Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 06.12.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 7 N 169.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124a Abs 1 S 1 VwGO, § 124a Abs 5 S 2 VwGO, § 11 Abs 1 S 4 AufenthG |
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. März 2013 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Beklagte.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 Euro festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Beklagten allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt jedenfalls nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, die gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung und Abschiebung des Klägers auf einen Zeitraum von sechs Monaten ab Ausreise zu befristen. Der Beklagte hält diese Entscheidung für rechtlich zweifelhaft, weil er ihr im Ergebnis nicht folgen mag.
Es kann offen bleiben, ob der Beklagte den Zulassungsgrund in einer der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 124a Abs. 5 S. 2 VwGO entsprechenden Weise dargelegt hat, denn der Antrag ist jedenfalls unbegründet.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und sich ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht beantworten lässt, ob das Urteil in seinem Ergebnis aus anderen Gründen richtig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 – 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542). Der Beklagte beanstandet im Kern die Richtigkeit der Tatsachenwürdigung durch das Verwaltungsgericht. Die Ausführungen der Zulassungsbegründung zeigen jedoch einen Mangel der Würdigung nicht schlüssig auf. Dazu bedarf es der Darlegung gewichtiger Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich entscheidungserheblicher Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder dessen Beweiswürdigung die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschreitet, beispielsweise auf gedanklichen Lücken oder Ungereimtheiten beruht, so dass Zweifel an der (Ergebnis-) Richtigkeit des Urteils vorliegen (vgl. Urteil des BVerwG vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 -, Juris Rn. 27 f., sowie Beschlüsse des OVG Berlin-Brandenburg vom 5. Dezember 2012 - OVG 11 N 57.11 -, vom 15. November 2012 - OVG 12 N 74.12 - und vom 30. April 2012 - OVG 2 N 16.11 -, Juris). Derartige Anhaltspunkte sind vorliegend nicht dargetan.
Der Beklagte teilt nach der Berufungsbegründung die Auslegung der Rechtsgrundlage (§ 11 Abs. 1 S. 4 AufenthG) durch das Verwaltungsgericht und dessen methodische Vorgehensweise bei der Bestimmung der angemessenen Frist. Er hält auch die Zwischenschritte des Verwaltungsgerichts für richtig, das zunächst in einem ersten Schritt unter Berücksichtigung des Gewichts des Ausweisungsgrundes und des mit der Ausweisung verfolgten Zwecks eine Frist von zwei Jahren für angemessen gehalten hat und diese Frist in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK relativiert hat. Er hält es für zutreffend, dass das Verwaltungsgericht in seine Überlegung die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner Lebensgefährtin und seinen fünf Kindern einbezogen und dabei auch das Lebensalter der Kinder berücksichtigt hat. Soweit sich der Begründung des Beklagten überhaupt eine nachvollziehbare Kritik an den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils entnehmen lässt, meint der Beklagte wohl, die familiären Belange des Klägers erforderten keine Reduzierung auf mehr als ein Jahr und diese Frist entspreche auch dem generalpräventiven Zweck der Ausweisung. Damit legt der Beklagte jedoch keine Richtigkeitszweifel dar, sondern setzt allein seine Abwägung an die Stelle der Abwägung des Verwaltungsgerichts.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).