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Entscheidung 3 WF 120/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 08.01.2013
Aktenzeichen 3 WF 120/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 9 FamGKG

Leitsatz

Zur Frage, ob eine Kostenentscheidung zu treffen ist, wenn Hauptsacheantrag und Verfahrenskostenhilfegesuch gleichzeitig gestellt wurden und der Hauptsacheantrag danach zurückgenommen wurde

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 301 und 600 € festgesetzt.

Gründe

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 269 Abs. 5, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde (vgl. BGH, NJW 2011, 3654 Rn. 13 ff.; Schael, FPR 2009, 11, 13; Hahne/Munzig/ Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 6, § 58 Rn. 61) ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht nach Antragsrücknahme die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt.

1.

Zu Recht hat das Amtsgericht nach Antragsrücknahme eine Kostenentscheidung getroffen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners war im Zeitpunkt der Antragsrücknahme nicht lediglich ein Verfahrenskostenhilfeverfahren anhängig, sondern auch die Hauptsache betreffend die Abänderung des Unterhaltstitels.

a)

Allerdings besteht grundsätzlich die Möglichkeit, bei gleichzeitiger Einreichung von Verfahrenskostenhilfegesuch und Antrag in der Hauptsache klarzustellen, dass der Hauptsacheantrag nur unter der Bedingung gestellt werden soll, dass Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird. Geschieht dies nicht, wird das Hauptsacheverfahren als anhängig angesehen (BGH, FamRZ 2005, 794; FamRZ 1996, 1142). Die Klarstellung kann dadurch erfolgen, dass dem Schriftsatz, mit dem Verfahrenskostenhilfe beantragt wird, eine als Entwurf bezeichnete Antragsschrift zur Hauptsache beigefügt ist, die möglichst nicht unterzeichnet ist. Nicht hinreichend eindeutig ist es, innerhalb eines Schriftsatzes dem Sachantrag ein Verfahrenskostenhilfegesucht voranzustellen. Werden beide Anträge in demselben Schriftsatz gestellt, sollte zur Verdeutlichung erklärt werden, dass über das Verfahrenskostenhilfegesuch vorab entschieden werden soll bzw. dass die Antragsschrift dem Antragsgegner erst nach der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zugestellt werden soll bzw. dass Bedingung oder Voraussetzung für die Durchführung des Hauptsacheverfahrens die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe sei (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf –/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 37). Vorliegend fehlt es an einer solchen Klarstellung.

Die Antragstellerin hat in der Antragsschrift vom 29.2.2012 Verfahrenskostenhilfe beantragt und zugleich Anträge in der Hauptsache gestellt. An Anhaltspunkten dafür, dass der Hauptsacheantrag nur unter der Bedingung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt werde, fehlt es.

b)

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist nicht allein deshalb von einem reinen Verfahrenskostenhilfeverfahren auszugehen, weil die Antragsschrift zunächst nicht förmlich zugestellt worden ist. Denn für die Entstehung von Gerichtskosten kommt es auf die Zustellung nicht an. Gemäß § 9 Abs. 1 FamGKG wird in selbständigen Familienstreitsachen die Verfahrensgebühr mit der Einreichung der Antragsschrift fällig. Der Zustellung der Antragsschrift bedarf es insoweit nicht. Dass in den Fällen, in denen neben dem Hauptsacheantrag zugleich ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt wird, nicht sogleich eine Zustellung der Antragsschrift erfolgt, liegt an den Vorschriften über die Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 FamGKG soll in selbständigen Familienstreitsachen die Antragsschrift erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Ein Beteiligter, der Verfahrenskostenhilfe beantragt, nimmt aber gerade für sich in Anspruch, aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu einer solchen Vorschusszahlung nicht in der Lage zu sein. Entsprechend sieht § 15 Nr. 1 FamGKG vor, dass § 14 FamGKG nicht gilt, soweit dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist. Demnach ist grundsätzlich über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu entscheiden, bevor die Antragsschrift zugestellt wird. Entsprechend ist das Amtsgericht im vorliegenden Fall verfahren.

c)

Der Antragsgegner kann sich auch nicht, wie mit der Beschwerdeschrift geltend gemacht, darauf berufen, dass sich das Verfahren nach dem Hinweis des Amtsgerichts vom 5.3.2012 noch im Stand des Prüfungsverfahrens befunden habe. Denn das Amtsgericht hat in diesem Hinweis zwar mitgeteilt, dass zunächst über die beantragte Verfahrenskostenhilfe zu entscheiden sei, das Unterhaltsverfahren aber bereits eingeleitet sei, doch faktisch bis zur Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfebewilligung ruhe und erst danach fortgeführt werde, wenn der Unterhaltsantrag mit der gerichtlichen Verfahrensverfügung förmlich zugestellt sei. Dies macht deutlich, dass das Amtsgericht zutreffend bereits von einer Einleitung des Unterhaltsverfahrens, verbunden mit der Fälligkeit der Gerichtsgebühren, ausgegangen ist. Es kann daher dahinstehen, ob dann, wenn nach objektiven Gesichtspunkten nicht nur ein Verfahrenskostenhilfeverfahren, sondern zugleich ein Hauptsacheverfahren vorliegt, bei unzutreffender Annahme des Amtsgerichts, es sei nur ein reines Verfahrenskostenhilfeverfahren gegeben, Vertrauensschutzgesichtspunkte dafür sprechen könnten, eine Einleitung des Hauptsacheverfahrens noch nicht anzunehmen.

2.

Zutreffend hat das Amtsgericht seine Entscheidung auf die Vorschrift des § 243 FamFG gestützt, denn hierbei handelt es sich um eine Spezialvorschrift für Unterhaltssachen, welche die Kostenvorschriften der ZPO, die gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG an sich anwendbar wären, verdrängt (vgl. FamVerf/Gutjahr, § 1 Rn. 404). Entsprechend ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass über die Verteilung der Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden ist. Dabei können neben den nach § 243 Satz 2 FamFG insbesondere zu berücksichtigenden Umständen auch die allgemeinen Kostengrundsätze nach §§ 91 ff. ZPO von Bedeutung sein (OLG München, Beschluss vom 06.04.2010 - 2 WF 307/10, BeckRS 2010, 10944; Hahne/Munzig/Schlünder, BeckOK FamFG, Edition 6, § 243 Rn. 2; Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl., § 243 Rn. 2).

3.

Ebenfalls zutreffend ist das Amtsgericht grundsätzlich davon ausgegangen, dass eine Einigung der Beteiligten hinsichtlich der Verfahrenskosten bei der Billigkeitsentscheidung zu beachten ist. Dieser Umstand ist in § 243 FamFG anders als hinsichtlich der Kostenentscheidung im Verbundverfahren gemäß § 150 Abs. 4 Satz 3 FamFG nicht ausdrücklich genannt. Dennoch ist er bei Anwendung von § 243 FamFG zu berücksichtigen. Denn diese Vorschrift soll eine flexible und weniger formale Handhabung der Kostenverteilung ermöglichen und der Schaffung von mehr Einzelfallgerechtigkeit dienen (Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 5. Aufl., § 243 FamFG Rn. 1). Wenn die Beteiligten sich über die Kosten geeinigt haben, ist es – von seltenen Ausnahmefällen abgesehen – billig, diese Entscheidung durch das Gericht zu übernehmen.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat als zweite Tatsacheninstanz im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerdeschrift, es habe zwischen den Beteiligten eine Vereinbarung über die Kosten gegeben, beiden Seiten Gelegenheit gegeben, hierzu ergänzend vorzutragen. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 14.12.2012 behauptet, man habe sich darauf verständigt, dass jeder seine Kosten selbst trage und gegenseitige Kostenanträge nicht gestellt würden. Die Antragstellerin hingegen hat unter dem 11.12.2012 mitgeteilt, zu den Verfahrenskosten sei keine Absprache erfolgt, was auch nicht erforderlich gewesen sei, da man sich nach Auffassung der Antragstellerin in der „Prüfungsphase zur Verfahrenskostenhilfe“ befunden habe, weshalb keine Kosten entstanden seien. Mit der außergerichtlichen Einigung habe man aber gleichzeitig die Vereinbarung getroffen, dass keine Kostenanträge gestellt würden. Angesichts dieses Vorbringens der Beteiligten kann nicht angenommen werden, dass eine Vereinbarung über die Kosten, insbesondere die bereits angefallenen Gerichtskosten, getroffen worden ist. Offensichtlich sind beide Beteiligten davon ausgegangen, dass solche Kosten noch gar nicht angefallen sind. Der Gesichtspunkt der Vereinbarung der Beteiligten über die Kosten kann daher vorliegend keine Rolle spielen.

4.

Mithin ist die Kostenentscheidung nach den übrigen Gesichtspunkten, die bei § 243 FamFG von Bedeutung sind, zu treffen. Dabei ist hier zum einen zu berücksichtigen, dass die Rücknahme der Antragstellerin erst erfolgt ist, nachdem sich der Antragsgegner offensichtlich außergerichtlich dazu bereits erklärt hat, den verlangten höheren Unterhalt zu zahlen. Dies spricht dagegen, der Antragstellerin unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Vielmehr muss angenommen werden, dass der Antragsgegner, wenn es nicht zur außergerichtlichen Einigung gekommen wäre, in dem Verfahren unterlegen wäre, was zur Auferlegung der Kosten auf den Antragsgegner nach § 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG geführt hätte. Hinzu kommt der Umstand, dass der Antragsgegner nach dem nicht bestrittenen Vorbringen in der Antragsschrift vor Einleitung des Verfahrens der Aufforderung der Antragstellerin, Auskunft über seine Einkünfte zu erteilen, nicht nachgekommen ist. Damit liegen auch die Voraussetzungen des § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG vor, so dass es der Billigkeit entspricht, die Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Nach dem Vorstehenden ist die vom Amtsgericht getroffene Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden. Auf die Frage, ob diese Entscheidung als Ermessensentscheidung im Beschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. insoweit zum Streitstand Hahne/Munzig/ Gutjahr, a.a.O., § 69 Rn. 31), kommt es somit nicht an.

5.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht ebenfalls auf § 243 FamFG. Da die Beschwerde völlig ohne Erfolg geblieben ist, entspricht es der Billigkeit, dass die Kosten insoweit ebenfalls vom Antragsgegner zu tragen sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.