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Einheitsbewertung für die Grundsteuer: Kleingartenland ist Grundvermögen


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 10.05.2017
Aktenzeichen 3 K 3246/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 33 Abs 1 S 1 BewG, § 68 Abs 1 BewG, § 70 Abs 1 BewG, § 70 Abs 3 BewG, § 72 Abs 2 BewG

Leitsatz

1. Kleingartenland ist bei der Einheitsbewertung für die Grundsteuer nicht dem land und fortwirtschaftlichen Vermögen, sondern dem Grundvermögen zuzuordnen (gegen BFH).

2. Durch die Nutzung eines Kleingartens kann heute das Familieneinkommen regelmäßig nicht mehr aufgebessert werden, vielmehr ist ein Kleingarten ein Kostenfaktor.

3. Für die Abgrenzung zwischen landwirtschaftlichem Vermögen und Grundvermögen kommt es nicht auf die zeitliche Dauerhaftigkeit des Pachtschutzes, sondern auf den Hauptzweck der Nutzung an.

4. Die Nutzung von Kleingärten ist in Berlin nicht anders als in anderen Bundesländern, Berlin hat insoweit keine Sonderrolle (gegen Erlass Finanzverwaltung Berlin von 1967).

5. Die Motivation der weit überwiegenden Zahl der Kleingartenpächter ist die Suche nach Ruhe und Erholung, die gärtnerische Produktion ist allenfalls ein untergeordneter Nebenzweck.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Das klagende Land streitet mit sich selbst (Bezirksamt gegen Finanzamt) um die Frage, ob Kleingartenland bei der Einheitsbewertung für die Grundsteuer als land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder als Grundvermögen einzuordnen ist.

I.

Das 297.417 m² große, in Westteil Berlins gelegene Grundstück (sog. „B…“, auch „C…“ genannt, 331.061 m² abzüglich 10 % für Wege verbleiben 297.955 m², abzüglich 538 m² als gesonderte wirtschaftliche Einheit mit eigener Steuernummer für Vereinsheim ausgegliedert) ist parzelliert und vom Eigentümer an einen Zwischenpächter, den Bezirksverband der Kleingärtner D… e. V., unbefristet verpachtet. Die Größe der Parzellen beträgt jeweils rund 250 m². Auf den Parzellen befinden sich eingeschossige Lauben, die in der Regel maximal 24 m² Grundfläche haben und von einfacher Bauart, ohne Unterkellerung, sind. Die Parzellen sind mit Strom und Wasser erschlossen. Abwasser wird in Sammelbehältern bis zur Entsorgung gelagert. Zum Übernachten sind die Lauben teilweise geeignet, jedoch nicht zum dauernden Aufenthalt, der vertraglich auch nicht erlaubt ist. Insbesondere sind die Lauben im Winter nicht nutzbar. Die Lauben sind überwiegend als Holzbauten, teilweise auch als Steinbauten, errichtet. Die kleingärtnerische Nutzung beträgt mindestens ein Drittel der Kleingartenfläche, mit dem Anbau von Obst, Gemüse, Nutzpflanzen, Kräutern, Sommerblumen. Bei diesem Drittel handelt es sich um die Mindestvorgabe, die vom klägerischen Bezirksamt stichprobenartig kontrolliert wird. Bei vielen Kleingärten ist der Anteil der Ertragsbepflanzungen höher. Die Ertragsbepflanzungen überwiegen jeweils die Zierbepflanzungen.

Die Fläche liegt im Bereich mehrerer im Aufstellungsverfahren befindlicher Bebauungspläne. Nach derzeitigem Planungsstand soll die Fläche jeweils als Dauerkleingarten mit Gründurchwegung ausgewiesen werden (zum Sachverhalt: FG-A Bl. 49).

II.

Hintergrund des Streits ist folgende Entwicklung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und bei Berliner Verwaltungsanweisungen:

1.a)

Reichsfinanzhof – RFH –, Urteil vom 07.12.1939 III 147/39, RFHE 48, 62, RStBl 1940, 9:

Das Finanzamt – FA – hatte künftiges Bauland angenommen. Das Finanzgericht – FG – hatte entschieden, dass ein gärtnerischer Betrieb auch bei Erzeugung zum bloßen Selbstverbrauch vorliegen könne. Ob eine Widmung vorwiegend zur Erholung vorliege, die gärtnerische Nutzung ausscheide, sei nicht nach dem Nutzungseinzelfall, sondern nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Es spreche eine allgemeine Vermutung dafür, dass auch die zur Zeit noch gärtnerisch (nur des Ertrags wegen) genutzten Grundstücke in absehbarer Zeit Erholungszwecken dienen würden, weil die Wohnbebauung näher rücke.

Der RFH hat die Entscheidung des FG aufgehoben, die Sache an das FG zurückverwiesen und ausgeführt: Das FG habe zutreffend entschieden, dass auch eine Erzeugung zum Eigenverbrauch (nicht nur bei gewerblicher Veräußerung) als eine Erzeugung des Erwerbs wegen anzusehen sei. Unzureichend sei aber die Begründung des FG für die Annahme, dass das zu bewertende Gelände in absehbarer Zeit anderen als Erwerbszwecken, nämlich Erholungszwecken diene. Es komme darauf an, ob der Rohertrag die Kosten decke, ob also die Wirtschaftseinnahmen die Wirtschaftsausgaben zumindest ausglichen. Es entspreche der Erfahrung, dass der Kleingärtner durch Ausnutzung der eigenen Arbeitskraft seiner Familie billige Gartenfrüchte für den eigenen Haushalt erzeugen und seine wirtschaftlichen Verhältnisse verbessern wolle. Die bloße Möglichkeit, dass das Kleingartenland in absehbarer Zeit Bauland werde, stehe einer Einordnung als gärtnerisch genutztes Land bis auf Weiteres nicht entgegen wegen des für Kleingärten geltenden weitgehenden Pachtschutzes, es sei denn aus besonderen Umständen sei zu entnehmen, dass das Land demnächst der Bebauung zugeführt werden solle.

b)

Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 10.02.1956 III 72/55 U, BFHE 62. 208, Juris Rn. 7:

Der Senat tritt dem RFH (Urteil vom 07.12.1939) bei, insbesondere, weil auch die Erzeugung zum Eigenverbrauch als eine Erzeugung „des Erwerbs wegen“ anzusehen sei.

c)

BFH, Urteil vom 19.01.1979 III R 42/77, BFHE 127, 220, Juris Rn. 8:

„Grundstücksflächen, die als Kleingartenland verpachtet und genutzt werden, sind in der Regel wegen des weitgehenden Pachtschutzes als landwirtschaftliches und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten. Die in Abschn. 2 Abs. 8 BewRGr vorgesehene Regelung entspricht insoweit der Rechtslage. Dagegen sind landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen nach § 69 Abs. 3 BewG dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn die Flächen in einem Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen sind, die sofortige Bebauung möglich ist und die Bebauung innerhalb des Plangebiets in benachbarten Bereichen bereits begonnen hat.“

d)

BFH, Urteil vom 09.08.1989 II R 116/86, BFHE 158, 90, Juris Rn. 10:

„Grundstücksflächen, die als Kleingartenland verpachtet und genutzt werden, sind in der Regel wegen des weitgehenden Pachtschutzes als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten. Die in Abschn. 2 Abs. 8 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens vom 19.September 1966 --BewRGr-- (BStBl I, 890) vorgesehene Regelung entspricht insoweit der Rechtslage (BFH-Urteil vom 19. Januar 1979 III R 42/77, BFHE 127, 220, 221, BStBl II 1979, 398).“

Ferner Juris Rn. 12:

„Solange nicht aus besonderen Umständen, die hier nicht festgestellt sind, zu entnehmen ist, daß das Land demnächst der Bebauung oder einer anderen nichtgärtnerischen Nutzung zugeführt wird, ist das Grundstück allein schon wegen des weitgehenden Pachtschutzes als gärtnerisch genutztes Land zu bewerten (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 7. Dezember 1939 III 147/39, RFHE 48, 62, RStBl 1940, 9). Der Senat hält die in Abschn. 2 Abs. 8 BewRGr vorgenommene Abgrenzung des Grundvermögens vom land- und forstwirtschaftlichen Vermögen für richtig (vgl. Urteil in BFHE 127, 220, BStBl II 1979, 398; ebenso Moench/Glier/Knobel/Werner, Bewertungsgesetz, Kommentar, Anm.10 zu § 69; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 14. Aufl., Anm. 40 ff. zu § 69 BewG). Zwar dienen Kleingärten zur nichtgewerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung (vgl. jetzt § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeskleingartengesetzes vom 28. Februar 1983, BGBl I, 210) --diese Nutzung entsprach auch der Nutzung zum Stichtag 1. Januar 1964--; eine gewerbsmäßige Nutzung ist jedoch nicht Wesensbestandteil der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. Bereits mit dem Urteil vom 10. Februar 1956 III 72/55 U (BFHE 62, 208, BStBl III 1956, 78) hat der BFH ausgeführt, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb auch dann gegeben ist, wenn der Landwirt für den eigenen Bedarf erzeugt. Auch Liebhaberbetriebe --Betriebe, die ohne Gewinnabsicht betrieben werden-- sind dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und nicht ohne weiteres dem Grundvermögen zuzurechnen (vgl. RFH-Urteil vom 17. Dezember 1931 III A 825/31, RStBl 1932, 329; FG München, Urteil vom 19. Juli 1984 IV 148/81 EW, Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, 11; Senatsbeschluß vom 18. Dezember 1985 II B 35/85, BFHE 145, 440, BStBl II 1986, 282).“

2.a)

Der Senator für Finanzen Berlin ordnete mit Erlass vom 01.03.1967 (veröffentlicht im Steuer- und Zollblatt für Berlin vom 10.03.1967, Seite 218) unter 2. an, dass Kleingartenland in Berlin (gemeint war offenbar nur der Westteil) „wie bisher“ grundsätzlich als Grundvermögen zu bewerten sei, weil unterstellt werden könne, dass der Erholungszweck im Vordergrund stehe (vgl. EW-A Bl. 4, 33).

b)

Mit Erlass vom 27.11.1974 (EW-A Bl. 4) ordnete der Senator für Finanzen an, unter die Kleingarten- und Pachtlandordnung fallenden Flächen als unbebaute Grundstücke einheitlich mit 3 DM/m² zu bewerten.

c)

Mit Erlass vom 12.09.1991 für den Ostteil Berlins („nach Wertverhältnissen vom 1. Januar 1935“) ordnete die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin unter II. an, dass Kleingärten im Sinne des BKleingG, die vorwiegend gärtnerisch genutzt werden, dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen seien.

d)

Mit Erlass vom 18.05.1995 für den Ostteil Berlins („im Beitrittsgebiet“) wies die Senatsverwaltung für Finanzen unter 1.1 hingegen darauf hin, dass in Berlin Kleingartenland grundsätzlich als Grundvermögen zu bewerten sei, und nahm Bezug auf den Erlass vom 01.03.1967.

III.

Durch Einheitswertbescheid – Nachfeststellung – auf den 01.01.2000 vom 19.05.2000 (EW-A Bl. 13) wurde das streitgegenständliche Grundstück dem Land Berlin – Bezirksamt L…, Abteilung Finanzen – zugerechnet, als Einheitswert 893.800 DM (berechnet aus 297.955 m² zu je 3 DM/m²) und als Grundstücksart „unbebautes Grundstück“ festgestellt. Am 14.02.2003 wurde eine Wertfortschreibung geprüft, bei 297.417 m² zu je 3 DM/m² hätte sich ein Einheitswert von 892.200 DM ergeben, der nicht zu einer Fortschreibung geführt hätte.

Mit Schreiben vom 08.03.2001 (EW-A Bl. 23) beantragte der Kläger (Bezirksamt) beim beklagten FA, das Grundstück als land- und forstwirtschaftliches Grundstück zu bewerten. Zur Begründung führte er aus, der am 11.03.1997 beschlossene Bereichsentwicklungsplan B…-Ost sehe für das B… keine Wohnungsbebauung vor. Vielmehr würden die bisherigen Kleingartenflächen in ihrem Bestand gesichert, lediglich an einigen Stellen werde die Nutzungsart Kleingarten durch Sportanlagen ersetzt. Die sich noch im Planungsverfahren befindlichen Bebauungspläne müssten sich an die Vorgaben aus dem Bereichsentwicklungsplan halten. Wegen des weitgehenden Pachtschutzes seien die Kleingärten daher als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu behandeln.

Mit Bescheid vom 22.10.2012 (EW-A Bl. 34) lehnte das FA den Antrag ab. Kleingartenland sei in Berlin grundsätzlich als Grundvermögen zu bewerten. Hierbei handele es sich um eine historisch begründete Regel, weil davon auszugehen sei, dass in der Großstadt Berlin nicht die gärtnerische Nutzung der einzelnen Parzellen, sondern der Erholungszweck bei dieser Grundstücksnutzung im Vordergrund stehe. Eine Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen setze voraus, dass das Grundstück einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb diene oder als Stückländerei anzusehen sei, was bei den Berliner Kleingartenparzellen nicht der Fall sei.

Mit Schreiben vom 16.11.2012 (EW-A Bl. 35) legte der Kläger Einspruch ein. Er führte nachfolgend aus, die verpachteten Flächen unterlägen alle den Regelungen des Bundeskleingartengesetzes – BKleingG –. Wegen des weitgehenden Pachtschutzes seien die Flächen als land- und forstwirtschaftliches Vermögen anzusehen, es sei denn, Umstände deuteten darauf hin, dass demnächst mit einer Bebauung oder einer anderen nichtgärtnerischen Nutzung zu rechnen sei. Dies folge aus der Rechtsprechung des BFH. Die verfahrensgegenständlichen Kleingartenflächen seien jedoch weder in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt noch sei sonst ihre sofortige Bebauung möglich. Im Gegenteil seien die Flächen planungsbefangen und in den Entwürfen der betroffenen Bebauungspläne als Dauerkleingartenflächen ausgewiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.08.2013 (EW-A Bl. 52) wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Bei Kleingärten innerhalb einer Großstadt wie Berlin müsse eine nachhaltige gärtnerische Nutzung im Grundsatz verneint werden. Nicht die Nutzung zur Gewinnung pflanzlicher Produkte stehe hier im Vordergrund, sondern eine dem Erholungszweck dienende Nutzung. Für die Bewertung sei aber die Nutzung des Wirtschaftsguts maßgeblich.

IV.

Am 09.09.2013 (einem Montag) erhob der Kläger Klage. Kleingärten seien regelmäßig Stückländereien. Sie dienten zwar sowohl der nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung als auch der Erholung, jedoch schließe der Erholungszweck den Zweck der gärtnerischen Nutzung nicht aus. Weder die Voraussetzungen von § 69 Abs. 3 Satz 1 noch von § 69 Abs. 1 Bewertungsgesetz – BewG – lägen vor.

Zum Hinweis des Gegenseite auf den Verwaltungsaufwand bei getrennter Bewertung der Lauben weist der Kläger darauf hin, dass auch bei einer Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen die Lauben als Nebenanlangen nicht gesondert zu bewerten wären, sofern sie die in § 3 Abs. 2 BKleingG vorgegebene Größe von 24 m² nicht überschritten. Im Übrigen sei etwaiger Verwaltungsaufwand für die bewertungsrechtliche Einordnung unerheblich.

Auf die Frage des Berichterstatters, ob auch heute noch der Ertrag die Kosten übersteige, teilt der Kläger mit, dass ihm dazu keine eigenen Erkenntnisse vorlägen, und verweist auf Einschätzungen des Zwischenpächters vom 23.03.2017 (FG-A Bl. 51) und vom 05.05.2017 (FG-A Bl. 73). Allerdings sei das Kriterium der Ertragssituation ungeeignet, weil es von den individuellen Verhältnissen der Pächter der einzelnen Parzellen abhängig und zudem zeitlichen Schwankungen unterworfen sei. Es müsse deswegen beim bisherigen Kriterium des Pachtschutzes bleiben.

Der Kläger beantragt sinngemäß (FG-A Bl. 33),

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 22.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.08.2013 den Beklagten zu verpflichten, in einer Artfortschreibung auf den 01.01.2001 als Vermögensart land- und forstwirtschaftliches Vermögen festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und ergänzt, in Berlin gelte der Erlass der Senatsverwaltung für Finanzen vom 01.03.1967 unverändert fort, wonach Kleingartenland grundsätzlich als Grundvermögen zu bewerten sei, weil hier in der Großstadt seit jeher der Erholungszweck im Vordergrund stehe. Es greife der sich aus § 27 BewG ergebende Grundsatz der Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt. Zur Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Vermögens komme es daher gar nicht, weswegen auch das Urteil des BFH vom 09.08.1989 II R 116/86 – eine Einzelfallentscheidung – nicht anwendbar sei. Im Übrigen seien selbst nach diesem Urteil als Kleingartenland genutzte Grundstücksflächen nur in der Regel, also nicht immer, als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten. Außerdem sei darauf abzustellen, dass die gärtnerische Nutzung gar nicht im Vordergrund stehe. Dies folge aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG, wonach der Garten dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung und zur Erholung diene. Die Anwendbarkeit des BKleingG reiche nicht aus, um eine Eingruppierung in das land- und forstwirtschaftliche Vermögen zu begründen. Entscheidend sei gemäß § 33 BewG vielmehr die tatsächliche Nutzung. Aus der Verpflichtung der Kleingärtner zur Einhaltung eines Mindestmaßes an gärtnerischer Nutzung und deren Kontrolle ergebe sich, dass der gärtnerische Anbau entweder nur als notwendiges Übel oder zumindest nur als Freizeitbeschäftigung gesehen werde. Wäre der Zweck von Kleingärten tatsächlich überwiegend die gärtnerische und nicht die Freizeitnutzung, wären Verpflichtung und Kontrolle überflüssig. Es sei im Übrigen häufig zu beobachten, dass Früchte nicht abgeerntet oder vor die Parzelle gestellt und an Passanten verschenkt würden. Die Bewirtschaftung des Kleingartens sei zwar verpflichtender, kostenverursachender Bestandteil der Nutzung, aber die Erzielung von Einnahmen nicht Hauptziel des Pächters.

Die Einordnung als Grundvermögen sei auch deswegen angemessen, weil der Erlass der Senatsverwaltung für Finanzen vom 01.03.1967 ferner vorsehe, dass Kleingartenlauben im Eigentum der Pächter, deren Wert (berechnet nach den Wertvorschriften für den Einheitswert 1964) unter 1.000 DM liege, nicht als Gebäude bewertet und besteuert würden (Nichtaufgriffsgrenze). Sollte die Berliner Regelung künftig nicht mehr angewendet und alle Kleingartenanlagen in Berlin als land- und forstwirtschaftliches Vermögen eingeordnet werden, müssten auch ca. 80.000 Kleingartenlauben überprüft und ggf. erstmals einer Besteuerung zugeführt werden. Daraus könnte sich im Ergebnis eine für die Kleingärtner höhere Grundsteuerlast ergeben. Außerdem würde der niedrigere Hebesatz (in Berlin Grundsteuer A 150 %, Grundsteuer B 810 %) durch die höheren Messbeträge (§§ 14, 15 GrStG: LuF-Vermögen 6 ‰, Grundvermögen 3,5 ‰) teilweise kompensiert. Bei der Bedarfsbewertung für die Erbschaftsteuer habe der Gesetzgeber in § 158 Abs. 4 Nr. 2 BewG bereits seit 2009 eine Einordnung von Kleingartenland zum Grundvermögen vorgenommen.

V.1.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (Kläger: FG-A Bl. 33, FA: FG-A Bl. 62).

2.

Die Einheitswert- und Grundsteuerakte Steuernummer … lag vor.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig.

Beschreitet der von einem Steuerverwaltungsakt betroffene Fiskus den Finanzrechtsweg, handelt es sich nicht um einen unzulässigen Insichprozess (BFH, Urteil vom 09.10.1985 II R 204/83, BStBl II 1986, 148, Juris Rn. 4; BFH, Urteil vom 18.12.2002 II R 20/01, DStRE 2003, 421, Juris Rn. 8).

B.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Ablehnung der begehrten fehlerbeseitigenden Artfortschreibung (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG) ist nicht rechtswidrig (§ 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –), weil die bisher implizit festgestellte Vermögensart „Grundvermögen“, welche sich aus der explizit festgestellten Grundstücksart „unbebautes Grundstück“ (gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 1, § 70 Abs. 1 und § 72 BewG) ergibt, gemäß § 33 BewG (i. V. m. § 18 und § 68 Abs. 1 letzter Halbsatz BewG) im Ergebnis zutrifft.

Zwar teilt der Senat nicht die Auffassung des FA, dass die Situation in Berlin eine andere sei als in kleineren Städten oder Gemeinden bzw. in anderen Bundesländern (nachfolgend I.), und nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH wären die Kleingärten damit dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzuordnen (nachfolgend II.). Allerdings folgt der Senat dem BFH aus grundsätzlichen Erwägungen nicht (mehr), er ist vielmehr der Auffassung, dass sich die Nutzungsgewohnheiten bei Kleingärten seit der Entscheidung des RFH von 1939 gewandelt haben und daher eine Änderung der Rechtsprechung geboten ist (nachfolgend III.).

I.

Entgegen der Auffassung des FA hat Berlin keine Sonderrolle als Großstadt. Die Situation ist in Berlin – soweit rechtlich relevant – bezüglich der Nutzung von Kleingärten keine andere als in kleineren Städten oder Gemeinden bzw. in anderen Bundesländern.

1.

Der BFH hat in seinen Urteilen vom 19.01.1979 III R 42/77, BFHE 127, 220, und vom 09.08.1989 II R 116/86, BFHE 158, 90, jeweils entscheidend darauf abgestellt, dass die Einordnung als Landwirtschaftsfläche wegen des weitgehenden Pachtschutzes erfolgt. Der Pachtschutz ist aber in Berlin kein anderer als in anderen Bundesländern. Die Erwägungen der Berliner Finanzverwaltung (erstmals im Steuer- und Zollblatt Berlin 1967 veröffentlicht und dann lediglich in größeren Abständen ohne argumentative Änderung wiederholt), in Berlin als Großstadt stehe der Erholungszweck im Vordergrund, ist schon deswegen nicht überzeugend, weil er nicht auf die Begründung des BFH Bezug nimmt. Der BFH hat gerade nicht mit dem Überwiegen der gärtnerischen Nutzung über die Erholungsnutzung argumentiert, sondern allein mit dem weitgehenden Pachtschutz.

Deswegen ist auch die Erwägung unzutreffend, die Berliner Regelung stehe nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH. Die Berliner Regelung besagt genau das Gegenteil dessen, was der BFH in seinen Urteilen von 1956, 1979 und 1989 ausgesagt hat.

2.

Darüber hinaus ist die Sonderrolle Berlins auch in der Sache nicht schlüssig.

Zwar hat Berlin in absoluten Zahlen die meisten Kleingärten, nicht aber in Relation zur Bevölkerungszahl. Gemäß Website des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V., dort https://www.gartenfreunde-berlin.de/ueber-uns/zahlen-und-fakten, abgerufen am 09.02.2017, haben die höchsten Kleingartenzahlen relativ zur Einwohnerzahl Neubrandenburg, Stralsund, Plauen, Görlitz, Dessau und Rostock, also überwiegend eher kleinere Städte. Es ist auch nicht einsichtig, warum ein Kleingarten für einen Bewohner des urbanen Innenstadtbereichs von Berlin eine andere Rolle und Bedeutung haben sollte als für einen Bewohner des urbanen Innenstadtbereichs eine Mittelstadt oder einer Kleinstadt. Das Bedürfnis nach einem naturnahen Platz für Freizeit und Erholung ist genau dasselbe. Allein der Umstand, dass die Fahrzeit zum Verlassen des Stadtgebiets mit der Größe der Stadt zunimmt, ändert nichts an der Bedürfnislage der Nutzer und daher auch nichts an den Nutzungsgewohnheiten. Die Frage, welcher Nutzungszweck (gärtnerische Nutzung oder Erholung) überwiegt, hängt nicht von der Größe der Stadt ab.

II.

Da der BFH in den beiden vorgenannten Urteilen vom 19.01.1979 III R 42/77, BFHE 127, 220, und vom 09.08.1989 II R 116/86, BFHE 158, 90, Kleingartenflächen allein wegen des Pachtschutzes dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuordnet und davon nur eine Ausnahme zulässt, wenn aus besonderen Umständen ersichtlich ist, dass das Land demnächst der Bebauung oder einer anderen nichtgärtnerischen Nutzung zugeführt wird, wäre der Klage auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des BFH stattzugeben, denn solche besonderen Umständen liegen hier nicht vor. Sie sind weder vom FA vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil hat das FA eingeräumt (Schriftsatz vom 13.11.2013 Seite 2, FG-A Bl. 19R), dass eine Bebauung derzeit nicht geplant oder absehbar sei. Daran ändert auch der allgemeine Hinweis des FA nichts, dass es bei landeseigenen Grundstücken – wie hier – weitestgehend in der Hand des Eigentümers liege, von der bestehenden Selbstbindung durch Senatsbeschluss und Erlass geänderter Bebauungspläne abzuweichen, sofern z. B. wohnungsbaupolitische oder finanzpolitische Umstände dies bedingen. Diese allgemeine Beobachtung trifft zwar zu, allerdings besteht im hiesigen konkreten Fall für eine Änderung der politischen Zielsetzung gerade kein Anhaltspunkt.

III.

Indes folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht (mehr).

1.a)

Soweit der RFH im Urteil vom 07.12.1939 III 147/39, RFHE 48, 62, RStBl 1940, 9, und der BFH im Urteil vom 10.02.1956 III 72/55 U, BFHE 62, 208, primär, der BFH im Urteil vom 09.08.1989 II R 116/86, BFHE 158, 90, ergänzend darauf abgestellt haben, dass im Vordergrund die Erzeugung zum Eigenverbrauch stehe und der Ertrag (bzw. die durch die Erzeugung zum Eigenverbrauch ersparten anderweitigen Konsumaufwendungen) die Kosten übersteige, ist der Senat davon überzeugt, dass dies heute nicht mehr zutrifft.

Weder steht die Erzeugung zum Eigenverbrauch heute bei der großen Mehrheit der Kleingärtner im Vordergrund noch lässt sich durch Pacht und Bewirtschaftung eines Kleingartens heutzutage das Familieneinkommen aufbessern. Ein Kleingarten ist vielmehr für eine Familie bzw. den Pächter inzwischen ein Kostenfaktor geworden.

Der Senat verweist hierzu auf die Website des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V. https://www.gartenfreunde-berlin.de/service/kleingarten-aber-wie (abgerufen am 09.02.2017). Dort wird für künftige Interessenten ausführlich vorgerechnet, mit welchen Kosten man rechnen müsse und welche kleingärtnerische Nutzung vorgeschrieben sei. Nirgends ist von einem (Netto-)Ertrag die Rede. Im Gegenteil heißt es:

„Die jährlichen Kosten für einen Kleingarten sind sozial verträglich und auch für Familien mit Kindern bezahlbar.“

Würde der Ertrag eines Kleingartens in der Regel wenigstens seine Kosten decken, würden diese Erwägungen keinen Sinn machen.

b)

Die vom Kläger vorgelegte Beispielsrechnung des Zwischenpächters vom 23.03.2017 (FG-A Bl. 51-52), die einen jährlichen Überschuss von 67,63 € ergibt (Ertrag 156,90 €, Aufwand 89,27 €), ist unschlüssig, weil wesentliche Ausgabeposten einfach weggelassen wurden. Regelmäßig befindet sich auf der Parzelle eine Laube, die entweder vom Vornutzer entgeltlich übernommen oder errichtet werden muss, was so oder so Kosten verursacht. Kalkulatorisch ist ggf. die jährliche Abschreibung anzusetzen. Ferner müssen die Obstbäume und die Pflanzen ebenfalls entweder vom Vornutzer entgeltlich übernommen oder angeschafft und eingepflanzt werden. Obstbäume, Kartoffeln, Kürbis, Gurken, Paprika und Zucchini wachsen nicht plötzlich von selbst aus der Erde. Den Ertrag in die Rechnung einzustellen, die Pflanz- oder Kaufkosten nicht, ist nicht tragfähig. Ferner entstehen laufende Kosten wie Wasser, Versicherung, Müllabfuhr und Sonstiges, die in der Berechnung fehlen, ebenso der Vereinsbeitrag für den Kleingärtnerverein, der regelmäßig nicht fakultativ, sondern obligatorisch ist.

c)

Die Beispielsrechnung des Zwischenpächters vom 05.05.2017 (FG-A Bl. 72-73), die einen jährlichen Überschuss von 0,62 € ergibt (Ertrag 376,48 €, Aufwand 375,86 €), dürfte ebenfalls unschlüssig sein, weil bei der Abschreibung der Laube zwar zunächst eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 60 Jahren angenommen, dann jedoch eine Erhöhung der Nutzungsdauer durch Erhaltungsmaßnahmen um weitere 20 Jahre zugrunde gelegt wurde, ohne jedoch die Kosten der Erhaltungsmaßnahmen in die Rechnung einzustellen. Schon bei einer Nutzungsdauer von 60 Jahren statt 80 Jahren ergibt sich ein jährlicher Verlust von rd. 30 €. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben, denn selbst bei einem jährlichen Überschuss von 0,62 € je Kleingarten könnte von einem Aufbessern der wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie des Kleingärtners durch Ausnutzung von dessen eigener Arbeitskraft im Sinne des Urteils des RFH vom 07.12.1939 offensichtlich nicht gesprochen werden.

2.

Die Begründung des BFH in den Urteilen vom 19.01.1979 III R 42/77, BFHE 127, 220, und vom 09.08.1989 II R 116/86, BFHE 158, 90, begegnet darüber hinaus grundsätzlichen methodischen Bedenken.

Der RFH hat sich in seinem Urteil vom 07.12.1939 III 147/39, RFHE 48, 62, RStBl 1940, 9, für die Frage der Einordnung als Landwirtschaft statt als Grundvermögen auf den Reinertrag bzw. mindestens Kostendeckung durch den Ertrag bezogen. Lediglich für die zweite, ggf. anschließende Frage, ob in absehbarer Zeit mit einer Umnutzung zu Bauland zu rechnen ist (vgl. heute in § 33 Abs. 1 Satz 1 BewG: „… dauernd zu dienen bestimmt…“, sowie heute § 69 Abs. 3 Satz 1 BewG), also das zeitliche Element, hat sich der RFH auf den Pachtschutz bezogen.

Der BFH hat dann in seinen Urteilen von 1979 und 1989 für die Frage der Einordnung als Landwirtschaft oder Grundvermögen auf den Pachtschutz rekurriert. Das ist letztlich ein Fehlzitat des Urteils des RFH von 1939. Der BFH hat auch weder in den Gründen der einen noch der anderen der beiden neueren Entscheidungen irgendwie ausgeführt, warum der Pachtschutz für eine Einordnung als Landwirtschaft sprechen sollte.

3.a)

Nach der Auffassung des Senats kommt es für die Frage der Abgrenzung des landwirtschaftlichen Vermögens vom Grundvermögen bei Kleingärten nicht auf die zeitliche Dauerhaftigkeit des Pachtschutzes (eine rechtliche Kautele), sondern auf den Hauptzweck an, also die Frage, welcher von mehreren Zwecken bei der Nutzung überwiegt.

Der Senat verweist hierzu auf das – nicht Kleingärten betreffende, sondern allgemeine – Urteil des BFH vom 26.01.1973 III R 122/71, BFHE 108, 445, Juris Rn. 26, 28, wonach es darauf ankommt, ob die wirtschaftliche Einheit (dauernd) einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient.

b)

Der Senat ist davon überzeugt, dass heute (und auch schon zum Fortschreibungszeitpunkt 01.01.2001) die Motivation der weit überwiegenden Zahl der Kleingartenpächter die Suche nach Ruhe und Erholung ist bzw. war und die gärtnerische Produktion allenfalls ein untergeordneter Nebenzweck.

aa)

Der Senat verweist hierzu auf die Website des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e.V. https://www.gartenfreunde-berlin.de/service/kleingarten-aber-wie (abgerufen am 09.02.2017). Dort heißt es (Unterstreichungen durch den Senat):

„Kleingarten, aber wie?

Allgemeine Informationen zum Erwerb eines Kleingartens

Kleingärten sind in einer Großstadt wie Berlin Oasen der Freizeit und Erholung. Familien, Nachbarn und Freunde können hier gesellig beisammen sein. Das breite Spektrum der Aktivitäten in und mit der Natur und das Eingebundensein in die Gemeinschaft der Kleingärtner fördern Gesundheit und Wohlbefinden. Für Kinder sind Kleingärten und Kleingartenanlagen sichere Spielräume, aber auch Erlebnis- und Lernbereiche, denn sie führen an die Natur heran und vermitteln vielfältiges Wissen über die Flora und Fauna der Stadt. Kleingärtner kann jeder werden, unabhängig von Alter, Geschlecht, Konfession und ethnischer Zugehörigkeit.

Berlins Kleingärtner sind im Landesverband Berlin E… e.V. organisiert. Dem Landesverband gehören 18 Bezirksverbände mit etwa 820 Kleingartenanlagen und rund 71.000 Kleingärten an.

Wer einen Kleingarten pachten möchte, sollte sich vorab über einige Voraussetzungen Klarheit verschaffen. Freude an der Natur und an einer aktiven Freizeitgestaltung sollte der zukünftige Gartenfreund mitbringen. Er muss sich auch bewusst sein, dass in der Gemeinschaft einige Regeln gelten und dass die Übernahme einer Parzelle auch mit Kosten verbunden ist.

Beim Abschluss eines Unterpachtvertrags muss der neue Pächter die auf der Kleingartenfläche rechtmäßig errichteten Baulichkeiten, Außenanlagen und den Aufwuchs käuflich vom Vorpächter erwerben. Der Kaufpreis wird auf der Grundlage eines Abschätzungsprotokolls ermittelt, das im Auftrag des jeweiligen Bezirksverbands nach den Richtlinien des Landesverbandes Berlin erstellt wird.

Neben dem Pachtzins für die gepachteten Quadratmeter der Parzellenfläche muss der Kleingärtner auch anteilig den Pachtzins für die Gemeinschaftsfläche tragen. Zu den Gemeinschaftsflächen zählen Rahmengrün, Wege, Vereinsheim, Festwiese und so weiter. Außerdem müssen vom Kleingärtner die öffentlich-rechtlichen Lasten (Straßenreinigungsentgelte und Grundsteuer) entrichtet werden.

Schließlich kommen einmalige oder auch jährlich anfallende Nebenkosten hinzu, z.B. durch die Mitgliedschaften im Kleingärtnerverein und in übergeordneten Verbänden. Die Kosten für die Anpachtung und den Unterhalt eines Kleingartens sind insgesamt aber so sozial verträglich, dass auch Familien mit Kindern so eine günstige Möglichkeit haben, ein Stück Boden ‚unter den Spaten zu nehmen‘. Kleingärten sind erheblich preiswerter als so genannte Erholungsgärten.

Rechte und Pflichten bei der Bewirtschaftung eines Kleingartens

Für das Kleingartenwesen gelten die Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes vom 1. April 1983. Auf der Grundlage dieses Gesetzes sind Pachtzins, Vertragsdauer, Kündigungsfristen, die Entschädigung bei Pachtaufgabe durch Kündigung und andere Inhalte im Unterpachtvertrag geregelt. So auch Festlegungen zur Art und Größe der Lauben sowie der zusätzlichen Baulichkeiten (Gewächshäuser, Kinderspielhäuser) und zu den Bewirtschaftungspflichten. In einem Kleingarten ist eine Laube nur in einfacher Ausführung mit höchstens 24 m² Grundfläche einschließlich eines überdachten Freisitzes zulässig. Sie darf nach ihrer Beschaffenheit (Ausstattung, Einrichtung) nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet sein. Zusätzlich dürfen nur ein Gewächshaus und ein Kinderspielhaus im Kleingarten vorhanden sein. Eine kleingärtnerische Nutzung der Parzellenfläche ist eine grundlegende Bedingung für ein Pachtverhältnis. Dabei muss mindestens ein Drittel der Gartenfläche kleingärtnerisch bearbeitet werden. Das bedeutet, dass Obstgehölze, Beerensträucher und Beetflächen Bestandteil der Nutzung sein müssen. Aber auch Gewächshäuser, Frühbeete, Kompostanlagen sowie Sommerblumenbeete und Rankgewächse tragen zur kleingärtnerischen Vielfalt der Parzelle bei.“

bb)

Hier fällt nach Auffassung des Senats auf, dass im ersten Abschnitt, dem Gesamtüberblick, nur Freizeit und Erholung, Geselligkeit und Spielraum für Kinder genannt sind, nicht jedoch die gärtnerische Bewirtschaftung, schon gar nicht steht diese im Vordergrund. Dann folgen Freude an der Natur und nochmals Freizeitgestaltung, verbunden mit dem Hinweis auf die Kosten. Es folgt der Hinweis, dass Kleingärten preiswerter seien als Erholungsgärten, was eigentlich überflüssig wäre, wenn der Unterschied im Zweck nicht schon die Auswahl bedingen würde. Danach kommen Hinweise auf die maximale Größe und Ausstattung des Gebäudes, und erst ganz am Schluss wird, fast schon beiläufig, erwähnt, dass ein Drittel (immerhin) kleingärtnerisch genutzt werden müsse.

cc)

Dieses Selbstverständnis des Kleingärtnerverbandes deckt sich im Übrigen mit persönlichen Erfahrungen einzelner Senatsmitglieder in ihrem jeweiligen Bekanntenkreis. Kleingärten werden nach heutiger weitverbreiteter Alltagserfahrung primär als Orte der Erholung und Ruhe und als Raum des Freizeitaufenthaltes, vergleichbar Gärten an Einfamilienhäusern, hingegen nur untergeordnet als Orte gärtnerischer Produktion empfunden.

Es hängt nach den Erfahrungen des Senats außerdem stark von der Einstellung des jeweiligen Vorstands der einzelnen Laubenkolonie ab, ob die kleingärtnerische Nutzung von mindestens einem Drittel der Kleingartenfläche strikt umgesetzt oder aber recht großzügig interpretiert wird.

dd)

Ergänzend sei noch auf die Darstellung von Kleingärten bei Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Kleingarten, abgerufen am 26.04.2017, hingewiesen, dort insbesondere auf den Absatz „Funktionen von Kleingärten“, wo es heißt:

„Das Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux, eine seit 1926 bestehende Vereinigung von über drei Millionen europäischen Kleingärtnern, beschreibt die sozialen Funktionen von Kleingärten wie folgt:

Der Allgemeinheit bieten die Kleingärten eine bessere Lebensqualität in den Städten durch Lärmverringerung, Staubbindung, Durchgrünung, Auflockerung der Bebauung, Biotop- und Artenschutz, Lebensraumvernetzung und klimatische Auswirkungen.
Familien bieten die Kleingärten eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung; eine gärtnerische Betätigung und das preiswerte Züchten von gesundem Gemüse; das persönliche Erlebnis vom Säen, Wachsen, Gedeihen und Ernten von gesundem Gemüse; ein Gegengewicht zum Leben in Betonburgen und auf Asphaltflächen; Förderung von harmonischen zwischenmenschlichen Beziehungen; einen direkten Kontakt mit der Natur.
Kindern und Jugendlichen bieten die Kleingärten Ausgleich für die oft fehlenden Spielplätze; ein Spiel- und Kommunikationsfeld; Erlebnisräume in der Natur und Wahrnehmung ihrer natürlichen Zusammenhänge; Anschauungsunterricht in Biologie.
Berufstätigen bieten die Kleingärten eine Entspannung vom Arbeitsstress durch gesunde Betätigung; eine ideale Alternative zum Arbeitsalltag.
Arbeitslosen bieten die Kleingärten das Gefühl, gebraucht zu werden und noch dazuzugehören; ein Mittel, den Müßiggang zu vermeiden; ein Zuschuss an frischem Gemüse zu einem Minimalpreis.
Immigranten bieten die Kleingärten eine Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und sich besser im Aufnahmeland zu integrieren (siehe auch „Interkulturelle Gärten“). In Deutschland haben 7,5 Prozent der Kleingärtner, das sind 75.000 Kleingärtnerfamilien, einen Migrationshintergrund.
Behinderten bieten die Kleingärten einen Ort, an dem sie am Vereinsleben teilnehmen, Kontakte knüpfen und so der Isolierung entgehen; das Erleben vom Säen und Pflanzen, vom Wachsen, Gedeihen und Ernten.
Senioren bieten die Kleingärten einen Ort des Gesprächs und der Ruhe durch die Zusammenführung von Menschen mit gleichen Interessen; über Jahre gewachsene Kontakte; individuelle Selbstverwirklichung und Beschäftigung im 3. Lebensabschnitt im eigenen Garten.

In den als Vereinen organisierten Kleingartenanlagen gibt es häufig ein allen Vereinsmitgliedern zugängliches Gebäude, das Vereinsheim, Gemeinschaftshaus oder in Österreich auch Schutzhaus genannt wird. Es dient meist den Vereinssitzungen und hält allgemeines Werkzeug bereit. Oft ist darin auch eine kleine Gastwirtschaft untergebracht, die manchmal auch Vereinsfremden zugänglich ist.“

Auch aus dieser Beschreibung wird die untergeordnete Funktion der gärtnerischen Nutzung gegenüber dem Freizeitzweck deutlich.

IV.1.

Da das FA die Vermögensart „Grundvermögen“ (implizit) zutreffend festgestellt hat, kommt es auf die sich daran möglicherweise anschließende Frage, ob wegen der Lauben ein bebautes oder ein unbebautes Grundstück vorliegt, hier nicht mehr an, denn der klägerische Antrag, fehlerbeseitigend die Vermögensart „land- und forstwirtschaftliches Vermögen“ festzustellen, hätte auch dann keinen Erfolg, wenn die Grundstücksart „unbebautes Grundstück“ der Vermögensart Grundvermögen falsch festgestellt und stattdessen die Grundstücksart „bebautes Grundstück“ der Vermögensart Grundvermögen zutreffend wäre. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob die Lauben der hier vorherrschenden Größe im Sinne von § 72 Abs. 2 BewG von untergeordneter Bedeutung sind.

2.

Ebenso ist nicht relevant, ob Teilflächen jeweils mit einer Laube und Teilflächen mit gärtnerischem Bewuchs jeder Parzelle getrennte wirtschaftliche Einheiten sein könnten, die Lauben praktisch gesondert zu betrachten wären, was das FA bei seinen Erwägungen zum Verwaltungsaufwand in Erwägung zu ziehen scheint. Denn auch dann wären nach den vorstehenden Überlegungen (unter B.III.) die Flächen mit gärtnerischem Bewuchs zutreffend als Grundvermögen festgestellt.

Es sei daher nur am Rande erwähnt, dass sich die Frage, was eine eigene wirtschaftliche Einheit ist, nach der Verkehrsanschauung richtet, die Aufspaltung einer Kleingartenparzelle in einen Teil der Grundfläche mit Haus (Laube) und einen Teil der Grundfläche mit Bewuchs aber künstlich wäre, jedenfalls der Verkehrsanschauung nicht entspräche.

Zwar wäre die getrennte Betrachtung der Laubenfläche bei der Bewertung zwingend, wenn ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden i. S. v. § 70 Abs. 3 BewG vorhanden wäre. Dies hängt jedoch wiederum primär davon ab, ob dem Pächter im Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Grundeigentümer ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht (vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 70 Rn. 50). Gemäß § 11 BKleingG steht den Pächtern aber nur eine angemessene Entschädigung zu, es handelt sich dabei nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Anspruch nach Enteignungsrecht. Angemessen ist die Entschädigung, wenn sie das Ergebnis einer gerechten Abwägung der Interessen des Entschädigungsverpflichteten und des Pächters unter Berücksichtigung der sozialpolitischen und städtebaulichen Funktion des Kleingartens ist. Die Entschädigung muss in einem sachgerechten Verhältnis zur kleingärtnerischen Nutzung stehen und dieser Nutzungsart entsprechen. Entschädigungspflichtig sind deshalb nur die kleingarten- und baurechtlich zulässigen Anlagen. Maßgebend ist deren „kleingärtnerischer Wert“, so sind z.B. Gartenlauben nur nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 BKleingG, also mit einer Grundfläche von höchsten 24 m² entschädigungsfähig. Ferner ist die Entschädigung nach dem Wert einer einfachen Ausstattung und kostengünstiger Baustoffe zu bestimmen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 06.10.2015 6 U 79/14, MDR 2015, 1414, Juris Rn. 98). Ob dieser Anspruch zur Entstehung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ausreicht, ist jedenfalls nicht offensichtlich.

V.1.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, zugelassen.

Die Frage, ob Kleingartengrundstücke bei der Einheitsbewertung für die Grundsteuer dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen oder dem Grundvermögen zuzuordnen sind, ist bundesweit in einer großen Vielzahl von Fällen relevant. Die Zahl der Kleingärten in Deutschland liegt bei knapp 1 Mio. Zwar ist die Zahl der Kleingartengrundstücke und damit der wirtschaftlichen Einheiten sehr viel kleiner, weil es für die grundsteuerliche Erfassung auf den Eigentümer ankommt und daher ganze Laubenkolonien bei der Einheitsbewertung oft nur ein Grundstück darstellen, wie hier. Die Grundsteuer wird jedoch in der Regel auf die Pächter umgelegt, so dass die Zahl der wirtschaftlich Betroffenen hoch ist. Der Grundsteuerhebesatz liegt in Berlin für land- und fortwirtschaftliche Betriebe bei 150 %, für Grundstücke bei 810 %, was von größerer Bedeutung ist als die umgekehrt unterschiedliche Steuermesszahl (§§ 14, 15 GrStG).

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

3.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung aufgrund des Verzichts der Beteiligten, § 90 Abs. 2 FGO.