Die Beteiligten streiten über die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB).
Der Beklagte hatte bei dem 1947 geborenen Kläger, der im November 2000 an einem Harnblasentumor operiert worden war, auf dessen Antrag vom 13. Dezember 2000 mit Bescheid vom 7. Februar 2001 für folgende (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen einen Gesamt-GdB von 50 festgesetzt:
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a) Blasenleiden im Stadium der Heilungsbewährung (50),
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b) Bluthochdruck mit Rückwirkung auf das Herz (10).
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Ferner sah er hinsichtlich der Behinderung zu a) eine Überprüfung des Gesundheitszustandes nach Ablauf der Heilungsbewährung im November 2002 vor.
Im Nachprüfungsverfahren holte der Beklagte den Befundbericht des behandelnden Urologen Dr. H vom 2. November 2002 ein. Dem Vorschlag des Urologen Dr. S in dessen gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 2002 folgend hob der Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 28. Februar 2003 den Festsetzungsbescheid auf. Es lägen, da nach Ablauf der Heilungsbewährung keine Rezidive oder Metastasen aufgetreten seien, keine Funktionsbeeinträchtigungen mehr vor, die einen GdB von wenigstens 20 bedingten. Hiergegen erhob der Kläger unter Beifügung verschiedener ärztlicher Unterlagen Widerspruch, den der Beklagte nach Einholung der gutachterlichen Stellungnahme des Internisten Dr. T vom 8. Juni 2003 mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2003 zurückwies.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger sich gegen die Aufhebung gewandt.
Zu dem im Klageverfahren eingegangenen Befundbericht des Internisten Dr. T vom 23. Dezember 2003 mit dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik R vom 22. September 2003 hat die Internistin M in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26. Januar 2004 ausgeführt, dass das Bluthochdruckleiden des Klägers seit Erstantragstellung im Dezember 2000 mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Daraufhin hat der Beklagte mit Bescheid vom 2. März 2004 für die Funktionsbeeinträchtigung „Bluthochdruck mit Rückwirkung auf das Herz“ ab Februar 2003 einen GdB von 20 festgestellt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Januar 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Die Entscheidung des Beklagten, den GdB von 50 auf 20 herabzusetzen, sei nicht zu beanstanden. Nach Entfernung des Harnblasentumors im November 2000 sei nach Nr. 26. 12 (S. 91) der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) 2004 für die Zeit der Heilungsbewährung von zwei Jahren, also bis November 2002, ein GdB von 50 anzusetzen. Da nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen ein Rezidiv nicht aufgetreten sei, sei der GdB neu festzustellen gewesen. Das verbleibende Harnblasenleiden bedinge nur einen Einzel-GdB von höchstens 10. Der Bluthochdruck sei mit einem Einzel-GdB von 20 zutreffend bewertet worden. Da dieses Leiden zu Auswirkungen auf das Herz beführt habe, sei ein Hypertonus der mittelschweren Form anzunehmen, der nach Nr. 26.9 (S. 75) der AHP 2004 einen GdB von 20 bis 40 bedinge. Angesichts der ausreichenden kardialen Belastbarkeit bis zu 150 Watt sei es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte hier lediglich einen GdB von 20 angesetzt habe. Das bei dem Kläger vorliegende Wirbelsäulenleiden bedinge nach Nr. 26.18 (S. 116) der AHP 2004 keinen messbaren GdB oder nur einen GdB von 10. Denn im Reha-Entlassungsbericht sei angegeben worden, dass diesbezüglich keine funktionellen Einschränkungen oder neurologische Ausfälle bestanden hätten. Unter Berücksichtigung dieser Einzel-GdB betrage der Gesamt-GdB nach Nr. 19 Abs. 4 (S. 26) der AHP 2004 lediglich 20.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er hat das Gutachten des Orthopäden und Chirurgen Dr. P vom 1. Mai 2005 vorgelegt, der zu dem Ergebnis gekommen ist, dass für die Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet der GdB 50 betrage.
Neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte hat der Senat das Gutachten des Orthopäden Dr. K vom 18. November 2006 eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers und Auswertung der medizinischen Unterlagen festgestellte, dass bei dem Kläger im Februar 2003 auf fachorthopädischem Gebiet ein rezidivierendes Zervikalsyndrom, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom und ein Zustand nach Bursektomie des linken Knies vorgelegen hätten. Aus der Erkrankung der Halswirbelsäule resultiere kein messbarer GdB. Für die Erkrankung der Lendenwirbelsäule könne der Einzel-GdB bestenfalls mit 10 eingeschätzt werden. Aus der Schleimbeutelexstirpation ergebe sich keine relevante Behinderung.
Der Kläger hat den Arztbrief des Lungenarztes Dr. F vom 9. Juli 2008 vorgelegt, der von zwei Lungenfunktionsuntersuchungen vom 22. April und 9. Juli 2008 berichtet hat. Daraufhin hat der Senat einen Befundbericht dieses Facharztes vom 26. September 2008 eingeholt. Der Beklagte hat eine externe Begutachtung des Klägers durch den Lungenarzt G veranlasst, der im Gutachten vom 27. Juli 2009 die Lungenfunktion als normal eingeschätzt hat. Für die bei dem Kläger vorliegende chronische Bronchitis hat er einen Einzel-GdB von 10 angesetzt.
Ferner hat der Kläger den Entlassungsbericht der M Klinik vom 23. Oktober 2009 eingereicht, der u.a. die Ergebnisse der Lungenfunktionsuntersuchungen vom 30. September und 14. Oktober 2009 wiedergibt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, dass der Aufhebungsbescheid vom 28. Februar 2003 nach gängiger Praxis so zu verstehen sei, dass er bei Bekanntgabe im März 2003 mit Wirkung vom 1. Mai 2003 gelten sollte. Er dementsprechend den Bescheid vom 2. März 2004 dahingehend geändert, dass er erst mit Wirkung vom 1. Mai 2003 gelten soll.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Januar 2005 und den Bescheid des Beklagten vom 28. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2003 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. März 2004 und der Prozesserklärung vom 10. Juni 2010 aufzuheben,
hilfsweise,
ihm eine Schriftsatzfrist von vier Wochen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Bezugnahme auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.