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Entscheidung 10 UF 70/14


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.06.2014
Aktenzeichen 10 UF 70/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. und die Anschlussbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 20. März 2014 in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich teilweise abgeändert.

Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung …, Versicherungsnummer …, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 3,9642 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung B…, bezogen auf den 31. August 2013, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung …, Versicherungsnummer …, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 12,8902 Entgeltpunkten (Ost) auf dessen Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung B…, bezogen auf den 31. August 2013, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B…, Versicherungsnummer …, zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 3,2774 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 31. August 2013, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B…, Versicherungsnummer …, zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 11,3486 Entgeltpunkten (Ost) auf deren Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung …, bezogen auf den 31. August 2013, übertragen.

Im Übrigen (Anrechte bei den Beteiligten zu 3. und 4.) bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 1.260 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird bezüglich der Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde zugelassen.

Gründe

I.

Auf den am 12.9.2013 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 20.3.2014 die am 12.1.1980 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wendet sich die weitere Beteiligte zu 1. mit der Beschwerde, mit der sie geltend macht, ihrer erstinstanzlichen Auskunftserteilung vom 27.11.2013 liege für die Antragstellerin eine fehlerhafte Ehezeit, nämlich der Zeitraum vom 1.1.1981 bis zum 31.8.2013 zugrunde. Sie hat unter dem 3.4.2014 für die Antragstellerin eine Auskunft für den Zeitraum vom 1.1.1980 bis 31.8.2013 erteilt.

Die weitere Beteiligte zu 2. hat unter dem 12.5.2014 vorgetragen, auch ihrer Auskunft vom 8.11.2013 liege eine unzutreffende Ehezeit zugrunde. Sie hat zugleich eine neue Auskunft erteilt, die sich auf den Zeitraum vom 1.1.1980 bis 31.8.2013 bezieht.

II.

1.

Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. ist gemäß § 58 FamFG zulässig.

Die Vorlage einer neuen Auskunft durch die Beteiligte zu 2. ist als Anschlussbeschwerde auszulegen und ebenfalls zulässig. Eine zulässige Beschwerde ist durch die Beteiligte zu 2. nicht eingelegt worden. Ihr ist die angefochtene Entscheidung am 25.3.2014 zugestellt worden. Die gemäß § 63 Abs. 1 FamFG geltende einmonatige Beschwerdefrist war bei Eingang der Auskunft vom 12.5.2014 am 13.5.2014 bereits abgelaufen.

Das verspätete Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 2. ist aber als Anschlussbeschwerde gemäß § 66 FamFG zu behandeln und als solche zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass sich das Begehren der weiteren Beteiligten zu 2. im Beschwerdeverfahren nicht auf das Anrecht bezieht, dessen Ausgleich von der weiteren Beteiligten zu 1. mit ihrer Teilanfechtung (vgl. dazu BGH, FamRZ 2011, 547 Rn. 17) beanstandet wird.

Zwar wird die Auffassung vertreten, dass sich ein Versorgungsträger der Beschwerde eines anderen Versorgungsträgers nur dann anschließen könne, wenn es bei Durchführung des Hauptrechtsmittels in der Sache zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung kommen könne, die ihn in einer eigenen konkreten Rechtsposition betreffe. Es soll ihm danach verwehrt sein, erstmals im Wege der Anschließung auch das bei ihm bestehende Anrecht zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens zu machen (so OLG Zweibrücken, FamRZ 2011, 1226; OLG Karlsruhe, FamRZ 2014, 496). Dieser Auffassung schließt sich der Senat nicht an. Einen Grundsatz dahin, dass durch die Anschlussbeschwerde die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts nicht erweitert wird mit der Folge, dass ein nicht angefochtener Teil der Entscheidung mit der Beschwerde nicht angegriffen werden kann, gibt es nicht (Hahne/ Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 11, § 66 Rn. 5a; a.A. Borth, FamRZ 2013, 94, 95). Denn durch das Anschlussrechtsmittel wird der Rechtsmittelgegner in die Lage versetzt, die Grenzen des Rechtsmittelverfahrens mitzubestimmen und zu seinem Vorteil zu beeinflussen, so dass er auch selbständige Angriffe wie Antragserweiterung, Antragsänderung und Widerantrag führen kann (BGH NJW 2013, 1530 Rn. 19; NJW 1982, 1708, 1709). Wegen der grundsätzlich unbeschränkten Möglichkeit, Anschlussbeschwerde einzulegen, erwächst die Entscheidung über den Versorgungsausgleich nach Einlegung der Beschwerde auch nicht hinsichtlich einzelner Anrechte in Rechtskraft (OLG Oldenburg, FamRZ 2013, 136; OLG Hamm FamRZ 2013, 1044; OLG Dresden, FamRZ 2013, 1810; Borth, FamRZ 2013, 94, 96; Hahne/Munzig/Gutjahr, a.a.O., § 45 Rn. 9; a.A. wohl OLG Stuttgart, FamRZ 2011, 1086; OLG Nürnberg, FamRZ 2011, 991).

Der Versorgungsträger kann daher mit der Anschlussbeschwerde den Ausgleich eines Anrechts, das nicht Gegenstand der Beschwerde ist, zur Überprüfung stellen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 7.12.2011 – 4 UF 203/11 – juris; OLG Celle, FamRZ 2011, 720).

2.

Die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde sind begründet und führen im Hinblick auf die Anrechte der beteiligten Ehegatten bei den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Danach ist nicht die vom Amtsgericht fehlerhaft auf einer unzutreffenden Ehezeit beruhende Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1. für die Antragstellerin vom 27.11.2013 heranzuziehen, sondern die neu erteilte Auskunft vom 3.4.2014. Ferner ist anstelle der Auskunft der weiteren Beteiligten zu 2. vom 8.11.2013 die unter dem 12.5.2014 erteilte Auskunft der Entscheidung zugrunde zu legen. Der Ausgleich der Anrechte erfolgt bezogen auf den 31.8.2013. Der Senat entscheidet nach Gewährung rechtlichen Gehörs ohne die in § 221 Abs. 1 FamFG vorgesehene Erörterung in einem Termin.

3.

Der Versorgungsausgleich ist auf der Grundlage der nach § 3 VersAusglG geltenden Ehezeit vom 1.1.1980 bis zum 31.8.2013 durchzuführen.

4.

Bezüglich der Anrechte bei den weiteren Beteiligten zu 3. und 4. verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts, ohne dass es hierzu weiterer Ausführungen bedarf. Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. haben die Beschwerde bzw. die Anschlussbeschwerde auf das jeweils bei ihnen erworbene Anrecht beschränkt. Eine solche Teilanfechtung ist zulässig, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2011, 547, Rn. 17). Daher beschränkt sich die Überprüfung des Senats auf den mit der Beschwerde und der Anschlussbeschwerde angefochtenen Teil der Entscheidung.

5.

Ausweislich der in der Beschwerdeinstanz erteilten Auskünfte der weiteren Beteiligten zu 1. vom 3.4.2014 für die Antragstellerin und der weiteren Beteiligten zu 2. vom 12.5.2014 für den Antragsgegner haben die beteiligten Ehegatten in der Ehezeit folgende dem Wertausgleich unterliegende Anrechte erworben:

Antragstellerin

        

in der allgemeinen Rentenversicherung

        

Ehezeitanteil

7,9284 Entgeltpunkte

Ausgleichswert

3,9642 Entgeltpunkte

korrespondierender Kapitalwert

25.527,14 €

                

in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)

        

Ehezeitanteil

25,7804 Entgeltpunkte (Ost)

Ausgleichswert

12,8902 Entgeltpunkte (Ost)

korrespondierender Kapitalwert

70.540,83 €

Antragsgegner

        

in der allgemeinen Rentenversicherung

        

Ehezeitanteil

6,5547 Entgeltpunkte

Ausgleichswert

3,2774 Entgeltpunkte

korrespondierender Kapitalwert

21.104,55 €

                

in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)

        

Ehezeitanteil

22,6971 Entgeltpunkte (Ost)

Ausgleichswert

11,3486 Entgeltpunkte (Ost)

korrespondierender Kapitalwert

62.104,52 €

4.

Mit Rücksicht auf diese Werte liegen die Voraussetzungen für einen Ausschluss wegen Geringfügigkeit der Ausgleichswertdifferenz der beiderseitigen Anrechte in der allgemeinen Rentenversicherung und in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG (Grenzwert bei Ehezeitende am 31.8.2013: 3.234 €, vgl. Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 34. Aufl., S. 27) ersichtlich nicht vor. Der Ausgleich ist in Form der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG vorzunehmen.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 150 FamFG, 20 FamGKG, die Wertfestsetzung auf §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 FamGKG.

6.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 70 Abs. 2 FamFG zugelassen, allerdings nur bezüglich der Zulässigkeit der Rechtsmittel (vgl. BGH NJW-RR 2011, 1287 Rn. 10), weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Verfahren über den Versorgungsausgleich die Anschlussbeschwerde zulässig ist, nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist.