Gericht | FG Berlin-Brandenburg 15. Senat | Entscheidungsdatum | 26.06.2015 | |
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Aktenzeichen | 15 K 4021/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 3 Nr 5 GrEStG |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Der Kläger und B… (im Folgenden: geschiedene Ehefrau) schlossen am 17.12.1982 die Ehe, nachdem sie vorher bereits 13 Jahre zusammengelebt hatten. Durch Kaufvertrag vom 05.11.1982 hatten sie je zur ideellen Hälfte das Grundstück C…-Straße in D… erworben, das anschließend mit einem vollunterkellerten Einfamilien-Fertighaus bebaut wurde.
Durch Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 23.03.1984 – 150 bF 331/84 – wurde die Ehe des Klägers und seiner geschiedenen Ehefrau geschieden. Ausweislich des Urteils hatten sie sich bereits einen Monat nach der Hochzeit getrennt.
Am 23.08.2012 – URNr. …, Notar E…, D… – wurde zwischen dem Kläger und seiner – vollmachtlos vertretenen – geschiedenen Ehefrau ein Grundstücksanteils-Übertragungsvertrag geschlossen. Einleitend wurde auf das Scheidungsurteil hingewiesen und erklärt, die Beurkundung erfolge im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Die geschiedene Ehefrau übertrug den ihr zur ideellen Hälfte gehörigen Anteil an dem bebauten Grundstück Gemarkung F…, Flur …, Flurstück …, C…-Straße, auf den Kläger. Dieser übernahm die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte, stellte seine geschiedene Ehefrau im Innenverhältnis von jeglichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den darlehensgebenden Banken frei und versprach, sich um die Entlassung seiner geschiedenen Ehefrau aus der Haftung zu bemühen. Als Gegenleistung wurde eine Zahlung von 27.500,- € vereinbart.
Die geschiedene Ehefrau genehmigte die für sie abgegebenen Erklärungen am 04.09.2012.
Der beurkundende Notar reichte unter dem Datum vom 13.09.2012 die Veräußerungs-anzeige bei dem Beklagten ein, in der die Valuta der Grundstücksbelastungen mit 140.400,- € angegeben wurde.
Durch Bescheid vom 26.11.2012 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für den Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer in Höhe von 4.885 € fest. Als Bemessungsgrundlage legte er dabei die Summe aus Kaufpreis und ½ des Valutastandes (27.500 + 70.200 = 97.700 €) zu Grunde. In den Erläuterungen wies er darauf hin, die Voraussetzungen des § 3 Nr. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) lägen nicht vor.
Den hiergegen am 12.12.2012 erhobenen Einspruch begründete der Kläger damit, es habe sich um eine Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung gehandelt. Dies ergebe sich aus der Einleitung des Vertrages. Eine zeitliche Begrenzung dafür sehe das Gesetz nicht vor.
Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 14.02.2013 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen am 18.02.2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 21.03.2013 ist der Kläger aufgefordert worden, die Gründe für die späte Auseinandersetzung darzulegen. Des Weiteren hat er darlegen und nachweisen sollen, welche Vermögenswerte Gegenstand der güterrechtlichen Auseinandersetzung gewesen seien, aufgrund welcher Vereinbarungen Nutzung, Unterhalt und Finanzierung des Grundstückes geregelt worden sei sowie, ob diese Regelung tatsächlich durchgeführt worden sei.
Der Kläger hat ausgeführt, neben dem gemeinsamen Grundstück habe es keinerlei weiteres Vermögen als Gegenstand einer güterrechtlichen Auseinandersetzung nach der Scheidung gegeben. Das Grundstück sei aus Eigenmitteln, Eigenkapitalersatzdarlehen sowie Aufwendungshilfe im Rahmen eines staatlichen Förderprogrammes (Aufwendungsdarlehen und -zuschuss) finanziert worden. Die Aufwendungshilfe sei nach einem Auszahlungsplan über 15 Jahre verteilt ausgezahlt worden. In einer handschriftlichen Vereinbarung hätten sich die Parteien darüber geeinigt, dass die Immobilie allein vom Kläger genutzt werde und er allein den Kapitaldienst zu übernehmen habe. Im Juli 2010 habe die geschiedene Ehefrau auf Auszahlung des von ihr erbrachten Eigenanteils gedrängt und erklärt, für die ab 2013 notwendige Neufinanzierung nicht mehr als Kreditnehmerin und Bürgin in Betracht zu kommen.
Beigefügt hat der Kläger die Vereinbarung über die Eigentumsverhältnisse am Grundstück C…-Straße zwischen der geschiedenen Ehefrau und ihm. Danach ist das vorhandene Eigenkapital von etwa 134.000,- DM von beiden Parteien je zur Hälfte aufgebracht worden. Weiter seien von den Parteien zwei Hypotheken in Höhe von 223.000,- DM und 220.000,- DM bestellt und ein WBK Eigenkapitalersatzdarlehen in Höhe von 35.000,- DM aufgenommen worden. Der Kläger habe des Weiteren ein WBK Familienheimdarlehen von 12.100,- DM erhalten, für das die geschiedene Ehefrau mithafte. Schließlich hätten die Parteien eine Zusage für eine über 15 Jahre auszahlbare staatliche Aufwendungshilfe erhalten, bestehend aus einem Aufwendungsdarlehen von 79.848,- DM sowie einem Aufwendungszuschuss von 159.696,- DM. Die geschiedene Ehefrau löse die eheähnliche Gemeinschaft einseitig auf und werde "sich tatsächlich nicht an den o.a. finanziellen Verpflichtungen beteiligen, bis auf den auf sie entfallenden Anteil der Aufwendungshilfe" (Nr. 7a). Das Grundstück solle nicht gegen den Willen des Klägers veräußert werden, um diesem die Nutzung zu ermöglichen. Der Kläger leiste daher auch die auf die geschiedene Ehefrau entfallenden Zahlungen und erwerbe im gleichen Maße Eigentum (Nr. 7b). Im Falle einer Veräußerung werde der Erlös nach Abzug der Verbindlichkeiten dergestalt verteilt, dass die geschiedene Ehefrau die Hälfte des eingebrachten Eigenkapitals erhalte. Darüber hinaus erhalte sie den im Verhältnis des Betrages zu Nr. 7a und den übrigen Zahlungen auf sie entfallenden Anteil des erzielten Erlöses. Falls der Erlös die Summe des eingebrachten Eigenkapitals nicht übersteige, werde der Erlös zu gleichen Teilen verteilt (Nr. 8). Im Falle des Ablebens einer der Parteien trete die gesetzliche bzw. testamentarische Erbfolge ein (Nr. 9). Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse am Inventar wurde in Nr. 10 auf eine gesonderte Vereinbarung verwiesen.
Weiter (auszugsweise) vorgelegt hat der Kläger ein Schreiben der geschiedenen Ehefrau vom 26.07.2010 an ihn, wonach diese im Jahr 2013 weder eine Anschlussfinanzierung übernehme noch etwas bezahle. 30 Jahre Bürge seien genug. Sie wolle nicht mit 70 Jahren für etwas zahlen, was sie nie interessiert habe. Es bleibe nur der Verkauf des Hauses oder die Auszahlung ihres Anteils.
Ergänzend trägt der Kläger vor, eine sofortige Veräußerung oder Fremdvermietung des Grundstücks hätten zum Wegfall und zur Rückzahlung staatlicher Förderungsmittel geführt; die Beibehaltung der staatlichen Fördermittel habe die persönliche Nutzung durch zumindest einen der Miteigentümer vorausgesetzt. Es handele sich um eine Vermögens- auseinandersetzung nach der Scheidung; eine zeitliche Befristung sehe das Gesetz nicht vor. Es bestehe die rechtliche Möglichkeit, dass Geschiedene ihr gemeinsames Grundvermögen weiterhin gemeinsam hielten, so dass sich eine Vermögensauseinandersetzung im Sinne von § 3 Nr. 5 GrEStG über mehrere Jahrzehnte hinziehen könne.
Der Kläger beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 26.11.2012 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.02.2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, es mangele an der Kausalität zwischen der Scheidung und der Grundstücksübertragung.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat durch Beschluss vom 05.02.2014 die Entscheidung des Rechtsstreits auf Einzelrichter übertragen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Der Senat hat die Grunderwerbsteuerakte des Beklagten beigezogen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 26.11.2012 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.02.2013 sind rechtmäßig und verletzen daher nicht die Rechte des Klägers, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
A. Der notarielle Grundstücksanteils-Übertragungsvertrag vom 23.08.2012 begründet einen Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks und unterliegt daher gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.
B. Dieser Erwerbsvorgang ist nicht nach § 3 Nr. 5 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Ausgenommen von der Besteuerung nach dieser Vorschrift ist der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung.
1. Die Vorschrift knüpft die Steuerbefreiung an die sachliche Voraussetzung an, dass der Grundstückserwerb im Zuge der Vermögensauseinandersetzung aufgrund der Scheidung erfolgt. Steuerfrei sind danach in sachlicher Hinsicht alle Erwerbe aus Anlass der Ehescheidung (vgl. BT-Drucks. 9/251, S. 18). Begünstigt ist jede Vermögensauseinandersetzung, die ihre Ursache in der Scheidung hat. Die Vermögensauseinandersetzung erstreckt sich auf die Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen der geschiedenen Ehegatten. Der Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung ist weit gespannt. Er endet dort, wo sich die geschiedenen Ehegatten wie fremde Dritte gegenübertreten, um einen Erwerb zu tätigen (vgl. Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 23.03.2011 – II R 33/09 –, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 2011, 980; Meßbacher-Hönsch, in Boruttau, GrEStG, 17. Aufl. 2011, § 3 Rn. 390 f.).
Die Vermögensauseinandersetzung hat ihre Ursache in der Scheidung, wenn zwischen Ehescheidung und Grundstücksübertragung Kausalität besteht (Hessisches Finanzgericht [FG], Urteil vom 10.05.2012 – 5 K 2338/08 -, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2012, 1874; Kesseler, Deutsches Steuerrecht [DStR] 2010, 2173). Dabei ist zur Vermeidung einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Ausweitung der Befreiungsvorschrift auf sämtliche Vermögensauseinandersetzungen mit Grundstücken nach einer Ehescheidung darauf abzustellen, dass diese Auseinandersetzung durch die Scheidung notwendig geworden ist. Damit sind Vermögensauseinandersetzungen, die zwar zeitlich nach einer Ehescheidung erfolgen, jedoch auf keinem zwingenden familienrechtlichen Hintergrund beruhen, nicht von der Grunderwerbsteuer befreit (Hessisches FG, Urteil vom 10.05.2012 – 5 K 2338/08 -, a.a.O.).
Eine zeitliche Beschränkung ist in § 3 Nr. 5 GrEStG für die Vermögensauseinandersetzung nicht vorgesehen. Ein langer Zeitraum zwischen Scheidung und Grundstücksübertragung kann jedoch darauf hindeuten, dass eine scheidungsbedingte Vermögensausein-andersetzung nicht mehr vorliegt (BFH, Urteil vom 23.03.2011 – II R 33/09 –, a.a.O.; BFH, Urteil vom 20.12.2011 – II R 42/10 –, BFH/NV 2012, 1177; Hessisches FG, Urteil vom 10.05.2012 – 5 K 2338/08 -, a.a.O.; Meßbacher-Hönsch, in Boruttau, a.a.O., § 3 Rn. 391; Pahlke, GrEStG, 5. Aufl. 2014, § 3 Rn. 225). Damit sich die Vermögensauseinandersetzung – kausal – als Folge der Scheidung darstellt, ist erforderlich, dass die zur Auseinandersetzung erforderlichen Rechtsakte zeitlich zusammenhängend und vor allem planmäßig durchgeführt werden (vgl. Fumi, Anmerkung zu FG Münster, Urteil vom 31.01.2001 – 8 K 4723/97 GrE –, EFG 2001, 706; derselbe, Anmerkung zu FG Münster, Urteil vom 20.10.1999 – 8 K 4479/96 GrE –, EFG-Beilage 5/2000, 40).
2. Im Streitfall hat die Übertragung der Grundstückshälfte von der geschiedenen Ehefrau auf den Kläger ihre Ursache nicht in der Scheidung, so dass die Steuerbefreiung nicht greift.
a) Eine Fallgestaltung, bei der die scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung durch Vereinbarung der geschiedenen Eheleute hinausgeschoben ist, bis eine dadurch begründete Rechtsposition tatsächlich vollzogen wird, besteht hier nicht (zu einem notariell beurkundeten Ankaufsrecht vgl. BFH, Urteil vom 23.03.2011 – II R 33/09 –, a.a.O.). Die Vereinbarung vom 23.07.1984 enthält zugunsten der geschiedenen Ehefrau Regelungen nur für die Fälle der Veräußerung des Grundstücks sowie des Ablebens einer der beiden und zugunsten des Klägers ein zeitlich uneingeschränktes Nutzungsrecht, mithin keine (wirksame) Abrede zur Auseinandersetzung aufgrund der Scheidung.
b) Das Fehlen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 GrEStG folgt hier bereits aus den ca. 28 Jahren, die zwischen Scheidung und Grundstücksübertragung vergangen sind. Es ist – wie vorstehend dargestellt – in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass ein langer Zeitraum zwischen Scheidung und Grundstücksübertragung indiziert, dass eine scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung nicht mehr vorliegt. Der Umstand, dass beide geschiedenen Eheleute über diesen außerordentlich langen Zeitraum einvernehmlich, auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung ihr Miteigentum an dem Grundstück beibehalten und eine finanzielle Entschädigung der geschiedenen Ehefrau nur für die Fälle der Veräußerung des Grundstücks sowie des Ablebens einer der beiden geregelt haben, steht hier der Annahme eines Zusammenhangs zwischen Scheidung und Grundstücksübertragung entgegen. Vielmehr legen sowohl die getroffene Vereinbarung als auch die tatsächliche Dauer ihrer Durchführung nahe, dass nach der Scheidung, die das eheliche Verhältnis beendet hat, andere Gründe dafür maßgeblich gewesen sind, die Beteiligung nach Miteigentumsanteilen aufrecht zu erhalten. In Betracht kommt insoweit auch die staatliche Aufwendungshilfe, die den Eheleuten in Höhe von 159.696,- DM zu gleichen Teilen als Aufwendungszuschuss gewährt worden ist. Denn nach Nr. 8 der Vereinbarung zwischen diesen hat im Falle der Veräußerung des Grundstücks der Erlös nach einem Verhältnis des eingebrachten Eigenkapitals unter Einbeziehung der Aufwendungshilfe verteilt werden sollen.
c) Anhaltspunkte, die im Streitfall die Indizwirkung infrage stellen könnten, sind weder ersichtlich noch vom Kläger zur Überzeugung des Gerichts dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Die Feststellungslast für den Erwerb im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung im Sinne von § 3 Nr. 5 GrEStG trägt der Kläger, da es sich um einen steuermindernden Umstand handelt (Pahlke, a.a.O., § 3 Rn. 225).
aa) Gewisse Verzögerungen nach der Scheidung sind allerdings als unschädlich anzusehen, etwa wenn sie auf Streitigkeiten hinsichtlich der endgültigen rechtlichen Zuordnung des gemeinsamen Hausgrundstückes bzw. auf langwierigen Gerichtsverfahren beruhen (vgl. FG Münster, Urteil vom 31.01.2001 – 8 K 4723/97 GrE -, a.a.O.; Pahlke, a.a.O., § 3 Rn. 225). Dafür sind hier jedoch weder Anhaltspunkte ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden. Im Gegenteil belegen die kurze Zeit von der Trennung der Eheleute einen Monat nach Eheschließung (17.12.1982) bis zum Scheidungsurteil im März 1984 sowie der Verzicht auf Entscheidungsgründe und Versorgungsausgleich, dass die Trennung schnell und einvernehmlich vollzogen worden ist. Dafür sprechen vor allem auch die vorgelegte Vereinbarung vom 23.07.1984 und das Schreiben der geschiedenen Ehefrau vom 26.07.2010.
bb) Darüber hinaus kann sich eine unschädliche Verzögerung aus wirtschaftlichen Verhältnissen ergeben, insbesondere wenn dem einen geschiedenen Partner die Nutzung der Immobilie ermöglicht werden soll, der andere dafür aber weiterhin in die Finanzierung eingebunden sein muss.
(I.) Ein solcher Fall kann hier grundsätzlich in Betracht gezogen werden. Denn in der Vereinbarung vom 23.07.1984 ist unter Nr. 7b niedergelegt worden, das Grundstück solle nicht gegen den Willen des Klägers veräußert werden, um diesem die Nutzung zu ermöglichen. Allerdings kann damit nicht ein Zeitraum von 28 Jahren erklärt werden. Zwar sind kreditgebende Geldinstitute häufig nicht bereit, den gesamtschuldnerisch haftenden Partner nach der Scheidung zeitnah aus der Schuldhaft für die Finanzierungsdarlehen zu entlassen. Dass die Banken sich aber auf Dauer gesperrt hätten, die geschiedene Ehefrau freizustellen, und deshalb eine frühere Auseinandersetzung nicht möglich gewesen sei, hat der Kläger – trotz Aufforderung des Gerichts zur Darlegung der Gründe für die lange Dauer – weder behauptet noch nachgewiesen. Darüber hinaus enthalten weder der Grundstücksanteils-Übertragungsvertrag vom 23.08.2012 noch das Schreiben der geschiedenen Ehefrau vom 26.07.2010 Hinweise darauf, dass eine solche Entlassung in der Vergangenheit bereits einmal beantragt und gegebenenfalls abgelehnt worden wäre. Hinzu kommt, dass bei dem Zeitraum von 28 Jahren davon auszugehen ist, dass die ursprünglich abgeschlossen Finanzierungsverträge umfinanziert, also durch neue Verträge ersetzt worden sind, so dass die Möglichkeit bestanden hat, die Haftung der geschiedenen Ehefrau zu beenden. Die Bauzinsen, die etwa im Jahr 1981 einen Höchststand aufgewiesen haben, sind – mit einer erneuten Spitze etwa um das Jahr 1991 herum – kontinuierlich gesunken, so dass ungefähr ab 1993 ein um ca. 1 – 4 % niedrigeres Zinsniveau geherrscht hat. Es ist daher wirtschaftlich vernünftig gewesen, durch Abschluss neuer Verträge eine geringere monatliche Belastung oder eine höhere Tilgungsrate zu vereinbaren. Dies ist dem Kläger auch möglich gewesen. Unabhängig davon, dass die Laufzeit von Bau-Darlehensverträgen üblicherweise 10 bis 15 Jahre beträgt, besteht bei Darlehensverträgen mit gebundenem Sollzinssatz jedenfalls nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ein außerordentliches Kündigungsrecht (seit 01.01.2002: § 489 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 2; vorher: § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB).
(II.) Ausweislich der Vereinbarung hatte sich der Kläger im Übrigen verpflichtet, auch die auf die geschiedene Ehefrau entfallenden Zahlungen zu leisten. Offenkundig hat er sich also in der Lage gesehen, die monatlichen Zinsen und Tilgungsbeträge allein aufzubringen. Dass ihm dies tatsächlich nicht gelungen wäre, insbesondere dass die Notwendigkeit einer finanziellen Beteiligung der geschiedenen Ehefrau bestanden habe und diese deshalb an dem Grundstück beteiligt geblieben wäre, hat er trotz Aufforderung des Gerichts, die Gründe für die späte Auseinandersetzung darzulegen, nicht vorgetragen. Auch die geschiedene Ehefrau hat in ihrem Schreiben vom 26.07.2010 tatsächlich erfolgte finanzielle Beteiligungen an Zins- und Tilgungszahlungen nicht erwähnt, sondern nur 30 Jahre Bürgschaft als genug bezeichnet. Die Aufrechterhaltung bzw. Sicherung der staatlichen Förderung kann im Streitfall die späte Auseinandersetzung ebenso wenig erklären. Denn der Kläger hat in seiner Klagebegründung dargelegt, die Beibehaltung der staatlichen Fördermittel habe die persönliche Nutzung durch zumindest einen der Miteigentümer vorausgesetzt, was mit der Nutzung der Immobilie durch den Kläger gewährleistet gewesen ist.
cc) Gegen die Indizwirkung des Zeitraums von 28 Jahren spricht hier auch nicht der Umstand, dass ein Familieneigenheim der ehemaligen Eheleute betroffen wird. Vertreten wird allerdings die Auffassung, bei einem selbstgenutzten Eigenheim träfen die geschiedenen Eheleute praktisch nie wie fremde Dritte aufeinander. Denn nur und ausschließlich mit dem Partner erwerbe man ein solches Wohneigentum. Komme es nun zur erstmaligen Übertragung des Familienheims nach einer Ehescheidung, müsse, gleichgültig wie lange der Zeitraum seit der Ehescheidung sei, von einer Vermögensauseinandersetzung nach Scheidung ausgegangen werden. Der Charakter eine Immobilie als Familienwohnheim erübrige grundsätzlich die Frage danach, warum eine Auseinandersetzung nicht zeitnah erfolgt sei. Selbst da nämlich, wo aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Auseinandersetzung möglich wäre, sei die Entscheidung für deren Unterbleiben regelmäßig derart durch emotionale und damit auf der ehelichen Bindung beruhenden Gesichtspunkte überlagert, dass ein Hinterfragen aussichtslos sei (Kesseler, DStR 2010, 2173, Pkt. 6.4). Das Gericht lässt dahinstehen, ob dieser Auffassung gefolgt werden kann. Denn im Streitfall greift die Argumentation zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht. Hier besteht die Besonderheit, dass der Kläger und seine geschiedene Ehefrau das Grundstück gerade mal einen Monat vor der Eheschließung erworben und sie sich bereits einen Monat nach der Eheschließung getrennt haben. Das Hausprojekt wird sich mithin im Zeitpunkt der Trennung noch in der Planungs- oder Genehmigungsphase befunden haben; im günstigsten Fall ist das Fertighaus gerade errichtet gewesen. Die geschiedenen Eheleute werden zwar aufgrund des vorherigen Zusammenlebens über 13 Jahre eine emotionale Bindung zueinander aufgebaut und möglicherweise beibehalten haben. In Bezug auf das Eigenheim kann eine solche emotionale Bindung jedoch nicht angenommen werden. Denn die Immobilie hat nie ernsthaft den Charakter eines Familienheims erlangen können, weil das Grundstück erst sehr kurz vor der Trennung erworben worden ist und das Eigenheim im Zeitpunkt der Trennung entweder noch gar nicht existiert hat oder allenfalls nur kurze Zeit gemeinsam bewohnt worden ist. Überdies hat die geschiedene Ehefrau erklärt, nicht für etwas zahlen zu wollen, was sie nie interessiert habe.
C. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG der Wert der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung unter anderem der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Als sonstige Leistungen sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 14.06.2006 – II R 12/05 –, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2006, 2126; BFH, Urteil vom 25.04.2002 – II R 57/00 –, BFH/NV 2002, 1612).
Die grunderwerbsteuerliche Gegenleistung kann auch in der schuldbefreienden Übernahme von Darlehensverpflichtungen liegen, die durch ein Grundstück mittels Grundschulden gesichert sind (vgl. BFH, Urteil vom 17.07.1985 – II R 64/83 –, Bundessteuerblatt II [BStBl II] 1985, 592; BFH, Urteil vom 26.10.1994 – II R 2/92 –, BFH/NV 1995, 638; BFH, Beschluss vom 11.10.2002 – II B 193/01 –, BFH/NV 2003, 201). Die Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Grundschulden durch den Erwerber stellt daneben keine weitere Gegenleistung dar. Bei der Übernahme grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensverbindlichkeiten sind die Darlehensverbindlichkeiten mit ihrem wirklichen Wert anzusetzen. Nach § 12 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) ist grundsätzlich vom Nennwert der Gegenleistung auszugehen, wenn nicht besondere Umstände – zum Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs – einen höheren oder geringeren Wert begründen. Beim Fehlen von besonderen Umständen im Sinne von § 12 Abs. 1 BewG ist somit auf den Valutastand der übernommenen Darlehensverbindlichkeiten abzustellen (BFH, Urteil vom 26.10.1994 – II R 2/92 –, a.a.O.). Anhaltspunkte, dass der Beklagte die Bemessungsgrundlage fehlerhaft ermittelt hätte, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.