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Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; gesetzlicher Vertreter und Gesellschafter; Erteilung einer Ausnahmegenehmigung; Diplom-Volkswirt; besonders befähigte Person; besondere Art der Befähigung; Einbeziehung berufsstandfremder Kenntnisse; wirtschaftsprüferähnliche Fähigkeiten; verfassungskonforme Auslegung; Berufsausübungsfreiheit


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 10.05.2011
Aktenzeichen OVG 12 B 9.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 12 Abs 1 GG, § 28 Abs 2 S 2 WiPrO, § 28 Abs 4 S 1 Nr 1a WiPrO

Leitsatz

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO setzt tatbestandlich eine besondere Art der Befähigung in Form berufsstandfremden Fachwissens voraus. Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich lediglich als Vertiefung einzelner Bereiche der Aufgaben und Tätigkeiten von Wirtschaftsprüfern darstellen und in den Grundzügen bereits Prüfungsstoff im Wirtschaftsprüferexamen sind, vermögen eine besondere Befähigung nicht zu begründen.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Genehmigung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO), um als gesetzlicher Vertreter und Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig sein zu können.

Der Kläger ist promovierter Diplom-Volkswirt. Neben seinem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Volkswirtschaftslehre an der Philipps-Universität in Marburg hat er den Abschluss „Bachelor of Arts“ der University of Pennsylvania/USA im Fach „Economics“ erworben. Seit Januar 2002 ist der Kläger aufgrund einer berufsbegleitenden Qualifikation bei der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung (DVFA) zudem „Investmentanalyst/DVFA“; dieser Titel gilt zugleich als Diplom „CEFA“ (Certified EFFAS Financial Analyst) der European Federation of Financial Analysts Societies. Nach Abschluss seiner Promotion am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Wirtschaftssystemen in Jena arbeitete der Kläger zunächst als Aktienanalyst bei einem privaten Finanzinformationsanbieter. Seit Oktober 1999 ist er bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S… in Hamburg beschäftigt; während dieser Tätigkeit nahm er im August 2005 ohne Erfolg am Wirtschaftsprüferexamen teil.

Im Juni 2008 zeigte die Gesellschaft der beklagten Wirtschaftsprüferkammer die beabsichtigte Bestellung des Klägers zum weiteren persönlich haftenden Gesellschafter der OHG sowie zum Geschäftsführer der verbundenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften S… und G… an. Nachdem sie von der Beklagten darauf hingewiesen worden war, dass der Kläger nicht befugt sei, sich an einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu beteiligen oder deren gesetzliche Vertretung zu übernehmen, beantragte sie mit Schreiben vom 3. September 2008, dem Kläger „als besonders befähigter Person“ gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Nr. 1a WPO die Berechtigung zur Übernahme der beabsichtigten Funktionen zu erteilen. Zur Begründung verwies sie insbesondere auf das kapitalmarktbezogene Spezialwissen des Klägers und seine Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Finanzdienstleistungen.

Mit an den Kläger persönlich gerichtetem Bescheid vom 14. Oktober 2008 lehnte die Wirtschaftsprüferkammer den Antrag ab. Ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung stehe dem Kläger nicht zu. Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO könne die Berechtigung, neben Berufsangehörigen gesetzlicher Vertreter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu sein, nur besonders befähigten Personen erteilt werden. Die Regelung diene nach der Gesetzesbegründung der Einbeziehung von berufsstandfremdem Fachwissen, ohne Quereinsteiger auf die Ableistung des Wirtschaftsprüferexamens verweisen zu müssen. Wirtschaftsprüfergleiche Vorkenntnisse, zu denen neben dem vom Kläger absolvierten Studium der Volkswirtschaftslehre auch sach- und fachgebietsbezogene Weiterbildungen wie die Fortbildung zum CEFA/Investmentanalyst zählten, reichten danach für die Annahme einer besonderen Befähigung nicht aus. Die vom Kläger bei der S… OHG ausgeübten Tätigkeiten würden in anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften üblicherweise von Wirtschaftsprüfern wahrgenommen. Zudem stehe dem Kläger aufgrund seiner Ausbildung, seines Werdegangs und Alters der bereits eingeschlagene Weg des Berufsexamens offen.

Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO auch Fähigkeiten und Tätigkeiten, die mit dem Tätigkeitsbereich von Wirtschaftsprüfern artverwandt seien, eine besondere Befähigung darstellten. Die einschränkende Auslegung der Beklagten greife in unverhältnismäßiger Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit ein. Die damit einhergehende Eingrenzung der „Öffnungsklausel“ sei insbesondere nicht erforderlich. Dem legitimen Ziel der Sicherung der Qualität der Arbeit von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften werde bereits ausreichend durch die gesetzlich geregelten Mehrheitserfordernisse Rechnung getragen. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen der Vorschrift selbst bei Anlegung der Maßstäbe der Beklagten vor. Sowohl seine Ausbildung zum Investmentanalysten als auch seine Tätigkeiten bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft seien für Wirtschaftsprüfer untypisch und zeigten, dass er über die erforderliche besondere Befähigung verfüge.

Das Verwaltungsgericht hat die auf Neubescheidung gerichtete Klage mit Urteil vom 21. Januar 2010 abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger mangels berufsfremder Fähigkeiten bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO nicht erfülle und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Erteilung der begehrten Berechtigung setze sowohl eine besondere Güte als auch eine besondere Art der Befähigung voraus, die von den für Wirtschaftsprüfer typischen Fähigkeiten und Tätigkeiten abweiche. Ein Abstellen auf die Art der Befähigung sei bereits im Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO angelegt und entspreche sowohl der Systematik als auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die erweiterte Zulassungsmöglichkeit für „besonders befähigte Personen“ ergänze die Vorschriften über Berufsangehörige und die im Gesetz ausdrücklich genannten anderen Berufsträger. Sie diene nach ihrem Sinn und Zweck dazu, neben diesem Personenkreis auch fachfremden Sachverstand in die Leitung von Berufsgesellschaften einzubeziehen. Diesem Zweck widerspreche es, auch Personen mit wirtschaftsprüferähnlichen Fähigkeiten zu erfassen. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift rechtfertige keine andere Auslegung. Zwar sei die in der Fassung der Wirtschaftsprüferordnung von 1961 ursprünglich enthaltene klare Formulierung, nach der nur „besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen (zum Beispiel Juristen, Techniker)“ zugelassen werden konnten, im Zuge der späteren Gesetzesänderungen unklarer gefasst worden. Eine inhaltliche Änderung sei damit ausweislich der Gesetzesmaterialien jedoch nicht verbunden gewesen. Die im Zuge der WPO-Novellen vorgenommenen sprachlichen Änderungen und Anpassungen seien vielmehr insgesamt in dem Bewusstsein erfolgt, dass sich die tatbestandliche Voraussetzung einer besonderen Befähigung auf das Erfordernis berufsstandfremder Kenntnisse und Fähigkeiten beziehe. Dies entspreche im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der für die vergleichbare Ausnahmegenehmigung in § 50 Abs. 3 StBerG gleichfalls auf die Art und Güte der „besonderen Fähigkeit“ abstelle.

Eine abweichende Auslegung sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Beschränkung der Öffnungsklausel auf Personen, die über berufsstandfremdes Wissen verfügten, greife zwar in das durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG geschützte Recht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ein, selbst über die Leitung der Gesellschaft und die Bestellung von Geschäftsführern zu bestimmen. Die Regelung sei jedoch durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Sie diene der Sicherung der Qualität der Arbeit von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, indem sichergestellt werde, dass die Verantwortung in der Hand von Wirtschaftsprüfern liege, die über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse und nachgewiesenen Qualifikationen verfügten. Dass der Gesetzgeber dieses Ziel doppelt abgesichert habe - einerseits durch das in § 28 Abs. 1 Satz 1 WPO normierte Mehrheitserfordernis, andererseits durch die Anforderungen an die Person der gesetzlichen Vertreter und Gesellschafter - liege im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums. Angesichts der Möglichkeit, nicht zulassungsberechtigte Personen auf andere Weise - z.B. als leitende Angestellte mit besonderem Bonussystem - an die Gesellschaft zu binden, erweise sich die streitgegenständliche Regelung auch nicht als unverhältnismäßig. Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergäben sich gleichfalls keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Über das danach erforderliche berufsstandfremde Wissen verfüge der Kläger nicht. Er habe vielmehr Kenntnisse, die sich überwiegend als Vertiefung von Fähigkeiten und Tätigkeiten darstellten, die für Wirtschaftsprüfer typisch seien. So gehöre sowohl der Bereich der Unternehmensberatung als auch die Bewertung von Unternehmen zur klassischen Wirtschaftsprüfertätigkeit und sei Teil des Wirtschaftsprüferexamens. Die Spezialisierung des Klägers auf die Bewertung von Finanzdienstleistungsunternehmen sei keine fachfremde Erweiterung, sondern lediglich eine punktuelle Vertiefung dieser Tätigkeit. Nichts anderes gelte für die Anwendung international anerkannter Rechnungslegungsgrundsätze und die im Rahmen seiner Berufstätigkeit herausgestellte Fähigkeit des Klägers, komplexe Derivate mit mathematischen Instrumenten zu bewerten. Auch insoweit handele es sich um Fähigkeiten, die nach der einschlägigen Prüfungsverordnung bereits zu den Prüfungsgebieten im Wirtschaftsprüferexamen gehörten.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers, mit der er vorrangig seine bereits erstinstanzlich geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken vertieft.

In Übereinstimmung mit der Auslegung des Verwaltungsgerichts sei zwar davon auszugehen, dass § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO auf eine besondere Art der Befähigung abstelle. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung verfüge er jedoch über die danach erforderlichen berufsfremden Fähigkeiten. Bereits seine Fortbildung zum Investmentanalysten/DVFA stelle eine besondere Qualifikation dar, über die die meisten deutschen Wirtschaftsprüfer nicht verfügten. Auch der Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit, insbesondere seine Spezialisierung auf die Bewertung von Finanzdienstleistungsunternehmen und Aktien, liege außerhalb der klassischen Aufgaben von Wirtschaftsprüfern. Allein mit dem Hinweis auf die Prüfungsgebiete im Wirtschaftsprüferexamen könne das Vorliegen besonderer schwerpunktmäßig vorhandener Fähigkeiten nicht verneint werden. Im Wege verfassungskonformer Auslegung sei es vielmehr geboten, keine zu hohen Anforderungen an das Merkmal der „Besonderheit“ im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO zu stellen. Bereits die absolute Beschränkung des Kreises der Geschäftsführer und Gesellschafter greife in das Recht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auf eigenverantwortliche Bestellung der Geschäftsleitung ein und sei mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Erst recht sei es verfassungswidrig, einem Mitarbeiter mit den hier vorliegenden Qualifikationen die begehrte Berechtigung zu versagen. Zwar stehe außer Frage, dass die gesetzlichen Regelungen einem anzuerkennenden Gemeinwohlinteresse dienten und grundsätzlich auch geeignet seien, die Qualität im Wirtschaftsprüferwesen zu sichern. Die hier in Bezug auf die Mitgliedschaft in der Geschäftsführung und im Gesellschafterkreis in Rede stehenden „Totalverbote“ seien zur Erreichung dieses Ziels jedoch nicht erforderlich. Weder eine Minderheitsfunktion als Geschäftsführer noch eine Minderheitsstellung als Gesellschafter könne im Falle einer tatsächlich gewährleisteten Vertretung der Gesellschaft durch eine Mehrheit von Berufsangehörigen zu einer Gefährdung legitimer Gemeinwohlinteressen führen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. August 2008 zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung einer Berechtigung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Wirtschaftsprüferkammer ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; ein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages steht ihm nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Rechtsgrundlage des Neubescheidungsbegehrens ist § 28 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über eine Berufsordnung für Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung - WPO) vom 24. Juli 1961 (BGBl. I S. 1049), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2248). Danach kann die Wirtschaftsprüferkammer besonders befähigten Personen, die nicht in Satz 1 der Vorschrift genannt werden und die einen mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers und der Wirtschaftsprüferin vereinbaren Beruf ausüben, auf Antrag die Berechtigung erteilen, gesetzliche Vertreter von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu sein. Diese Berechtigung steht neben den in § 28 Abs. 1 Satz 1 WPO genannten Berufsangehörigen ohne Erteilung einer gesonderten Genehmigung grundsätzlich nur den in § 28 Abs. 2 Satz 1 WPO aufgeführten Personen (vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte) zu. Mit Erteilung der begehrten Genehmigung wäre der Kläger zugleich berechtigt, sich als Gesellschafter an einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu beteiligen (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 1a WPO).

1. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO tatbestandlich eine besondere Art der Befähigung voraussetzt, die sich von der Tätigkeit von Wirtschaftsprüfern unterscheidet. Die Vorschrift dient nach dem zutreffenden, in Anwendung der anerkannten Auslegungsmethoden gewonnenen Begriffsverständnis des Verwaltungsgerichts der Einbeziehung berufsstandfremden Fachwissens und erfordert daher Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich nicht nur als eine Vertiefung der Qualifikation von Berufsangehörigen darstellen. Ein abweichendes Begriffsverständnis lässt sich insbesondere den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Aus der amtlichen Begründung zur 5. WPO-Novelle (BT-Drs. 15/1241, S. 34 f.) ergibt sich vielmehr, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeit zur Einbeziehung berufsstandfremden Fachwissens eröffnen soll, wobei ausdrücklich von fachlich erwünschten „Quereinsteigern“ die Rede ist und beispielhaft Biotechnologen, Informatiker oder Mathematiker genannt werden. Begründete Einwände gegen die Auslegung des Verwaltungsgerichts sind vom Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben werden. Wegen der Einzelheiten, insbesondere dem Sinn und Zweck der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte, wird daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf den Seiten 7 bis 10 der Urteilsabschrift Bezug genommen, denen der Senat folgt (§ 130 b Satz 2 VwGO).

2. Die danach erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO sind im Falle des Klägers nicht erfüllt. Die von ihm im Rahmen der berufsbegleitenden Qualifikation zum Investmentanalysten/DVFA erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten und seine praktische Tätigkeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weisen einen engen Bezug zu den Aufgaben von Wirtschaftsprüfern auf und stellen kein berufsstandfremdes Fachwissen dar. Das Verwaltungsgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung unter Berücksichtigung der in § 2 WPO genannten berufsbildprägenden Tätigkeiten auf dem Gebiet der Prüfung und Beratung (§ 2 WPO) sowie der in § 4 der Prüfungsverordnung für Wirtschaftsprüfer (WiPrPrüfV) aufgeführten Prüfungsgebiete im Wirtschaftsprüferexamen im Einzelnen dargelegt, dass der Kläger nicht über eine besondere Art der Befähigung verfügt, sondern über vertiefte Kenntnisse in bestimmten Bereichen, die zum Berufs- oder Tätigkeitsbild von Wirtschaftsprüfern gehören. Auch insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden erstinstanzlichen Ausführungen (UA S. 12 bis 14), denen er sich anschließt.

Die dagegen mit der Berufung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Entgegen der Auffassung des Klägers kann weder der Aufgabenbeschreibung des § 2 WPO noch den zum Wirtschaftsprüferexamen gehörenden Prüfungsgebieten jede Relevanz für die Beurteilung der besonderen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO abgesprochen werden. Die Frage, ob der Kläger über andere - berufsfremde - Fähigkeiten und Kenntnisse als Berufsangehörige verfügt, lässt sich im Ergebnis nur auf der Grundlage des Berufsbildes des Wirtschaftsprüfers beantworten. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht danach darauf abgestellt, dass die durch die Ausbildung zum Investmentanalysten erworbenen Kenntnisse des Klägers und die von ihm ausgeübten Tätigkeiten - jedenfalls in den Grundzügen - bereits Teil des Prüfungsstoffes im Wirtschaftsprüferexamen sind. Die vom Kläger wiederholt hervorgehobene Spezialisierung auf die Bewertung von Finanzdienstleistungsunternehmen und Aktien reicht unter diesen Umständen nicht aus, um eine besondere Befähigung zu begründen. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Fähigkeit des Klägers, komplexe Derivate mit mathematischen Instrumenten zu bewerten. Dass jede intensive Vertiefung bestimmter Gebiete, die zum Wirtschaftsprüferexamen gehören, zur Annahme einer besonderen Befähigung führen könne, trifft entgegen dem Vorbringen des Klägers gerade nicht zu. Ebenso wenig kann es entscheidend darauf ankommen, ob die Schwerpunktbildung des Klägers typisch für den „klassischen“ Wirtschaftsprüfer ist. Maßgeblich ist nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der Ausbildung und Tätigkeit des Klägers um eine Vertiefung einzelner Teilbereiche der Aufgaben und Tätigkeiten von Wirtschaftsprüfern handelt, nicht aber um Kenntnisse und Fähigkeiten, die dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer fremd sind.

3. Für eine vom Kläger reklamierte verfassungskonforme Auslegung ist danach kein Raum. Die nicht zu beanstandende erstinstanzliche Auslegung und Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO verletzt nicht Art. 12 Abs. 1 GG.

Auf einen behaupteten Eingriff in die Freiheit von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, selbst über die Leitung der Gesellschaft und die Bestellung von Geschäftsführern zu bestimmen (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG), kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger nur eine Verletzung in eigenen Rechten, nicht aber eine Verletzung der Rechte von Berufsgesellschaften rügen kann.

Soweit § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO in Bezug auf den Kläger eine Regelung der Berufsausübung darstellt, die nicht die Wahl eines neuen Berufes, sondern lediglich eine andere Ausübungsform seines Berufes betrifft, liegt ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG nicht vor. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WPO ist die Übernahme einer Leitungsfunktion in einer Wirtschaftsprüfergesellschaft im legitimen öffentlichen Interesse eines funktionierenden und anerkannten Wirtschaftsprüfungswesens grundsätzlich Berufsangehörigen und anderen vom Gesetzgeber ausdrücklich genannten Berufsträgern, die einen engen Bezug zur Tätigkeit von Wirtschaftsprüfern aufweisen, vorbehalten. Gegenüber diesen grundsätzlichen Anforderungen an die (Mit-)Leitung einer Berufsgesellschaft handelt es sich bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung an „besonders befähigte Personen“, die nicht über die genannten beruflichen Qualifikationen verfügen, ersichtlich um eine besonders begründete Ausnahme. Zum Erlass einer derartigen Ausnahmeregelung war der Gesetzgeber nicht verpflichtet. Im Rahmen des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraums hätte er vielmehr auch daran festhalten können, die Befugnis zur Leitung einer Berufsgesellschaft lediglich Berufsangehörigen und bestimmten artverwandten Berufsträgern zu eröffnen, die vergleichbaren standesrechtlichen Regelungen und Prüfungen unterliegen. Wenn er sich gleichwohl dazu entschlossen hat, die Möglichkeit der gesetzlichen Vertretung einer Gesellschaft durch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auch Berufsfremden einzuräumen, durfte er dieses Privileg in Ausübung seines Ermessens auf Personen beschränken, die über besondere berufsstandfremde Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die bei Berufsangehörigen regelmäßig nicht vorhanden sind, für die Gesellschaft aber von Bedeutung sein können. Ein Anspruch auf eine weitergehende Ausnahme und eine vom Kläger geltend gemachte Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf vertiefte „wirtschaftsprüferähnliche“ Fähigkeiten lässt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG mithin nicht herleiten. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung unzumutbar belastet wird. Wer die verantwortliche Leitung einer Wirtschaftsprüfergesellschaft übernehmen will, kann und muss sich darauf einstellen, dass er den dafür erforderlichen fachlichen Anforderungen unterliegt.

Eine abweichende Auslegung und Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 WPO ist schließlich auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht geboten. Zutreffend hat bereits das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass die unterschiedliche Behandlung von Angehörigen der in § 28 Abs. 2 Satz 1 WPO genannten Berufe durch anzuerkennende sachliche Gründe gerechtfertigt ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.