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Schmutzwasserkanalisation; Anschlusszwang; Satzung; Enteignung; Zitiergebot; Grundstückskläranlage; Befreiung; Anschlussverfügung; Bestimmtheit; Unmöglichkeit; Streitwert


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 25.09.2013
Aktenzeichen OVG 9 N 174.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 VwGO, § 124a VwGO, § 12 Abs 2 KomVerf BB, Art 14 GG, Art 19 GG

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Juni 2013 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung für beide Rechtsstufen auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich der Kläger gegen eine Anschlussverfügung in Bezug auf die Schmutzwasserkanalisation. Der Antrag hat keinen Erfolg.

Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen.

1. Die Darlegungen des Rechtsmittelführers wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Rechtsmittelführer hat keinen tragenden Rechtssatz oder keine erhebliche Tatsachenfeststellung in der Weise schlüssig angegriffen, dass ein Erfolg der Berufung wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg.

Die Anschlussverfügung ist hinreichend bestimmt. Es liegt auf der Hand, dass die Verbindung des Grundstücks, d. h. der Grundstücksentwässerungsanlage mit der öffentlichen Kanalisation nicht an einem beliebigen vom Grundstückseigentümer auszuwählenden Punkt des Hauptsammlers in der Straße vor dem Grundstück zu erfolgen hat, sondern an dem vom Zweckverband vorbereiteten Abzweig vom Hauptsammler zur Grundstücksgrenze. Es liegt weiter auf der Hand, dass die Herstellung des Anschlusses von einem dazu qualifizierten und entsprechend zugelassenen Unternehmen vorgenommen werden muss. Vor diesem Hintergrund ist die Anschlussverfügung ohne weiteres dahin zu verstehen, dass vom Kläger unter anderem verlangt worden ist, die Lage des vorbereiteten Abzweiges nach geographischer Länge und Breite entweder selbst zu erfragen oder durch das zu beauftragende Unternehmen erfragen zu lassen und auch die Tiefenlage des Anschlusspunktes selbst zu ermitteln oder durch das Unternehmen ermitteln zu lassen.

Damit ist vom Kläger auch nichts Unmögliches verlangt worden. Soweit der Zulassungsantrag meint, selbst der Beklagte habe die Lage des Abzweiges überhaupt nicht gekannt, trifft dies nicht zu. Im Ortstermin ist eine Mitarbeiterin des Beklagten ohne weiteres in der Lage gewesen, die geographische Länge und Breite des Anschlusspunktes mit Hilfe einer Karte und eines Messrades zu ermitteln; dass hätte mit den entsprechenden Angaben jedenfalls auch ein mit der Herstellung des Anschlusses zu beauftragendes Unternehmen tun können. Auch die Tiefenlage des Anschlusspunktes hätte ein solches Unternehmen ohne weiteres ermitteln können.

Die gesetzliche Ermächtigung zur satzungsmäßigen Regelung eines Anschluss- und Benutzungszwangs in Bezug auf die öffentliche Schmutzwasserkanalisation (§ 12 Abs. 2 BbgKVerf) ist nicht deshalb verfassungswidrig, weil sie unter Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG zu Enteignungen in Bezug auf das anfallende Schmutzwasser und die darin enthaltenen Nährstoffe ermächtigen würde; die Regelung des Anschluss- und Benutzungszwangs ist lediglich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. April 2012 - OVG 9 B 48.11 - juris, Rdnr. 51 und 52).

Das Vorhandensein einer dezentralen Kläranlage auf dem Grundstück führt nicht per se zur Rechtswidrigkeit einer Anschlussverfügung, sondern nur dann, wenn wegen des Vorhandenseins der dezentralen Kläranlage auf dem Grundstück bereits eine Befreiung vom Anschlusszwang in Bezug auf die öffentliche Schmutzwasserkanalisation erteilt worden ist oder wenn sich aufdrängt, dass wegen des Vorhandenseins einer dezentralen Kläranlage auf dem Grundstück eine Befreiung vom Anschlusszwang beantragt wurde und zu erteilen ist, was mehr voraussetzt als nur das Vorhandensein der dezentralen Grundstückskläranlage selbst, nämlich das Vorliegen eines atypischen Falles (vgl. schon OVG Bbg, Urteil vom 31. Juli 2003 - 2 A 316/02 -, juris, Rdnr. 42; siehe auch: OVG NW, Beschluss vom 4. September 2013 - 15 A 1171/13 -, juris, Rdnr. 27 f.). Dazu legt der Zulassungsantrag nicht ansatzweise etwas dar.

2. Die Rechtsache weist mit Blick auf die Darlegungen des Rechtsmittelführers keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Solche Schwierigkeiten bestehen dann, wenn die Richtigkeit einer tragenden Tatsachenfeststellung oder einer tragenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren als offen anzusehen ist, wobei solche Fragen außer Betracht bleiben, die allein infolge unterbliebener Darlegung des Rechtsmittelführers als offen erscheinen. Danach sind hier keine besonderen Schwierigkeiten erkennbar. Die unter 1) angesprochenen Fragen lassen sich ohne weiteres so, wie unter 1) geschehen, beantworten oder erscheinen allein wegen unterbliebener Darlegung des Rechtsmittelführers offen. Die vom Zulassungsantrag angesprochene Frage, ob ein Anschlusszwang durch eine "nachgeschobene" Satzung begründet werden kann, stellt sich vorliegend nicht. Die Anschlussverfügung vom 7. Juli 2010 ist erst nach Erlass der Satzung ergangen, auf die sie gestützt wird (Satzungsbeschluss am 11. Januar 2010, Satzungsbekanntmachung noch im Januar 2010). Dass Satzungsregelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang, die fehlerhaft sind, jedenfalls ex nunc durch fehlerfreie Satzungsregelungen ersetzt werden dürfen, liegt auf der Hand (vgl. dazu aus gebührenrechtlicher Sicht: OVG Bln-Bbg, Urteil vom 26. November 2008 - OVG 9 B 19.08 -, juris, Rdnr. 36).

3. Der Rechtssache kommt mit Blick auf die Darlegungen des Rechtsmittelführers keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die erstinstanzliche Entscheidung eine bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung gewesen ist, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung in einem Berufungsverfahren im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Zulassungsantrag legt für keine konkrete Frage dar, dass die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Frage einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung vermitteln kann (fallübergreifende Bedeutung, Klärungsbedürftigkeit in einem Berufungsverfahren, Entscheidungserheblichkeit).

4. Aus den Darlegungen des Rechtsmittelführers ergibt sich nicht, dass ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ausweislich der Begründung des angegriffenen Urteils hat sich das Verwaltungsgericht mit der Frageobliegenheit des Klägers in Bezug auf den Anschlusspunkt sowie mit der Auffindbarkeit des Anschlusspunktes befasst und auch ausgeführt, dass der Anschlussverfügung keine Befreiung des Klägers vom Anschluss- und Benutzungszwang entgegenstehe. Insoweit kann weder von einem Begründungsmangel noch von einem Gehörsverstoß die Rede sein. Gerade in Bezug auf die Befreiung zeigt der Zulassungsantrag auch nicht auf, dass das Verwaltungsgericht Vorbringen des Klägers abgeschnitten oder übergangen hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 GKG, die Streitwertfestsetzung für das zweitinstanzliche Verfahren auf § 47 Abs. 1 GKG, beide Vorschriften jeweils in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG. Soweit um den Anschluss- und Benutzungszwang in Bezug auf die Schmutzwasserkanalisation gestritten wird, geht der Senat regelmäßig von einem Streitwert von 7.500 Euro aus (2.500 Euro als pauschalierter Wertansatz für die Anschlusskosten, 5.000 als pauschalierter Wertansatz für die Verpflichtung zur dauernden Benutzung). Nachdem es vorliegend nur um den Anschluss geht, wären danach 2.500 Euro anzusetzen. Weil das in Höhe von 3.000 Euro angedrohte Zwangsgeld über diesem Betrag liegt, ist indessen der Betrag des Zwangsgeldes maßgeblich. Der Senat folgt insoweit der Empfehlung in Nummer 1.6.2 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).