Gericht | VG Potsdam 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 27.03.2012 | |
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Aktenzeichen | VG 6 K 1564/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 4 GlüStV, § 9 Abs 1 S 2 GlüStV, § 23 VwVfG, § 37 Abs 1 VwVfG |
1. Die Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspielen im Internet ist nach § 4 Abs. 4 GlüStV unabhängig davon unzulässig, ob eine ausländische Konzession vorliegt und wo sich der Geschäftssitz des Vermittlers/Veranstalter befindet.
2. Es ist Sache des Vermittlers/Veranstalters, ein rechtskonformes Geschäftskonzept zu entwickeln.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine in Malta ansässige Gesellschaft (Limited). In Brandenburg sowie in anderen Bundesländern der Bundesrepublik hat die Klägerin weder einen Sitz noch eine Niederlassung. Sie bietet im Internet über ihren Server in Malta Sportwetten an. Spieler können hierbei online auf den Ausgang unterschiedlicher Sportereignisse aus den unterschiedlichsten Sportarten wie Fußball, Tennis, Olympische Winterspiele, Boxen oder Rugby wetten. Ferner wird auf dieser Internetseite die Onlineteilnahme an Casinospielen wie Poker Roulette oder Blackjack angeboten. Das Onlineangebot ist auch von Brandenburg aus aufruf- und nutzbar. Die Klägerin verfügt nach ihrem Vortrag über eine entsprechende Lizenz der maltesischen Aufsichtsbehörde, die den ordnungsgemäßen Ablauf der Wettabschlüsse, die Zuverlässigkeit des Unternehmens, die hinreichende Liquidität für die Gewinnausschüttung und die Einhaltung der Jugendschutzvorschriften überwache.
Mit Bescheid vom 8. September 2009 untersagte der Beklagte der Klägerin nach erfolgter Anhörung die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel in Brandenburg, drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 € an und erhob für diesen Bescheid eine Gebühr von 500 €. Er stützte die Untersagung auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV und wies in seiner Begründung darauf hin, dass nach § 4 Abs. 4 GlüStV die Vermittlung von Glücksspiel im Internet verboten sei. Der Bescheid ging der Klägerin am 9. September 2009 per Fax in deutscher Sprache zu.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 16. September 2009 bei Gericht eingegangenen Klage. Mit Antrag vom selben Tag hat die Klägerin beim erkennenden Gericht beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Mit Beschluss vom 23. Februar 2010 zum Aktenzeichen VG 3 L 572/09 hat das Gericht den Antrag abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 22. November 2010 zum Aktenzeichen OVG 1 S 22.10 zurückgewiesen.
Die Klägerin ist der Ansicht, es mute willkürlich an, wenn einzelne Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland auf Basis eines deutschen Gesetzes einem in einem anderen europäischen Land ansässigen Internetanbieter in deutscher Sprache Unterlassungsverfügungen schickten.
Der Bescheid sei nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben, da er mit einfacher Post in deutscher Sprache an ein in Malta ansässiges Unternehmen versandt wurde. Bereits wegen der deutschen Sprache habe die Klägerin ihn nicht vollinhaltlich zur Kenntnis nehmen können. Ferner sei der Bescheid nicht hinreichend bestimmt, da die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel untersagt werde, Sportwetten aber kein Glücksspiel seien. Auch sei die Untersagung der Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspiel zu pauschal und der Beklagte teile auch nicht mit, in welcher Form die Ordnungsverfügung überhaupt umgesetzt werden solle, sondern überlasse dies der Klägerin
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 8. September 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren VG 3 L 572/09 und OVG 1 S 22.10, und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Der form- und fristgerecht erhobenen Klage ist kein Erfolg beschieden. Der Bescheid des Beklagten vom 9. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in deren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die angegriffene Untersagungsverfügung ist der Klägerin ordnungsgemäß bekanntgegeben worden (§ 41 Abs. 1 VwVfG). Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes ist an keine bestimmte Form geknüpft und kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erfolgen (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Auch ist gegen die Bekanntgabe nicht zu erinnern, dass sie in deutscher Sprache erfolgte. § 23 VwVfG bestimmt Deutsch zur Amtssprache. Zwar ist zu fordern, dass mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache für einen Ausländer nicht zu einer Verkürzung seines Anspruches auf rechtliches Gehör führen (BVerfGE 40, 95; HessLSG SozVers 77, 82), doch hat der Ausländer keinen Anspruch auf einen Bescheid in der ihm geläufigen Sprache (vgl. BVerfGE 42, 120 [zum Strafbefehlsverfahren]; BVerwG DVBl. 78, 888). Vorliegend ist nicht zu besorgen, dass bei der Klägerin eine Verkürzung des rechtlichen Gehörs eingetreten ist, hat die Klägerin doch ein deutschsprachiges vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied, unterhält sie eine unter anderem deutschsprachige Internetseite, hat sie als zentrale Bankverbindung ein Konto bei der Bank Austria in Linz in Österreich angegeben, wurde sie vor Erlass des Verwaltungsaktes in deutscher Sprache angehört, worauf sie in deutscher Sprache Stellung nahm, und hat sie zeitnah nach Erlass der umstrittenen Unterlassungsverfügung in deutscher Sprache um Rechtsschutz nachgesucht. Offensichtlich war die Klägerin durch die Konfrontation mit der deutschen Sprache nicht überfordert oder in ihren Rechtschutzmöglichkeiten beeinträchtigt.
Auch ist die Unterlassungsverfügung hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Der Klägerin wurde aufgegeben, es zu unterlassen, in Brandenburg Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln. Es kann danach für die Klägerin nicht zweifelhaft sein, was zu unterlassen von ihr gefordert wird. Der Begriff des Glücksspiels ist in § 3 Abs. 1 GlüStV legaldefiniert. Es liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt, das heißt wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2 GlüStV). Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV sind auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele. Auf diese Vorschrift hat der Beklagte in der Begründung seines Bescheides Bezug genommen und sie inhaltlich wiedergegeben.
Soweit die Klägerin meint, der Beklagte hätte der Klägerin konkret aufgeben müssen, in welcher Form die Ordnungsverfügung umgesetzt werden soll, und die Unterlassung stelle eine unmögliche Handlung dar, ist dies bereits im Ansatz nicht nachvollziehbar. Wie die Klägerin die Veranstaltung von Glücksspiel in Brandenburg unterlassen kann, liegt auf der Hand. Dies wäre jedenfalls dadurch zu erreichen, dass die Klägerin ihre Internetseite abschaltet (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2010, Az.: OVG 1 S 22.10). Der Begriff des Unterlassens ist daher nicht weiter erklärungsbedürftig und das Gebot, die Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspiel in Brandenburg zu unterlassen, auch nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Ob dies die Klägerin unverhältnismäßig oder gar unzumutbar träfe, ist keine Frage der Bestimmtheit oder Unmöglichkeit.
Die angegriffene Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
Die Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspielen wie Sportwetten im Internet ist unzulässig (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Weder ist sie genehmigungsfähig, noch darf sie ohne Genehmigung ausgeübt werden. Das gleiche gilt für Werbung für Glücksspiel im Internet (§ 5 Abs. 3 GlüStV). Eine möglicherweise in Malta von den dortigen staatlichen Behörden erteilte Konzession ersetzt nicht die für die Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch den Beklagten als zuständige brandenburgische Behörde (vgl. BVerwG NWVBl 2011, 307; BGH, Urteil vom 28. September 2011, Az.: I ZR 43/10).Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union ist berechtigt, die Möglichkeit, den Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet Glücksspiele anzubieten, für alle daran interessierten Veranstalter vom Besitz einer von seinen zuständigen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen, ohne dass der Umstand, dass ein bestimmter Veranstalter bereits über eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis verfügt, dem entgegenstehen kann (EuGH, WRP 2010, 1338 Rn. 113 - Markus Stoß u.a.).
Das Internetangebot der Klägerin stellt die Veranstaltung von Glücksspiel im Sinne des GlüStV sowie die Werbung hierfür dar. Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2 GlüStV). Auch Sportwetten sind Glücksspiele, denn sie sind Wetten auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV, nämlich den Ausgang einer Sportveranstaltung. Der Ausgang eines sportlichen Wettkampfes kann nicht vorhergesagt werden. Er hängt von einer Vielzahl zufälliger Ereignisse ab. So gewinnt etwa beim Fußball nicht stets die vermeintlich bessere Mannschaft, sondern sie gewinnt lediglich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit. Ob sich diese Wahrscheinlichkeit realisiert, ist ein zufälliges Ergebnis (vgl. Spiegel-Online, 25. Februar 2008, „Der Fußballgott würfelt“; Spiegel-Online, 20. Februar 2007, „Fußball ist Glücksspiel“). Die Klägerin versucht dies damit in Zweifel zu ziehen, dass sie behauptet, der Bundesgerichtshof in Strafsachen habe die Frage, ob Sportwetten Glücksspiel seien, bislang unbeantwortet gelassen. Das ist jedoch falsch. Vielmehr hat der vierte Strafsenat des Bundesgerichtshofs bereits am 28. November 2002 entschieden, dass Sportwetten dem Glücksspielbegriff unterfallen (BGH NStZ 2003, 372). Dies wurde bereits vom Reichsgericht in Strafsachen am 24. Oktober 1913 für den Reitsport (Reichsgericht, Urteil vom 24. Oktober 1913, Az.: V 607/13) bejaht und entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in Zivilsachen (vgl. nur BGH, Urteil vom 28. September 2011, Az.: I ZR 30/10) sowie des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. nur BVerwG NVwZ 2011, 1319).
Die durch die Klägerin vorgenommene Veranstaltung von Glücksspiel erfolgt im Land Brandenburg, auch wenn sie über keinen Geschäftssitz in diesem Bundesland verfügt. Veranstaltet und vermittelt wird ein Glücksspiel dort, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird (§ 3 Abs. 4 GlüStV). Die Teilnahme wird Spielern durch die Klägerin in Brandenburg eröffnet. Der Teilnahmewillige könnte vom heimischen Computer sämtliche ihm obliegenden Handlungen zur Teilnahme an den Sportwetten tätigen. Eine zielgerichtete Ausrichtung und Werbung des Spielangebots im Hinblick auf brandenburgische Spieler ist hierfür nicht erforderlich. Der Umstand, dass die Internetseite der Klägerin in deutscher Sprache aufrufbar ist und damit einen besonderen Bezug gerade auch zu Deutschland und somit auch zu Brandenburg aufweist, bietet einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für das Einschreiten der Glücksspielaufsichtsbehörde (vgl. VG Ansbach ZfWG 2010, 369; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.5.2009, Az.: 27 L 1147/08 [Juris]). Wie sich aus der Verwendung der deutschen Sprache und aus der Auswahloption „Deutschland“ bei der Länderauswahl im Rahmen der Spielerregistrierung der Klägerin ergibt, wendet sich die Klägerin mit ihren Spielangeboten zielgerichtet an Verbraucher in Deutschland und damit auch in Brandenburg. Dabei ist es unerheblich, ob sich der Server und sämtliche Einrichtungen der Klägerin sowie deren Gesellschaftssitz außerhalb Deutschlands befinden. Bei Nutzung des Internets wird die Möglichkeit zur Spielteilnahme nicht am Sitz des Veranstalters, sondern am Wohnsitz des Spielers oder einem anderen Standort seines Computers eröffnet (BGH, Urteil vom 28. September 2011, Az.: I ZR 43/10).
Eine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages hinsichtlich der hier interessierenden Internetverbote (§§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV) ist nicht ersichtlich. Die Normen des Glücksspielstaatsvertrages sind verfassungskonform (BVerfG NVwZ 2008, 1338); eine Verletzung von Grundrechten der Klägerin ist nicht ersichtlich. Das Bundesverfassungsgericht erachtet in der zitierten Entscheidung die durch den Glücksspielstaatsvertrag erfolgenden Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) für gerechtfertigt. Mag dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch keine Bindungswirkung im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG zukommen, da es sich lediglich um einen Nichtannahmebeschluss handelt, teilt das erkennende Gericht gleichwohl die dieser Entscheidung zugrundeliegende Rechtsauffassung.
Die Vorschriften des GlüStV beachten den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Glücksspielstaatsvertrag dient vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen. Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen. Eine objektive Berufswahlbeschränkung erfolgt hier durch das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Insbesondere bei der Verhinderung von Glücksspielsucht und bei der wirksamen Suchtbekämpfung handelt es sich um besonders wichtige Gemeinwohlziele. Spielsucht kann zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen. Die von der Klägerin veranstalteten Sportwetten weisen im Vergleich zu anderen Glücksspielarten sogar ein erhöhtes Potenzial zur Ausbildung pathologischen Spielens auf (vgl. Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mai 2011, S. 82). Letztendlich könnte die Frage des konkreten Suchtpotenzials jedoch auch dahinstehen, denn die Länder waren und sind ohnedies nicht gehalten, „harmlose“ und nicht oder weniger suchtgefährdende Arten des Glücksspiels vom Geltungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags und der ihn ergänzenden Landesgesetze auszunehmen. Wird der Gesetzgeber – wie hier – zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können. Hieran gemessen sind die Erwägungen des Landesgesetzgebers verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Selbst vergleichsweise „harmlose“ Lotterien können in Abhängigkeit von den jeweiligen Veranstaltungsmerkmalen suchttypische Entwicklungsverläufe verursachen. (vgl. BVerfG a.a.O.; so auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011, Az: OVG 1 S 221.10 [Juris])
Der Gesetzgeber verstößt auch nicht gegen das aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 12 Abs. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg folgende Willkürverbot oder sonstige Verfassungsgebote, indem er Glücksspiel im Internet pauschal verbietet, während er gleichzeitig im Rahmen terrestrischer Vermittlung teilweise zulässt, was er im Internet verbietet. Im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden Einschätzungsprärogative (s. o.) ist der Gesetzgeber nicht gehindert, einen bestimmten, von ihm als besonders gefährlich angesehenen Vertriebsweg für Glückspiele unterschiedslos zu sperren. Er ist nicht gehalten, Differenzierungen, die er beim terrestrischen Vertrieb vornimmt, beim Vertrieb im Internet nachzuzeichnen. Es steht dem Gesetzgeber vielmehr frei, wegen der von ihm gesehenen Gefahren, die vom Glücksspiel im Internet allgemein ausgehen, ein generelles Internetverbot auszusprechen. Eine Überschreitung des dem Gesetzgeber zukommenden Beurteilungsspielraums wegen offensichtlich so fehlsamer Erwägungen, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können, ist nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint das Internetverbot erkennbar geeignet, die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages zu verfolgen, da dem Internet als Vertriebsweg besondere Gefahren innewohnen (dazu im Einzelnen unten).
Bedenken im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), insbesondere die Entscheidungen vom 8. September 2010, ergeben sich nicht. Zum einen hat der EuGH in der Entscheidung C-46/08 ausdrücklich festgehalten, dass jeder Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Wettangebot erstreckt, das ein (solcher) Veranstalter über das Internet abgibt, die Befugnis behält, diesem die Beachtung der in seinen einschlägigen Rechtsvorschriften aufgestellten Beschränkungen vorzuschreiben, sofern diese Beschränkungen, insbesondere in Bezug auf ihre Diskriminierungsfreiheit und ihre Verhältnismäßigkeit, den Anforderungen des Unionsrechts genügen (Rdnr. 44). Das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten, findet die ausdrückliche Billigung des EuGH, der ausführt, es sei anzuerkennen, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet angesehen werden kann, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt (Rdnr. 105). Das Verbot, Glücksspiel im Internet anzubieten, hat der EuGH somit ausdrücklich von seinen im Übrigen geäußerten Bedenken gegen die Ausgestaltung des Glücksspielmonopols ausgenommen.
Entgegen dem Eindruck, der durch die Pressemitteilung des EuGH am Tage der Entscheidung erweckt wurde, kann den Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 (u. a. Az.: C-409/06 [Winner Wetten GmbH]; C-46/08 [Carmen Media Group Ltd.]) nicht die Aussage entnommen werden, das staatliche Monopol sei in seiner derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung gegenstandslos, weil Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenzt würden. Zu einer solchen Feststellung wäre der EuGH in den zugrundeliegenden Vorlageverfahren nach Art. 177 EGV ohnehin nicht befugt gewesen, da Verfahrensgegenstand lediglich die Auslegung des Europäischen Rechts, nicht aber die Feststellung der Vereinbarkeit nationaler Regelungen mit dem Europäischen Recht war. Die vorstehende Ansicht wird, soweit ersichtlich, in der gesamten OVG-/VGH-Rechtsprechung, die seit den Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 ergangen ist, geteilt (vgl. nur OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Dezember 2010, Az.: 6 B 11013/10 [Juris]; OVG Nordrhein-Westfalen ZfWG 2010, 456; OVG Lüneburg ZfWG 2010, 430; OVG Berlin-Brandenburg ZfWG 2010, 427; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011, Az.: OVG 1 S 221.10 [Juris]; Hess. VGH, Beschluss vom 16. August 2011, Az.: 8 B 926/10 [Juris]).
Jedoch hat der Europäische Gerichtshof erhebliche und nachvollziehbare Zweifel daran geäußert, dass das staatliche Glücksspielmonopol in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland in seiner konkreten Ausgestaltung vor Art. 49 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV; nunmehr Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union; AEUV) europarechtskonform ist. Er führt aus, „dass Art. 49 EGV dahingehend auszulegen (ist), dass wenn ein regionales staatliches Monopol auf Sportwetten und Lotterien errichtet wurde, mit dem das Ziel verfolgt wird, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, und ein nationales Gericht sowohl feststellt, dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch, dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren, das nationale Gericht berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben kann, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen“ (Urteil vom 8. September 2010, Az. C-46/08 „Carmen Media Group“ [Juris]).
Das Bundesverwaltungsgericht folgt in seiner Entscheidung NVwZ 2011, 549 dieser Auffassung. Es stellt unter Hinweis auf die oben genannte Rechtsprechung des EuGH fest, die Eignung der Monopolregelung sei unionsrechtlich allerdings nicht schon zu bejahen, weil diese dem legitimen Ziel der Suchtbekämpfung dienen kann. Sie müsse vielmehr geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dabei seien sowohl der normative Gehalt der Regelung als auch ihre konkreten Anwendungsmodalitäten zu berücksichtigen.
Auch das erkennende Gericht folgt dem. Die Beurteilung der Eignung einer Monopolregelung kann nicht der tatsächlichen Rechtswirklichkeit entkleidet, lediglich am Normwortlaut gemessen werden. Insbesondere wenn sich das Gesetzeswerk durch die Formulierung überragend wichtiger Gemeinwohlziele seine Rechtfertigung verschafft, diese Ziele in der von staatlicher Seite aktiv gestalteten Rechtswirklichkeit indes unbeachtet bleiben, vermögen diese sich nur auf dem Papier wiederfindenden Gemeinwohlziele keine Rechtfertigung der Monopolregelung darzustellen.
Es spricht vieles dafür, dass die vom Europäischen Gerichtshof genannten Kriterien vorliegen, nach denen das nationale Gericht berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben könne, ein Monopol sei nicht geeignet, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Ob das Glücksspielmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung tatsächlich dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, kann daher mit Recht bezweifelt werden.
Dies kann aber vorliegend letztendlich dahinstehen. Eine unterstellte Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen über das staatliche Veranstaltungsmonopol führt nämlich nicht automatisch dazu, dass die Vorschriften über die Erlaubnispflicht, die Glücksspielaufsicht oder das hier in Rede stehende Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV zur Gänze unanwendbar wären. Lediglich soweit Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages Ausdruck des Glücksspielmonopols sind, indem bereits der Umstand, dass ein Privater eine Erlaubnis begehrt, einen Versagungsgrund darstellt, tritt diese Folge ein. Insofern ist zwischen den Regelungen zum Glücksspielmonopol und denen, die unabhängig von der Monopolisierung der Verwirklichung der Ziele des § 1 GlüStV dienen, zu differenzieren (vgl. BVerwG NVwZ 2011, 1319; BGH, Urteil vom 28. September 2011, Az.: I ZR 43/10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011, Az.: OVG 1 S 221.10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Februar 2011, Az.: OVG 1 S 220.10; BayVGH, Beschluss vom 21. März 2011, Az.: 10 AS 10.2499 [beck-online]; Bay VGH DVBl. 2011, 1315). Soweit der GlüStV die Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen im Internet von der Genehmigungsfähigkeit gänzlich ausschließt, handelt es sich um ordnungsrechtliche Vorschriften, die der Verwirklichung der Ziele des § 1 GlüStV dienen. Sie dienen gerade nicht der Realisierung des Glücksspielmonopols. Das zeigt sich daran, dass hierdurch Unternehmen wie der Klägerin lediglich untersagt wird, was auch der Monopolinhaber nicht veranstalten und vermitteln darf, nämlich Glücksspiele vermittels des Vertriebswegs Internet. Mit anderen Worten: Der Staat untersagt nicht, um es sodann selbst zu tun, sondern er untersagt, damit niemand – auch er selbst – es nicht tut.
Das Internetverbot als solches verstößt nicht gegen das Kohärenzgebot. Dem steht auch der Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht entgegen, öffentliche Lotterieanbieter verstießen selbst gegen das Internetverbot, indem sie ihr Angebot bundesländerübergreifend im Internet bewürben. Auch insoweit ist das System kohärent. Es bietet Mitbewerbern wie der Klägerin die Möglichkeit, im Wege des Wettbewerbsrechts vor den Zivilgerichten Rechtsschutz zu suchen und potenziell wettbewerbswidriges, weil gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßendes Verhalten öffentlicher Lotterieanbieter untersagen zu lassen. Inkohärenz wird nicht bereits dadurch begründet, dass sich einzelne Marktteilnehmer – seien es auch öffentliche – vereinzelt nicht entsprechend den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages verhalten. Da das Regelungssystem die Möglichkeit vorsieht, auch ohne ordnungsbehördliches Tätigwerden derartiges zu verhindern und solches auch tatsächlich geschieht, ist Kohärenz hergestellt. Der Klägerin ist es unbenommen, ihrer Ansicht glücksspielstaatsvertragswidriges Verhalten zivilgerichtlich überprüfen und gegebenenfalls im Wege der Unterlassungsklage verbieten zu lassen.
Dem Internetverbot der § 4 Abs. 4 GlüStV steht auch sonstiges Unionsrecht nicht entgegen (BVerwG ZfWG 2011, 332; BayVGH DVBl 2011, 1315; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Januar 2011, Az.: OVG 1 S 221.10).
Zwar beschränkt das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56, 57 AEUV). Die Dienstleistungsfreiheit gilt jedoch nicht absolut. Sie darf eingeschränkt werden, wenn die beschränkende Regelung mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. BVerwG ZfWG 2011, 332 unter Hinweis auf EuGH-Rspr.).
Eine formale Diskriminierung liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt gleichermaßen für In- und Ausländer. Zwar beeinträchtigt das Internetverbot faktisch Glücksspielanbieter außerhalb Deutschlands stärker als solche, die im Inland ansässig sind, weil ihnen ein für den unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt besonders wirksames Vermarktungsmittel genommen wird (vgl. EuGH EuZW 2011, 674, Rn. 74). Dieser Umstand allein steht nach der Rechtsprechung des EuGH einer unionsrechtlichen Rechtfertigung des Internetverbots aber nicht entgegen. Vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese Beschränkung zwingenden Belangen des Allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt und nicht über das erforderliche Maß hinausgeht (vgl. EuGH EuZW 2009, 689, Rn. 52 ff. – Liga Portuguesa de Futebol Profissional; EuGH EuZW 2011, 674, Rn. 76 ff. – Zeturf Ltd.; BGH, Urteil vom 28. September 2011, Az.: I ZR 43/10). Das Internetverbot verfolgt zwingende Gemeinwohlziele, nämlich die Bekämpfung der Spielsucht, den Jugend- und Spielerschutz, die Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote und die Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität (§ 1 GlüStV). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Wetten und Glücksspiele im Internet diese Ziele in besonderem Maße gefährden (vgl. BVerwG ZfWG 2011, 332 m. w. N.). Die besondere Gefährdung ergibt sich vorrangig aus den Besonderheiten vertraglicher Kontakte im Internet. So fehlt jedweder unmittelbare Kontakt zwischen dem Spieler und dem Anbieter. Dies begründet nicht nur eine erhöhte Gefahr des Betruges zu Lasten der Spieler, sondern reduziert auch die soziale Kontrolle auf Null. Die Hemmschwelle, sozial auffälliges Verhalten – wie Suchtverhalten – in der Anonymität des Internets an den Tag zu legen, ist wesentlich geringer, als wenn das Verhalten in einer Situation mit persönlichem Kontakt an den Tag gelegt werden müsste. Glücksspielangebote im Internet wären nachgerade der „ideale“ Raum, in der Anonymität bar jedweder sozialen Kontrolle Spielsüchte zu entwickeln und auszuleben. Es ist Suchtverhalten immanent, dass Süchtige und von Sucht Gefährdete versuchen, ihr Verhalten so weit wie möglich zu verheimlichen oder in der öffentlichen Wahrnehmung zu verharmlosen. Suchtentwicklung ist auf Rückzugsräume angewiesen. Hinzu kommt, dass das Internet ein zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbares unüberschaubares Spielangebot enthielte, das den Süchtigen oder von Sucht Gefährdeten bis in die Wohnung „unentrinnbar verfolgen würde“. Der Suchtreiz würde ihn ständig und überall umgeben. Der fehlende persönliche Kontakt beim einzelnen Vertragsschluss vermindert auch die Effizienz des Kinder- und Jugendschutzes. Kinder und Jugendliche können von der Spielteilnahme nur über Identifizierungssysteme ausgeschlossen werden, bei denen vor der Spielteilnahme nach einer Altersprüfung kennwortversehene oder ähnlich gesicherte Zugangsberechtigungen vergeben werden. Die Missbrauchsanfälligkeit dieser Identifizierungssysteme liegt auf der Hand. Es ist faktisch nicht zu verhindern, dass Minderjährige die Identifizierung etwa durch einen befreundeten Heranwachsenden vornehmen lassen oder unter falscher Identität selbst vornehmen. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere Jugendliche einen besonderen, nahezu sportlichen Ehrgeiz entwickeln, derartige Sicherungssysteme im Internet zu überwinden, und dass dieser Ehrgeiz häufig von Erfolg getragen ist. Dies entspricht auch den Erkenntnissen der Bundesregierung (Drogen- und Suchtbericht Mai 2011, Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Bundesministerium für Gesundheit, S. 82). Gerade in solchen Fällen würde auch der zivilrechtliche Schutz der Minderjährigen versagen, da sie sich zwar nicht wirksam vertraglich binden könnten, aber regelmäßig eine deliktische Haftung aus unerlaubter Handlung bestünde. Ferner ist bei Glücksspielangeboten im Internet die Hemmschwelle für exzessives und damit potenziell suchtbegründendes und ruinöses Spielverhalten auch deshalb niedriger, da kein Bargeldeinsatz beim Abschluss der Spielverträge erforderlich ist. Deshalb sind Maßnahmen, mit denen jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet anzusehen, die genannten legitimen Ziele, insbesondere die Bekämpfung der Spielsucht und den Jugendschutz, zu verfolgen, selbst wenn herkömmliche („terrestrische") Vertriebsformen des Glücksspiels gleichermaßen nicht untersagt werden (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 102 f., 105). Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass sich die Verbreitung von auch in Deutschland und spezifisch in Brandenburg zugänglichem Glücksspiel ohnehin nicht mittels nationaler Regelungen verbieten lasse und unabhängig von inländischen Verboten entsprechende Angebote ausländischer Glücksspielanbieter auch von Deutschland aus wahrnehmbar seien (vgl. BVerwG ZfWG 2011, 332). Es liegt in der Natur der Sache, dass Gesetzgeber nur Regelungen für ihren Hoheitsbereich schaffen können. Aus den Schwierigkeiten für staatliche Stellen, bei aus dem Ausland begangenen Verstößen effektiv zu reagieren, kann aber nicht geschlossen werden, dass es dem Einzelstaat verwehrt ist, für sein Hoheitsgebiet gleichwohl Regelungen zu schaffen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzt die Eignung der Internetverbote voraus, dass sie zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen. Das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten oder zu vermitteln (§ 4 Abs. 4 GlüStV), wird dem gerecht. Es ist widerspruchsfrei auf die Verwirklichung der damit verfolgten Ziele ausgerichtet. Die angegebenen Ziele und die tatsächlich verfolgten Ziele sind offenkundig identisch. Vor allem verfolgen die Länder nicht in Wahrheit fiskalische Interessen. Unmittelbare finanzielle Vorteile der Länder aus dem auch sie bindenden Internetverbot bestehen nicht. Auch wird die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele vorliegend nicht durch andere Regelungen und deren tatsächliche Handhabung konterkariert. Das Internetverbot gilt umfassend für sämtliche Glücksspielarten, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen.
Schließlich führt auch die Erwägung, die Länder könnten de lege ferenda beabsichtigten, das Internet für die Vermittlung von Lotterien wieder freizugeben, nicht weiter. Die Entscheidung des Gerichtes kann sich nur an der aktuell gültigen Rechtslage orientieren. Politische Absichtserklärungen zu zukünftigen Glücksspielstaatsverträgen sind keine taugliche Entscheidungsgrundlage.
Darüber hinaus liegt in der Veranstaltung der Sportwetten unabhängig vom Glücksspielstaatsvertrag eine Gefahr für die hiesige öffentliche Sicherheit und Ordnung. Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist unter anderem die gesamte Rechtsordnung (vgl. nur BVerwG NJW 1982, 1008). Die unerlaubte öffentliche Veranstaltung eines Glücksspiels stellt eine Straftat im Sinne des § 284 StGB beziehungsweise des § 287 StGB und damit einen Verstoß gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland dar. Ort der Tat ist vorliegend unter anderem Brandenburg, denn auch wenn die Tathandlung im Ausland stattfindet, aber das Glücksspielangebot Internetnutzern in Brandenburg zugänglich ist, tritt der zum Tatbestand gehörende Erfolg (§ 9 Abs. 1 3. Alt. StGB) in Brandenburg ein (vgl. BGH NJW 2001, 624 [zu § 130 StGB]; OLG Hamburg MMR 2002, 471; Beukelmann, NJW-Spezial 2004, 135). Nach dem eindeutig bekundeten gesetzgeberischen Willen soll sich die Strafvorschrift auch auf die Fälle beziehen, in denen der im Ausland ansässige Glücksspielanbieter sein Angebot an Teilnahmewillige in Deutschland richtet, denn in diesem Fall weitet der Anbieter sein Vertriebsgebiet ohne behördliche Genehmigung nach Deutschland aus (Bundestagsdrucksache BT-Drs. 13/8587 S. 67).
Die angefochtene Untersagungsverfügung ist auch verhältnismäßig und frei von Ermessensfehlern.
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss eine Grundrechtsbegrenzung geeignet sein, den Schutz des Rechtsguts zu bewirken. Sie muss dazu erforderlich sein, was nicht der Fall ist, wenn ein milderes Mittel ausreicht. Schließlich muss sie im engeren Sinne verhältnismäßig sein, das heißt in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des Grundrechts stehen (vgl. nur BVerfG NJW 1985, 121). Der Klägerin wurde die Fortsetzung ihres rechtswidrigen Tuns im Land Brandenburg untersagt. Dies ist geeignet, die Gefahren, die vom Internetangebot der Klägerin ausgehen, zu beseitigen. Es ist auch erforderlich. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Jedes mildere Mittel als die Unterlassungsverfügung hieße, dass die Klägerin ihr strafbares und suchtgefährliches Handeln fortsetzen könnte. In Anbetracht der Gewichtigkeit der zu schützenden Rechtsgüter trifft die Unterlassensverpflichtung die Klägerin auch nicht unangemessen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nur untersagt wurde, was ohnehin bereits gesetzlich als Straftat verboten ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin war es auch nicht erforderlich, ihr aufzuzeigen, wie sie weiterhin Glücksspiel im Internet veranstalten könnte, ohne dass dieses Angebot auch in Brandenburg aufrufbar wäre. Es ist weder die Aufgabe der Beklagten, noch des Gerichtes, „sich den Kopf der Klägerin zu zerbrechen“ und für sie ein rechtskonformes Geschäftskonzept zu entwickeln. Gleichwohl hat der Beklagte, ohne dass dies erforderlich gewesen wäre, der Klägerin sogar beispielhaft denkbare Möglichkeiten wie die Internetgeolokalisation oder die Mobilfunkortung genannt und damit signalisiert, bei Nutzung dieser Alternativen keinen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung zu erblicken. Ob diese Wege in der praktischen Umsetzung gangbar sind, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da die Klägerin auch bei mangelnder Praktikabilität in Brandenburg kein unerlaubtes Glücksspiel anbieten dürfte.
Das Gericht folgt nicht der unter Bezugnahme auf das Verwaltungsgericht Berlin (Beschluss vom 21. Februar 2012, Az.: 35 L 376.11) vertretenen Meinung, die Behörde müsse bei Ausübung ihres Ermessens berücksichtigen, ob und wie ihre Anordnungen im Rahmen ihrer Hoheitsbefugnisse überhaupt befolgt werden könnten und welche regionalen Grenzen sich aus bestimmten technischen Gegebenheiten ergäben. Sie müsse insbesondere auch die Souveränität und Gleichrangigkeit der Staaten in Betracht ziehen und würdigen, dass die von ihr erlassene Anordnung im Widerspruch zu der in einem anderen Staat erteilten Konzession stehen könne, im Internet öffentliche Glückspiele zu veranstalten oder zu bewerben. Die Begrenztheit einer in Malta erteilten Konzession entspreche insoweit der Begrenztheit der im jeweiligen Bundesland bestehenden Hoheitsrechte, einen bestimmten Internetzugang zu untersagen. Diese Auffassung verkennt, dass eine Verpflichtung, in Brandenburg etwas zu unterlassen, keinen Widerspruch dazu begründen kann, in Malta dasselbe zu dürfen. Ist das Unterlassen in Brandenburg und das Tun in Malta nicht gleichzeitig realisierbar, begründet dies keine Beeinträchtigung der Souveränität Maltas. Müsste Brandenburg deshalb auf seinen Unterlassungsanspruch verzichten, wäre vielmehr die Souveränität Brandenburgs beeinträchtigt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vermengt die Frage des Dürfens in Malta mit der Frage des tatsächlichen Könnens.
Der Beklagte musste der Klägerin auch keine längere Frist dafür einräumen, dem Unterlassungsgebot Folge zu leisten. Anders als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss vom 19. Mai 2010 (BayVGH DÖV 2010, 824) in einem ähnlich gelagerten Fall annimmt, genügt die Setzung einer Frist, innerhalb derer die Internetseite der Klägerin inaktiv gestellt werden kann. Einer weiträumigeren Frist, um z. B. die Möglichkeiten der Internetgeolokalisation oder die Mobilfunkortung einzurichten, bedurfte es nicht. Etwas anderes könnte gelten, wenn durch die Behörde erstmals eine Unterlassungsverpflichtung begründet worden wäre. Dann könnte es im Einzelfall geboten sein, eine großzügige Umsetzungsfrist zur Realisierung eines alternativen Geschäftskonzepts einzuräumen. Hier ist die Situation jedoch grundlegend anders. Die Klägerin hat sehenden Auges entgegen eindeutiger Straf- und sonstiger Rechtsvorschriften ihr rechtswidriges Glücksspielangebot auf Brandenburg erstreckt. Sie hätte es in der Hand gehabt, sich von Anfang an rechtstreu zu verhalten und ein gesetzeskonformes Geschäftsgebaren an den Tag zu legen. Einen Rechtsanspruch auf die Fortsetzung strafbaren Verhaltens vermag das Gericht auch unter Berücksichtigung jedweder Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht zu erkennen.
Erweist sich nach alledem die Klage insoweit als unbegründet, ist auch gegen die Zwangsgeldandrohung und die Kostengrundentscheidung im angegriffenen Bescheid nichts zu erinnern. Hinsichtlich der Gebührenfestsetzung nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid.
Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO, jene zur Berufungszulassung auf § 124 a VwGO.