Gericht | VG Frankfurt (Oder) 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.10.2013 | |
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Aktenzeichen | 6 L 350/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1684 BGB, § 111 Nr 2 FamFG, § 151 Nr 2 FamFG, § 13 GVG, § 23a Abs 1 S 1 Nr 1 GVG, § 18 Abs 3 SGB 8, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 42 Abs 2 VwGO |
Gegen den Jugendhilfeträger besteht kein Anspruch nach § 18 Abs. 3 Sätze 3 und 4 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch - auf Bereitstellung eines Umgangsbegleiters nach § 164 Abs. 4 Satz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wenn bzw. soweit kein entsprechendes familienrechtliches Umgangsrecht besteht.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, das gerichtskostenfrei ist.
Der sinngemäß gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO),
den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller wieder für alle vierzehn Tage für drei Stunden das Umgangsrecht in begleiteter Form mit seiner Tochter ... zu gewähren,
hat keinen Erfolg.
Für diesen Antrag ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, weil es sich bei dem Begehren um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn um Berechtigungen und Verpflichtungen gestritten wird, die ihren Rechtsgrund im öffentlichen Recht haben. Vorliegend macht der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner in der Sache einen jugendhilferechtlichen und damit öffentlich-rechtlichen Anspruch auf der Grundlage des § 18 Abs. 3 Sätze 3 und 4 des Sozialgesetzbuches - Achtes Buch - (SGB VIII) auf Unterstützung bei der Ausübung seines Umgangsrechtes und der Leistung von Hilfestellung bei der Ausführung von gerichtlichen Umgangsregelungen geltend, weil sich sein Begehren in dem vorliegenden Verfahren gegen den Antragsgegner in seiner Eigenschaft als Träger der öffentlichen Jugendhilfe richtet, dem als Aufgabe nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII die Bereitstellung von Angeboten der Förderung der Erziehung in der Familie und die dazugehörige Unterstützung und Hilfestellung bei der Ausübung des Umgangsrechtes obliegt. Da sich das vorliegende Begehren gegen den Jugendhilfeträger richtet, macht der Antragsteller im Rahmen dieses verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine familienrechtlichen Ansprüche nach § 1684 Abs. 1 Halbsatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i.V.m. § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB auf begleiteten Umgang mit seiner Tochter geltend, die überdies vor dem Familiengericht zu verfolgen wären (vgl. §§ 13, 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes i.V.m. den §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren und Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit i.V.m. § 1684 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BGB). Denn der familienrechtliche Umgangsanspruch nach § 1684 Abs. 1 Halbsatz 2, Abs. 4 Satz 3 BGB wäre gegenüber der Kindsmutter als Inhaberin des Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrechts nach den §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB für die Tochter des Antragstellers geltend zu machen, die jedoch nicht in diesem einstweiligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzverfahren als Antragsgegnerin beteiligt ist, weil der Antragsteller in der Antragsschrift nicht die Kindsmutter, sondern ausdrücklich das Jugendamt des Antragsgegners als Antragsgegner bezeichnet hat; dem jedoch weder das Sorge- noch das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter des Antragstellers zusteht.
Der Antrag ist unzulässig, weil dem Antragsteller die in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis für den gegenüber dem Antragsgegner geltend gemachten Anspruch auf Gewährung eines vierzehntägigen begleiteten Umganges mit seiner Tochter fehlt.
Denn dem Antragsteller steht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anspruch nach § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII und nach § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII zu, die hier als jugendhilferechtliche Anspruchsgrundlagen allein in Betracht zu ziehen sind. Nach dieser Vorschrift haben unter anderem Umgangsberechtigte gegenüber dem Jugendhilfeträger einen Anspruch auf Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechtes (§ 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII). Dabei soll nach § 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII unter anderem bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung unter anderem von gerichtlichen Umgangsregelungen in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden.
Abgesehen davon, dass das Begehren des Antragstellers nicht vom Anspruchsinhalt der Sätze 3 und 4 des § 18 Abs. 3 SGB VIII gedeckt ist, sind im vorliegenden Fall die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erfüllt.
Der Anspruchsinhalt der Sätze 3 und 4 des § 18 Abs. 3 SGB VIII umfasst nicht die Verschaffung eines Umgangsrechtes, sondern nur die Unterstützung und Hilfestellung des Jugendhilfeträgers bei der Ausübung eines bestehenden Umgangsrechtes bzw. bei der Ausführung gerichtlicher Umgangsregelungen. Ein unmittelbarer Anspruch auf die Verschaffung des Umganges mit seinem Kind ergibt sich allein aus der familienrechtlichen Vorschrift des § 1684 Abs. 1 Halbsatz 2, Abs. 4 BGB. Über dessen Bestehen und Umfang trifft jedoch nicht der Jugendhilfeträger, sondern gemäß § 1684 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BGB allein das Familiengericht eine Entscheidung, sofern die Eltern zu keiner einvernehmlichen Regelung über das Umgangsrecht mit ihrem Kind gelangt sind. Abgesehen davon kann der Antragsgegner in seiner Eigenschaft als Jugendhilfeträger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt auf der Grundlage des § 1684 Abs. 1 Halbsatz 2, Abs. 4 BGB verpflichtet werden, dem Antragssteller den begehrten Umgang zu gewähren. Denn der Umgangsanspruch nach § 1684 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB richtet sich gegen denjenigen, der das Sorgerecht nach § 1626 Abs. 1 BGB bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach § 1631 Abs. 1 BGB für das betreffende Kind hat. Daher scheidet der Antragsgegner als Verpflichteter eines solchen Umgangsanspruchs von vorn herein aus, weil er weder das Sorge- noch das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter des Antragstellers besitzt.
Unabhängig davon hat der Antragsteller gegen den Antragsgegner aber auch keinen Anspruch auf der Grundlage des § 18 Abs. 3 SGB VIII auf Bereitstellung eines Umgangsbegleiters für einen alle vierzehn Tage für die Dauer von drei Stunden stattfinden Umgang mit seiner Tochter, weil die Anspruchsvoraussetzungen der Sätze 3 und 4 des § 18 Abs. 3 SGB VIII unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erfüllt sind. Aus dem Tatbestandsmerkmal „Umgangsberechtigte“ im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII ergibt sich, dass der Anspruch nach § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII auf Hilfestellung und Unterstützung nur demjenigen zusteht, der bereits ein Umgangsrecht hat; dies beurteilt sich nach der familienrechtlichen Vorschrift des § 1684 BGB und wird – im Streitfall – nach § 1684 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BGB allein durch das Familiengericht festgestellt. Des Weiteren ist den in den Sätzen 3 und 4 des § 18 Abs. 3 SGB VIII enthaltenen Gesetzesformulierungen „Ausübung“ des Umgangsrechtes und „Ausführung“ gerichtlicher Umgangsregelungen zu entnehmen, dass die Unterstützungs- und Hilfestellungspflicht des Jugendhilfeträgers an vorhandene bzw. bestehende familienrechtliche Umgangsrechte oder gerichtliche Regelungen anknüpft. Der Jugendhilfeträger kann daher nicht kraft eigener Zuständigkeit familienrechtliche Umgangsrechte begründen oder regeln. Diese Kompetenz fällt – sofern sich die Eltern nicht einigen können – allein in die Zuständigkeit des Familiengerichtes, das – wie bereits ausgeführt – nach § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB über den Umfang des Umgangsrechtes und seine Ausübung entscheidet und nach § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen kann; dabei kann das Familiengericht nach § 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist, mithin dass nur begleiteter Umgang stattfinden darf. Auf diesen familiengerichtlichen Bestimmungen zum Umfang des Umgangsrechtes, die gleichsam auf der ersten Ebene getroffen werden, bauen die jugendhilferechtlichen Unterstützungsmaßnahmen des Jugendhilfeträgers nach § 18 Abs. 3 SGB VIII erst auf der zweiten Ebene auf, indem der Jugendhilfeträger den nach den familiengerichtlichen Maßgaben Umgangsberechtigten bei der Ausübung und Ausführung des Umgangsrechtes unterstützt und Hilfe leistet; hierbei kann der Träger der Jugendhilfe gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 BGB selbst als mitwirkungsbereiter Umgangsbegleiter tätig werden.
Aus alledem folgt im Umkehrschluss, dass im Rahmen der jugendhilferechtlichen Hilfestellung und Unterstützung bei der Ausübung des familienrechtlichen Umgangsrechtes und der Ausführung familiengerichtlicher Umgangsregelungen kein Anspruch nach § 18 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VIII gegen den Jugendhilfeträger auf Bereitstellung eines Umgangsbegleiters besteht, wenn bzw. soweit kein entsprechendes familienrechtliches Umgangsrecht besteht.
So liegt der Fall hier: Nach der Nummer 2 des noch nicht rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichtes Strausberg – Familiengericht – vom 27. September 2013 (Geschäftsnummer 2.1 F 117/12) steht dem Antragsteller ab dem 12. Oktober 2013 lediglich für alle vier Wochen ein Recht zum begleiteten Umgang mit seiner Tochter für die Dauer von zwei Stunden zu. Da er demnach kein Umgangsrecht für alle vierzehn Tage für die Dauer von drei Stunden hat, kann er derzeit vom Antragsgegner keine jugendhilferechtliche Unterstützung nach § 18 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VIII bei der Ausführung der nunmehr angeordneten familiengerichtlichen Umgangsregelung in der Weise verlangen, dass ihm abweichend von dieser familiengerichtlichen Umgangsregelung alle vierzehn Tage für die Dauer von drei Stunden ein begleiteter Umgang mit seiner Tochter gewährt wird. Für die Erreichung dieses Zieles muss der Antragsteller zunächst vor den Familiengerichten eine Umgangsregelung in dem von ihm gewünschten Sinne erwirken und hierfür gegebenenfalls die nach dem Gesetz über das Verfahren und Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgesehenen Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 27. September 2013 einlegen, die in der Rechtsmittelbelehrung auf Seite 8 dieses Beschlusses näher bezeichnet sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO.