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MdE-Bewertung - EFL-Testung - isokinetische Untersuchung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 03.04.2014
Aktenzeichen L 2 U 51/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 56 SGB 7

Leitsatz

Ermöglichen EFL-Test und isokinetische Untersuchung den Vergleich von aktuellem Leistungsvermögen und bisheriger beruflicher Tätigkeit und dienen damit der Rehabilitation und nicht der MdE-Bewertung.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Nachdem das Sozialgericht die Beklagte zur Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen verurteilt hat, streiten die Beteiligten im Berufungsverfahren noch um die Bewertung dieser Unfallfolgen mit einer MdE von 20 v. H. und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1967 geborene Kläger erlitt in der ehemaligen DDR im Jahre 1988 zwei Arbeitsunfälle bei seiner versicherten Tätigkeit als Hausmeister.

Im Jahr 1987 hatte der Kläger einen privaten Motorradunfall erlitten, als dessen Folge ein Hämarthros im rechten Kniegelenk aktenkundig ist. Damals wurde eine Prellung behandelt. Es trat Beschwerdefreiheit ein.

Am 19. Februar 1988 verfehlte der Kläger beim Abwärtslaufen einer Treppe eine Treppenstufe, verlor das Gleichgewicht und stürzte, wobei sich der Oberkörper zum rechten Unterschenkel verdrehte. Eine Arthroskopie vom 26. Februar 1988 zeigte einen Teilriss des vorderen Kreuzbandes mit einer Ruptur einer Schleimhautfalte vor dem vorderen Kreuzband. Es wurde eine Gelenkspülung durchgeführt, ab dem 07. Mai 1988 trat Arbeitsfähigkeit ein.

Während seiner Hausmeistertätigkeit sprang der Kläger am 11. November 1988 über einen ca. 1,20 m hohen Zaun und landete auf dem rechten Bein, welches kurzfristig schmerzhaft anschwoll. Die Arthroskopie vom 15. November 1988 zeigte eine leichte Chondropathie am inneren Femurcondylus sowie ein Hämarthros ohne Fettaugen und partielle Einrisse des vorderen Kreuzbandes und synoviale Rupturen bei insgesamt aber erhaltener Kontinuität.

Am 10. Juni 1993 sprang der Kläger bei seiner damaligen versicherten Tätigkeit als Expedient von einer Laderampe von einem halben Meter Höhe und verdrehte sich bei der Landung das rechte Kniegelenk. Die nachfolgenden Untersuchungen zeigten ein instabiles rechtes Kniegelenk. Eine Arthroskopie vom 15. Juni 1993 zeigte eine alte vordere Kreuzbandruptur rechts, eine alte Korbhenkelläsion des Innenmeniskus rechts und eine ebenfalls nicht frische (abgesehen von Auffaserungen) Längsläsion des Außenmeniskus rechts. Durchgeführt wurden eine Innenmeniskusteilresektion, eine Außenmeniskusteilresektion sowie eine Kreuzbandplastik aus der Patellasehne. In einem Bericht des VKlinikums vom 10. August 1993 ist die Rede davon, dass von einer vorbestehenden Instabilität des rechten Kniegelenkes ausgegangen werden müsse und deshalb auch ohne das Ereignis vom 10. Juni 1993 bei allen üblichen Verrichtungen des täglichen Lebens die nun festgestellten rechtsseitigen Knieschäden eingetreten wären.

Erst im Dezember 2005 wandte der Kläger sich an die Beklagte und rügte die bisher fehlende Bescheidung seiner Arbeitsunfälle. Die Beklagte beauftragte den behandelnden Chirurgen G mit einem Rentengutachten. Der Sachverständige stellte in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2007 radiologisch eine fortgeschrittene Arthrose insbesondere im Bereich des Tibiaplateaus und am Patelladach sowie eine knöcherne Ausziehung am Patellapol fest, die in das Kniegelenk hineinrage und vermutlich Schmerzen bei Bewegungen bereite. Klinisch funktionell sei das Gangbild normal. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit wurde mit 20 v. H. ab 01. Januar 2002 angegeben.

In der Folge beauftragte die Beklagte Prof. Dr. H mit einem Zusammenhangsgutachten, der mit Gutachten vom 05. August 2008 eine Einschränkung der Streckung und Beugung des rechten Kniegelenks um jeweils 10 Grad sowie eine Umfangsminderung der Oberschenkelmuskulatur um 1 bis 3 cm bei annähernd seitengleicher Unterschenkelmuskulatur feststellte. Das Gangbild war bei der Untersuchung unauffällig. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger beim Unfall vom 19. Februar 1988 eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes davongetragen habe und diese Schädigung bis zum November 1988 soweit fortgeschritten sei, dass es bei dem Ereignis vom 11. November 1988 zu einem Giving-Way-Phänomen infolge der vorbestehenden Instabilität gekommen sei. Auch der Unfall vom 10. Juni 1993 sei nur aufgrund der vorbestehenden Instabilität eingetreten.

Mit zwei Bescheiden vom 03. September 2008 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger eine Rente aufgrund der Unfälle vom 19. Februar und 11. November 1988 zu gewähren. Als Folge des Unfalls vom 19. Februar 1988 erkannte sie einen Einriss der Knieinnenhaut und eine blutigen Kniegelenkserguss, jeweils folgenlos ausgeheilt, an. Unfallfolge des Geschehens vom 11. November 1988 sei eine Muskelverschmächtigung des rechten Oberschenkels und ein diskretes Streck- und Beugedefizit des rechten Kniegelenkes nach mit vorderer Kreuzbandplastik versorgter und ohne wesentliche Instabilität ausgeheilter vorderer Kreuzbandruptur.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch, mit dem der Kläger eine Verletztenrente begehrte, wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 17. April 2009 zurück.

Im Klageverfahren holte das Sozialgericht ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W- vom 16. Juli 2010 ein. Bei der Untersuchung konnte die Flexion/Extension passiv auf der rechten Seite mit 130-5-0 Grad festgestellt werden. Auf der unverletzten linken Seite wurden Werte von 140-0-0 Grad festgestellt. Bei der Betrachtung des Gehverhaltens fielen keine Veränderungen auf. Auch nach längerer Sitzzeit war keine Anlaufproblematik zu erkennen. Das Gangbild war flüssig und die Schrittlänge raumgreifend. Ein Hinken war nicht festzustellen. Das monopedale Hüpfen war grundsätzlich auf beiden Seiten möglich, wirkte jedoch beim Hinknien auf der rechten Seite etwas unsicherer. Die Hockposition wurde zögerlich eingenommen. Der Fersensitz war beidseits endgradig inkomplett, wobei der Kläger auf ein zunehmendes Spannungsgefühl an der rechten Knievorderseite hinwies. Beim Hinknien konnten beide Kniegelenke bis 90 Grad aktiv angewinkelt werden, wonach auf der rechten Seite das Bein ausgestellt wurde. Der Sachverständige führte aus, dass das Verdrehen des rechten Kniegelenkes im Februar 1988 der Ausgangspunkt für die nachfolgende Kreuzbandschwächung mit späterer Kreuzbandoperation gewesen sei. Das Ausmaß der unfallbedingten Funktionsstörungen sei eher gering. Die MdE-Höhe orientiere sich nicht an dem radiologischen Zustand des betroffenen Gelenkes, vielmehr seien als Referenzwerte die Bewegungsmöglichkeiten bzw. die Situation des Bandapparates heranzuziehen. Bereits Herr G und Prof. Dr. H hätten nahezu identische Befunde aufgedeckt. So habe Prof. Dr. H lediglich ein geringes Beugedefizit um 10 Grad festgestellt, bei Herrn G habe dies 15 Grad betragen. Die Streckung sei bei letzterem komplett gewesen. Bei seiner Untersuchung hätten diese Untersuchungsergebnisse bestätigt werden können. Die von Herrn G eingeräumte MdE-Höhe würde allerdings ein funktionelles Defizit von Flexion/Extension von 90-10-0 Grad bedeuten. Ein derartiger Zustand habe nie vorgelegen. Die messbare Auslockerung des Kniebandapparates im Sinne eines Wackelknies, welches muskulär nicht kompensiert werden könne, sei ebenfalls zu berücksichtigen. Die aktuelle Untersuchung habe aber bestätigt, dass eine messbare Auslockerung nicht vorliege und die Muskeldefizite geringgradig seien. Die MdE sei deshalb mit 10 v. H. korrekt bewertet. Als Unfallfolgen seien anzuerkennen die Ruptur des vorderen Kreuzbandes mit der Notwendigkeit der operativen Stabilisierung, ein Zustand nach Teilresektion des Innen- und Außenmeniskus des rechten Kniegelenkes sowie eine geringgradige Muskelverschmächtigung und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. K vom 26. März 2011 eingeholt. Dieser stellte eine Extension/Flexion von 0-5-125 Grad am verletzten rechten Knie fest. Zur Bestimmung der Funktion bzw. Kraftentwicklung im Kniegelenk veranlasste Dr. K Untersuchungen am Cybex in einer Reha-Klinik. Mit dieser Untersuchung solle die Kraftentwicklung im Kniegelenk, in der Beugung und Streckung unter reproduzierbaren Bedingungen gemessen werden. Wesentliche Aspekte des Folgeschadens spielten sich beim Kläger im Femuropatellargelenk ab. Hier könne die Bewegung ohne Last weitgehend normal sein. Erst unter Lastbedingungen träten Defizite zutage. Dieser Aspekt der Funktion werde in Gutachten regelmäßig nicht gemessen. Die Bestimmung der Bewegungsumfänge erfolge im Liegen, d.h. ohne Belastung. Er halte dies für ein Defizit in der allgemeinen Gutachtenerstattung. Mit der von ihm veranlassten Untersuchung habe nachgewiesen werden können, dass eine erhebliche Kraftminderung vorliege. Diese betreffe sowohl die Streckung als auch die Beugung im rechten Kniegelenk. Eine derartige Schwächung der Strecker liege zumindest teilweise im Rahmen der Erwartungen nach einem Kreuzbandriss und einer vorderen Kreuzbandersatzplastik. Die Relation zur gesunden Seite sei aber so erheblich, dass auch eine Unsicherheit im Kniegelenk damit zu erklären sei. Auffallend sei, dass eine deutliche Schwächung der Kraft der Beuger vorliege. Dazu sei zu sagen, dass diese nicht gleichermaßen typisch für einen Folgezustand nach Kreuzbandersatz sei. Hier werde von einer gestörten nervalen Ansteuerung der Muskeln ausgegangen. Als Unfallfolge sei der Kreuzbandschaden den Unfällen von 1988 zuzuordnen. Zusätzlich sei eine seitendifferente Entwicklung der Arthrose als mittelbare Unfallfolge anzuerkennen. Zur MdE führte er aus, folge man den gängigen Bewertungskriterien, so hätten die Vorgutachter die MdE nach dem Bewegungsumfang zutreffend bestimmt. Anders als die Vorgutachter bewerte er aber die Arthrose, die klar rechtsseitig betont sei, nicht als allein schicksalhafte Entwicklung. Sie sei eine Folge der Entnahmepathologie. Sie sei auch Folge der Meniskusresektion, die zu einer Höhenminderung des rechten Kniegelenkes medial unter Last geführt habe. Resultierend aus diesen anatomisch pathologischen Veränderungen resultierten funktionelle Defizite, die sich nur bei Belastung zeigten. Derartige Untersuchungen seien in den übrigen Gutachten nicht durchgeführt worden. Wie in der isokinetischen Messung nachgewiesen worden sei, bestünden erhebliche Seitenunterschiede hinsichtlich Winkelgeschwindigkeit und Kraftentwicklung zu Ungunsten des linken Kniegelenkes. Die MdE betrage daher ab dem 01. Januar 2002 20 v. H. Er habe versucht, auf ein generelles Problem der Gutachtenerstellung hinzuweisen. Die Messung von Bewegungsumfängen ohne Last, wie üblicherweise in der Gutachtenerstellung gehandhabt, besage nicht, dass dieser Bewegungsumfang unter Alltags- bzw. Erwerbsbedingungen realisiert werden könne.

Der MdE-Bewertung widersprach die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. Mai 2011. In keinem Standardwerk werde eine isokinetische Untersuchung bei der Gutachtenerstattung zur MdE-Bewertung auch nur thematisiert. Die Untersuchung könne wirksam sein bei der Einschätzung des Behandlungsfortschritts im Rahmen der medizinischen Rehabilitation. Bei der Bewertung der MdE gehöre sie nicht zum aktuellen wissenschaftlichen Standard.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. Juni 2011 führte Dr. K aus, dass ihm durchaus bewusst sei, dass er mit seinem Gutachten gegen die gängige Gutachterpraxis opponiere, die das Bewegungsausmaß zum Maßstab der Entscheidung nähme. Seines Wissens gebe es lediglich in der Handchirurgie Ansätze, die Gebrauchsfähigkeit nicht allein am Bewegungsausschlag festzumachen. Hier verwende man ebenfalls Kraftmessgeräte, um die Funktion der Hand subtiler zu erfassen.

In einer weiteren ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 17. Oktober 2011 führte Dr. W- aus, auch er vertrete die Auffassung, dass die Bemessung allein anhand von funktionellen Untersuchungsergebnissen, wie sie in entlasteten Situationen gewonnen werden könnten, in vielen Fällen sicherlich nicht dem tatsächlichen Zustand entsprechen würde. Allerdings erfordere das Begutachtungssystem einen möglichst einheitlichen Bewertungsmaßstab. Isokinetische Messungen könnten eine besondere Bedeutung zum Erfassen spezifischer Muskeldefizite haben, um hieraus eine spezielle Behandlungsstrategie insbesondere für Physiotherapeuten abzuleiten. Sie stellten jedoch keine einheitlichen Bewertungsmaßstäbe dar. Seines Erachtens bestünden auch keine Bestrebungen, die Testmethode in orthopädisch-traumatologische Beurteilungen einzubeziehen. Auch wenn Dr. K wie alle anderen Sachverständigen auch, welche seit Jahren mit der Gutachtenerstellung betraut seien, die Unvollständigkeit normierter klinischer Untersuchungen vortrage, dürfe dies nicht zu individuellen Bewertungsmaßstäben führen. Schließlich könne auch bei der Untersuchungsmethode mit einem Cybex-Gerät nicht ausgeschlossen werden, dass der Kraftaufbau willkürlich beeinflusst werde.

Mit Urteil vom 11. Januar 2013 hat das Sozialgericht Berlin den den Arbeitsunfall vom 19. Februar 1988 betreffenden Bescheid vom 03. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009 hinsichtlich der Feststellung der Unfallfolgen aufgehoben und einen Zustand nach vorderer Kreuzbandersatzplastik infolge einer Kreuzbandruptur rechts, einen Zustand nach Teilresektion des Innen- und Außenmeniskus rechts, eine Arthrose im Femuropatellargelenk sowie Ausziehungen am unteren Patellapol rechts, eine geringgradige Muskelverschmächtigung und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und eine Kraftminderung der Streckung und Beugung des rechten Kniegelenkes als Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Februar 1988 festgestellt. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die von der Beklagten bereits anerkannten Unfallfolgen dem falschen Unfallereignis zugeordnet worden seien, da die anerkannten Unfallfolgen Folge des Ereignisses vom 19. Februar 1988 und nicht Folge des Ereignisses vom 11. November 1988 seien. Zusätzlich zu den bereits festgestellten Unfallfolgen seien die Schäden des Innen- und Außenmeniskus, die arthrotischen Veränderungen des rechten Kniegelenkes und die Kraftminderung bei der Streckung und Beugung des rechten Kniegelenkes als Unfallfolgen anzuerkennen. Dies ergebe sich aus den Begutachtungen des Dr. W- und des Dr. K. Die anerkannten Unfallfolgen könnten jedoch nicht mit einer MdE von 20 v. H. bewertet werden, so dass die auf eine Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage habe abgewiesen werden müssen. Insoweit folge die Kammer den übereinstimmenden gutachterlichen Bewertungen von Prof. Dr. H und Dr. W-. Beide seien aufgrund der erhobenen klinisch-funktionellen Befunde zu dem Ergebnis gekommen, dass die bestehenden Funktionseinschränkungen seitens des rechten Kniegelenkes einschließlich der als Unfallfolgen zu berücksichtigenden Minderung der rechtsseitigen Beinmuskulatur nur relativ gering seien und lediglich eine unfallbedingte MdE von 10 v. H. begründeten. Dies sei in Anbetracht der gering ausgeprägten Einschränkung der Streckung und Beugung des rechten Kniegelenkes (im Seitenvergleich ca. 10 Grad), einer zuletzt nur noch geringen Minderung des Umfanges der Ober- und Unterschenkelmuskulatur von im Seitenvergleich 1 cm bei der Begutachtung durch Dr. K und einer früher allenfalls mäßigen Umfangsminderung der Beinmuskulatur von ca. 1 cm im Unterschenkel und ca. 2 bis 3 cm im Oberschenkel, der durchgehend festgestellten objektiven Stabilität des rechten Kniegelenkes, fehlender Zeichen einer Entzündung des rechten Kniegelenkes unter Beachtung der allgemein anerkannten Beurteilungskriterien für die MdE-Bewertung bei Knieverletzungen überzeugend (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 612, 650, 653 bis 655). Auch der vom Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) benannte Gutachter Dr. Khabe bestätigt, dass sich nach herkömmlichen Bewertungsmethoden eine MdE von 10 v. H. ergebe. Soweit er seine MdE-Einschätzung mit dem Ergebnis der isokinetischen Untersuchungen begründe, könne dies nicht überzeugen. Die Kraftentfaltung bei der Bewegung der Kniegelenke unter Belastung sei kein allgemein anerkannter Maßstab für die Bewertung der durch Gelenksschäden verursachten MdE. Dies räume auch Dr. K sein. Sie im Einzelfall anzuwenden, würde deshalb zu einer erheblichen Ungleichbehandlung zwischen den Versicherten führen. Die MdE-Festsetzung aufgrund isokinetischer Untersuchungen könne sich auch auf keinen hinreichend breiten Erfahrungshintergrund stützen. So könne auch Dr. K in seinem ansonsten sehr ausführlichen und sorgfältig begründeten Gutachten keinen Maßstab für die MdE-Bemessung wegen der von ihm festgestellten Minderung der Kraftentfaltung bei der Beugung und Streckung von Kniegelenken benennen, insbesondere nicht nachvollziehbar darstellen und erklären, inwieweit die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch diese Kraftminderung eingeschränkt sein solle.

Gegen das am 05. März 2013 zugegangene Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung vom 05. April 2013, mit der er sein Rentenbegehren weiter verfolgt. Zur Begründung bezieht er sich auf ein Schreiben des Dr. Kvom 06. Juni 2013, in dem dieser einen EFL-Test zur Feststellung des Leistungsprofils vorschlägt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2013 insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist und den Bescheid der Beklagten vom 03. September 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 19. Februar 1988 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich mit Schriftsatz vom 21. November 2013 auf eine ausführliche Information zum EFL-Verfahren im Internet unter (www. gutachteninstitut.de/efl_broschüre.pdf).

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten Bezug genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, denn er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. aufgrund der anerkannten Unfallfolgen.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch die Bewertung der Unfallfolgen mit einer MdE von 20 v. H. und die daraus folgende Gewährung einer Verletztenrente. Soweit der Kläger im Sozialgerichtsverfahren noch die Anerkennung weiterer Unfallfolgen beantragt hatte, hat er damit vor dem Sozialgericht obsiegt; die Beklagte hat das Urteil nicht mit der Berufung angefochten.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalls bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Steht die unfallbedingte Leistungseinbuße fest, so ist zu bewerten, wie sie sich im allgemeinen Erwerbsleben auswirkt (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 27. Juni 2000, Az.: B 2 U 14/99 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 7, Urteil vom 02. Mai 2001, Az.: B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Dabei sind die medizinischen und sonstigen Erfahrungssätze ebenso zu beachten wie die Gesamtumstände des Einzelfalls. Wie weit die Unfallfolgen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten beeinträchtigen, beurteilt sich in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Um die MdE einzuschätzen, sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Auch wenn diese Erfahrungssätze das Gericht im Einzelfall nicht binden, so bilden sie doch die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis. Sie sind in Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffenen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE.

Bereits das Sozialgericht Berlin hat unter Hinweis auf das Standardwerk Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 2010 darauf hingewiesen, dass die MdE für die am rechten Knie des Klägers verbliebenen Unfallfolgen höchstens 10 v. H. beträgt. So hat auch bereits Dr. W- darauf hingewiesen, dass die von Herrn G vorgeschlagene MdE von 20 v. H. eine Flexion/Extension von 90/10/0 Grad voraussetzen würde. Nach sämtlichen Messungen aller am Verfahren beteiligten Sachverständigen hat ein solcher Wert auch annähernd nie vorgelegen. Die Bewertung der Unfallfolgen mit einer MdE von 10 v. H. begegnet unter diesem Gesichtspunkt keinen Bedenken. Dies hat auch Dr. Kso ausgeführt und dargelegt, er opponiere mit seiner abweichenden MdE-Einschätzung gegen das bei der Gutachtenerstattung übliche Vorgehen.

Die Gutachtenerstattung im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung hat sich nicht nur im Hinblick auf die Beurteilung eines Verursachungszusammenhangs, sondern auch mit Blick auf die MdE-Bewertung am aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu orientieren. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung aller Versicherten ist der aktuelle Erkenntnisstand derjenige der herrschenden Meinung in der Medizin, auf abweichende – auch aktuelle – Einzelmeinungen kommt es dagegen nicht an (BSG, Urteile vom 24. Juli 2012 B 2 U 9/11 R; 18. Januar 2011 B 2 U 5/10 R insbesondere Rn. 28; 9. Mai 2006 B 2 U 1/05 R jeweils m.w.N. zitiert nach juris). Danach steht fest, dass bei der MdE-Bewertung jedenfalls derzeit nicht auf isokinetische Untersuchungen zurückgegriffen werden kann. Denn diese sind bei der Bewertung der MdE nach Auffassung der herrschenden Meinung in der Medizin jedenfalls derzeit kein Standard. Dies folgt sowohl aus den Ausführungen des Dr. K als auch aus den Hinweisen des Dr. W-, der ausgeführt hat, dass es seiner Kenntnis nach auch keine Bestrebungen gebe, isokinetische Bewertungen bei der MdE-Bewertung zu berücksichtigen.

So dient die von Dr. K vorgeschlagene EFL-Untersuchung auch anderen Zwecken als der MdE-Bewertung. Nach der von der Beklagten angegebenen Fundstelle im Internet dient der EFL-Test insbesondere dem Vergleich des aktuellen Leistungsvermögens mit der bisherigen beruflichen Tätigkeit. Die Testung erlaubt dann die Aussage, inwieweit die ermittelte Leistungsfähigkeit mit den bisherigen Arbeitsanforderungen übereinstimmt. Auf eine solche Fragestellung kommt es aber im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht an. Denn die Bewertung der MdE nach § 56 Abs. 2 SGB VII ist abstrakt und bezieht sich allein darauf, wie sich die Leistungseinbuße im allgemeinen Erwerbsleben auswirkt. Auf die Frage, ob die letzte Tätigkeit noch ausgeübt werden kann, kommt es ebenso wenig an wie auf die Möglichkeit, den bisherigen Beruf an sich noch ausüben zu können.

Nach der Darstellung im Internet soll der EFL-Test eine seriöse Bewertung der Fähigkeiten im Hinblick auf die jeweiligen berufsbedingten Tätigkeiten gewährleisten. Danach dient die EFL-Testung insbesondere der beruflichen Rehabilitation und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Auch auf diese Fragestellungen kommt es bei der MdE-Bewertung nicht an

Allerdings hat der Senat darauf hinzuweisen, dass nach der zitierten Fundstelle ein noch laufendes Rentenbegehren in der Regel eine EFL-Testung kontraindiziert. Auch insoweit zeigt sich, dass die EFL-Testung eher beim Grundsatz Rehabilitation vor Rente angesiedelt ist, als geeignet zu sein, die Höhe dieser Rente festzustellen.

So finden sich auf der genannten Internetseite auch keine Hinweise, welche Erkenntnisse aus einer EFL-Testung für die MdE-Bewertung abgeleitet werden könnten. Auch dies zeigt, dass die MdE-Bewertung gerade nicht Sinn und Zweck der EFL-Testung ist. Insoweit hat Dr. Wauch zutreffend darauf hingewiesen, dass es derzeit keine Kriterien gibt, wie eine Kraftminderung bewertet werden soll. Dem kann der Senat nur beipflichten. Denn es gibt derzeit keine Erfahrungswerte darüber, ab welchem Grad der Kraftminderung zumindest eine MdE von 10 v. H. vergeben werden könnte. Auch Dr. K hat solche Werte nicht vorgeschlagen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.