Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 26. Senat | Entscheidungsdatum | 19.04.2013 | |
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Aktenzeichen | L 26 AS 1379/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 24 SGB 10, § 33 SGB 10, § 45 SGB 10, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10, § 50 SGB 10, § 22 Abs 1 S 4 aF SGB 2, § 40 aF SGB 2, § 1629a BGB |
Auf die Berufungen der Klägerinnen werden unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2010 die Aufhebungs-, Erstattungs- und Änderungsbescheide des Beklagten vom 9. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. Januar 2009 wie folgt (teilweise) aufgehoben:
für die Klägerin zu 1) insoweit, als die ihr für Januar 2008 bewilligten Leistungen um mehr als 272,63 € aufgehoben wurden und entsprechende Erstattung verlangt wurde;
für die Klägerin zu 2) insoweit, als die ihr für November und Dezember 2007 bewilligten Leistungen jeweils um mehr als 152,09 € und die ihr für Januar 2008 bewilligten Leistungen um mehr als 152,95 € aufgehoben wurden und entsprechende Erstattung verlangt wurde;
für die Klägerin zu 3) insoweit, als die ihr für November und Dezember 2007 bewilligten Leistungen jeweils um mehr als 152,09 € und die ihr für Januar 2008 bewilligten Leistungen um mehr als 137,52 € aufgehoben wurden und entsprechende Erstattung verlangt wurde.
Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2010 zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägerinnen 1/10 ihrer außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerinnen wenden sich gegen teilweise Aufhebungen ihnen für die Zeit von Oktober 2007 bis Januar 2008 gewährter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und entsprechende Erstattungsforderungen des Beklagten in Höhe von insgesamt 2206,71 €.
Die 1966 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter der 1993 und 1990 geborenen Klägerinnen zu 2) und 3), die sie (nach erfolgter Scheidung) im in Rede stehenden Zeitraum allein erzog. Die Klägerinnen bewohnten eine Vier-Zimmer-Wohnung, für die seinerzeit eine monatliche Bruttowarmmiete von 674,56 € zu zahlen war (395,04 € zzgl. 192,30 € Nebenkosten- und 87,22 € Heizkostenvorauszahlungen inkl. Warmwasserbereitung). Ab Mai 2007 bezogen sie als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Für den hier streitigen Zeitraum ergingen zuletzt folgende Bewilligungsbescheide: Mit (Änderungs-)Bescheid vom 7. Juni 2007, der den Zeitraum von Juli bis Oktober 2007 betraf, wurden den Klägerinnen u.a. für Oktober 2007 Leistungen in Höhe von insgesamt 1335,59 € bewilligt (Regelleistungen von 430,- € <347,- € zzgl. 83,- € Mehrbedarfszuschlag wegen Alleinerziehung> für die Klägerin zu 1) und von jeweils 278,- € für die Klägerinnen zu 2) und 3) zzgl. insgesamt 657,57 € Leistungen für Unterkunft und Heizung). Mit Bescheid vom 22. Oktober 2007, der den Folgezeitraum November 2007 bis April 2008 regelte, gewährte der Beklagte den Klägerinnen für die Monate November und Dezember 2007 jeweils insgesamt 1285,99 € und für Januar 2008 insgesamt 1250,11 €. Für die Monate November und Dezember 2007 hatte sich die Gesamtleistung deshalb verringert, weil der Beklagte nunmehr neben dem Kindergeld auch Einkommen der Klägerin zu 1) aus einer Nebenbeschäftigung in einem Ingenieurbüro von 162,- €/Monat abzgl. 30-, € Versicherungspauschale und 82,40 € Freibetrag = 49,60 € anrechnete. Diese ab dem 21. Mai 2007 ausgeübte Nebentätigkeit hatte die Klägerin zu 1) dem Beklagten im Juni 2007 mitgeteilt. Die weitere Leistungsverringerung im Januar 2008 resultierte daraus, dass die Klägerin zu 3) am 2. dieses Monats volljährig wurde, weswegen sie und die Klägerin zu 1) ab diesem Januar 2007 nur noch sog. Mischregeleistungen von 312,- €/Monat erhielten, mit der weiteren Folge, dass der Mehrbedarfszuschlag wegen Alleinerziehung nur noch 43,- € betrug.
Am 29. Oktober 2007 ging die Mitteilung der Klägerin zu 1) bei dem Beklagen ein, dass sie ab dem 16. Oktober 2007 (befristet bis zum 18. September 2008) als Projektmitarbeiterin beim „Kiek in“ e.V. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1150,- € (für Oktober anteilig 575,- € brutto bzw. 465,23 € netto) tätig sei; die Auszahlung sei jeweils am 30. des laufenden Monats fällig.
Mit Schreiben vom 15. November 2007 legten die Klägerinnen Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2007 u.a. mit der Begründung ein, es sei weiterhin Einkommen aus ihrer Nebenbeschäftigung im Ingenieurbüro angerechnet worden, obwohl die Klägerin zu 1) diese bereits im August 2007 beendet habe; richtigerweise sei nunmehr das (mitgeteilte) Einkommen aus ihrer Beschäftigung beim „K“ e.V. anzurechnen.
Am 27. Dezember 2007 reichte die Klägerin zu 1) eine Entgeltabrechnung des „K“ e.V. für November 2007 beim Beklagten ein, die einen Auszahlungsbetrag von 918,98 € auswies, ferner einen Kontoauszug, wonach dieser Betrag ihrem Konto am 26. November 2007 gutgeschrieben worden war. Zugleich legte sie dem Beklagten eine Betriebskostenabrechnung ihres Vermieters vom 8. Oktober 2007 für das Jahr 2006 vor, die eine Gutschrift von 183,43 € auswies, sowie einen Kontoauszug, wonach sie am 6. Dezember 2007 die Miete für Dezember in Höhe von 491,22 € (491,22 € zzgl. 183,43 € = 647,65 €) entrichtet hatte.
Unter dem 9. Januar 2008 schrieb das Jobcenter (nur) die Klägerin zu 1) wie folgt an:
„Sehr geehrte Frau T,
nach meinen Erkenntnissen haben Sie und Ihr Kind J T (geb. 1993) Leistungen Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit für den 01.06.2007 – 01.08.2007 und 1.10.2007 – 31.1.2008 in Höhe von 1918,82 Euro zu Unrecht bezogen.
Sie haben während der genannten Zeiträume Einkommen aus einer Beschäftigung und Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung 2006 erzielt….“ (Bl. 138 der Leistungsakten <LA>).
Ein entsprechendes Anhörungsschreiben selben Datums erging auch an die damals bereits volljährige Klägerin zu 3).
Am 1. März 2008 nahmen die Klägerinnen zu 1) und 3) gemeinsam dahin Stellung, sie hätten den Beklagten über sämtliche Einkommensveränderungen sowie über die verringerte Mietforderung für Dezember 2007 informiert. Im Übrigen seien die vom Beklagten nunmehr ermittelten bzw. berücksichtigten Zahlen nicht nachvollziehbar.
Unter dem 9. September 2008 erließ der Beklagte zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, der eine adressiert an die Klägerin zu 1), der andere an die volljährige Klägerin zu 3). Mit dem einen wurden den Klägerinnen zu 1) und 2) für die Monate August 2007, Oktober bis Dezember 2007 und Januar 2008 bewilligte Leistungen in Höhe von insgesamt 1699,50 € aufgehoben und entsprechende Erstattung verlangt. Im Bescheid heißt es, soweit er die Klägerin zu 2) betreffe, ergehe er an die Klägerin zu 1) als gesetzliche Vertreterin. Mit dem weiteren Bescheid wurden für dieselben Zeiträume der Klägerin zu 3) bewilligte Leistungen in Höhe von insgesamt 586,81 € aufgehoben und entsprechende Erstattung verlangt. Gestützt wurden die Verfügungen jeweils auf die §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Wegen des weiteren Inhalts der Bescheide wird auf Bl. 166 ff. bzw. 172 ff. der LA verwiesen. Ebenfalls unter dem 9. September 2008 ergingen zwei an die Klägerin zu 1) adressierte Änderungsbescheide; mit dem einem wurden ihr und den Klägerinnen zu 2) und 3) für Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 1065,36 € bewilligt, mit dem anderen (ebenfalls allen Klägerinnen) Leistungen für November 2007 in Höhe von insgesamt 691,61 €, für Dezember 2007 in Höhe von insgesamt 508,27 €, für den 1. Januar 2008 in Höhe von insgesamt 24,08 € und für die Zeit vom 2. bis 31. Januar 2008 in Höhe von insgesamt 667,07 €. Wegen des weiteren Inhalts dieser Bescheide wird auf Bl. 176 f. der LA verwiesen.
Mit Schreiben vom 25. September 2008 legten die Klägerinnen Widerspruch mit der Begründung ein, sie hätten den Beklagten stets zutreffend und rechtzeitig über Änderungen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse informiert; es komme ihnen Vertrauensschutz zu.
Unter dem 18. Dezember 2008 erließ der Beklagte wiederum zwei – der eine adressiert an die Klägerin zu 1), der andere an die Klägerin zu 3) – „Änderungsbescheid(e) zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 09.09.2007“. Im an die Klägerin zu 1) adressierten Bescheid hieß es unter „spezielle Änderungen“, die Bewilligungsentscheidung vom 22. Oktober 2007 werde vom 1. Dezember 2007 bis 31. Januar 2008 für die Klägerinnen zu 1) und 3) teilweise in Höhe von 945,45 € aufgehoben. Diese Änderung beziehe sich ausschließlich auf die Monate Dezember 2007 und Januar 2008. Es erfolge für Dezember 2007 eine Minderung der Überzahlung aufgrund der Löschung der Anrechnung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung 2006. Da die Minderung der Miete im Dezember 2007 stattgefunden habe, müsse die Berücksichtigung des Guthabens im Folgemonat stattfinden. Entsprechend erfolge die Berücksichtigung des Guthabens im Januar 2008. Sodann wurde ausgeführt: „Die Überzahlung der restlichen Monate (August 2007, November 2007, Januar 2008) behält wie im Bescheid vom 09.09.2008 aufgeführt, Bestand.“ Am Ende des Bescheides heißt es, die in der Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Januar 2008 zu Unrecht gezahlten Leistungen seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Entsprechend formuliert war der an die Klägerin zu 3) gerichtete Bescheid, in dem der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag mit 346,65 € angegeben war. Wegen des weiteren Inhalts der Bescheide wird auf Bl. 377 ff. bzw. 385 ff. der LA verwiesen.
Mit an die Klägerin zu 1) adressiertem Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2009 wies der Beklagte die Widersprüche vom 15. November 2007 und vom 25. September 2008 gegen „den Bescheid vom 22.10.2007 in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 09.09.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 09.09.2008 und 18.12.2008“ zurück und führte zur Begründung u.a. aus: Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Bewilligungen für die Zeit von Oktober 2007 bis Januar 2008 sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Die Widerspruchsführerin habe gewusst oder grob fahrlässig nicht gewusst, dass sich der Leistungsanspruch in diesem Zeitraum nachträglich wegen höheren Einkommens sowie wegen der Betriebskostengutschrift verringert habe. Soweit die Bewilligungen aufgehoben worden seien, seien erbrachte Leistungen nach § 50 SGB X zu erstatten. Ein entsprechender Widerspruchsbescheid selben Datums erging auch gegenüber der Klägerin zu 3). Wegen des weiteren Inhalts der Widerspruchsbescheide wird auf Bl. 411 ff. bzw. 424 ff. der LA verwiesen.
Die Klägerinnen haben mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12. Februar 2009, der am selben Tag beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangen ist, Klage mit der Begründung erhoben, die Aufhebungsentscheidungen verstießen gegen das Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X. Denn in den Bescheiden vom 18. Dezember 2008 heiße es einerseits, es erfolge eine Änderung der Bescheide vom 9. September 2008 für die Monate Dezember 2007 und Januar 2008, und es werde andererseits ausgeführt, die Überzahlung u.a. für Januar 2008 habe Bestand. Beide Regelungen schlössen sich gegenseitig aus.
Im Verhandlungstermin vor dem SG Berlin am 2. März 2010 hat die Vertreterin des Beklagten auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis erklärt, die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 9. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2009 würden insoweit aufgehoben, als die Bewilligungen von Arbeitslosengeld II für den Monat August 2007 aufgehoben und die überzahlten Beträge von den Klägerinnen zurückgefordert worden seien. Diese Teilanerkenntnisse haben die Klägerinnen angenommen.
Darauf haben die Klägerinnen beantragt,
die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 9. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2009 aufzuheben.
Mit Urteil vom 2. März 2010 hat das SG Berlin die Klagen mit folgender Begründung abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide seien rechtlich nicht zu beanstanden. Sie seien formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt. Es sei hinreichend deutlich geworden, in welcher Höhe, für welche Monate, für welche Einzelleistungen (Regelleistung bzw. Kosten der Unterkunft) und für welches Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die ursprünglich bewilligten Leistungen aufgehoben worden seien. Die Irrtümlichkeit der Hinweise in den Änderungsbescheiden vom 18. Dezember 2008, die Regelungen für Januar 2008 blieben unberührt, sei offenkundig gewesen; etwaige Unklarheiten seien jedenfalls mit den Widerspruchsbescheiden vom 9. Januar 2009 beseitigt worden. Es lägen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)für einen nachträgliche Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen vor. Die Klägerin zu 1) habe nachträglich Einkommen in Form des bei der ursprünglichen Bewilligung nicht berücksichtigten Einkommens beim „K“ e.V. und der Gutschrift aus der Betriebskostenabrechnung für 2006, welche nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II im Januar 2008 zu berücksichtigen gewesen sei, erzielt. Wegen der Einzelheiten bezüglich Umfang und Art der Aufhebungen nehme die Kammer nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug. Die Klägerinnen seien jeweils nach § 50 SGB X auch zur Erstattung der vom Beklagten zu Unrecht erbrachten Leistungen verpflichtet. Ferner hat das SG erkannt, dass der Beklagte den Klägerinnen 1/5 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
In Ausführung des teilweisen Anerkenntnisses erließ der Beklagte unter dem 27. Juli 2010 zwei weitere Bescheide, wiederum je einen bezüglich der Klägerinnen zu 1) und 2) und einen bezüglich der Klägerin zu 3). Damit wurden die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen für den Monat August 2007 aufgehoben mit der Folge, dass die Gesamtaufhebungs- und Erstattungsbeträge – für die Monate Oktober 2007 bis Januar 2008 – noch 1058,58 € für die Klägerin zu 1), 581,78 € für die Klägerin zu 2) und 566,35 € für die Klägerin zu 3), insgesamt also 2206,71 €, betrugen.
Die Klägerinnen haben gegen das am 20. Juli 2010 zugestellte Urteil am 29. des Monats Berufung eingelegt, mit der sie ihre Auffassung bekräftigen, dass die Aufhebungsentscheidungen nicht hinreichend bestimmt seien. Dies gelte zum einen mit Blick auf die bereits erstinstanzlich geltend gemachte Widersprüchlichkeit in den Bescheiden vom 18. Dezember 2008. Die angefochtenen Bescheide seien aber auch deshalb mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig, weil lediglich die Bescheide vom 7. Juni und 22. Oktober 2007 aufgehoben worden seien, nicht aber der Bescheid vom 4. Juni 2007 (mit diesem wurden den Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Mai bis Oktober 2007 bewilligt, vgl. Bl. 98 ff. der Gerichtsakten <GA>). Dieser bewirke nach Wegfall der späteren Änderungsbescheide wieder einen eigenständigen Leistungsanspruch. Unklar sei ferner, ob auch die im Bescheid vom 9. September 2008 ursprünglich aufgehobene Leistungsentscheidung vom 7. Juni 2007 tatsächlich der Aufhebung unterliegen solle, die in den Änderungsbescheiden vom 18. Dezember 2008 keine Erwähnung mehr finde.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2010 sowie die Aufhebungs-, Erstattungs- und Änderungsbescheide vom 9. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. Januar 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatter des Senats hat die Sache am 14. März 2012 mit den Beteiligten erörtert. In diesem Termin haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der GA und auf die LA des Beklagten (drei Bände) verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhobenen Berufungen der Klägerinnen, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden durfte (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), sind zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; insoweit hat das SG die Anfechtungsklagen der Klägerinnen gegen die Aufhebungs-, Erstattungs- und Änderungsbescheide vom 9. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. Januar 2009 zu Unrecht abgewiesen. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerinnen daher nicht in ihren Rechten.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nach im erstinstanzlichen Verfahren erfolgter „Klaglosstellung“ für August 2007 (nur) noch die gegenüber den Klägerinnen ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen des Beklagten für die Monate Oktober 2007 bis Januar 2008.
Die für diese Monate mit den Bescheiden vom 9. September 2008 bezüglich der drei Klägerinnen erfolgten Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen sind jeweils formell nicht zu beanstanden.
Insbesondere hat eine Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) auch der damals noch minderjährigen Klägerin zu 2) zu der beabsichtigten sie betreffenden teilweisen Leistungsaufhebung und dem entsprechenden Erstattungsverlangen stattgefunden (vgl. zum Anhörungserfordernis bei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden gegenüber Minderjährigen Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 153/10 R, juris Rn. 16 ff.). Die Klägerin zu 2) ist dabei von ihrer Mutter, der Klägerin zu 1), vertreten worden. Deren Vertretungsmacht folgt aus der elterlichen Sorge (§ 1629 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>). Es kann offen bleiben, ob die Klägerin zu 1) allein vertretungsbefugt war (§ 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB); denn in Fällen wie dem vorliegenden reicht die Anhörung eines Elternteils aus (BSG, a.a.O. Rn. 23). Dass die Klägerin zu 1) zur Aufhebung und zum Erstattungsverlangen gegenüber der Klägerin zu 2) angehört werden sollte und angehört worden ist, ist dem an sie adressierten Anhörungsschreiben vom 9. Januar 2008 zu entnehmen, in dem ausdrücklich auch von der Klägerin zu 2) die Rede gewesen und zwischen den von den Klägerinnen zu 1) und 2) nach Auffassung des Beklagten (teilweise) zu Unrecht bezogenen Leistungen unterschieden worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 144/10 R, juris Rn. 17).
Mangels Anhörung formell rechtswidrig waren jedoch die mit den Änderungsbescheiden vom 18. Dezember 2008 gegenüber den angefochtenen Bescheiden vom 9. September 2008 erfolgten Schlechterstellungen der Klägerinnen, die darin bestanden, dass die Betriebkostengutschrift für 2006 nunmehr (§ 22 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 SGB II a.F. entsprechend, näher dazu sogleich) statt dem Monat Dezember 2007 dem Monat Januar 2008 zugerechnet wurde mit der Folge, dass sich für diesen Monat für alle Klägerinnen höhere Aufhebungs- und Erstattungsbeträge ergeben. Diese Verschlechterung im Widerspruchsverfahren verlangte eine besondere Anhörung (vgl. Leitherer im Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 85 Rn. 5), die nicht etwa im Gerichtsverfahren mit heilender Wirkung nachgeholt worden ist (vgl. § 41 Abs. 2 SGB X), weil es dazu eines (hier nicht erfolgten) eigenständigen Verwaltungsverfahrens bedarf, das ggfs. auch die Erklärung der Behörde umfasst, sie halte nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der nachgeholten Anhörung am bisher erlassenen Verwaltungsakt fest (BSG, Urteile vom 9. November 2010 – B 4 AS 37/09 R, juris Rn. 14 ff. und vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 153/10 R, juris Rn. 26). Das vorliegende Berufungsverfahren war jedenfalls deshalb nicht zum Zweck der Nachholung der Anhörungen auszusetzen, weil die „Verböserung“ im Widerspruchsverfahren auch materiell rechtswidrig gewesen ist.
Eine solche „Verböserung“ ist nach der jüngeren Rechtsprechung des BSG (anders noch Urteile vom 20. April 1961 – 4 RJ 217/59 und vom 23. April 1964 – 9/11 RV 318/62, beide juris) zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr besteht eine Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Veränderung des angegriffenen Verwaltungsaktes zuungunsten eines Widerspruchsführers dann, wenn die Voraussetzungen des § 45 SGB X für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vorliegen (BSG, Urteil vom 2. Dezember 1992 – 6 RKa 33/90, juris Rn. 27 m.w.N.). Das war hier indes nicht der Fall. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Die Bescheide vom 9. September 2008 waren für die Klägerinnen bezüglich des Monats Januar 2008 insofern rechtswidrig begünstigend, als die Betriebskostengutschrift für 2006 nicht diesem Monat einkommenserhöhend bzw. bedarfsmindernd zugerechnet worden war, wie es § 22 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 SGB II in der hier einschlägigen, vom 1. August 2006 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung vorsah (inzwischen findet sich eine entsprechende Regelung in § 22 Abs. 3 SGB II). Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen. Da die Verrechnung der Betriebskostengutschrift mit der Miete hier im Dezember 2007 erfolgte, hätte die Gutschrift danach nicht – wie mit den Bescheiden vom 9. September 2008 geschehen – dem Monat Dezember 2007, sondern dem Monat Januar 2008 zugerechnet werden müssen mit der Folge, dass sich für diesen Monat jeweils höhere Aufhebungs- bzw. Erstattungsbeträge ergeben hätten. Dies konnte im Widerspruchsverfahren nicht mehr korrigiert werden, den Klägerinnen ist vielmehr bezüglich der mit den Bescheiden vom 9. September 2008 für Januar 2008 erfolgten Leistungsaufhebungen und Erstattungsverlangen Vertrauensschutz zuzubilligen. Insbesondere liegt kein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, der die Berufung auf Vertrauen ausschließt. Weder haben die Klägerinnen die für sie günstigen Aufhebungsregelungen für Januar 2008 verwerflich unredlich i.S. der Nr. 1 der Vorschrift erwirkt, noch haben sie schuldhaft eine wesentliche Ursache für die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes i.S. der Nr. 2 gesetzt, noch haben sie nachweislich die Rechtswidrigkeit gekannt oder kennen müssen (Nr. 3). Waren die mit den Änderungsbescheiden vom 18. Dezember 2008 erfolgten „Verböserungen“ der Januarregelungen danach rechtswidrig und sind sie infolgedessen aufzuheben, reduziert sich die Aufhebung/Erstattung für die Klägerin zu 1) um 74,16 €, für die Klägerin zu 2) um 53,42 € und die Klägerin zu 3) um 55,76 €.
Die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen in den Bescheiden vom 9. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 waren inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 153/10 R, juris Rn. 31 unter Bezugnahme auf BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr. 2, Rn. 13 und auf BVerwGE 123, 261, 283).
Zwar waren hier die Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 insofern widersprüchlich, als eine Änderung bzw. „Verböserung“ für den Monat Januar 2008 erfolgt ist und gleichwohl in den Begründungen der Bescheide ausgeführt wurde, die „Überzahlungen“ u.a. für Januar 2008 hätten „wie im Bescheid vom 09.09.2008 aufgeführt“ Bestand. Diese Widersprüchlichkeiten sind jedoch mit den Widerspruchsbescheiden vom 9. Januar 2009, in denen u.a. ausführlich dargelegt wurde, dass die Zurechnung der Betriebskostengutschrift nunmehr für Januar 2008 erfolgt ist, beseitigt worden, was ausreicht, da Gegenstand einer Anfechtungsklage grundsätzlich der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 95 SGG).
Auch sonst bestehen gegen die Bestimmtheit der angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide in der Fassung der Widerspruchsbescheide keine Bedenken. Insbesondere ist hinreichend deutlich geworden, für welche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, in welcher monatlichen Höhe und welche Leistungen im Einzelnen (es ist zwischen Leistungen zur Deckung der Regelbedarfe und der Kosten für Unterkunft und Heizung unterschieden worden) aufgehoben worden sind und entsprechende Erstattung verlangt wurde (vgl. zu den diesbezüglichen Bestimmtheitsanforderungen BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 153/10 R, juris Rn. 32 ff.). Auch sind mit den Bescheiden vom 7. Juni und 22. Oktober 2007 die maßgeblichen Bescheide benannt worden, die teilweise aufgehoben worden sind; ob auch dies zur Erfüllung des Bestimmtheitsgebots erforderlich gewesen ist, kann folglich offen bleiben. Der vorangegangene Bescheid vom 4. Juni 2007 ist zu Recht nicht aufgeführt worden, da sich dessen Regelungen bezüglich August und Oktober 2007 mit den diesbezüglichen Bestimmungen im Bescheid vom 7. Juni 2007 erledigt hatten (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X). Dass der letztgenannte Bescheid in den Änderungsbescheiden vom 18. Dezember 2007 nicht erwähnt wurde, ist nicht zu beanstanden, da sich die Änderungen nur auf die Monate Dezember 2007 und Januar 2008 bezogen, d.h. auf Zeiträume, die Gegenstand des Bewilligungsbescheides vom 22. Oktober 2007 gewesen waren.
Im Übrigen misst sich die materielle Rechtmäßigkeit der mit den Bescheiden vom 9. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18. Dezember 2008 erfolgten Aufhebungsentscheidungen an § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 SGB X. Nach Satz 1 der letztgenannten Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (wie die hier in Rede stehenden SGB II-Bewilligungsbescheide) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind hier bezüglich des von der Klägerin zu 1) in den Monaten Oktober 2007 bis Januar 2008 – d.h. nach Erlass der Bewilligungsbescheide vom 7. Juni 2007 (u.a. bezüglich Oktober 2007) und vom 22. Oktober 2007 (u.a. bezüglich des Zeitraums November 2007 bis Januar 2008) – vonseiten des „Kiek in“ e.V. zugeflossenen Erwerbseinkommens sowie der Verrechnung der Betriebskostengutschrift für 2006 erfüllt. Letztere ist ebenfalls als Einkommenszufluss anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Oktober 2012 – B 14 AS 188/11 R, juris Rn. 10 ff.; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 61b), der – wie dargestellt – nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. den Bedarf für Unterkunft und Heizung im Folgemonat minderte.
Für die Reichweite der Aufhebung („soweit“) ist der Vergleich der Verhältnisse, die bei Erlass des ursprünglichen Verwaltungsaktes tatsächlich vorgelegen haben, mit den nachträglich geänderten Verhältnissen maßgeblich (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 48 Rn. 4 ff.), d.h. es ist zugunsten eines von der Aufhebungsentscheidung Betroffenen zu berücksichtigen, wenn ihm ursprünglich zu geringe Leistungen bewilligt worden sind. Das war hier bei den Klägerinnen zu 2) und 3) insofern der Fall, als der Beklagte ihnen mit den Bescheiden vom 7. Juni und 22. Oktober 2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung (die ansonsten zutreffend nach Kopfteilen ermittelt wurden) jeweils unter Abzug einer Warmwasserpauschale von 5,65 € (16,96 € : 3 Bewohner) statt von 5,01 € bewilligt hat (vgl. den unter Zugrundelegung einschlägiger BSG-Rechtsprechung erstellten tabellarischen Überblick von Brehm/Schifferdecker, Die Warmwasserpauschale im Regelatz des SGB II, SGb 2010, 331, 335); dass auch bei der Klägerin zu 1) ein falscher Abzugsbetrag zugrunde gelegt wurde (5,65 € statt 6,26 €), ist im vorliegenden Aufhebungszusammenhang unerheblich, da dies für sie günstig war. Folglich verringert sich der Aufhebungsbetrag für die Klägerinnen zu 2) und 3) für die Monate November und Dezember 2007 sowie für Januar 2008 (bezüglich Oktober 2007 sind keine Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgehoben worden) jeweils um 0,64 €, d.h. jeweils um insgesamt 1,92 €.
Nach alledem reduzieren sich die Aufhebungsbeträge bezüglich der Klägerinnen wie folgt:
für die Klägerin zu 1) für Januar 2008 von 346,79 € um 74,16 € auf 272,63 €;
für die Klägerin zu 2) für Januar 2008 von 207,01 € um 54,06 € (53,42 € zzgl. 0,64 €) auf 152,95 € und für die Monate Oktober und November 2007 jeweils von 152,73 € um 0,64 € auf 152,09 €;
für die Klägerin zu 3) für Januar 2008 von 193,92 € um 56,40 € (55,76 € zzgl. 0,64 €) auf 137,52 € und für die Monate Oktober und November 2007 jeweils von 152,73 € um 0,64 € auf 152,09 €.
Entsprechend verringern sich die im Übrigen zutreffend auf § 50 Satz 1 SGB X gestützten jeweiligen Erstattungsforderungen gegen die Klägerinnen. Die einschränkende Vorschrift des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II damals gültiger Fassung (inzwischen § 40 Abs. 4 SGB II) ist nicht einschlägig, weil die Bewilligungen von Unterkunftsleistungen nur teilweise aufgehoben worden sind (§ 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F.).
Das Erstattungsverlangen gegenüber der seinerzeit noch minderjährigen Klägerin zu 2) war nicht nach § 1629a Abs. 1 BGB rechtswidrig. Zwar ist diese die Minderjährigenhaftung betreffende Vorschrift grundsätzlich auch im Rahmen der Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II entsprechend anwendbar, und zwar bereits im Erstattungs- und nicht erst im Vollstreckungsverfahren (ausführlich dazu BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 153/10 R, juris, Rn. 40 ff.). Ist indes – wie hier die Klägerin zu 2) – der Schuldner bei Erlass des Erstattungsbescheides noch nicht volljährig, ist der Bescheid zunächst rechtmäßig. Die Haftungsbeschränkung kommt erst zum Zuge, soweit bei Eintritt der Volljährigkeit das an diesem Tage bestehende Vermögen hinter den unter § 1629a BGB fallenden Verbindlichkeiten zurückbleibt. In diesem Fall besteht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X ein Anspruch auf Aufhebung des Erstattungsbescheides (BSG, a.a.O. Rn 47). Dass die Klägerin zu 2) im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens volljährig geworden ist, ist für den Ausgang dieses Gerichtsverfahrens unerheblich, da für die vorliegende Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten behördlichen Entscheidung – hier des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2009 – maßgeblich ist (BSG, a.a.O. Rn. 48). Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin zu 2) noch minderjährig. Der Beklagte wird daher vor einer etwaigen Vollstreckung (bzw. Aufrechung, vgl. § 43 SGB II) der gegenüber der Klägerin zu 2) bestehenden Erstattungsforderung von Amts wegen zu prüfen haben, ob die Forderung deshalb gemäß § 48 SGB X aufzuheben ist, weil bei Eintritt der Volljährigkeit ihr Vermögen geringer war als ihre von § 1629a Abs. 1 Satz 1 BGB umfassten Verbindlichkeiten, was eine entsprechende Aufklärung des Sachverhalts verlangt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Maß des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.