Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 8 Sa 2232/12


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 8. Kammer Entscheidungsdatum 22.03.2013
Aktenzeichen 8 Sa 2232/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 613a BGB, § 611 BGB

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18.09.2012 - 5 Ca 19989/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen dem Kläger, der Mitgesellschafter der T. gGmbH (im Folgenden: T.) und bis zur Niederlegung des Amtes am 12. März 2010 zuletzt auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 1. Juni 2007 gegen ein Monatsgehalt von rund 23.000,00 EUR ihr Geschäftsführer war, und der Beklagten, die den Betrieb der T. nach deren Insolvenz im Wege des Betriebsübergangs übernommen hat, ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und dieses durch die im vorliegenden Rechtsstreit angegriffenen, von der Beklagten vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen aufgelöst worden ist. Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Durch das Urteil vom 18. September 2012 hat das Arbeitsgericht Berlin die auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 2. Dezember 2011 und vom 21. März 2012 nicht aufgelöst worden sei und auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Klage bei einem Wert des Streitgegenstands vom 168.000,00 EUR kostenpflichtig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es habe zwischen der T. und dem Kläger kein Arbeitsverhältnis bestanden, das im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte hätte übergehen können. Der Kläger habe auch nach Niederlegung des Geschäftsführeramtes eine maßgebliche Leitungsmacht über die T. inne gehabt, denn er habe in der Treuhandgesellschaft die überwiegenden Anteile gehalten, da er 50 % und der Verein T. e. V. nur 44 % der Gesellschaftsanteile dort eingebracht hätten. Seine dominante Stellung als Treugeber und indirekter Mehrheitsgesellschafter habe einem Arbeitsverhältnis mit der T. entgegengestanden, so dass ein Übergang seines Vertragsverhältnisses auf die Beklagte mangels Anwendbarkeit des § 613 a BGB nicht stattgefunden habe. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 361 – 364 d. A.) verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 31. Oktober 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. November 2012 bei dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung, die der Kläger mit einem innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 31. Januar 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger und Berufungskläger rügt, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er, so trägt der Kläger vor, aufgrund seiner Stimmrechte, seiner mehrheitlichen Beteiligung am Treuhänder und seiner Bürgenstellung eine klare Leitungsmacht an der T. gehabt habe. Das Bundesarbeitsgericht habe vielmehr in der vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidung vom 6. Mai 1998 eine Treuhandbindung ausdrücklich ausgeschlossen. Er habe auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, da sein Arbeitsverhältnis zur T. ein Schuldverhältnis i. S. des § 47 Abs. 4 GmbHG gewesen sei, für das er kein Stimmrecht gehabt habe. Seine Bürgenstellung habe ihn vielmehr faktisch in eine Ohnmachtssituation gebracht. Hinzu komme, dass zwei unabhängige Treuhandverhältnisse bestanden hätten. Bei gegenläufigen Weisungen habe der Treuhänder nicht dem Mehrheitsvotum habe folgen dürfen, sondern den Treuhandvertrag mit dem Minderheitstreugeber kündigen müssen, so dass eine Pattsituation entstanden wäre. Dennoch habe er keine Sperrminorität gehabt, weil er nach § 47 Abs. 4 GmbHG in allen Fragen seines Arbeitsverhältnisses nicht stimmberechtigt gewesen sei. Tatsächlich habe er auch in persönlicher Abhängigkeit weisungsabhängige Tätigkeiten ausgeübt, so dass sein Arbeitsverhältnis vom Betriebsübergang, der bereits am 30. November 2011 stattgefunden habe, erfasst worden sei. Schließlich habe ihm seine Gesellschafterstellung letztlich durch die Einrichtung eines Aufsichtsrats nach § 8 des Gesellschaftervertrags vom 25. Februar 2010 keine Möglichkeiten mehr gegeben, auf die Unternehmensentscheidungen Einfluss zu nehmen.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18.09.2012 zum Aktenzeichen 5 Ca 19989/11 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.12.2011 nicht aufgelöst worden ist.
3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.03.2012 nicht aufgelöst worden ist.
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits tatsächlich als Arbeitnehmer mit besonderer Projektverantwortung gegen eine monatliche Vergütung von 23.000,00 EUR brutto weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen
und verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung vom 31. Januar 2013 (Bl. 388 – 392 d. A.), der Berufungsbeantwortung vom 12. März 2013 (Bl. 412 – 417 d. A.) sowie der Schriftsätze des Klägers vom 14. März 2013 und der Beklagten vom 21. März 2013 (Bl. 440 – 443, 462 – 468 d. A.) nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht i. S. der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und innerhalb der verlängerten Frist begründet worden.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dabei unter Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG, Urteil vom 06.05.1998 – 5 AZR 612/97 – NZA 1998, 939) das für eine erfolgreiche Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage erforderliche Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien verneint. Dabei hat das Arbeitsgericht seiner Entscheidung der ihm von den Parteien unterbreiteten Sachverhalt einschließlich des bestrittenen Vortrags des Klägers vollständig zugrunde gelegt und im Hinblick auf die Stellung des Klägers als Gesellschafter der T. gGmbH dessen Arbeitnehmereigenschaft zu Recht und mit ausführlicher Begründung verneint. Das Berufungsgericht schließlich sich deshalb den Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Urteil sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung vollumfänglich an und sieht von einer Wiederholung ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen und geben dem Berufungsgericht keinen Anlass von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen.

1. Soweit der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Unvereinbarkeit von Gesellschafterstellung und Arbeitnehmereigenschaft in seinem Fall deshalb nicht zutreffend angewandt, weil unberücksichtigt geblieben sei, dass er im Hinblick auf den Einsatz eines Treuhänders als treuhänderisch gebundener Gesellschafter anzusehen sei, so übersieht der Kläger, dass er nicht ein an Weisungen gebundener Treunehmer sondern ein weisungsberechtigter Treugeber war, so dass die vom Bundesarbeitsgericht in der in Bezug genommenen Entscheidung vorgenommene Einschränkung (siehe BAG, Urteil vom 06.05.1998, a. a. O., Rz. 31) in Bezug auf die treuhänderisch gebundenen oder in ihrem Stimmrecht beschränkten Gesellschafter auf seine Gesellschafterstellung nicht zutraf.

Dem vom Kläger in der Berufungsinstanz eingereichten Treuhandvertrag kann Entgegenstehendes nicht entnommen werden, vielmehr ist in § 4 des Vertrags ein unbeschränktes Weisungsrecht des Treugebers geregelt. Dass der Treuhänder bei widerstreitenden Weisungen beider Treugeber den Treuhandvertrag mit einem der beiden Treuhänder hätte kündigen müssen, steht der Durchsetzung des Weisungsrechts des Treugebers nicht entgegen, die danach entstandene Pattsituation führt ebenfalls nicht zu einer anderen rechtlichen Betrachtungsweise, da selbst der Minderheitsgesellschafter bei Bestehen einer Sperrminorität nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist.

2. Auch der Hinweis des Klägers auf § 47 Abs. 4 GmbHG führt nicht dazu, von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unvereinbarkeit der Gesellschafterstellung mit der Arbeitnehmereigenschaft abzuweichen. Der Kläger berücksichtigt insoweit nicht ausreichend – worauf die Beklagte bereits hingewiesen hat – das § 47 Abs. 4 GmbHG den Gesellschafter nicht an Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer – bis hin zu dessen Abberufung – hindert, demgemäß ungeeignet ist, die Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafters mit bestimmendem Einfluss begründen zu helfen.

3. Schließlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass seine Gesellschafterrechte durch die Installierung eines Aufsichtsrats auf eine Weise eingeschränkt wurden, die die Charakterisierung seines Dienstverhältnisses zur T. als Arbeitsverhältnis erlaubt hätte. Der Kläger übersieht dabei, dass seine Gesellschafterstellung es ermöglichte, bestimmenden Einfluss sowohl auf die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats auszuüben als auch diesem – wie es ausweislich des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 26. Mai 2010 (Anlage B3, Bl. 76 d. A.) auf eindrucksvolle Weise geschehen ist – Weisungen zu erteilen, so dass die Existenz eines Aufsichtsrats nicht dazu führt, das Rechtsverhältnis des Klägers zur T. als ein Arbeitsverhältnis ansehen zu können. Deshalb kann auch dahinstehen, ob und welche Tätigkeiten der Kläger für die T. erbracht hat, da die Leistungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses auf der Grundlage des zuletzt geltenden Anstellungsvertrags nicht zum Entstehen eines aus Rechtsgründen ausgeschlossenen Arbeitsverhältnisses geführt haben und es nicht darauf ankommt, ob der Gesellschafter die ihm zustehende Leitungsmacht tatsächlich ausübt.

Da der Kläger zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht in einem Arbeitsverhältnis zur T. gestanden hat, hat er an einem Betriebsübergang auf die Beklagte nicht gemäß § 613 a Abs. 1 BGB teilnehmen können, sodass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, die vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen ins Leere gegangen sind und der Kläger seine vorläufige Weiterbeschäftigung nicht beanspruchen kann.

III.

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Die Entscheidung hat keine grundsätzliche Bedeutung und ist allein an den Besonderheiten des Einzelfalls orientiert. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.