Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.04.2010 | |
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Aktenzeichen | 10 Sa 276/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 6 Abs 5 ArbZG, § 1 TVG |
Der Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG kann auch in einer tariflichen Grundvergütung enthalten sein, wenn der Tarifvertrag dafür genügend Anhaltspunkte hat.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Januar 2010 - 24 Ca 10178/08 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.680,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
„Die tägliche Arbeitszeit im Fahrdienst kann wegen des regelmäßig hohen Anteils an Arbeitsbereitschaft (reine Servicebereitschaft gegenüber den Reisenden) gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 4a ArbZG über 8 Stunden hinaus verlängert werden; sie darf, abhängig vom Zugeinsatz, jedoch eine Dauer von 16 Stunden nicht überschreiten.“
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 403,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 497,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 22,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 1. Februar 2009 für die von der Klägerin geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25% des Tariflohnes für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder der Klägerin für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden fünf bezahlte freie Tage jährlich zu gewähren.
die Klage abzuweisen.
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Januar 2010 - 24 Ca 10178/08 -
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 923,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit auf 403,77 EUR, 497, 26 EUR und 22,48 EUR zu zahlen oder der Klägerin fünf freie Tage zu gewährleisten;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 1. Februar 2009 für die von der Klägerin geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25% des Tariflohnes für jede zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder der Klägerin für jeweils 90 zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr geleistete Arbeitsstunden einen freien Tag zu gewähren.
die Berufung zurückzuweisen.
I.
II.
1.
2.
Ausdrückliche [tarifliche] Bestimmungen fehlen insoweit; hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Der BMTV hat auch nicht stillschweigend den Ausgleich für Nachtarbeit geregelt, etwa durch die Bestimmungen über Urlaub, über Arbeitsbereitschafts- und Kabinenzeiten oder über die Grundvergütung. Der Arbeitgeberin ist allerdings zuzugeben - in Übereinstimmung mit der wohl herrschenden Meinung im Schrifttum (Dobberahn, Das neue Arbeitszeitgesetz in der Praxis, 2. Aufl., Rz 91; Kraegeloh, Arbeitszeitgesetz, § 6 Rz 10; Roggendorff, Arbeitszeitgesetz, § 6 Rz 40; Zmarzlik/Anzinger, Arbeitszeitgesetz, § 6 Rz 57) -, dass eine solche Ausgleichsregelung auch stillschweigend erfolgen kann. In den Ausschussberatungen zum Arbeitszeitgesetz wurde die Formulierung des § 6 Abs. 5 ArbZG mit dem erklärten Zweck geändert, klarzustellen, dass auch bereits bestehende Tarifverträge, in denen z.B. branchenspezifische Nachtarbeit bei der Grundentgeltfindung berücksichtigt war, als Ausgleichsregelungen i.S.d. Vorschrift in Betracht kommen (Ausschussbericht BT-Drucks. 12/6990 S. 43).
…
Den allgemeinen tariflichen Arbeitsbedingungen kann nur dann eine stillschweigende Ausgleichsregelung i.S. dieser Vorschrift entnommen werden, wenn entweder der Tarifvertrag selbst entsprechende Hinweise enthält, oder wenn sich aus der Tarifgeschichte oder aus Besonderheiten des Geltungsbereichs Anhaltspunkte dafür ergeben. So wird im Schrifttum zutreffend darauf hingewiesen, dass bei einer speziell für Nachtwächter geltenden tariflichen Entgeltregelung davon auszugehen ist, die Belastungen der Nachtarbeit seien bereits im Grundentgelt berücksichtigt (Neumann/Biebl, Arbeitszeitgesetz, 12. Aufl., § 6 Rz 25). In einem derartigen Fall ständiger und fast ausschließlicher Nachtarbeit aller betroffenen Arbeitnehmer mag eine Aufspaltung der Vergütung in Grundlohn und Nachtzuschlag gekünstelt wirken. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verhältnisse im Güterfernverkehr vergleichbar wären. Er findet keineswegs ausschließlich nachts statt. Es gibt nicht einmal Anhaltspunkte dafür, dass dies überwiegend der Fall wäre. Zwar wird es zutreffen, dass viele Fernfahrer auch nachts eingesetzt werden. Das bedeutet aber nicht, dass hierdurch alle in - wenigstens annähernd - gleicher Weise belastet werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass manche Fernfahrer viel Nachtarbeit zu leisten haben, andere weniger oder gar keine. Angesichts dessen fehlt jede Grundlage für die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten diese Belastungen mit dem Grundlohn abgelten wollen.
2.1
2.2
2.3
3.
III.