin die Berufung zurückgenommen, soweit sie mehr als die 1,3-Mittelgebühr beansprucht hat. Die Angemessenheit einer Mittelgebühr hat die Beklagte nicht bestritten. Diese ist der Klägerin zuzusprechen, ebenso wie die Postpauschale und die Mehrwertsteuer, so dass sich ein Betrag von 1.419,19 € ergibt.

VI. Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat - unabhängig von einem Antrag der Prozessparteien - über die Zulassung der Revision zu entscheiden. Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Mitverschulden und zum Handeln auf eigene Gefahr berücksichtigt. Maßgeblich für die Entscheidung waren im Übrigen die Umstände des Einzelfalles.