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Entscheidung 3 Ca 133/11


Metadaten

Gericht ArbG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 13.10.2011
Aktenzeichen 3 Ca 133/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 280 Abs 1 BGB, § 241 Abs 2 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 246 BGB

Leitsatz

Der Arbeitgeber trägt als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die eine Pflichtverletzung begründen.

Soweit der Arbeitnehmer Gelder für den Arbeitgeber vereinnahmt hat, hat der Arbeitgeber dies darzulegen.

Der Arbeitnehmer hat dann die Verwendung der Gelder in sekundärer Darlegungslast vorzutragen und zu beweisen.

Trägt der Arbeitnehmer Tatsachen zu einer Weitergabe substantiiert vor, hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass die Weitergabe nicht stattgefunden hat.

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.032,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Forderung gegen den Beklagten aus deliktischer Handlung stammt.

3. Der Beklagte hat 83% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen, die Klägerin 17%.

4. Der Streitwert wird auf 7.736,28 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche.

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestand zwischen 1996 und Juni 2003 eine Lebensgemeinschaft. Die Klägerin gründete im Jahre 2001 ein Unternehmen unter der Firma „A.xxx“ und bot die Herstellung von Werbemitteln an. Der Beklagte arbeitete in dem Unternehmen mit. Im Beschluss vom 13.09.2010 hat das Brandenburgische Oberlandesgericht festgestellt, dass der Beklagte dabei für die Klägerin zumindest als arbeitnehmerähnliche Person tätig geworden sei.

Der Beklagte vereinnahmte in 20 Fällen von Kunden der Klägerin für Rechnungen aus dem Zeitraum von März 2003 bis August 2004 insgesamt 7.032,92 € incl. Mehrwertsteuer. Die Klägerin gab ihre Geschäftstätigkeit im August 2004 auf und meldete ihr Gewerbe ab.

Ausweislich des von der Klägerin geführten Kassenbuches entnahm die Klägerin am 31.08.2004 aus der Betriebskasse eine letzte Privateinnahme und setzte das Firmenkonto auf „Null“. Zwischen den Parteien fanden Verhandlungen über die Übernahme und Fortführung des Unternehmens durch den Beklagten statt. Dazu wurde unter dem Datum vom 24.08.2004 vom Beklagten eine Absichtserklärung abgegeben.

Gleichwohl bemühte sich die Klägerin danach, von ihren ehemaligen Kunden die vorgenannten Rechnungsbeträge einzutreiben und mahnte die vermeintlich säumigen Kunden schriftlich insbesondere am 26.10.2005 an. Die Kunden verwiesen auf vom Beklagten ausgestellte Quittungen über die Begleichung der Rechnungen.

Mit ihrer seit dem 30.12.2007 anhängigen und am 12.01.2008 zugestellten Klage machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten zunächst Schadenersatzansprüche in Höhe von 8.450,05 € geltend.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe nicht die Berechtigung gehabt, das Inkasso bei ihren Kunden vorzunehmen. Das durch den Beklagten vereinnahmte Geld sei ihr vorenthalten worden. Zu einer Übernahme des Unternehmens der Klägerin durch den Beklagten sei es – entgegen der ursprünglichen Planung - tatsächlich nicht gekommen.

Die Klägerin beantragt, unter Klagerücknahme zuletzt

1.den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.032,98 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12.01.2008 zu zahlen.
2.festzustellen, dass die Forderung gegen den Beklagten aus deliktischer Handlung stammt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass er die vereinnahmten Gelder für die mit der Klägerin bestandene eheähnliche Lebensgemeinschaft verbraucht habe. Er habe aber auch die Gelder in die Barkasse eingezahlt und die Einzahlungen seien verbucht worden. Soweit in der von der Klägerin eingereichten Kassenbuchauszügen sich die Einnahmen nicht verbucht finden, sei dieses wohl verfälscht worden. Die Klägerin sei schließlich nicht berechtigt, die Forderung klageweise geltend zu machen.

Im Übrigen sei die Forderung verjährt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

1.) Die Klage ist begründet.

a) Der Beklagte war zu verurteilen, an die Klägerin 7.032,98 € als Schadenersatz zu zahlen.

Die Klägerin kann ihren Anspruch auf §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB und daneben auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 StGB stützen. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz für den hierdurch entstandenen Schaden verlangen.

Zwischen den Parteien bestand ein Schuldverhältnis. Der Beklagte war bei der Klägerin zumindest als arbeitnehmerähnliche Person tätig. Aufgrund dieses Schuldverhältnisses oblag dem Beklagten die Verpflichtung, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Der Beklagte war daher gehalten, das Vermögen der Klägerin nicht zu schädigen. Genau gegen diese Verpflichtung hat der Beklagte aber verstoßen, so dass er zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet ist.

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch gilt folgendes:

Der Arbeitgeber trägt als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die eine entsprechende Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer begründen. Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber den Beweis darüber zu führen hat, dass der Arbeitnehmer das von ihm in Empfang genommene Geld nicht an den Arbeitgeber weitergeleitet, sondern für sich vereinnahmt hat. Dies setzt andererseits eine entsprechende sekundäre Darlegungslast des Arbeitnehmers hinsichtlich der Verwendung des von ihm empfangenen Geldbetrages voraus. Trägt der Arbeitnehmer substantiiert Tatsachen zu einer Weitergabe des empfangenen Geldes an den Arbeitgeber vor, hat dieser in diesem Falle den Beweis zu führen, dass eine von dem Arbeitnehmer behauptete Weitergabe tatsächlich nicht stattgefunden hat (vgl. OLG Brandenburg vom 17.01.2008, 12 U 23/07).

Unstreitig ist, dass der Beklagte von der Klägerin ihren Kunden in Rechnung gestellten Beträge in Höhe von 7.032,98 € vereinnahmt hat. Danach hätte es dem Beklagten oblegen, im Einzelnen vorzutragen, wie das Geld verwendet worden ist. Dieser Darlegungslast ist er nicht gerecht geworden.

Hierzu trägt er schon widersprüchlich vor. So habe er das Geld für die gemeinsame Lebensführung verwendet. Dazu fehlt aber angesichts der Höhe des Betrages, was er denn für Ausgaben wann und wofür getätigt haben will. Dazu widersprüchlich lässt sich der Beklagte ein, wenn er behauptet, das Geld in die Barkasse eingelegt zu haben. Auch hier bleibt der Vortrag an der Oberfläche. Es wird nicht im Einzelnen dargelegt, wann unter welchen Umständen die Beträge in die Kasse eingelegt worden sein sollen. Sicher ist dabei vom Beklagten nicht zu verlangen, dass er sich an jeden Einzahlvorgang erinnern kann. Angesichts der Höhe von einzelnen Beträgen in einem Fall von über 1.000,00 € und in drei Fällen von über 500,00 € müssten dem Beklagten doch Details zur Übergabe des Geldes erinnerlich sein. Auch zur behaupteten Kassenbucheintragung der in die Kasse eingelegten Beträge schweigt sich der Beklagte aus. Hat etwa der Beklagte die Beträge in Gegenwart der Klägerin eingelegt und hat die Kassenbucheintragung selbst wahrgenommen oder hat er der Klägerin nur mitgeteilt, dass er die Beträge eingelegt haben will? Aufgrund der äußerst spärlichen und widersprüchlichen Angaben des Beklagten zur Verwendung der eingenommenen Geldbeträge, wird die Beweislast der Klägerin nicht ausgelöst, dass der Beklagte die eingenommenen Beträge nicht an sie abgeführt hat.

Die Klägerin konnte auch der Höhe nach die gesamten vom Beklagten vereinnahmten Beträge an sich fordern, nämlich einschließlich der Mehrwertsteuer. In dieser Höhe ist dem von der Klägerin betriebenen Geschäft ein Schaden entstanden, da sie gegenüber ihren Kunden auch den Anspruch auf die Zahlung der Mehrwertsteuer hatte.

Obgleich die Klägerin im Verfahren keine Auskunft dazu geben konnte, ob sie nun der Soll- oder Istversteuerung (§§ 16 ff UStG) unterlegen hatte, so liegt es außerhalb des vorliegenden Verfahrens ob und in welcher Höhe bei der Istversteuerung die jetzt im Schadenersatzanspruch enthaltenen vormaligen Mehrwertsteueranteile abzuführen sind.

b) Der Anspruch ist nicht erloschen. Wohl hatten die Parteien offensichtlich über die Fortführung des Unternehmens der Klägerin durch den Beklagten verhandelt. Es war vorliegend aber nicht erkennbar, dass der Beklagte tatsächlich das Unternehmen der Klägerin fortgeführt hätte und ihm so im Wege der Übernahme des Geschäfts die vermeintlich ausstehenden Forderungen ohnehin zugestanden hätten. Da es sich um eine rechtsvernichtende Tatsache handelt, hätte insofern dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast oblegen, der er aber nicht nachgekommen ist.

c) Der Schadenersatzanspruch ist auch durchsetzbar.

Die Einrede der Verjährung der Forderung greift nicht durch. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die Klägerin erlangte Kenntnis davon, dass der Beklagte die Rechnungsforderungen eingezogen hatte, frühestens nach Aufgabe ihres Gewerbes im Jahre 2004, in den ganz überwiegenden Fällen aber wohl als Reaktion auf ihre Mahnschreiben vom 26.10.2005. Die Verjährung der Schadenersatzansprüche begann daher mit Ablauf des Jahres 2004 und endete mit dem 31.12.2007. Diese Frist hat die Klägerin aber mit ihrer am 30.12.2007 anhängig gemacht Klage gewahrt.

3.) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

4.) Der Feststellungsantrag der Klägerin ist nach § 256 Abs. 1 ZPO im Hinblick auf das Pfändungsprivileg des § 850 f Abs. 2 ZPO zulässig.

Die Feststellung, der titulierte Anspruch sei auch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gerechtfertigt, betrifft ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO und nicht nur Vorfragen oder Elemente eines solchen.

Das Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich daraus, dass der von ihm begehrte Anspruch der Vorbereitung eines Antrags nach § 850 f Abs. 2 ZPO dienen soll. Der Gläubiger kann insoweit ein schutzwürdiges Interesse daran haben, den Schuldner über die Pfändungsfreibeträge des § 850 c ZPO hinaus bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit in Anspruch zu nehmen, wenn sich erst nach dem Abschluss des Erkenntnisverfahrens herausstellt, dass der ihm zuerkannte Anspruch auch aus dem Gesichtspunkt der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründet ist. Es entspricht dem Gebot der Gerechtigkeit, den durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung Geschädigten auch in diesen Fällen in den Genuss des Vollstreckungsprivilegs des § 850 f Abs. 2 ZPO gelangen zu lassen. Im Übrigen ist der Kläger durch den Feststellungsantrag als Gläubiger auch bei der bestehenden Insolvenz des Beklagten privilegiert. Dem Feststellungsantrag liegt auch der gleiche Lebenssachverhalt wie bei dem als Schadensersatzanspruch geltend gemachten Zahlungsantrag zugrunde (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm vom 15.04.2011, 10 Sa 2274/10).

Der Antrag ist auch begründet. Durch die zweckwidrige Verwendung der vereinnahmten Geldbeträge in Höhe von 7.032,98 € hat der Beklagte eine vorsätzlich unerlaubte Handlung in Form der Unterschlagung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 Abs. 1 StGB begangen. Der Beklagte hat sich durch die Annahme des Geldbetrages und der Nichtablieferung an die Klägerin in Kenntnis, dass ihm der Betrag nicht zustand, eine fremde bewegliche Sache rechtswidrig zugeeignet.

5.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 ZPO, wonach die Kosten quotal im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen sind. Hier war die teilweise Klagerücknahme zu berücksichtigen.

Die Festsetzung des Streitwertes im Urteil folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. mit § 3 ZPO. Den Feststellungsantrag hat das Gericht mit 10% des Zahlungsantrages bemessen.