Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 15. Senat | Entscheidungsdatum | 24.02.2012 | |
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Aktenzeichen | L 15 SO 75/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 Abs 4 SGB 2, § 82 SGB 12, § 83 SGB 12, § 88 SGB 12, § 28 PsychKG BE |
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die Anrechnung des von dem Kläger bezogenen Arbeitstherapiegeldes auf die während seines Aufenthalts in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs gewährte Sozialhilfe.
Der im September 1959 geborene Kläger hielt sich seit April 1995 aufgrund einer Entscheidung des Landgerichts Berlin in einem Krankenhaus des Maßregelvollzugs auf. Er nahm regelmäßig an einer Arbeitstherapie teil und erhielt hierfür monatlich Arbeitstherapiegeld in wechselnder Höhe.
Der Beklagte gewährte dem Kläger langjährig Hilfe zum Lebensunterhalt in Form eines Barbetrags nach § 21 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Wenn Nachweise über das bezogene Arbeitstherapiegeld eingereicht wurden, rechnete der Beklagte dieses zunächst als Einkommen unter Anwendung der Regelung des § 76 BSHG an (ein Achtel des Eckregelsatzes zuzüglich 25 % des übersteigenden Betrags blieben anrechnungsfrei, ein Freibetrag für Einkommen aus Erwerbstätigkeit wurde darüber hinaus nicht gewährt). Ab 2000 erfolgte – soweit aus den Akten ersichtlich – keine Einkommensanrechung auf den Barbetrag mehr.
Mit Bewilligungsbescheid vom 17. Januar 2005 bewilligte der Beklagte „Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)“ vom 1. Januar 2005 an „bis auf weiteres“ in Höhe von 89, 70 EUR monatlich (Barbetrag). Ab dem 1. März 2005 rechnete der Beklagte das von dem Kläger erzielte Arbeitstherapiegeld nach § 82 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII unter Absetzung eines „Freibetrages“ wegen Erwerbstätigkeit und von Arbeitsmittelkosten auf den Barbetrag an.
Aufgrund des auch im März 2006 erzielten Arbeitstherapiegelds in Höhe von 146, 65 EUR, von dem der Beklagte einen Freibetrag wegen Erwerbstätigkeit in Höhe von 42, 74 EUR und einen Betrag von 5, 20 EUR für Arbeitsmittel absetzte, ergab sich für März 2006 (wie bereits in den Vormonaten) kein Leistungsanspruch, was dem Kläger mit Schreiben vom 15. März 2006 mitgeteilt wurde. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass sich aufgrund der unveränderten Höhe der Einkünfte auch im Monat März 2006 kein Anspruch auf zusätzliche Leistungen ergebe. Eine Auszahlung an den Kläger erfolgt nicht.
Mit Schreiben vom 27. März 2006 widersprach der Kläger allen Bescheiden „ab Abziehung bis auf weiteres“ bezüglich der Verrechnung des Arbeitstherapiegeldes. Es sei nicht statthaft, dieses von seinem Taschengeld abzuziehen.
Mit weiterem Bescheid vom 12. April 2006 verfügte der Beklagte, dass der Kläger wegen des Arbeitstherapiegeldes (Höhe: 162, 95 EUR) auch im Monat April 2006 keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt habe; hierbei ging er von einem Bedarf von 89, 70 EUR abzüglich anrechenbarem Einkommen von 110, 42 EUR (162, 95 EUR – 47, 33 Freibetrag wegen Erwerbstätigkeit und 5, 20 EUR Arbeitsmittel) aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2006 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. März 2006 bezüglich der Ablehnung für den Monat März 2006 zurück. Der Kläger erhalte einen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII und damit eine Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese Hilfe erhalte nur, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus eigenem Einkommen und Vermögen beschaffen könne. Das Arbeitstherapiegeld stelle Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 SGB XII dar. Nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII sei ein Betrag von 5, 20 EUR (Arbeitsmittelpauschale) und nach § 82 Abs. 3 SGB XII ein Betrag von 30 vom Hundert des Einkommens aus der Tätigkeit des Leistungsberechtigten abzusetzen. Das anzurechnende Einkommen in Höhe von 99, 71 EUR übersteige den Barbetrag von 89, 70 EUR, so dass kein Leistungsanspruch bestehe.
Mit der hiergegen am 12. Mai 2006 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger sich weiterhin gegen die Einkommensanrechung gewandt.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2006 hat der Beklagte nach Kenntnis des vom Kläger bezogenen Arbeitstherapiegelds für Mai 2006 einen Anspruch in Höhe von 38, 72 EUR (Arbeitstherapiegeld im Mai 2006 78, 03 EUR, anrechenbar 50, 98 EUR) und mit Bescheid vom 12. Juni 2006 für Juni 2006 den Anspruch in Höhe von 11, 41 EUR (Arbeitstherapiegeld 117, 05 EUR, anrechenbar 78, 29 EUR) berechnet. Mit Bescheid vom 13. Juli 2006 hat der Beklagte die Leistungshöhe auf 0, 70 EUR für den Monat Juli 2006 berechnet (Bedarf 89, 70 abzüglich Einkommen 89 EUR [Arbeitstherapiegeld 132, 35 EUR – 38, 15 Freibetrag Erwerbstätigkeit und 5, 20 Arbeitsmittel]). Mit Bescheid vom 25. August 2006 hat der Beklagte “die bisher gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt und dem Fünften bis Neunten Kapitel mit Wirkung ab dem 01 eingestellt“, das Einkommen (Arbeitstherapiegeld August 2006: 172, 13 EUR) sei höher als der Anspruch auf Sozialhilfe. In der Folgezeit erfolgten weitere Bescheide, die durch den den Zeitraum von August 2006 bis Mai 2007 betreffenden Bescheid vom 15. Mai 2007 ersetzt wurden. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte eine andere Berechnungsweise zugrunde gelegt; das Arbeitstherapiegeld wurde als „Werkstatteinkommen“ unter Anwendung des Freibetrags nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII angerechnet.
Auf den gerichtlichen Hinweis, dass die Bescheide für den Zeitraum bis Februar 2006 bestandskräftig geworden seien, da der Kläger nicht fristgemäß Widerspruch erhoben habe, hat der Kläger die Klage auf die „Bescheide betreffend der Monate März bis Juli 2006“ beschränkt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Februar 2009 den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. März 2006 bis zum 31. Juli 2006 Hilfe zum Lebensunterhalt unter Anrechnung des bezogenen Arbeitstherapiegeldes in Anwendung der Vorschrift des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII zu gewähren. Die Bescheide, die für Mai bis Juli 2006 erteilt worden seien, seien nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 35 Abs. 2 SGB XII. Der Beklagte habe zu Unrecht in der streitbefangenen Zeit das Arbeitstherapiegeld gemäß § 82 Abs. 2 SGB XII und nicht nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII angerechnet. Der Beklagte habe den Kläger so behandeln müssen, als ob er sich in einer stationären Einrichtung aufhalte; dieses ergebe sich aus der gesetzlichen Klarstellung in § 7 Abs. 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Sozialgericht zugelassenen, am 17. April 2009 beim Landessozialgericht eingegangenen Berufung. Er trägt vor, dass das Sozialgericht zu Unrecht § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII für anwendbar halte. Streitig sei nur, nach welcher Vorschrift das Arbeitstherapiegeld auf die bezogene Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet werden müsse. Das Sozialgericht Berlin habe in einem anderen Verfahren (Az.: S 88 SO 127/07) Arbeitstherapiegeld nicht als Entgelt nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII angesehen und auch nicht § 88 Abs. 2 SGB XII für anwendbar gehalten. Bei der Unterbringung in einem Krankenhaus des Maßregelvollzugs handele es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 13 SGB Abs. 2 XII. Es handele sich vielmehr um einen Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung. Dieses dürfe nicht mit einer Situation verglichen werden, in der sich ein Behinderter wegen einer Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII freiwillig in einer stationären Einrichtung befinde. Die gesetzliche Änderung des § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II im Jahr 2006 habe daran nichts geändert. Der Einrichtungsbegriff des SGB II und des SGB XII müsse zudem nicht zwingend identisch sein, zumal die Auszahlung des Barbetrags und des Kleidergelds bei Personen im Maßregelvollzug nach Landesrecht gestaltet sei. Wonach und vom wem der Betrag beansprucht werden könne, könne in jedem Bundesland anders gehandhabt werden. Trotz dieser Bedenken habe der Beklagte seit dem 1. August 2006 seine Praxis hinsichtlich der Anrechnung von Therapiegeld im Maßregelvollzug geändert und dadurch die Betroffenen bessergestellt. Das beruhe auf einer analogen Anwendung des § 88 Abs. 2 SGB XII und nicht auf einer Anwendung des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII. Therapiegeld sei trotz irrtümlicher Falschbezeichnung in einigen Bescheiden nicht als Werkstatteinkommen nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII aus einer Tätigkeit in einer Behinderten Werkstatt zu behandeln. Die Regelung sei auch nicht analog anzuwenden, da es sich um eine eng gefasste Ausnahmeregelung für einen bestimmten Lebenssachverhalt handele und auch mit dem Zweck der Sonderregelung nicht zu vereinbaren sei.
Auch die analoge Anwendung des § 88 Abs. 2 SGB XII bei Arbeitstherapiegeld, wie sie von dem Beklagten jetzt durchgeführt werde, stoße zwar auf erhebliche rechtliche Bedenken. Denn diese Regelung sei nur auf Hilfen, die im Rahmen des Fünften bis Neunten Kapitels des SGB XII gewährt werden, anwendbar. Der Bargeldbetrag werde jedoch nach § 28 Abs. 3 BerlPsychKG i.V.m. § 35 Abs. 2 SGB XII geleistet. Die analoge Anwendbarkeit dürfte am Fehlen einer vergleichbaren Situation scheitern, denn der § 88 Abs. 2 SGB XII beziehe sich auf bedürftige Behinderte nach dem SGB, nicht aber auf die Zwangssituation im Maßregelvollzug. Dennoch habe der Beklagte die Verwaltungspraxis geändert, weil erstmals überhaupt eine bundesrechtliche eindeutige Positionierung zum Maßregelvollzug seit dem 1. August 2006 hinsichtlich der Behandlung als stationäre Einrichtung vorliege. Da die Bedeutung des § 7 Abs. 4 SGB II sehr umstritten sei, seien die Betroffenen ab dem 1. August 2006 klaglos gestellt worden, um die Auseinandersetzungen nicht auf Kosten der Hilfebedürftigen auszutragen. Die vorherige Verwaltungspraxis, dass das Arbeitstherapiegeld nicht privilegiert gewesen sei, sei aber in jedem Fall rechtmäßig gewesen. Eine Nachzahlung für die Monate März bis Juli 2006 komme nicht in Betracht.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat sich zur Sache nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die kraft sozialgerichtlicher Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht entschieden, dass mit den angefochtenen Bescheiden die Leistungshöhe zu niedrig festgesetzt worden ist.
Unabhängig davon, dass die Zulässigkeit des Sozialrechtswegs nach § 51 SGG im Berufungsverfahren nicht mehr zu prüfen ist (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz), war dieser auch gegeben. Die vom Beklagten getroffenen Entscheidungen sind keine Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzugs nach § 109 i.V.m. § 138 Abs. 3 Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Sie stellen sich auch – entgegen der erstmals im Berufungsverfahren geäußerten Auffassung des Beklagten – nicht als Leistungen dar, die auf landesgesetzlicher Grundlage in § 28 Abs. 3 des (Berliner) Gesetzes über psychisch Kranke (BerlPsychKG), wonach Untergebrachte Leistungen nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes, insbesondere einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung erhalten, bewilligt wurden. Damit wurde zwar eine landesgesetzliche Anspruchsgrundlage für Leistungen an Untergebrachte geschaffen, zu denen nach § 42 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2b BerlPsychKG auch psychisch Kranke, die nach § 63 Abs. 1, § 64 des Strafgesetzbuchs untergebracht sind, gehören. Den Bescheiden des Beklagten ist jedoch nicht zu entnehmen, dass Leistungen nach § 28 Abs. 3 BerlPsychKG gewährt werden; sie enthalten vielmehr nach dem eindeutigen Wortlaut nur eine Entscheidung über Leistungen nach dem SGB XII (mit der Folge, dass auch die Regelungen des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X - Anwendung finden).
Zulässiger Streitgegenstand waren noch und sind nur die Bescheide, mit denen Leistungen für die Monate März 2006 bis Juli 2006 festgesetzt worden sind. Der Kläger hat sich zwar mit seiner Klage ursprünglich sinngemäß gegen alle ab Beginn der „Abziehung“, mithin wohl seit März 2005 ergangenen Bescheide des Beklagten gewendet. Der Kläger hat die Klage jedoch hinsichtlich der Bescheide, die für die Monate vor März 2006 und nach Juli 2006 ergangen sind, durch sein Schreiben vom 23. Mai 2007 zurückgenommen.
Die Klage gegen die Bescheide, die für die Monate von März 2006 bis Juli 2006 ergangen sind, war nicht wegen Versäumung der Widerspruchsfrist und der fehlenden Durchführung des Vorverfahrens unzulässig. Mit seinem vorhergehenden Widerspruch vom 27. März 2006 hat sich der Kläger gegen alle ab März 2005 ergangenen Bescheide, mit denen Einkommen angerechnet wurde, und auch gegen zukünftige Bescheide gewendet. Zwar ist der Widerspruch gegen zukünftige Bescheide unzulässig und ist eine Widerspruchsentscheidung ausdrücklich nur hinsichtlich des Bescheids vom 15. März 2006 bezüglich der Ablehnung der Leistung für den Monat März 2006 ergangen. Die die Monate von April bis Juli 2006 betreffenden Bescheide sind jedoch nach § 86 (April 2006) bzw. nach § 96 SGG Gegenstand des Widerspruchs- oder Klageverfahrens geworden. Zwar werden auch vor der ab dem 1. April 2008 in Kraft getretenen Änderung des § 96 SGG in Streitigkeiten über Leistungen der Sozialhilfe nach SGB XII Bescheide über die Bewilligung von Leistungen in Folgezeiträumen nicht entsprechend § 96 SGG einbezogen (u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Oktober 2007 – B 8/9b SO 2/06 R zitiert nach Juris). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um Neubewilligungen von Leistungen. Die angegriffenen Bescheide ändern vielmehr ihrerseits die zugrunde liegende Bewilligung vom 17. Januar 2005 ab, mit der Leistungen zum Lebensunterhalt in Form des Barbetrags „bis auf weiteres“ bewilligt worden waren, so dass eine Einbeziehung nach § 96 SGG möglich war. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es daher nicht.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht sinngemäß als richtige Klageart eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zugrunde gelegt. Es hat dabei verkannt (wie im Übrigen auch der Beklagte), dass es sich bei den angegriffenen Bescheiden um (Teil-)Auf-hebungen der Bewilligung aus dem Bescheid vom 17. Januar 2005 handelt, deren Aufhebung die ursprüngliche Bewilligung wieder aufleben lassen würde (vgl. stellvertretend Urteil des BSG vom 17. Juni 2008 - B 8/9b AY 1/07 R, zitiert nach Juris).
In dem Bescheid vom 17. Januar 2005 liegt eine Bewilligung des Barbetrags auf Dauer vor. Zwar sind Leistungen nach dem SGB XII grundsätzlich nicht auf Dauer zu bewilligen. Der Sozialhilfeträger ist aber – auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - nicht gehindert, Regelungen über eine Leistungsgewährung nicht nur für einen akuten Notfall, sondern auch für einen längeren Zeitraum zu treffen. Wenn ein solcher Dauerverwaltungsakt getroffen wurde, sind Änderungen nur über die entsprechenden verfahrensrechtlichen Regelungen über die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung möglich. Maßgeblich ist, wie der Bescheid vom 17. Januar 2005 aus der Sicht eines objektiven Empfängers zu verstehen ist. Indem darin ab Januar 2005 „bis auf weiteres“ ein Barbetrag in Höhe von 89, 70 EUR bewilligt wurde, liegt ein Dauerverwaltungsakt bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut vor. Der Zusatz „bis zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ bewirkt nicht, dass die Bewilligung nur solange gilt, bis sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ändern. Für eine Auslegung als auflösender Bedingung fehlt es an einer hinreichenden Bestimmtheit; aus Sicht eines objektiven Empfängers kann die Regelung zudem nicht so verstanden werden, dass die Änderung der Verhältnisse sich ohne weiteren Umsetzungsakt, also die Abänderung durch Bescheid, auf die Leistungsbewilligung auswirkt. Richtige Klageart war damit eine Anfechtungsklage.
Die Aufhebung durch den Beklagten für den Zeitraum ab März bis Juli 2006 kann sich vorliegend auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X stützen, da der Kläger nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt hat, das zur Minderung des Anspruchs führte.
Nicht mehr zu prüfen ist aufgrund der bestandskräftigen Leistungsbewilligung durch Bescheid vom 17. Januar 2005, ob der Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Kläger nicht zu dem Personenkreis gehört, der Leistungen nach dem SGB II beziehen kann. Die Fiktion der fehlenden Erwerbsfähigkeit bei Aufenthalt in einer Vollzugseinrichtung ist zwar in § 7 Abs. 4 Satz 2 erst mit Wirkung zum 1. August 2006 eingeführt worden. Es spricht jedoch alles dafür, dass auch bei Zugrundelegung eines funktionalen Einrichtungsbegriffs im Sinne der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG vom 6. September 2007 – B 14/7b AS 16/07 R, zitiert nach Juris) eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II für den Kläger ausgeschlossen war.
Aufgrund der bestandskräftigen Leistungsbewilligung ist auch nicht zu prüfen, ob die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII gegen den Nachranggrundsatz verstößt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. September 2009, L 15 SO 41/09 B PKH zitiert nach Juris), weil von dem Kläger vorrangig Leistungen nach dem StVollzG bzw. nach § 28 Abs. 3 BerlPsychKG geltend zu machen wären.
Es kommt im Ergebnis auch nicht darauf an, ob dem Kläger ein Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (a.F.) unmittelbar oder ein Betrag in entsprechender Höhe nach § §§ 19, 28 SGB XII a.F. zugestanden hat, da der Beklagte einen Betrag in dieser Höhe jedenfalls bewilligt hat. Es sei aber angemerkt, dass für den Kläger eine Anspruchsgrundlage für einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verwendung nicht in § 35 Abs. 2 SGB XII a.F. bestand. Diese Regelung setzt einen Aufenthalt in einer Einrichtung voraus. Eine Einrichtung des Maßregelvollzugs ist jedoch keine Einrichtung im Sinne des § 35, § 13 SGB XII (in Rechtsprechung und Literatur herrschende Auffassung: LSG Bayern, Beschluss vom 22. September 2008 - L 8 B 590/08 SO ER, Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. März 2006 - L 7 AS 1128/06 -, Juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. März 2006 - L 7 AS 423/05 ER -, Juris; Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 13 Rn. 7; Krahmer, in: LPK SGB XII, § 13 Rn. 3 f.; Fichtner, in: Fichtner/ Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 13 SGB XII, Rn. 29; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 Rn. 30; zum früheren Recht BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1993 - 5 C 38/92, Juris; a.A. - noch zum alten Recht - Schoch, Handbuch Barbetrag im Sozialhilferecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 27; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 2008 - 2 BvR 840/06, Juris). Die Gleichstellung der Vollzugseinrichtungen mit stationären Einrichtungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist vorliegend unbeachtlich, da sie erst zum 1. August 2006 in Kraft getreten ist, zudem nur den Regelungsbereich des SGB II betrifft und den Einrichtungsbegriff des SGB XII unberührt lässt. Durch § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II wird zudem nicht etwa „klargestellt“, dass der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung einen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung schon immer bedeutet hat. Es wird vielmehr nur eine Gleichstellung für die Prüfung der Leistungsberechtigung nach dem SGB II ausdrücklich angeordnet, was voraussetzt, dass der Aufenthalt in einer Vollzugseinrichtung ohne diese vorgenommene Gleichstellung gerade nicht zwingend als Aufenthalt in einer stationären Einrichtung anzusehen ist. Dass § 98 Abs. 4 SGB XII eine gesonderte Zuständigkeitsregelung bei Aufenthalt in Vollzugseinrichtungen trifft, spricht ebenfalls für das gefundene Ergebnis, da diese Regelung überflüssig wäre, würden die Vollzugseinrichtungen unter die Einrichtungen nach § 13 SGB XII fallen. Für die Bestimmung, ob nach dem SGB XII eine stationäre Leistung in einer Einrichtung erbracht wird (worauf etwa § 88 Abs. 2 SGB XII abstellt), entfaltet die Änderung des § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II zudem keinerlei Wirkungen. Denn ob eine stationäre Leistung (§ 13 SGB XII) erbracht wird, ergibt sich nur aus dem SGB XII.
Auch wenn eine Vollzugseinrichtung nicht als Einrichtung im Sinne des § 35 Abs. 2 SGB XII a.F. anzusehen ist, ist dadurch jedoch nicht ausgeschlossen, dass über die Versorgung in der jeweiligen Einrichtung hinaus sozialhilferechtliche Ansprüche bestehen können, soweit ein nicht gedeckter Bedarf besteht (vgl. BVerwGE 37, 87 ff.; 51, 281; BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1993 - 5 C 38/92 -, Juris; OLG Celle, Beschluss vom 2. Februar 2006 - 1 Ws 440/05, 441/05 -, Juris; LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13. März 2006 - L 13 AS 4377/05 -, Juris, sowie vom 21. März 2006 - L 7 AS 1128/06 -, Juris; für das Taschengeld bei Untersuchungsgefangenen: OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Mai 1992 - 4 L 149/90 - FEVS 43, 241 <242 ff.>; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. März 2006 - L 7 AS 423/05 ER -, juris; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 14. November 2005 - L 9 B 260/05 SO ER -, Juris). Diese fanden ihre Rechtsgrundlage dann nicht in § 35 Abs. 2 SGB XII a.F., sondern in §§ 19, 28 SGB XII, wobei in der bisherigen Rechtsprechung Leistungen regelmäßig nur unterhalb der Höhe des Barbetrags nach § 35 Abs. 2 SGB XII a.F. zuerkannt wurden.
Dass der Beklagte die von ihm gewährte Leistung auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt und womöglich in rechtswidriger Höhe gewährt hat, führt nicht dazu, dass eine Aufhebung wegen einer Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB X ausgeschlossen wäre. § 48 SGB X kann auch bei rechtswidrigem Ausgangsbescheid zur Anwendung kommen (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2008 – B 14 AS 2/08 R, Juris; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 47 S 105; BSGE 95, 57, 62 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6 S 10; Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 48 RdNr 6).
Die Anrechnung richtet sich nach den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1, § 82 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII. Bei dem Arbeitstherapiegeld handelt es sich um anrechenbare Einkünfte. Es wird nicht nach § 83 SGB XII auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich bestimmten Zweck erbracht. Grundlage für die Gewährung des Arbeitstherapiegeldes ist § 43 StVollzG, wonach ein Gefangener, der eine ihm zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung ausübt, einArbeitsentgelt erhält, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht. Eine ausdrückliche Zweckbestimmung ist damit nicht verbunden (a.A. Kammeier, Maßregelvollzugsrecht, 3. Auflage 2010, S. 182, Rz. E 57). Sofern vorgebracht wird, dass eine unterlassene Anrechnung eine Motivation zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung darstelle, ist das im Sinne einer Zweckbestimmung dem StVollzG nicht zu entnehmen; ein solches Motiv führt allein nicht zu einer abweichenden Zweckbestimmung im Sinne des § 83 SGB XII (vgl. zum Ausbildungsgeld BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/09 R, Juris). Bei dem Arbeitstherapiegeld handelt es sich auch nicht um eine Zuwendung nach § 84 SGB XII.
Es bedarf vorliegend keiner weiteren Klärung, ob das Arbeitstherapiegeld Einkommen aus einer nicht selbständigen Tätigkeit (mit der Folge eines „Freibetrags“ nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) darstellt, da der Beklagte einen Freibetrag für Erwerbseinkommen jedenfalls berücksichtigt hat.
Der Beklagte hat zu Recht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinen höheren „Freibetrag“ in Höhe eines Achtels des Eckregelsatzes zuzüglich 25 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts (nach § 82 Abs. 3 Satz 2 oder § 88 Abs. 2 SGB XII) abgesetzt. Die Voraussetzungen für eine solche Absetzung lagen nicht vor. § 88 Abs. 2 SGB XII ist bereits deshalb nicht zugrunde zu legen, weil diese Regelung nur für Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel des SGB XII anzuwenden ist. Um eine solche handelt es sich bei der von dem Beklagten gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt jedenfalls nicht, selbst wenn als Rechtsgrundlage der Leistung § 35 Abs. 2 SGB XII a.F. herangezogen würde; der Kläger hat auch sonst keine solche Leistung bezogen. Auch die Voraussetzungen des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII sind offenkundig nicht erfüllt, da der Kläger nicht in einer Werkstatt für Behinderte tätig war. Für eine analoge Anwendung dieser speziellen Regelung besteht kein Raum, es fehlt schon an einer Regelungslücke. Auch für eine von § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII abweichende Bestimmung des anrechenbaren Betrags nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII bestehen keine Anhaltspunkte. Eine Gleichstellung von Leistungsbeziehern, die sich in einer Vollzugseinrichtung aufhalten, mit solchen, die in einer Werkstatt für Behinderte arbeiten bzw. sich in einer Behinderten- oder Pflegeeinrichtung aufhalten, ist verfassungsrechtlich nicht erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 2008 – 2 BvR 840/06, Juris).
Aus einer entsprechenden Anwendung sozialhilferechtlicher Vorschriften über den Verweis in § 28 Abs. 3 BerlPsychKG ergäbe sich kein anderes Ergebnis; eine höhere Leistung könnte der Kläger auch danach nicht beanspruchen.
Die weiteren Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 2 SGB X sind auch in der von dem Beklagten verfügten Höhe erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen Falls sind nicht ersichtlich, so dass der Beklagte kein Ermessen auszuüben hatte. Die Aufhebungen sind jeweils auch in der Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erfolgt. Die nicht durchgeführte Anhörung ist nach § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X unbeachtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dass der Beklagte dem Klagebegehren im erstinstanzlichen Verfahren teilweise entsprochen hat, indem für den Zeitraum ab August 2006 der vom Kläger gewünschten Berechnungsweise gefolgt wurde, führt nicht zu einer Kostentragung, da die Klage auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Die Revision war nicht zuzulassen, da hierfür die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (§ 160 SGG).