Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 31.03.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 3 B 8.08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 28 Abs 4 AufenthG, § 32 Abs 3 AufenthG, § 36 Abs 2 AufenthG, § 104 Abs 3 AufenthG, § 20 Abs 2 AuslG, § 20 Abs 3 S 1 AuslG, § 20 Abs 4 Nr 1 AuslG, § 20 Abs 4 Nr 2 AuslG, § 108 Abs 1 FamFG, § 109 Abs 1 Nr 4 FamFG, § 159 FamFG, § 16a FGG, Art 12 Abs 2 UN-Kinderrechte-ÜbkREO |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Februar 2008 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der am … März 1989 geborene Kläger ghanaischer Staatsangehörigkeit begehrt die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu seinem Vater.
Der vormals ghanaische Vater des Klägers war nach Gewohnheitsrecht mit dessen Mutter verheiratet, bis die Ehe am … 1995 aufgelöst wurde. Nach Einreise im Januar 1995 hielt sich der Vater bis Ende Juli 1996 rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Am … 1997 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige in Accra/Ghana und reiste mit einem Visum zum Ehegattennachzug im September 1997 erneut in das Bundesgebiet ein. In der Folge wurden ihm Aufenthaltserlaubnisse und im Januar 2003 eine Aufenthaltsberechtigung erteilt, die später als Niederlassungserlaubnis fortgalt. Durch Aushändigung der Einbürgerungsurkunde vom … 2006 erlangte er am … Juni 2007 die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 7. Mai 2004 beantragte der Kläger - gemeinsam mit seinem 1991 geborenen Bruder - die Erteilung eines Visums zum Kindernachzug bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Accra/Ghana (Botschaft). Bei der Vorsprache erklärte er nach einem Vermerk der Botschaft, er habe seinen Vater zuletzt vor zwei Jahren gesehen, als dieser zu Besuch in Ghana gewesen sei. Er habe ihn zuvor im Jahr 2000 in Deutschland besucht. Er sei bei seiner Tante, der Schwester des Vaters, aufgewachsen und wolle nun in Deutschland mit seinem Vater zusammenleben. Die Tante kümmere sich nicht gut um ihn; wenn er sie um etwas bitte, kaufe sie es öfter nicht. Die Tante ihrerseits bekundete hierzu, die Kinder wollten nach Deutschland und gehorchten ihr nicht mehr. Der Vater habe seit seinem Weggang regelmäßig Unterhalt für die Kinder gezahlt.
Der Kläger legte der Botschaft auf Nachforderung eine Entscheidung des Circuit Court in Accra vom 11. Mai 2004 vor, in welcher ausgewiesen war, dass das Sorgerecht für ihn seinem Vater zustehe.
Mit Schreiben vom 17. November 2004 verweigerte der Beigeladene die Zustimmung zur Visumerteilung.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 und Remonstrationsbescheid vom 26. Mai 2005 lehnte die Botschaft den Visumantrag ab. Ein Anspruch bestehe weder nach §§ 20, 17 AuslG noch nach den §§ 32, 27, 29 AufenthG, da schon die Abstammung des Klägers nicht hinreichend geklärt sei. Das nach § 20 Abs. 3 AuslG eröffnete Ermessen werde zu seinen Lasten ausgeübt, da - was die Botschaft in dem Remonstrationsbescheid näher begründete - sein Verbleib in gewohnter Umgebung besser für sein Wohl erscheine. Eine Sichtvermerkserteilung nach § 20 Abs. 4 AuslG entfalle ebenfalls, da weder eine besondere Härte geltend gemacht worden sei noch eine positive Integrationsprognose getroffen werden könne. Auch nach § 32 AufenthG sei eine Visumerteilung ausgeschlossen. Sein Vater sei zwar Inhaber einer Niederlassungserlaubnis, jedoch nicht des alleinigen Sorgerechts. Gemäß Art. 21 EGBGB werde der Inhaber des Sorgerechts nach ghanaischem Familienrecht bestimmt, sofern das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Ghana habe. Nach ghanaischem Familienrecht teilten sich grundsätzlich die Eltern das Sorgerecht, unabhängig davon, ob sie verheiratet seien oder zusammenlebten. Das Sorgerecht für ein Kind könne durch gerichtlichen Beschluss abgeändert werden, der Sorgerechtsbeschluss vom 11. Mai 2004 sei aber nicht gemäß § 16a FGG anerkennungsfähig, da mangels Ladung der leiblichen Mutter des Klägers ihre prozessualen Rechte in erheblicher Weise missachtet worden seien.
Gegen den Remonstrationsbescheid vom 26. Mai 2005 richtet sich die Klage.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2005 hat der Kläger ein Abstammungs-Gutachten vom 13. Juli 2005 eingereicht, aus welchem sich ergibt, dass es sich bei dem angegebenen Vater mit an biologische Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um seinen leiblichen Vater handele.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage durch Urteil vom 27. Februar 2008 mit der Begründung stattgegeben, dem Kläger stehe auf der Grundlage des - nach § 104 Abs. 3 AufenthG anzuwendenden - § 32 Abs. 3 AufenthG die Erteilung des begehrten Visums zum Kindernachzug zu. Da der Vater erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Klägers - des nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit maßgeblichen Zeitpunktes - die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe, könne er sich nicht auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG stützen. § 32 Abs. 3 AufenthG gewähre im Vergleich zu § 20 Abs. 3 Satz 1 AuslG eine günstigere Rechtsstellung, da über die Visumerteilung nicht nach Ermessen entschieden werde, sondern bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch bestehe. Der Kläger sei bei der für die Einhaltung der Altersgrenze maßgeblichen Antragstellung 15 Jahre alt gewesen. Der Vater habe in der Zeit von Vollendung des 16. Lebensjahres bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Klägers eine Aufenthaltsberechtigung bzw. Niederlassungserlaubnis besessen. Die Frage, ob der Vater für den Kläger in dem genannten Zeitraum allein personensorgeberechtigt gewesen sei, beurteile sich gemäß Art. 21 EGBGB nach ghanaischem Recht. Nach der Entscheidung des Circuit Court in Accra vom 11. Mai 2004 sei der Vater - unabhängig davon, ob hiermit das Sorgerecht übertragen oder nur festgestellt worden sei, dass ihm das Sorgerecht zustehe - alleiniger Inhaber des Sorgerechts gewesen. Die Entscheidung sei wirksam und nach § 16a FGG anzuerkennen. Es sei nicht ersichtlich, dass eine möglicherweise fehlerhafte Anwendung des Rechts nicht nur die Rechtswidrigkeit, sondern die Nichtigkeit der Entscheidung zur Folge hätte. Es könne auf sich beruhen, ob die Entscheidung nach ghanaischem Gewohnheitsrecht ergangen sei und ob der seit 1997 in Deutschland lebende Vater im Zeitpunkt des Erlasses der Sorgerechtsentscheidung noch ghanaischem Gewohnheitsrecht unterlegen habe. Denn jedenfalls sei die Entscheidung nicht nichtig. Dies gehe, da die Nichtigkeit eine anspruchsvernichtende Tatsache sei, zu Lasten der Beklagten. Der Ausschlussgrund des § 16a Nr. 2 FGG liege nicht vor, denn die Mutter des Klägers habe sich nicht auf die Versagung rechtlichen Gehörs berufen. Die Anerkennung sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den ordre-public-Vorbehalt des § 16a Nr. 4 FGG ausgeschlossen. Sie führe nicht zu einem Ergebnis, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere mit elementaren deutschen Rechten des Klägers oder mit dem Kindeswohl, offensichtlich unvereinbar wäre. Die Sorgerechtsentscheidung entspreche dem Willen und den Interessen des Klägers und seines Vaters. Das Interesse der Mutter an dem Sorgerecht, das sie jahrelang nicht wahrgenommen und ausgeübt habe, erscheine nicht schützenswert. Das Ergebnis stehe nicht in augenscheinlichem Widerspruch zum Kindeswohl. Der Kläger habe bis zum Januar 1995 und in der Zeit von Ende Juli 1996 bis September 1997 mit seinem Vater zusammengelebt, danach bei dessen Geschwistern. Der Vater habe später Unterhalt geleistet, telefonischen Kontakt gehalten und ihn wiederholt besucht. Der Kläger kenne von seinem Besuch in Deutschland die deutsche Ehefrau seines Vaters, der auch das Sorgerecht für den - ins Bundesgebiet nachgezogenen - Bruder des Klägers innehabe. Dass die allgemeinen Voraussetzungen, insbesondere die Sicherung des Lebensunterhaltes, zum 20. März 2005 und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts erfüllt seien, werde von der Beklagten und dem Beigeladenen zu Recht nicht in Zweifel gezogen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
Im Berufungsverfahren macht sie geltend, der Nachzug des Klägers richte sich nach § 32 Abs. 3 AufenthG. Der im Visumverfahren vorgelegte Sorgerechtsbeschluss des Circuit Court of Ghana in Accra vom 11. Mai 2004 genüge nicht, um die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung der alleinigen Personensorge des Vaters anzunehmen. Es bestünden bereits Zweifel daran, ob es sich überhaupt um eine Entscheidung im Sinne von § 16a FGG handele oder nur um einen mit einer notariellen Beurkundung vergleichbaren Rechtsakt. Jedenfalls sei schon nicht geklärt, ob eine solche Entscheidung nach ghanaischem Recht wirksam sei. Denn das Gericht habe seiner Entscheidung ghanaisches Gewohnheitsrecht zugrunde gelegt, das indes durch den ghanaischen Children’s Act von 1998 verdrängt werde. Die Anerkennung der ghanaischen Sorgerechtsentscheidung führe darüber hinaus zu einem Ergebnis, das nach § 16a Nr. 4 FGG mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere der Grundrechte, unvereinbar sei. Das Gericht habe in seiner Entscheidung keiner betroffenen Partei rechtliches Gehör gewährt. Weder der Kläger noch seine Mutter seien bei der Gerichtsverhandlung anwesend gewesen. Die Verletzung der Anhörungsrechte des Klägers sei auch nicht dadurch geheilt, dass dieser einen Antrag auf Nachzug zu seinem Vater nach Deutschland gestellt habe. Zudem sei das Kindeswohl nicht in die Erwägungen des ghanaischen Gerichts eingegangen. Damit gelte nach dem ghanaischen Heimatstatut das geteilte Sorgerecht der Eltern. Anders als der Kläger meine, lasse sich Art. 28 Abs. 1 lit. a der ghanaischen Verfassung die Möglichkeit eines konkludenten Verzichts seiner Mutter auf ihr Sorgerecht nicht entnehmen.
Die Beklagte beantragt;
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Februar 2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er äußert im Berufungsverfahren, Ausschlussgründe nach § 16a FGG für die Anerkennung der Sorgerechtsübertragung lägen nicht vor. Dies gelte zum einen im Hinblick auf § 16a Nr. 2 FGG, denn die Mutter des Klägers habe sich bisher nicht auf die Versagung rechtlichen Gehörs berufen. Der Anerkennung stehe auch nicht § 16a Nr. 4 FGG entgegen. Die Sorgerechtsentscheidung entspreche dem Willen und den Interessen des Klägers und seines Vaters. Das Interesse der Mutter des Klägers an dem Sorgerecht erscheine vor dem Hintergrund, dass sie das Recht schon jahrelang nicht mehr ausgeübt habe, nicht schützenswert. Ein Versuch seitens des ghanaischen Gerichts, die Kindesmutter zu erreichen, um sie zur Übertragung des Sorgerechts auf den Kindesvater anzuhören, sei nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen sei ein Sorgerechtsbeschluss eines ghanaischen Gerichts in einer Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch deutsche Stellen grundsätzlich anzuerkennen. Auch wenn eine Anhörung des Klägers offenbar unterblieben sei, stelle dies keinen derart gravierenden Gesetzesverstoß dar, dass dem Beschluss deshalb die Anerkennung zu versagen sei. Auch nach deutschem Recht, das ebenfalls eine Sorgerechtsübertragung auf den Vater kenne, sei erst für Kinder, die das 14. Lebensjahr vollendet hätten, eine solche Anhörung entsprechend § 50b Abs. 2 Satz 1 FGG vorgesehen. Aus Art. 28 Abs. 1 lit. a der ghanaischen Verfassung ergebe sich, dass das Sorgerecht der Eltern nur dann bestehe, wenn sie nicht ihre dem Kind gegenüber bestimmten Rechte und Pflichten aufgegeben hätten. Dies aber sei bei der Mutter des Klägers der Fall. In der Sache gelange man daher, selbst wenn das - von dem Kläger mit Schriftsatz vom 20. Januar 2010 im Einzelnen dargestellte - ghanaische Gewohnheitsrecht der Ga nicht anwendbar sei, zu keinem anderen Ergebnis als das Verwaltungsgericht. Soweit sich aus einer von der Beklagten eingeholten Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts die Zuständigkeit der Family Tribunals für das Verfahren der Regelung der elterlichen Sorge ergebe, werde verkannt, dass das ghanaische Recht an verschiedenen Stellen betreffend Sorgerechtsverfahren auch die Zuständigkeit der Circuit Courts erwähne.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die von der Beklagten vorgelegten Visumvorgänge betreffend den Kläger und seinen Vater, die Ausländerakten des Beigeladenen betreffend den Kläger, seinen Vater und seinen Bruder (3 Hefter nebst 2 Anlagenkonvoluten), Ausführungen der ghanaischen Rechtsanwaltskanzlei A… zur Sorgerechtsübertragung nach ghanaischem Recht (eingereicht von der Beklagten im Verfahren OVG 3 B 6.06) sowie ein von Prof. W… im Verfahren OVG 3 B 6.07 erstattetes Gutachten zum ghanaischen Sorgerecht haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Die Entscheidung konnte trotz des Nichterscheinens eines Vertreters des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung ergehen, da dieser auf die Folge gemäß § 102 Abs. 2 VwGO in der Ladung hingewiesen worden war.
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Unrecht stattgegeben. Nach der der Beurteilung des Senats für das Nachzugsbegehren jeweils zugrundezulegenden Sach- und Rechtslage kann der Kläger kein Visum zum Familiennachzug nach § 6 Abs. 4 AufenthG beanspruchen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind. Der von ihm angefochtene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug gemäß § 32 Abs. 3 AufenthG. Nach dieser Bestimmung ist dem minderjährigen Kind eines Ausländers, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Aufenthaltserlaubnis - und vor der Einreise gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ein Visum - zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzen. Außerdem müssen zusätzlich die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels erfüllt sein (§ 5, § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
a) Das Nachzugsbegehren ist insoweit nicht nach der Vorgängerregelung des § 20 Abs. 3 Satz 1 Ausländergesetz (AuslG) zu prüfen. Der Vater des Klägers - an dessen Vaterschaft angesichts des Abstammungsgutachtens vom 13. Juli 2005 keine Zweifel bestehen - hat sich vor dem 1. Januar 2005 rechtmäßig in Deutschland aufgehalten und der Kläger selbst ist vor diesem Zeitpunkt geboren. Damit gilt nach § 104 Abs. 3 AufenthG hinsichtlich der personen- und familienbezogenen Nachzugsvoraussetzungen weiterhin § 20 AuslG, es sei denn, das Aufenthaltsgesetz gewährt eine günstigere Rechtsposition. Dies ist hier der Fall, da § 32 Abs. 3 AufenthG bei Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis vermittelt, während § 20 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AuslG den Nachzug zu einem allein sorgeberechtigten Elternteil in das Ermessen der Ausländerbehörde stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2009 - 1 C 17.08 -, BVerwGE 133, 329 [332], Rn. 9).
b) Die gesetzliche Altersgrenze von 16 Jahren ist eingehalten. Denn zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 10) im Mai 2004 hatte der Kläger das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet. Der Vater des - inzwischen volljährigen - Klägers verfügte zudem seit Januar 2003 über eine Aufenthaltsberechtigung, die später als Niederlassungserlaubnis fortgalt (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Dieser ist jedoch nicht allein sorgeberechtigt im Sinne des § 32 Abs. 3 AufenthG, weil die von ihm zum Beleg dessen vorgelegte Sorgerechtsentscheidung des Circuit Court in Accra vom 11. Mai 2004 von Behörden und Gerichten nicht anzuerkennen ist.
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem vom Kläger vorgelegten Ausspruch des Circuit Court nicht um einen bloßen, einer notariellen Beurkundung vergleichbaren Rechtsakt, sondern um die (konstitutive) gerichtliche Übertragung des Sorgerechts auf den Vater des Klägers. Dies ergibt sich aus der mehrfachen Verwendung des Begriffs „Order“ im englischsprachigen Text.
bb) Die Anerkennung der Entscheidung des Circuit Court richtet sich nicht nach dem Europäischen Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses vom 20. Mai 1980 - ESÜ - (BGBl II 1990, S. 206, 220) oder dem Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 - KSÜ - (BGBl. II 2009, S. 602, 603), das das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 - MSA - (BGBl II 1971, S. 217, 218) ablösen soll. Denn Ghana ist nicht Vertragsstaat dieser Übereinkommen (vgl. Statustabelle unter www.hcch.net und die Aufstellung der Vertragsstaaten unter www.bundesjustizamt.de).
cc) Die Anerkennung des Ausspruchs des ghanaischen Gerichts richtet sich demgemäß nach §§ 108, 109 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG - vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586), welche die Anerkennung ausländischer Entscheidungen sowie Anerkennungshindernisse normieren und die die bis zum 31. August 2009 gültige entsprechende Regelung in § 16a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FGG - abgelöst haben. Diese gehen der Regelung des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vor, der in Fällen wie dem vorliegenden als allgemeine zivilprozessuale Vorschrift nicht mehr anwendbar ist, seitdem speziellere Vorschriften auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw. in Familiensachen bestehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. September 2010 - OVG 12 B 21.09 -, juris Rn. 19).
Nach § 108 Abs. 1 FamFG werden ausländische Entscheidungen - abgesehen von Entscheidungen in Ehesachen - anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Gemäß § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist.
Ähnliche Vorgaben finden sich auch im MSA und ESÜ. Nach Art. 7 Satz 1 MSA sind Maßnahmen, die die gemäß Art. 1 bis 6 MSA zuständigen Gerichte oder Verwaltungsbehörden nach innerstaatlichem Recht getroffen haben und zu denen auch die Übertragung der Personensorge für ein minderjähriges Kind zählt, in allen Vertragsstaaten anzuerkennen. Diese Regelung darf in den Mitgliedstaaten nur dann unbeachtet bleiben, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist (Art. 16 MSA). Vergleichbare Vorschriften enthalten Art. 7 ESÜ (Anerkennung in einem Vertragsstaat ergangener Sorgerechtsentscheidungen) und Art. 10 Abs. 1 lit. a ESÜ. Danach können Anerkennung und Vollstreckung einer Sorgerechtsentscheidung versagt werden, wenn die Wirkungen der Entscheidung mit den Grundwerten des Familien- und Kindschaftsrechts im ersuchten Staat offensichtlich unvereinbar sind.
Aus den angeführten Regelungen ergibt sich, dass ausländische Sorgerechtsentscheidungen grundsätzlich im Bundesgebiet anerkannt werden müssen. Die Vorbehaltsklausel des ordre public kommt nur im Ausnahmefall zum Tragen, so dass bei der Prüfung, ob ein derartiger Ausnahmefall vorliegt, Zurückhaltung geboten ist. Ein Anerkennungshindernis wegen Verstoßes gegen den ordre public kann danach nicht schon dann angenommen werden, wenn die ausländische Entscheidung nicht überzeugend erscheint oder ein deutsches Gericht nach deutschem Recht anders entschieden hätte (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 21). Das Erfordernis einer „offensichtlichen Unvereinbarkeit“ schließt es grundsätzlich aus, dass Gerichte oder Behörden eines Vertragsstaates die ausländische Entscheidung auf ihre materielle Richtigkeit hin („révision au fond“) überprüfen.
Nach alledem liegt ein Verstoß gegen den deutschen ordre public erst vor, wenn das Ergebnis in einem so starken Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 22 f., m.w.N.).
Eine offensichtliche Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts kommt sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht in Betracht. Aus verfahrensrechtlichen Gründen kann einer ausländischen Entscheidung die Anerkennung dann zu versagen sein, wenn das Verfahren von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass nach der deutschen Rechtsordnung nicht mehr von einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ausgegangen werden kann. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist zu prüfen, ob die Entscheidung in der Sache selbst gegen rechtliche Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung verstößt. Prüfungsmaßstab sind in beiden Fällen vor allem auch die Grundrechte. Überträgt man dies auf ausländische Sorgerechtsentscheidungen, so kann ein Verstoß gegen den ordre public insbesondere dann gegeben sein, wenn das Ergebnis der ausländischen Sorgerechtsentscheidung mit den Grundwerten des deutschen Kindschaftsrechts offensichtlich unvereinbar ist. Hierzu zählt vor allem das Wohl des Kindes, dessen Beachtung einen wesentlichen und unverzichtbaren Grundsatz des deutschen Familien- und Kindschaftsrechts bei allen Entscheidungen über das Sorgerecht darstellt. Insoweit handelt es sich im Übrigen nicht nur um einen wesentlichen Grundsatz der deutschen Rechtsordnung, sondern zugleich um ein im Völkervertragsrecht verankertes Prinzip. So gingen z.B. die Konventionsstaaten des ESÜ davon aus, dass ein Anerkennungshindernis im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. a ESÜ vor allem dann angenommen werden kann, wenn die Sorgerechtsentscheidung das Wohl des Kindes offensichtlich verletzt. Schließlich ist die Berücksichtigung des Kindeswohls im Aufenthaltsrecht auch gemeinschaftsrechtlich geboten. Die Regelungen zum Kindernachzug in Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl L 251/12) stellen ausdrücklich und maßgeblich hierauf ab (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 24 ff., m.w.N.).
Das Ergebnis der ghanaischen Sorgerechtsentscheidung ist danach unter ordre-public-Gesichtspunkten greifbar unangemessen, weil sie das Wohl des Klägers in einer Art und Weise übergeht, die mit einem tragenden Verfahrensgrundsatz des deutschen Kindschaftsrechts nicht einmal ansatzweise vereinbar ist. Das deutsche Recht sieht in § 159 FamFG (bis zum 31. August 2009 in § 50b FGG) grundsätzlich eine obligatorische Anhörung des Kindes im gerichtlichen Sorgerechtsverfahren vor. Hierbei handelt es sich um einen Verfahrensgrundsatz mit Verfassungsrang, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Zivilgerichte der Absicherung des Kindeswohles dient und die Stellung des Kindes als Subjekt im Verfahren, seine Grundrechte im Sinne von Art. 6 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 GG sowie seinen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) schützt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 29, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 1968 - 1 BvL 20/63 u.a. -, BVerfGE 24, 119, 144; BVerfG, Beschluss vom 23. März 2007 - 1 BvR 156/07 -, BVerfGK 10, 519, 522 f.; BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1998 - 2 BvR 1206/98 -, BVerfGE 99, 145, 156, 163 f.; OLG Oldenburg, Beschluss vom 6. Juli 2009 - 13 UF 54/09 -, FamRZ 2010, 44). Danach ist es von Verfassungs wegen geboten, den Willen des Kindes zu berücksichtigen, soweit dies mit seinem Wohl vereinbar ist (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1992 - XII ZB 18/92 -, BGHZ 120, 29, 35).
Im Einzelnen sehen die deutschen Verfahrensvorschriften folgendes vor: Grundsätzlich ist ein Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, vor Erlass einer Sorgerechtsentscheidung anzuhören, es sei denn, dass schwerwiegende Gründe gegen eine Anhörung sprechen (§ 159 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FamFG). Hat das Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, ist es persönlich anzuhören, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder wenn eine persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist (§ 159 Abs. 2 FamFG). Auch insoweit kann von der Anhörung nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden (§ 159 Abs. 3 FamFG). Unterbleibt die Anhörung nur wegen Gefahr im Verzug, so ist sie unverzüglich nachzuholen (§ 159 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Entsprechendes galt nach § 50b FGG. Die besondere Bedeutung der Anhörung manifestiert sich schließlich auch darin, dass die höchstrichterliche Zivilrechtsprechung bei gebotener Tatsachenermittlung eine persönliche Anhörung vor dem beauftragten Richter nicht für ausreichend hält, weil sich der gesamte Spruchkörper einen entsprechenden Eindruck verschaffen müsse (BGH, Beschluss vom 28. April 2010 - XII ZB 81/09 -, BGHZ 185, 272 [286] Rn. 40).
Nichts anderes ergibt sich für die deutsche Rechtsordnung aus einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften. So regelt beispielsweise § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB, dass einem Antrag auf Sorgerechtsübertragung bei Zustimmung des anderen Elternteils stattzugeben ist, wenn nicht das Kind, sofern es das 14. Lebensjahr vollendet hat, widerspricht. Es kommt hinzu, dass auch die Sorgerechtsübertragung bei elterlichem Einvernehmen gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB unter dem Vorbehalt des § 1671 Abs. 3 BGB steht, wonach das Kindeswohl eine abweichende Entscheidung gebieten kann. Im Übrigen muss das Kind wegen der es selbst betreffenden (Grund-)Rechte auch dann im gerichtlichen Verfahren angehört werden, wenn sich die Eltern einig sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 30 f., m.w.N.).
Gemessen daran hat der Circuit Court in Accra den nach deutschem Recht erforderlichen verfahrensrechtlichen Mindeststandard, der eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung garantieren soll, nicht einmal im Ansatz eingehalten. Es hat die Entscheidung über das alleinige Sorgerecht des Vaters des Klägers innerhalb kürzester Zeit - nämlich noch am Tage des Antrages - getroffen, ohne den damals bereits fünfzehnjährigen Kläger persönlich anzuhören. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dessen Anhörung vor einer anderen sachkundigen zuständigen Stelle erfolgt ist oder ausnahmsweise (z.B. im Hinblick auf sein geringes Alter) entbehrlich gewesen wäre. Ganz im Gegenteil erscheint hier - unter Berücksichtigung von § 159 FamFG bzw. § 50b FGG - eine persönliche Anhörung geradezu unabdingbar, weil der über fünfzehnjährige Kläger, der zuvor zunächst mit der Mutter, später mit der Familie des Vaters, insbesondere seiner Tante, in seiner Heimat gelebt hatte und dort erzogen und geprägt worden war, nun in ein gleichsam fremdes Land zu dem ihm weniger bekannten Vater übersiedeln sollte, der wiederum die ghanaische Heimat bereits acht Jahre nach der Geburt des Klägers (1997) endgültig verlassen hatte. Statt des Klägers waren bei der gerichtlichen Anhörung nur die Tante und ein diese vertretender Rechtsanwalt persönlich anwesend. Der Entscheidung wurde nach ihrem Wortlaut lediglich die - nicht dokumentierte - Anhörung des Rechtsanwalts zugrunde gelegt; eine weitere Begründung enthält die gerichtliche Entscheidung nicht.
Anders als der Kläger meint, wird seine fehlende Anhörung nicht durch seine Äußerungen gegenüber Mitarbeitern der Botschaft der Beklagten in Accra kompensiert. Abgesehen davon, dass es sich nicht um eine sachkundige Stelle mit entsprechend ausgebildetem Personal handelt, war das Sorgerecht zu diesem Zeitpunkt bereits dem Vater zugesprochen. Die Anhörung muss jedoch, wenn sie die Rechte des Kindes wahren soll, vor einer Entscheidung über das Sorgerecht stattfinden. Aus demselben Grund reicht auch die nachträgliche Befragung des Kindes durch das Verwaltungsgericht im Visumverfahren nicht aus (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 33).
Dass die Anhörung des Kindes nicht nur im deutschen Sorgerechtsverfahren eine elementare Verfahrensgarantie darstellt, deren Nichteinhaltung ein Anerkennungshindernis begründet, zeigen auch weitere völkerrechtliche bzw. gemeinschaftsrechtliche Regelungen.
Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. b KSÜ kann die Anerkennung einer von den Behörden eines Vertragsstaats getroffenen Maßnahme versagt werden, wenn sie, außer in dringenden Fällen, im Rahmen eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens getroffen wurde, ohne dass dem Kind die Möglichkeit eingeräumt worden war, gehört zu werden, und dadurch gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze des ersuchten Staates verstoßen wurde. Wie der erläuternde Bericht zu dem Übereinkommen verdeutlicht, beruht der Versagungsgrund mangelnder Anhörung des Kindes auf Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, dessen Vertragsstaat auch Ghana ist (vgl. die Aufstellung unter http://treaties.un.org). Danach wird dem Kind entsprechend seinem Alter und seiner Reife insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen es berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder durch eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden. Der erläuternde Bericht stellt zutreffend fest, dass es sich der Sache nach um eine Spezialvorschrift des verfahrensrechtlichen ordre public handelt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 35 f. m.w.N.). Eine fast wortgleiche Regelung enthält die - allerdings nur EU-Mitgliedstaaten (bis auf Dänemark) bindende - Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338/1 vom 23. Dezember 2003) - so genannte Brüssel-II-a-VO - in ihrem Art. 23 lit. b. Wie sich aus Erwägungsgrund 19 der Verordnung ergibt, soll die Verordnung allerdings nicht zum Ziel haben, die diesbezüglich geltenden nationalen Verfahren zu ändern. Damit könnte wohl auch eine Anhörung vor einer Verwaltungsbehörde oder einer sonstigen kompetenten Stelle ausreichen.
Im Übrigen bestimmt auch das ghanaische Recht in Sec. 45 Abs. 2 lit. c Children´s Act, dass das Family Tribunal bei der Entscheidung über das Sorge- und Umgangsrecht auch die Meinung des Kindes zu berücksichtigen habe, vorausgesetzt, sie wurde unbeeinflusst geäußert.
Da nach alledem bereits der in der Nichtanhörung des Klägers liegende gravierende Verstoß gegen den deutschen verfahrensrechtlichen ordre public zu einem Anerkennungshindernis führt, kommt es nicht mehr auf die weiteren zwischen den Beteiligten umstrittenen Fragen an, welche Folgen die Nichtanhörung der Mutter des Klägers hat, ob der Circuit Court zuständig und seine Entscheidung wirksam war sowie in materiell-rechtlicher Hinsicht mit dem Kindeswohl vereinbar sein kann.
dd) Für eine andere gerichtliche Entscheidung - als diejenige vom 11. Mai 2004 -, die für eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Vater des Klägers anerkannt werden könnte, oder für eine dahingehende Vereinbarung zwischen den Eltern des Klägers ist nichts vorgetragen.
ee) Auch für ein unbeschadet der gerichtlichen Entscheidung vom 11. Mai 2004 bestehendes alleiniges Sorgerecht des Vaters (bereits) nach ghanaischem Verfassungs- und Gesetzesrecht bzw. Gewohnheitsrecht ist nichts dargelegt oder ersichtlich.
(1) Das ghanaische Gesetzesrecht, das nach Art. 21 EGBGB insoweit zur Anwendung kommt (vgl. Gutachten W…, S. 15), ermöglicht in Sec. 43 ff. Children´s Act zwar eine gerichtliche Sorge- und Umgangsrechtsregelung (vgl. Gutachten W…, S. 52; ähnlich Sec. 22 Abs. 2 Matrimonial Causes Act), sieht im Children´s Act aber grundsätzlich ein gemeinsames Sorgerecht der Eltern vor, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder zusammenleben (Sec. 5 und 6 Children´s Act).
Soweit der Kläger geltend macht, aus Art. 28 der ghanaischen Verfassung ergebe sich, dass die Eltern ihr Sorgerecht aufgeben könnten, und dies sei seitens der Mutter hier geschehen, weshalb es auf die Gerichtsentscheidung nicht ankomme, ist ihm nicht zu folgen. Art. 28 Abs. 1 lit. a der ghanaischen Verfassung lautet: "Das Parlament hat die notwendigen Gesetze zu erlassen, um sicherzustellen, dass jedes Kind ein Recht auf das gleiche Maß an besonderer Sorge, Hilfe und Unterhalt von seinen natürlichen Eltern erhält, das notwendig für seine Entwicklung ist, es sei denn, die Eltern haben rechtmäßig und rechtswirksam ihre dem Kind gegenüber bestehenden Rechte und Pflichten aufgegeben." Der Wortlaut der Verfassungsnorm spricht danach von natürlichen Eltern und (dem Erfordernis) einer rechtmäßigen und rechtswirksamen Aufgabe ihrer dem Kind gegenüber bestehender Rechte und Pflichten zur Adoption etwa (vgl. Sec. 75 Abs. 1 lit. a Children´s Act, wonach alle Rechte und Pflichten der [natürlichen] Eltern erlöschen). Es erschließt sich daraus indes nicht, dass die Aufgabe des mütterlichen Sorgerechts allein durch konkludentes Handeln rechtmäßig und rechtswirksam wäre; hierfür führt der Kläger auch keine speziellere Norm an. Dies gilt umso mehr, als das ghanaische Recht, das insbesondere mit dem Children´s Act der Umsetzung dieses Verfassungsauftrages dient (vgl. Wanitzek in Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ghana, Stand Januar 2007, S. 25), gerade die Möglichkeit der Erlangung einer gerichtlichen Entscheidung zur Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil vorsieht (vgl. Sec. 43 ff. Children´s Act) und der Vater eben dieses Instrument einer gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich des Klägers in Anspruch genommen hat. Auch aus der vom Kläger ergänzend herangezogenen Norm des Sec. 45 Abs. 2 lit. b des Children´s Act ergibt sich nichts anderes. Denn Sec. 43, 45 des Children´s Act befassen sich gerade mit der Sorgerechtsbeantragung bei Gericht. Nach Sec. 45 Abs. 2 lit. b Children´s Act habe das Family Tribunal auch zu berücksichtigen, dass es für ein Kind vorzuziehen ist, bei den Eltern zu sein, es sei denn, seine Rechte werden beständig von den Eltern missachtet. Für die zulässige - rechtmäßige und rechtswirksame - Option einer konkludenten Aufgabe des mütterlichen Sorgerechts ist daraus nichts ersichtlich.
(2) Ein alleiniges Sorgerecht des Vaters folgt auch nicht aus dem Gewohnheitsrecht (Stammesrecht). Unbeschadet der Frage, ob überhaupt Raum für die Anwendung ghanaischen Gewohnheitsrechts besteht, geht der Kläger selbst nach seiner Beschreibung des Stammesrechts der ethnischen Gruppe der Ga davon aus, dass das Sorgerecht grundsätzlich, wenn auch mit Übergewicht beim Vater, zwischen den Eltern geteilt ist. Denn er betont, dass es - neben dem Bestimmungsrecht des Vaters bzw. (eines männlichen Mitglieds) seiner Familie - "Aufgabe und Recht" der Mutter sei, sich um die Erziehung zu kümmern sowie um alles, was mit "Respekt" zu tun habe. Zudem macht er selbst darauf aufmerksam, dass der Vater bei Verschwinden der Kindesmutter lediglich das alleinige "Aufenthaltsbestimmungsrecht" innehabe; im Übrigen trägt er vor, nicht sein Vater allein habe das Sorgerecht für ihn innegehabt, sondern wegen dessen Abwesenheit die Familie des Vaters, insbesondere der Bruder des Großvaters, der es auf die Tante des Klägers übertragen habe. Ein alleiniges Personensorgerecht des Vaters ohne die gerichtliche Entscheidung behauptet der Kläger somit selbst nicht.
2. Dem Kläger kommt auch kein Anspruch aus § 20 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AuslG zu. Danach kann abweichend von § 20 Abs. 2 Nr. 1 AuslG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Eltern - wie hier - nicht miteinander verheiratet sind. Auch diese Vorschrift ist über § 104 Abs. 3 AufenthG weiterhin anwendbar. Sie gewährt zwar nur einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung. Dennoch ist sie gegenüber der Anspruchsregelung in § 32 Abs. 2 AufenthG hier günstiger, da sie abgesehen von der - aufgrund rechtzeitiger Antragstellung eingehaltenen - Altersgrenze von 16 Jahren (vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 2 AuslG) von keinen weiteren Tatbestandsvoraussetzungen abhängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2009, a.a.O. [339], Rn. 24).
Bei der Ermessensentscheidung hat die Behörde die familiären Belange, namentlich das Wohl des nachzugswilligen Kindes, sachgerecht abzuwägen mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen, insbesondere den einwanderungs- und integrationspolitischen Belangen der Bundesrepublik Deutschland. Für die Frage, welches Gewicht den familiären Belangen des Kindes und den geltend gemachten Gründen für einen Nachzug in die Bundesrepublik zukommt, ist die Lebenssituation des Kindes im Heimatland von wesentlicher Bedeutung. Zur maßgeblichen Lebenssituation gehört u.a., ob ein Elternteil im Heimatland lebt, inwieweit das Kind seine soziale Prägung im Heimatland erfahren hat, inwieweit das Kind noch auf Betreuung und Erziehung angewiesen ist, wer das Kind im Heimatland betreut hat und dort weiter betreuen kann und wer das Sorgerecht für das Kind hat. Bedeutsam ist vor allem auch das Alter des Kindes. Für Kinder, die 14 oder 15 Jahre alt sind, hat die elterliche Betreuung typischerweise nicht mehr das gleiche Gewicht wie für jüngere Kinder. Auch integrationspolitisch ist das Alter relevant: Je jünger die Kinder bei ihrem Nachzug sind, desto eher wird eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse gelingen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 1997 - 1 C 22.96 -, Buchholz 402.240 § 20 AuslG 1990 Nr 4, S. 19 f.). Bei der gerichtlichen Überprüfung des Ermessens ist vorliegend die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres des Klägers zugrundezulegen, später eintretende Sachverhaltsänderungen zu Gunsten des Betroffenen können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2009, a.a.O. [344], Rn. 37). Unter Würdigung dieser Umstände und angesichts der einem Nachzugsbegehren widerstreitenden einwanderungs- und integrationspolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland ist gegen die Entscheidung der Beklagten, von der Voraussetzung des § 20 Abs. 2 Nr. 1 AuslG nicht abzusehen und damit einen Nachzug nicht zuzulassen, im Rahmen der nach § 114 Satz 1 VwGO eröffneten gerichtlichen Überprüfung nichts zu erinnern.
Die Beklagte hat im Remonstrationsbescheid vom 26. Mai 2005 - und damit kurz nach dem 16. Geburtstag des Klägers - ausgeführt, der Kläger habe sein gesamtes bisheriges Leben in Ghana verbracht und sei ausschließlich von ghanaischen Lebensverhältnissen geprägt. Mit seinem Vater habe er - wenn überhaupt - nur für eine sehr kurze Zeit zusammengelebt. Ansonsten kenne er den Vater nur von Besuchsaufenthalten. Eine persönliche Beziehung zum Vater müsse erst völlig neu aufgebaut werden, wobei für den Antragsteller der Wechsel in einen fremden Kulturkreis hinzukäme. Die Betreuung in Ghana sei weiterhin gewährleistet, zumal angesichts seines Alters von 16 Jahren ohnehin ein stetig abnehmender Betreuungsaufwand erforderlich sei. Ein Verbleib des Klägers in gewohnter Umgebung erscheine danach besser für sein Wohl. Die Beklagte ist auch - wie gezeigt - zu Recht davon ausgegangen, dass der Vater nicht in einer im deutschen Rechtskreis anerkennungsfähigen Weise allein Sorgeberechtigter des Klägers wäre. Dieser hat sein Sorgerecht nach seiner endgültigen Ausreise im Jahre 1997, als der Kläger acht Jahre alt war, auch nicht alleine ausgeübt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7. April 2009, a.a.O. [339], Rn. 25 a.E.), sondern an seine Familie delegiert.
Mit seinem dagegen gerichteten Vorbringen belegt der Kläger keinen Ermessensfehler. Da die Tante des Klägers, bei der er bislang gelebt habe, geheiratet und eine eigene Familie gegründet habe, sehe sie sich nicht mehr als zuständig für den Kläger und seinen Bruder an, weshalb diese stark abgenommen hätten, da sie von ihr nicht mehr ausreichend versorgt würden. Der Vater habe sich deshalb veranlasst gesehen, die Familienzusammenführung mit seinen Kindern zu betreiben. Dieses Vorbringen erscheint - unabhängig davon, ob damit überhaupt eine fehlende Betreuung seitens der Familie des Vaters nachgewiesen wäre - schon nicht nachvollziehbar. Denn mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2007 teilt der Kläger mit, dass er wenigstens noch bis zum August 2005 bei der Tante gewohnt habe, sein Bruder habe dort sogar noch im Oktober 2007 gelebt. Die geltend gemachte gravierende Vernachlässigung der Kinder wird hieraus nicht ersichtlich. Überdies hat die Tante bei der persönlichen Vorsprache des Klägers und seines Bruders zur Visumantragstellung am 7. Mai 2004 nicht etwa angemerkt, sie könne sich aufgrund ihrer (bevorstehenden) Heirat - die nach einer weiteren Auskunft vom 4. November 2007 am 16. September 2004 stattfand - nicht mehr um den Kläger kümmern, sondern als Grund für dessen Zuzugswunsch angegeben, er wolle es so, er gehorche nicht mehr. Überdies ist das Visumverfahren bereits vor der Eheschließung der Tante begonnen worden, so dass der vom Kläger geschilderte zeitliche Ablauf, der zur Einleitung des Nachzugs geführt habe, nicht schlüssig scheint. Der Kläger gesteht im Übrigen zu, dass eine persönliche Beziehung zum Vater trotz wöchentlich mehrfacher Telefonate und in Ghana verbrachter gemeinsamer Urlaube neu entwickelt werden müsste. Dass der Vater sich in Deutschland intensiv um den Kläger kümmern und hierbei insbesondere in der Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse von seiner deutschen Ehefrau unterstützt würde, vermag die Abwägung der Beklagten nicht derart in Frage zu stellen, dass hieraus ein Ermessensfehler erkennbar würde. Gegen die Einstellung des Alters des Klägers von 16 Jahren ist nach den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts - und entgegen dem klägerischen Vorbringen - nichts zu erinnern.
3. Der Kläger vermag sein Nachzugsbegehren auch nicht auf § 20 Abs. 4 AuslG zu stützen. Danach kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn das Kind die deutsche Sprache beherrscht oder gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann (§ 20 Abs. 4 Nr. 1 AuslG) oder es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist (§ 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG). Insoweit enthält das Aufenthaltsgesetz keine günstigere Regelung. Denn ein Nachzugsanspruch nach § 32 Abs. 2 AufenthG setzt - wie § 32 Abs. 3 AufenthG - voraus, dass beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG besitzen, und ein Ermessensanspruch nach § 32 Abs. 4 AufenthG hängt von den gleichen materiellrechtlichen Voraussetzungen ab wie § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG. § 20 Abs. 4 AuslG kommt hier gegenüber der Ermessensregelung des § 20 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AuslG auch eine eigenständige Bedeutung zu, da die Vorschrift auch für minderjährige Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahrs gilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2009, a.a.O. [340], Rn. 27). Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung ist die Vollendung des 18. Lebensjahres des Klägers (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2009, a.a.O. [344], Rn. 37).
a) Im Hinblick auf § 20 Abs. 4 Nr. 1, 1. Alt. AuslG fehlt es an einer Beherrschung der deutschen Sprache. Hierfür sind Deutschkenntnisse erforderlich, die so gut sind wie durchschnittlich bei deutschen Kindern (vgl. Renner, AuslR, 7. Aufl. 1999, § 20 AuslG Rn. 16). Diese liegen nicht vor. Der Kläger hat mit dem Zeugnis des Goethe-Instituts vom 2. August 2005 lediglich einfache Sprachkenntnisse der Stufe A1 nachgewiesen. Diesen Kenntnisstand hat er auch bis zum Erreichen der Volljährigkeit nicht verbessert, wie er mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2007 mitteilte.
b) Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 4 Nr. 1, 2. Alt. AuslG sind nicht erfüllt. Hierfür ist schon ein bestimmtes Maß an Deutschkenntnissen erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 1997, a.a.O., S. 22). Solche Sprachkenntnisse sind aus dem genannten Zeugnis des Goethe-Instituts vom 2. August 2005, das lediglich einfache Sprachkenntnisse der Stufe A1 bescheinigte und außerdem zum hier maßgeblichen Zeitpunkt im März 2007 bereits anderthalb Jahre alt war, nicht erkennbar. Überdies hat der Kläger bis dahin in Ghana eine ghanaische Schule besucht und in der ghanaischen Familie seines Vaters gelebt. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass er aufgrund seiner Ausbildung oder Lebensverhältnisse über besondere Integrationsvoraussetzungen verfügte. Hieran ändert ein Besuch in Deutschland im Jahr 2000 nichts. Dass der Vater bereits lange Jahre in Deutschland und mit einer deutschen Staatsangehörigen in ehelicher Gemeinschaft lebte, rechtfertigt angesichts des zugrundezulegenden Alters des Klägers von 18 Jahren keine andere Beurteilung.
c) Eine besondere Härte im Sinne des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG liegt im Zeitpunkt des Erreichens der Volljährigkeit des Klägers nicht vor. Danach ist zu prüfen, ob nach den Gegebenheiten des Einzelfalls das Interesse des minderjährigen Kindes und des im Bundesgebiet lebenden Elternteils an einem Zusammenleben im Bundesgebiet deswegen vorrangig ist, weil sich die Lebensumstände wesentlich geändert haben, die das Verbleiben des Kindes im Heimatland bisher ermöglichten, und weil dem Elternteil eine Rückkehr in das Heimatland gegenwärtig nicht zumutbar ist. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob nur der im Bundesgebiet wohnende Elternteil zur Betreuung des Kindes in der Lage ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1994 - 1 B 181.93 -; Buchholz 402.240 § 20 AuslG 1990 Nr. 1, S. 1).Grundvoraussetzung für die Annahme einer besonderen Härte ist demzufolge der Eintritt eines Umstands, den die Eltern bei ihrer früheren Entscheidung, das Kind nicht nach Deutschland nachzuholen, nicht in Rechnung stellen konnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 1 B 180.96 -, juris Rn. 5). Gemessen an diesen Maßstäben ist nicht von einer besonderen Härte auszugehen. So kann angesichts des nicht nachvollziehbaren Vortrages zur fehlenden Bereitschaft der Tante zur weiteren Sorge für den Kläger eine wesentliche Änderung, insbesondere Verschlechterung der Betreuungssituation nicht angenommen werden. Zudem hielt sich der Kläger nach eigenem Bekunden seit August 2005 in einem Internat in Ghana auf, so dass auch dort seine Betreuung gesichert war. Angesichts seiner Volljährigkeit und des damit fortgeschrittenen Alters ist der Notwendigkeit einer Betreuung durch andere Personen ohnehin kein durchgreifendes Gewicht beizumessen. Besondere Gründe in seiner Person selbst, die eine entsprechende Bedürftigkeit nahelegten, sind nicht ersichtlich. Dass vorliegend eingetretene Veränderungen in den äußeren Umständen ein Ausmaß erreicht hätten, dass sie vom Vater bei seiner Ausreise nicht in Rechnung hätten gestellt werden können, ist gleichfalls nicht erkennbar.
4. Der Kläger hat auch nach den heutigen Verhältnissen keinen Anspruch auf die begehrte Visumerteilung. Da sein Vater zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, richtet sich dieses Begehren nach § 28 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Demgemäß findet auf sonstige, nicht in § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bezeichnete Familienangehörige von Deutschen § 36 AufenthG entsprechende Anwendung. Nach dem allein in Betracht kommenden § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Hieran mangelt es vorliegend. Die mit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis eintretenden Schwierigkeiten für den Erhalt der Familiengemeinschaft müssten nach ihrer Art und Schwere so ungewöhnlich und groß sein, dass im Hinblick auf den Zweck der Nachzugsvorschriften, die Herstellung und Wahrung der Familieneinheit zu schützen, die Ablehnung der Erlaubnis schlechthin unvertretbar ist. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der im Bundesgebiet oder der im Ausland lebende Familienangehörige allein ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung von familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und dass diese Hilfe zumutbarerweise nur im Bundesgebiet erbracht werden kann (vgl. zur Vorgängervorschrift des § 22 AuslG BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1997 - 1 B 236/96 -, Buchholz 402.240 § 22 AuslG 1990 Nr. 4, S. 3; Senatsurteil vom 18. Dezember 2009 - OVG 3 B 22.09 -, juris Rn. 32 m.w.N.). Hierfür ist nichts ersichtlich. Da sich die Sachlage nicht wesentlich, mit dem zunehmenden Alter des nunmehr 22jährigen Klägers jedenfalls nicht zu seinen Gunsten geändert hat, kann eine außergewöhnliche Härte ohnehin nicht angenommen werden, wenn bereits eine besondere Härte im Sinne des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG fehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 1997, a.a.O., S. 22).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, weil der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO zukommt.