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Gesundheit; Hygiene; Lebens- und Arzneimittel (ohne Krankenhausrecht)


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 14.06.2012
Aktenzeichen 3 K 958/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 1 Nr 8 PassivrauchSchG BB, § 4 Abs 2 S 1 PassivrauchSchG BB, § 3 Nr 8 PassivrauchSchG BB, § 1 GastG, Art 12 Verf BB, Art 49 Verf BB

Leitsatz

- Nichtrauchendenschutzgesetz
- Spielhallen als Gaststätte i.S.d. Nichtrauchendenschutzgesetzes
- Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG in Bezug auf "Mischbetriebe"
- Verfassungsmäßigkeit des Nichtrauchendenschutzgesetzes
- Rechtsbehelfsbelehrung mit bloßem Hinweis auf die Möglichkeit der "elektronischen" Klageerhebung

Der bloße Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung eines Widerspruchsbescheides auf die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung ist irreführend und damit unrichtig. Erforderlich ist zumindest auch der Hinweis auf das Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt am Standort P-gasse in ... zwei Spielstätten, in denen sie auch alkoholfreie Getränke ausschenkt. Die Spielgeräte hat sie jeweils auf Raucher- und Nichtraucherbereiche verteilt.

Mit Bescheid vom 18. August 2011 legte der Beklagte der Klägerin – unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von jeweils 2.500,00 Euro – auf, die von ihr betriebenen Spielhallen in der P-gasse in rauchfrei zu gestalten und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Zur Begründung führte er aus, die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung ihrer Spielhallen sei nicht gesetzeskonform. Da sie als öffentlich zugängliche Gebäude dem Anwendungsbereich des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes (BbgNiRSchG) unterfielen, gelte insgesamt ein Rauchverbot. Die Einrichtung eines Rauchernebenraumes sei nur dort zulässig, wo der Hauptzweck eines Gewerbes im Betrieb einer Gaststätte bestehe; dies sei hier nicht der Fall. Eine Vermischung der Regelungsbereiche der auf die Klägerin anzuwendenden Spielhallenverordnung und des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes widerspreche dem Sinn der genannten Gesetze. Zudem seien Gaststätten- und Spielhallengewerbe von deutlich unterschiedlichem Charakter, was eine Ungleichbehandlung bei der Ausnahmeregelung zum Rauchverbot rechtfertige.

Den Widerspruch der Klägerin wies der Landrat des Landkreises mit Bescheid vom 24. November 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Spielhallen der Klägerin stellten zwar wegen des dort erfolgenden Getränkeausschanks zugleich Gaststätten im Sinne des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes dar. Die unter anderem für Gaststätten geltende Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG könne ihrem Sinn und Zweck als Ausnahmevorschrift entsprechend aber nur auf solche Gaststätten Anwendung finden, die nicht gleichzeitig andere Einrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1 BbgNiRSchG darstellten. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4 BbgNiRSchG bestünden weder im Hinblick auf Art. 12 noch auf Art. 49 der Verfassung des Landes Brandenburg (BbgVerf), da der Brandenburger Gesetzgeber dargelegt habe, warum er eine Ausnahme vom Rauchverbot in Gaststätten nicht jedoch in Spielhallen zulasse. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides heißt es, dass innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus erhoben werden kann. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid am 25. November 2011 um 10.30 Uhr in den zum Geschäftsraum des Prozessbevollmächtigten des Klägers gehörenden Briefkasten eingelegt.

Die Klägerin, welche der Ordnungsverfügung mit Blick auf deren sofortige Vollziehbarkeit Folge leistet, hat am Dienstag, den 28. Dezember 2011, Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt, die dem Bescheid zugrunde liegenden Normen des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes seien offenkundig verfassungswidrig. Dass für Spielstätten – anders als für Hotels, Gaststätten und Kultureinrichtungen – eine Ausnahmeregelung zum Rauchverbot nicht bestehe, verletze sie in ihren im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Brandenburg verbürgten Grundrechten auf freie Berufsausübung und auf Gleichbehandlung. Mit Blick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit eines absoluten Rauchverbots in Diskotheken sowie des Verfassungsgerichtshofs Sachsen zur Verfassungswidrigkeit eines absoluten Rauchverbots in Spielhallen seien Gründe für die derzeitige Ungleichbehandlung nicht gegeben. Das Gericht müsse daher die Entscheidung des Landes- oder des Bundesverfassungsgericht einholen. Im Übrigen scheide auch eine analoge Anwendung der für Gaststätten geregelten Ausnahme auf die Fälle aus, in denen in Spielstätten als Nebenprodukte Fastfood und Getränke angeboten würden. Die Zuordnung einer Spielstätte zum Gaststättengewerbe in diesen Fällen sei lebensfremd und falsch und widerspreche Sinn und Zweck der Regelungen der Gaststättengesetze des Bundes und des Landes. Schließlich sei die Anordnung, die Spielstätten „rauchfrei“ zu gestalten, zu unbestimmt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 18. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides des Landrates des Landkreises vom 24. November 2011 aufzuheben sowie

die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinen Ausführungen im Vorverfahren vor, eine Verfassungswidrigkeit der Regelungen des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetz scheide schon deshalb aus, weil der Brandenburger Gesetzgeber in Kenntnis der von der Klägerin angeführten Entscheidungen explizit eine Parallelbewertung von Gaststätten und Spielhallen für nicht geboten erachtet habe. Seine entsprechenden Erwägungen habe er ausführlich in der Gesetzesbegründung dargelegt; diese seien auch nachvollziehbar und geeignet, die unterschiedlichen Regelungen für Spielhallen und Gaststätten zu rechtfertigen. Dem Einwand der Unbestimmtheit der Anordnung könne nicht gefolgt werden, da für die Klägerin ersichtlich sei, dass sie die Abschaffung der Rauchernebenräume zum Ziel habe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Gerichtsakte zum Verfahren VG 3 L 251/11 Bezug genommen, welche jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Sie ist zunächst zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden. Zwar hat die Klägerin die Klage nicht innerhalb der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), d.h. innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 25. November 2011, erhoben. Dies ist jedoch unbeachtlich, da die Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO aufgrund der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht zu laufen begann. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid des Landrates des Landkreises ist irreführend und damit unrichtig. Sie enthält zwar unter anderem auch den Hinweis auf die nunmehr mögliche Klageerhebung in elektronischer Form. Dieser Hinweis allein ist jedoch missverständlich und erschwert die fristgerechte Klageerhebung, da aus ihm die Anforderungen an die Klageerhebung in elektronischer Form nicht deutlich werden und er somit den Eindruck erwecken kann, eine bloße E-Mail würde den Formerfordernissen genügen. Die „Wegweiserfunktion“ der Rechtsmittelbelehrung setzt hingegen voraus, dass hinsichtlich der Klageerhebung in elektronischer Form sowohl auf die Möglichkeit hierzu als auch auf das Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur hingewiesen wird. Alle weiteren Hinweise zu den übrigen Erfordernissen des elektronischen Rechtsverkehrs können demgegenüber durch bloßen Verweis auf die Internetseite zum elektronischen Gerichtspostfach erteilt werden (zur Rechtsmittelbelehrung bei Berufungseinlegung: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 13. April 2012 – L 5 R 154/11 – Leitsatz 3 und Rn. 41, zitiert nach juris). Die danach anzuwendende Ausschlussfrist für die Klageerhebung von einem Jahr ab Zustellung des Widerspruchsbescheides (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO) wurde mit der Klageerhebung am 28. Dezember 2011 gewahrt.

Der Klägerin fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Sie leistet der Ordnungsverfügung zwar derzeit Folge; dies jedoch nur aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit und der für sie drohenden Folgen – insbesondere hinsichtlich ihrer Einstufung als zuverlässig – bei Nichtbeachtung der Anordnung.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. August 2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides des Landkreises vom 24. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anordnung zunächst nicht zu unbestimmt. Jedenfalls aus der Begründung der Ordnungsverfügung vom 18. August 2011, wonach die Einrichtung eines Rauchernebenraumes derzeit ausschließlich dort zulässig sei, wo der Hauptzweck eines Gewerbes im Betrieb von Gaststätten bestehe, geht zweifelsfrei hervor, dass der Beklagte damit die Abschaffung der Rauchernebenräume in den von der Klägerin betriebenen Spielstätte bezweckt. Für die Klägerin selbst ist dies zudem aus den im Vorfeld – auch im Rahmen einer Ortsbesichtigung – geführten Gesprächen mit dem Beklagten erkennbar, die stets die Frage der Zulässigkeit der Rauchernebenräume in ihren Spielstätten zum Gegenstand hatten.

Die Ordnungsverfügung findet ihre Grundlage in § 13 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG). Danach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Die Klägerin betreibt ihre Spielstätten unter Verstoß gegen das Nichtrauchendenschutzgesetz, so dass eine Störung der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung und damit der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 13 Abs. 1 OBG vorliegt. Für die von ihr betriebenen Spielstätten gilt das grundsätzliche Rauchverbot nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 BbgNiRSchG, wonach das Tabakrauchen in allen öffentlich zugänglichen Bereichen von Hotels, Gaststätten, Diskotheken, Einkaufszentren und anderen Gebäuden verboten ist. Gegen dieses Verbot verstößt die Klägerin, indem sie in jeder der beiden von ihr in betriebenen Spielstätten einen als Raucherbereich abgetrennten – von ihr als Nebenraum bezeichneten – Raum mit jeweils zehn Geldspielgeräten unterhält.

b) Die derart ausgestalteten „Nebenräume“ unterfallen auch nicht der Ausnahme vom absoluten Rauchverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG. Danach gilt das Rauchverbot nicht in Nebenräumen von Gaststätten, wenn Personen unter 18 Jahren der Zutritt verwehrt ist, auf die Ausnahme vom Rauchverbot und auf das Zutrittsverbot durch eine deutliche Kennzeichnung am Eingang des Nebenraumes hingewiesen wird und diese Nebenräume baulich von den übrigen Räumen so getrennt sind, dass ein ständiger Luftaustausch nicht besteht.

(1) Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei den von der Klägerin betriebenen Spielstätten auch um Gaststätten im Sinne des Nichtrauchendenschutzgesetzes handelt. Da § 3 Nr. 8 BbgNiRSchG hinsichtlich der Definition der Gaststätte Bezug auf § 1 des Gaststättengesetzes des Bundes (GastG) nimmt, sind unter § 1 GastG fallende Gaststätten zugleich Gaststätten im Sinne des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes. Nach § 1 GastG betreibt ein Gaststättengewerbe, wer im stehenden Gewerbe -Nr.1- Getränke (Schankwirtschaft) oder -Nr.2- zubereitete Speisen (Speisewirtschaft) zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist . So liegt der Fall hier, da in den von der Klägerin betriebenen Spielhallen auch nichtalkoholische Getränke ausgeschenkt werden (vgl. Beschluss der Kammer vom 10. Dezember 2008 – 3 L 238/08 – S. 5 des EA). Dieser Einschätzung steht insbesondere nicht entgegen, dass die Klägerin die Getränke – nach ihrem Vortrag – unentgeltlich ausschenkt. Gewerbsmäßig ist jede auf Erzielung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils gerichtete, selbständig ausgeübte, auf gewisse Dauer berechnete Tätigkeit. Auf den Erfolg der Tätigkeit kommt es dabei nicht an (vgl. Metzner, Gaststättengesetz, Kommentar, 6. Auflage, § 1 Rn. 12, zitiert nach beck-online). Da auch ein mittelbarer Vorteil Gewinn ist, liegt Gewerbsmäßigkeit insbesondere auch dann vor, wenn unentgeltliche Leistungen nicht nur aus Gastlichkeit oder sonstigen persönlichen Gründen angeboten werden, sondern damit in erster Linie der Zweck verfolgt wird, den so Bewirteten in Zukunft als Gast oder Kunden zu gewinnen oder zu erhalten oder durch seine Empfehlung den Kundenkreis zu erweitern (Metzner aaO Rn. 18f.; Ennuschat in Tettinger/Wank, Gewerbeordnung, Kommentar, 8. Auflage, § 1 Rn. 17) oder durch die Verabreichung von [unentgeltlichen] Getränken z.B. den Spielbetrieb zu stabilisieren oder zu fördern (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 29. September 1994 – 3 ObOWi 71/94 – Rn. 18, zitiert nach juris). Jedenfalls letzteres kann hier ohne genauere Kenntnis der genauen Konditionen für die unentgeltliche Abgabe von Getränken unterstellt werden, da die Klägerin damit offensichtlich bezweckt, ihre Kunden länger in den Spielstätten zu halten.

Für die Eigenschaft als Gaststätte im Sinne des Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes kommt es auch nicht auf die Einordnung als Gaststätte im Sinne der Spielverordnung (SpielV) an. Der dort in § 3 SpielV vorgenommenen Unterscheidung von einerseits Schank- oder Speisewirtschaften (vgl. § 3 Abs. 1 SpielV) und andererseits Spielhallen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung (vgl. § 3 Abs. 2 SpielV), die ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten etc. dienen, hat sich der Gesetzgeber des Nichtrauchendenschutzgesetzes mit seinem uneingeschränkten Verweis auf § 1 GastG gerade nicht angeschlossen. Zudem folgt aus der Unterscheidung in der Spielhallenverordnung nicht, dass in einem erlaubnisbedürftigen Spielhallenunternehmen nicht nebenbei auch noch andere gewerbliche Leistungen, etwa wie hier Leistungen eines Gaststättenbetriebes, angeboten werden können (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 4. Oktober 1988 – 1 C 59/86 – Rn. 12, zitiert nach juris). Vielmehr geht die Spielhallenverordnung offensichtlich davon aus, dass Spielhallen mit Speisen- und/oder Getränkeangebot – also Gewerbebetriebe, bei denen der Schwerpunkt auf dem Bereitstellen der Spielgeräte liegt, nebenbei aber auch Gaststättenleistungen angeboten werden – nicht unter die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV fallen, sondern insoweit § 3 Abs. 2 SpielV Anwendung findet (vgl. Bundesverwaltungsgericht aaO, Rn. 13, zitiert nach juris).

(2) Gleichwohl kann die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG im vorliegenden Fall, in dem in denselben Räumlichkeiten eine dem absoluten Rauchverbot unterfallende Spielstätte und eine grundsätzlich ausnahmefähige Gaststätte betrieben werden, nicht greifen. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es sich bei § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG um eine einmalige und strenge Ausnahme von dem ansonsten absoluten Rauchverbot in sämtlichen Brandenburger Hotels, Gaststätten und Kultureinrichtungen handelt. Sie findet ihrem Sinn und Zweck nach nur auf diejenigen Hotels, Gaststätten und Kultureinrichtungen Anwendung, die nicht gleichzeitig andere Einrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1 BbgNiRSchG darstellen. Anderenfalls verlöre sie ihren Charakter als strenge Ausnahmeregelung; denn dann hätte jede Einrichtung, die (auch kostenlos) Speisen und/oder Getränke ausschenkt, die Möglichkeit – bei Vorliegen der weiteren von § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG genannten Voraussetzungen – einen Nebenraum für Raucher einzurichten. Eine solche grenzenlose Ausdehnung des Anwendungsbereiches, die letztlich diametral zum Schutzzweck des Nichtrauchendenschutzgesetzes steht, ist ersichtlich nicht Ziel der Regelung (vgl. insoweit auch die Gesetzesbegründungen, Landtagsdrucksachen 4/4895 und 4/7371).

c) Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4 BbgNiRSchG bestehen weder im Hinblick auf Art. 12 noch auf Art. 49 der Verfassung des Landes Brandenburg (BbgVerf). Eine solche ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Brandenburger Gesetzgeber bei seiner Gestaltung des Nichtrauchendenschutzes keine Regelung getroffen hat, die auch in Spielhallen die Einrichtung eines Nebenraumes für Raucher ermöglicht. Der Landesgesetzgeber hat durch die Regelung in § 4 BbgNiRSchG zwar praktisch bedeutsame Ausnahmen vom Rauchverbot zugelassen und sich damit für eine Konzeption des Nichtrauchendenschutzes entschieden, die das Schutzziel nicht unbedingt verfolgt. Er hat indes zugleich dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen er eine Ausnahme zu Gunsten von Gaststättenbetreibern, nicht jedoch zu Gunsten von Spielstättenbetreibern vorgesehen hat. So heißt es im Gesetzentwurf zum Ersten Gesetz zur Änderung des Nichtrauchendenschutzgesetzes (Drucksache 4/7371) zur Frage weiterer Ausnahmeregelungen für Spielstätten:

„Schwerwiegende Gründe, die die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Spielhallenbetreiber im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums rechtfertigen können, ergeben sich aus folgendem:

1. Ein wirtschaftlicher Nachteil oder gar eine Existenzgefährdung für die Spielhallenbetreiber ist weder nachgewiesen noch plausibel. Das Gegenteil legt vielmehr die Umsatzsteigerung der Unterhaltungsautomatenwirtschaft seit 2005 nahe, die sich auch im Jahr 2008, d.h. nach der Einführung der Rauchverbote in den Ländern fortgesetzt hat. Die behauptete Abwanderung der Spieler in Gaststätten mit Raucherräumen ist nicht plausibel, da Gaststätten nach § 3 der Spielverordnung höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte aufstellen dürfen. Nach Auskunft der Brandenburgischen Spielbanken ziehen die Spielhallen vielmehr den vom Land konzessionierten Spielbanken in deutlichem Umfang Spieler ab.

2. Gaststätten- und Spielhallengewerbe sind von deutlich unterschiedlichem Charakter. Die Pflege sozialer Kontakte in Gaststätten stellt ein weitverbreitetes, legitimes und sozial grundsätzlich erwünschtes Verhalten und ein zentrales menschliches Bedürfnis dar. Es erscheint daher vertretbar, es durch Ausnahmeregelungen auch Rauchern zu ermöglichen, dieses Verhalten zu pflegen, ohne auf das Rauchen verzichten zu müssen. Das typischerweise nicht gesellige und zudem mit erheblichen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Risiken verbundene Spiel an Spielautomaten stellt demgegenüber kein Grundbedürfnis dar, ist gesellschaftlich weniger verbreitet und weniger sozial erwünscht. Die erheblichen Unterschiede zwischen Gaststätten- und Spielhallengewerbe rechtfertigen eine Gleichbehandlung bei den Ausnahmeregelungen zum Rauchverbot nicht. Insbesondere wird man beim Gaststätten- anders als bei Spielhallengewerbe nicht grundsätzlich von einer sozialschädlichen Tendenz ausgehen können. Spielhallen bergen schon von ihrer Zweckbestimmung her die Gefahr, insbesondere junge Erwachsene vom Glücksspiel abhängig zu machen. Das gesundheitliche Gefährdungspotential wird auch durch die von den Klägern selbst vorgetragene Tatsache deutlich, dass ca. 80 % der Spieler in Spielhallen tabakabhängig sind. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sich mit den Erfahrungen von Suchtberatungsstellen im Land Brandenburg decken, sind darüber hinaus bei Spielsüchtigen häufig weitere Komorbiditäten festzustellen. Auch der Bundesgesetzgeber hat die Problematik der Komorbiditäten im Zusammenhang mit Spielhallen aufgegriffen, indem er besondere Regelungen für den Ausschank von Alkohol, vgl. § 3 der Spielverordnung, getroffen hat. Ein weiterer Aspekt, den der Gesetzgeber zu berücksichtigen hat, ist die Tatsache, dass Spielhallen aufgrund der noch immer günstigeren gesetzlichen Regelungen gegenüber den Konzessionsträgern der Spielbanken privilegiert sind, weil die Spielbanken der Länder gesetzlich zu Maßnahmen der Suchtvermeidung verpflichtet sind. Eine weitere Privilegierung der Spielhallenbetreiber gegenüber den Spielbanken durch Ausnahmen von Rauchverbot entsprechend den für die Gastronomie geltenden Regelungen stünde daher auch in Widerspruch zu deren öffentlich-rechtlicher Funktion nach dem Spielbankgesetz.

Im Ergebnis kann der Gesetzgeber damit im Rahmen seines Gestaltungsspielraums aus den dargelegten Erwägungsgründen dem Schutz des überragenden Gemeinschaftsguts der Gesundheit der Bevölkerung den Vorrang vor der Berufsausübungsfreiheit der Spielhallenbetreiber geben und das bestehende absolute Rauchverbot für Spielhallen beibehalten.“

Die genannten Beweggründe sind nach Auffassung des Gerichts geeignet, die unterschiedlichen Regelungen zum Nichtrauchendenschutz in Bezug auf Spielstätten und Gaststätten zu rechtfertigen. Zunächst überzeugen die Überlegungen zu der aus dem deutlich unterschiedlichen Charakter von Gast- und Spielstätten folgenden Ungleichbehandlung. Dieser rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts, aus den vom Gesetzgeber dargelegten – und im Übrigen gut nachvollziehbaren – Gründen eine Ausnahme vom Nichtrauchendenschutz in Gaststätten zuzulassen. Vergleichbare Gründe, die es rechtfertigen würden, auch zugunsten der Besucher von Spielstätten Ausnahmen vom Rauchverbot zuzulassen sind demgegenüber nicht erkennbar; zumal der Besuch einer Spielhalle gerade nicht der Pflege sozialer Kontakte als menschliches Grundbedürfnis dient (im Ergebnis ebenso Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 17. November 2011 – (2 B) 53 Ss-OWi 257/11 (137/11) und (2 B) 53 Ss-OWi 404/10 (204/10) –). Zudem erscheint der damit einhergehende Eingriff in die von Art. 49 BbgVerf geschützte Berufsausübungsfreiheit in Anbetracht der vom Gesetzgeber berücksichtigten Entwicklung der Umsatzzahlen – an deren Richtigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass hat – sowie der Überlegung zu Abwanderungstendenzen nicht unverhältnismäßig. Offensichtlich sind Spielhallenbetreiber danach vom absoluten Rauchverbot in geringerem Ausmaß betroffen als Gastwirte. Überdies zählt der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern, die auch empfindliche Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen. Eine stärkere Belastung solcher Betriebe, die von tatbestandlich klar abgegrenzten willkürfreien Ausnahmen vom strikten Rauchverbot nicht erfasst werden, ist somit durch sachliche Gründe gerechtfertigt (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 10 S 2392/09 – GewArch 2010, 168).

d) Die Anordnung, die Räume der Spielhallen „rauchfrei“ zu gestalten, stellt schließlich eine notwendige Maßnahme im Sinne des § 13 Abs. 1 OBG dar, um dem Verstoß der Klägerin gegen das Brandenburgische Nichtrauchendenschutzgesetz entgegenzuwirken. Insbesondere sind insoweit keine milderen und gleich geeigneten Mittel erkennbar.

Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 15 Abs. 1, 17 Nr. 2, 20, 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVG BB). In Anbetracht des hohen Wertes der vom Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetz geschützten Rechtsgüter – das Leben und die Gesundheit nichtrauchender Dritter – erscheint die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 2500,00 EUR pro Spielhalle angemessen und auch erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung.