Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 28.02.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 B 37.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 9 Abs 1 TEHG 2004, § 6 Abs 1 ZuG 2012, § 6 Abs 5 S 1 ZuG 2012, § 6 Abs 5 S 2 ZuG 2012, § 3 Abs 1 DEV 2012, § 7 Abs 1 DEV 2012 |
§ 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 in Verbindung mit Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Monitoring-Leitlinien 2004 eröffnet dem Anlagenbetreiber keine freie Wahlmöglichkeit, im Zuteilungsverfahren den Biomassegehalt eines Brennstoffgemischs entweder auf 0 % anzusetzen oder der zuständigen Behörde eine geeignete Schätzmethode vorzuschlagen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt die Zuteilung weiterer Emissionsberechtigungen für die Handelsperiode 2008 bis 2012.
Die Klägerin betreibt in L... eine dem Emissionshandelsrecht unterliegende Anlage zur Herstellung von Zementklinker. Darüber hinaus unterhielt sie an drei weiteren Standorten Zementklinkeranlagen, deren Betrieb mittlerweile eingestellt worden ist. Die Produktion dieser Anlagen wurde teilweise von dem Werk in L... übernommen.
In dem Zementwerk L... werden von der Klägerin u.a. Kunststoffreste als Brennstoff eingesetzt, deren stoffliche Zusammensetzung variiert. In ihrem verifizierten Emissionsbericht für das Jahr 2005 gab die Klägerin den von ihr anhand von Analysen ermittelten Biomasseanteil der verbrauchten Kunststoffreste mit durchschnittlich 34,3 % an. Für das Jahr 2006 wies sie in ihrem Emissionsbericht einen durchschnittlichen Biomasseanteil von 39,5 % aus; in den Jahren 2007 bis 2011 lag der Biomasseanteil nach den der Klägerin vorliegenden Analysedaten im Durchschnitt zwischen 35,9 % und 57,6 %.
Für die Jahre 2003 und 2004 gab die Klägerin im Rahmen ihrer Datenmitteilung nach § 3 Abs. 1 der Datenerhebungsverordnung 2012 (DEV 2012) jeweils den für das Jahr 2005 ermittelten Durchschnittswert von 34,3 % als Biomasseanteil an. Dabei verwies sie in einem der Datenmitteilung beigefügten Schreiben vom 28. September 2006 darauf, dass ihr für die Jahre 2003 und 2004 keine Analysedaten vorlägen und daher zunächst pauschal auf den im Emissionsbericht für das Jahr 2005 angegebenen Wert zurückgegriffen worden sei. Eine Korrektur dieses Wertes im Rahmen des Zuteilungsantrages für die zweite Handelsperiode behielt sie sich ausdrücklich vor.
Mit Antrag vom 18. November 2007 beantragte die Klägerin für die Anlage in Leimen die Zuteilung von Emissionsberechtigungen nach § 6 des Zuteilungsgesetzes 2012 (ZuG 2012) sowie - mit Blick auf die Produktionsübernahme aus den stillgelegten Anlagen - zusätzlich nach § 10 Abs. 6 ZuG 2012. Unter Bezugnahme auf ihren ausdrücklich erklärten Vorbehalt und die Vorgaben der Monitoring-Leitlinien 2004 gab sie hierbei den biogenen Anteil des eingesetzten Brennstoffs „Kunststoffreste“ in den Jahren 2003 und 2004 mit 0 % an und beantragte in ihrem Begleitschreiben vom 15. November 2007, den nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 mitgeteilten Wert von 34,3 % gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 entsprechend zu ändern.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2008 teilte die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) der Klägerin für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 insgesamt 2.618.070 Berechtigungen gemäß § 6 Abs. 1 und § 10 Abs. 6 ZuG 2012 zu. Dabei legte sie der Ermittlung der historischen Emissionen aus dem Einsatz des Brennstoffs „Kunststoffreste“ während der maßgeblichen Basisperiode den von der Klägerin nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 für die Jahre 2003 und 2004 mitgeteilten Biomasseanteil von 34,3 % zu Grunde. Der im Zuteilungsantrag angesetzte Wert von 0 % sei nicht plausibel; eine Korrektur des nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 berichteten Wertes komme daher nicht in Betracht. Für die Zuteilung nach § 10 Abs. 6 ZuG 2012 ging sie zudem von einem geringeren Umfang der Produktionsübernahme als von der Klägerin beantragt aus.
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin gegen den vorgenannten Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides der DEHSt vom 30. Juni 2009 Klage erhoben, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung, hilfsweise zur Zuteilung weiterer 445.810 Berechtigungen begehrt hat. Mit Urteil vom 25. Mai 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Dabei hat es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts offen gelassen, ob der auf Neubescheidung gerichtete Hauptantrag zulässig sei, da die Klage jedenfalls in der Sache keinen Erfolg habe. Ein Anspruch auf Zuteilung weiterer Berechtigungen stehe der Klägerin nicht zu.
Bei der Zuteilung nach § 6 Abs. 1 ZuG 2012 habe die Beklagte der Bestimmung der historischen Emissionen in den Jahren 2003 und 2004 zu Recht einen Biomasseanteil der verfeuerten Kunststoffreste von 34,3 % zu Grunde gelegt. Zu einer Korrektur des von der Klägerin nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 mitgeteilten Wertes sei sie nicht verpflichtet. Der angegebene Biomasseanteil von 34,3 % entspreche den Anforderungen der Datenerhebungsverordnung 2012, so dass für eine Korrektur nach § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 kein Raum sei. § 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 verlange - anders als § 5 TEHG - lediglich eine Datenmitteilung, die „im Einklang“ mit den von der Europäischen Kommission erlassenen Monitoring-Leitlinien 2004 stehe. Dies erlaube es, den Unterschieden zwischen der jährlichen Berichterstattung über die verursachten Emissionen einerseits, für die die Monitoring-Leitlinien vorgesehen seien, und der Vorbereitung der Zuteilungsentscheidung andererseits Rechnung zu tragen, auf die sich die Meldung nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 beziehe. Soweit die Bestimmung des Biomasseanteils eines Brennstoffgemischs aus technischen Gründen nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sei, obliege es nach Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Monitoring-Leitlinien 2004 dem Anlagenbetreiber, den Biomasseanteil mittels einer sachgerechten Schätzung plausibel zu machen, wolle er ihn bei der Berichterstattung über die von ihm verursachten Emissionen zu seinen Gunsten berücksichtigt wissen. Es gehe nicht an, diese Obliegenheit für das Zuteilungsverfahren quasi in ihr Gegenteil zu verkehren, oder - wie es die Klägerin versuche - der zuständigen Behörde sogar eine sachgerechte Schätzung abzuschneiden. Der von der Klägerin für den Brennstoff „Kunststoffreste“ in der Datenmitteilung für 2003 und 2004 angegebene Biomasseanteil von 34,3 % sei daher sinnvollerweise als im Vorhinein genehmigte Schätzung der DEHSt anzusehen. Wolle man diesem rechtlichen Ansatz wegen des ausdrücklich erklärten Vorbehalts der Klägerin nicht folgen, liege jedenfalls ein Fall des § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012 vor. Denn die Angabe des Wertes von 34,3 % entspreche im konkreten Einzelfall dem höchsten Grad an Genauigkeit, da der Klägerin nach eigenen Angaben eine genauere Bestimmung des Biomasseanteils für die Jahre 2003 und 2004 nicht möglich sei; daran müsse sie sich festhalten lassen.
Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass der Klägerin auch aus § 10 Abs. 6 ZuG 2012 kein weitergehender Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen zustehe.
Gegen das vorstehende Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie allein einen auf 5.295 Berechtigungen bezifferten Mehrzuteilungsanspruch aus § 6 Abs. 1 ZuG 2012 weiterverfolgt. Zur Begründung trägt sie unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen vor:
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verpflichtung der Beklagten zur Korrektur des für die Jahre 2003 und 2004 nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 mitgeteilten Biomasseanteils von 34,3 % verneint. Der ausdrücklich unter Vorbehalt mitgeteilte Wert könne für die Zuteilung nach § 6 Abs. 1 ZuG 2012 nicht herangezogen werden, da er nicht den Anforderungen der Datenerhebungsverordnung entspreche. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts verkenne bereits die konkreten Umstände der Datenmitteilung, insbesondere die Tatsache, dass die pauschale Übernahme des Wertes für das Jahr 2005 allein aufgrund entsprechender Vorgaben der DEHSt erfolgt sei. Mit ihrem der Datenmitteilung beigefügten Vorbehalt habe sie unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die für die Jahre 2003 und 2004 pauschal übernommenen Angaben nicht im Einklang mit den Monitoring-Leitlinien stünden und daher auch nicht Grundlage der Zuteilungsentscheidung sein könnten. Angesichts dieses fehlenden Rechtsbindungswillens könnten ihre Angaben nicht als Vorschlag einer geeigneten Schätzmethode angesehen werden, die von der Beklagten im Vorhinein genehmigt worden sei.
Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten eine entsprechende Schätzmethode vorzuschlagen. Soweit die Bestimmung des Biomasseanteils eines Brennstoffs technisch nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sei, stünden die Optionen, entweder einen Biomasseanteil von 0 % zu Grunde zu legen oder eine geeignete Schätzmethode vorzuschlagen, nach Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Monitoring-Leitlinien gleichrangig nebeneinander. Die mit dem Ansatz eines Biomasseanteils von 0 % einhergehende Vereinfachung und Pauschalierung habe den Verordnungsgeber ersichtlich veranlasst, die für die Emissionsberichterstattung maßgeblichen Leitlinien gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 auch im Zuteilungsverfahren für anwendbar zu erklären. Diese Entscheidung des Verordnungsgebers könne nicht im Wege des Verwaltungsvollzugs negiert werden; insbesondere lasse sich den Regelungen der DEV 2012 nicht entnehmen, dass die durch die Monitoring-Leitlinien eröffnete Wahlmöglichkeit des Anlagenbetreibers dann keine Anwendung finde, wenn sie sich - wie vorliegend - zu seinen Gunsten auswirken könne. Der Ansatz eines Biomasseanteils von 0 % für die Jahre 2003 und 2004 entspreche danach den Vorgaben der Monitoring-Leitlinien, während die pauschale Übernahme des für das Jahr 2005 ermittelten und im Emissionsbericht ausgewiesenen Wertes von 34,3 % fehlerhaft sei. Bei Brennstoffen, die - wie hier - stark schwankende Zusammensetzungen aufwiesen, führe die pauschale Übernahme der Daten aus dem Emissionsbericht zu willkürlichen Ergebnissen, die in keiner Weise dem tatsächlichen Biomasseanteil entsprächen. Derartige „Willkürlichkeiten“ sollten durch die für die Datenmitteilung nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 vorgeschriebene Anwendung der Monitoring-Leitlinien gerade vermieden werden.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege auch kein Fall des § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012 vor. Die Vorschrift sei bereits tatbestandlich nicht anwendbar, da sie nach ihrem eindeutigen Wortlaut voraussetze, dass die in Satz 1 normierten Anforderungen an die Datenmitteilung nicht eingehalten werden könnten. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da der im Zuteilungsantrag für 2003 und 2004 angegebene Biomasseanteil von 0 % gerade den Anforderungen der Monitoring-Leitlinien entspreche. Für die Annahme, die Übernahme des Wertes aus dem Emissionsbericht für 2005 stelle den im Einzelfall höchsten erreichbaren Grad an Genauigkeit dar, sei damit kein Raum.
Die Beklagte sei danach verpflichtet, den in der Datenmitteilung fehlerhaft angegebenen Wert für die Jahre 2003 und 2004 gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 zu korrigieren und der Zuteilungsentscheidung einen im Einklang mit den Monitoring-Leitlinien stehenden Biomasseanteil von 0 % zu Grunde zu legen. Ein diesbezügliches Ermessen stehe ihr nicht zu. Bei zutreffender Auslegung stelle § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 lediglich eine kompetenzeinräumende Norm dar, gewähre der zuständigen Behörde aber nicht die Befugnis, im Wege des Ermessens von den gemeinschaftsweiten Vorgaben der Monitoring-Leitlinien abzuweichen. Im Übrigen sei die Ablehnung einer Korrektur jedenfalls ermessensfehlerhaft. Unter Berücksichtigung des normativen Zwecks der einschlägigen Regelungen, insbesondere der ausdrücklich normierten Bindung an die Monitoring-Leitlinien, sei selbst bei Annahme eines Ermessensspielraums der Beklagten von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Mai 2011 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Februar 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2009 zu verpflichten, ihr 5.295 Berechtigungen zusätzlich zu der bereits erfolgten Zuteilung kostenlos zuzuteilen,
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an den angefochtenen Bescheiden fest und verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Mehrzuteilung von Berechtigungen zu; die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Mehrzuteilungsanspruch ist § 9 Abs. 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes vom 8. Juli 2004 (BGBl I S. 1578), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. August 2010 (BGBl I S. 1163), der gemäß der Übergangsregelung in § 34 Abs. 1 Satz 1 Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz vom 21. Juli 2011 (BGBl I S. 1475) für die Handelsperiode 2008 bis 2012 weiterhin anwendbar ist (im Folgenden: TEHG 2004). Nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 haben Verantwortliche für jede Tätigkeit im Sinne des Gesetzes einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan (hier: ZuG 2012).
Bei der streitgegenständlichen Anlage zur Herstellung von Zementklinker handelt es sich um eine Anlage nach Anhang 1 Ziffer X TEHG 2004, für die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012 auf Antrag Berechtigungen in einer Anzahl zugeteilt werden, die dem rechnerischen Produkt aus den durchschnittlichen jährlichen Kohlendioxidemissionen der Anlage in einer Basisperiode, einem Erfüllungsfaktor von 0,9875 und der Anzahl der Jahre der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 entspricht. Da die Anlage vor dem 31. Dezember 1999 in Betrieb genommen worden ist, ist maßgebliche Basisperiode der Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2005 (§ 6 Abs. 2 ZuG 2012).
Für die Bestimmung der durchschnittlichen jährlichen Kohlendioxidemissionen innerhalb dieser Basisperiode sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 ZuG 2012 drei Daten maßgeblich: 1. Die Daten, die der Zuteilungsentscheidung für die erste Handelsperiode 2005 bis 2007 durch die zuständige Behörde zu Grunde gelegt worden sind, 2. die Daten, die der Betreiber auf Grundlage der Datenerhebungsverordnung 2012 rechtzeitig mitgeteilt hat und 3. die Daten, die der Betreiber für das Jahr 2005 nach § 5 Abs. 1 TEHG 2004 berichtet hat.
In nicht zu beanstandender Weise hat die Beklagte diese Datenbasis zur Grundlage ihrer Zuteilungsentscheidung gemacht. Für die Jahre 2000 bis 2002 hat sie ausweislich der Anlage 1 des Ausgangsbescheides zutreffend - in Übereinstimmung mit dem bestandskräftigen Zuteilungsbescheid für die erste Handelsperiode - keinen Biomasseanteil des verwendeten Brennstoffs „Kunststoffreste“ in Ansatz gebracht (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 3 ZuG 2012). Der von der Klägerin im Emissionsbericht für das Jahr 2005 angegebene Biomasseanteil von 34,3 % ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Für die in die Basisperiode fallenden Jahre 2003 und 2004 hat die Beklagte der Ermittlung der historischen Emissionen zu Recht den von der Klägerin auch für diese Jahre nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 mitgeteilten Biomasseanteil von 34,3 % zu Grunde gelegt. Zu einer Korrektur der gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ZuG 2012 grundsätzlich maßgeblichen Datenmitteilung und dem Ansatz eines Biomasseanteils von 0 % war sie nicht verpflichtet.
2. Aus § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin keine Verpflichtung zu einer entsprechenden Korrektur. Nach der genannten Vorschrift kann die zuständige Behörde für die Zuteilungsentscheidung die Datenbasis nach Satz 1 korrigieren, wenn die Angaben des Betreibers nicht den für die Ermittlung und Mitteilung von Daten geltenden Anforderungen des § 5 TEHG 2004, der Zuteilungsverordnung 2007 oder der Datenerhebungsverordnung 2012 entsprechen. Ob der Beklagten damit ein Ermessensspielraum eingeräumt wird oder es sich lediglich um eine kompetenzeinräumende Norm handelt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn eine Korrektur nach § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 scheidet schon mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen aus. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der von der Klägerin für die Jahre 2003 und 2004 mitgeteilte Biomasseanteil von 34,3 % nicht im Widerspruch zu den Anforderungen der Datenerhebungsverordnung 2012 steht.
a) Die allgemeinen Anforderungen an die Ermittlung und Angabe der nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 für die Kalenderjahre 2003 und 2004 mitzuteilenden Emissionsdaten sind in § 7 DEV 2012 geregelt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 sind die in der Datenmitteilung anzugebenden Daten und Informationen, soweit die Verordnung keine abweichenden Regelungen vorsieht, im Einklang mit den Monitoring-Leitlinien 2004 (Entscheidung 2004/156/EG der Kommission vom 29. Januar 2004) zu ermitteln und anzugeben. Soweit die Anforderungen nach Satz 1 nicht eingehalten werden können, sind die Daten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012 mit dem im Einzelfall höchsten erreichbaren Grad an Genauigkeit und Vollständigkeit zu ermitteln und anzugeben; der Betreiber hat in diesem Fall darzulegen, auf welcher Grundlage die Angaben beruhen und welcher Grad an Genauigkeit insofern erzielt worden ist.
Die Datenmitteilung der Klägerin hält sich im Rahmen dieser Anforderungen. Sie steht im Einklang mit den Monitoring-Leitlinien und entspricht insbesondere der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012.
b) Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 in Bezug genommenen Monitoring-Leitlinien 2004 sehen in Anhang I Ziffer 3 allgemeine Grundsätze für die Überwachung und Berichterstattung vor, insbesondere eine möglichst vollständige und genaue Ermittlung der Emissionen. Die Ermittlung des Biomasseanteils eines Brennstoffs erfolgt dabei grundsätzlich im Wege eines Analyseverfahrens, wobei die Wahl der jeweiligen Methode von der Art der in Frage stehenden Brennstoffmischung abhängt (Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 4). Ist eine Bestimmung des Biomasseanteils eines Brennstoffgemischs aus technischen Gründen nicht möglich oder würde eine Analyse unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen, so muss der Betreiber nach Ziffer 10.4 Abs. 9 des Anhangs I entweder einen Biomasseanteil von 0 % zu Grunde legen oder eine von der zuständigen Behörde zu genehmigende Schätzmethode vorschlagen.
Eine Zuteilung auf der Grundlage eines Biomasseanteils von 0 % kommt danach selbst dann nicht in Betracht, wenn man die vorstehende Regelung für einschlägig hält, weil der Klägerin für die Jahre 2003 und 2004 weder Analysedaten noch Lieferantenangaben zu den eingesetzten Kunststoffresten vorliegen. Im unmittelbaren Anwendungsbereich der Monitoring-Leitlinien, der Emissionsberichterstattung, kann der biogene Anteil eines Brennstoffgemischs nach dem eindeutigen Wortlaut des Anhangs I Ziffer 10.4 Abs. 9 nur dann zu Gunsten des Anlagenbetreibers berücksichtigt werden, wenn er mittels einer von der zuständigen Behörde zu genehmigenden Schätzung plausibel gemacht wird; andernfalls muss der Betreiber einen Biomasseanteil von 0 % ansetzen. Die im Falle der Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit einer analytischen Bestimmung zulässige Schätzung stellt einen Vorteil für den Anlagenbetreiber dar. Da der Emissionsfaktor für Biomasse null ist (Anhang I Ziffer 4.2.2.1.6 Abs. 4 der Monitoring-Leitlinien), werden die Emissionen aus der Verbrennung von Biomasse rechtlich nicht als Emissionen im Sinne des Emissionshandelsrechts angesehen (vgl. Urteil des Senats vom 8. November 2012 - OVG 12 B 6.12 - juris Rn. 26; Theuer, in: Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 TEHG Rn. 66, § 5 TEHG Rn. 13). Kann der Anlagenbetreiber für den von ihm verwendeten Brennstoff einen Biomasseanteil in Ansatz bringen, reduziert sich mithin seine Pflicht zur Abgabe von Emissionsberechtigungen aus § 6 Abs. 1 TEHG 2004; er muss weniger Berechtigungen abgeben. Nach den zutreffenden Ausführungen der Beklagten hat der Betreiber damit im Rahmen der Emissionsberichterstattung ein eigenes Interesse daran, den Biomasseanteil selbst korrekt zu ermitteln oder zumindest eine Schätzmethode vorzuschlagen. Auf den andernfalls zwingenden Ansatz eines Biomasseanteils von 0 % wird er sich nur dann einlassen, wenn er wenig Biomasse einsetzt und sich von einer konkreten Ermittlung oder Schätzung keinen nennenswerten Vorteil verspricht.
Für den umgekehrten Fall der Zuteilung von Berechtigungen trifft dies nicht zu. Im Zuteilungsverfahren wirkt sich der Ansatz eines Biomasseanteils von 0 % zu Gunsten des Anlagenbetreibers aus. Bei der Zuteilung auf der Grundlage historischer Emissionen nach § 6 Abs. 1 ZuG 2012 werden ihm umso mehr Berechtigungen kostenlos zugeteilt umso höher die fossilen Kohlendioxidemissionen seiner Anlage in der maßgeblichen Basisperiode sind. Die Angabe eines bestimmten Biomasseanteils im Wege der konkreten Ermittlung oder Schätzung ist dagegen für ihn nachteilig und führt zu einer geringeren Zuteilung von Berechtigungen. Durch die Weigerung, den biogenen Anteil des von ihm eingesetzten Brennstoffs konkret zu ermitteln oder zumindest durch eine Schätzung plausibel zu machen, kann er sich mithin einen Vorteil verschaffen.
Für die Annahme, § 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 in Verbindung mit Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Monitoring-Leitlinien eröffne dem Anlagenbetreiber auch für das Zuteilungsverfahren die freie Wahlmöglichkeit, entweder einen Biomasseanteil von 0 % anzusetzen oder eine geeignete Schätzmethode vorzuschlagen, ist danach entgegen der Auffassung der Klägerin kein Raum. Eine derartige Wahlmöglichkeit wird der aufgezeigten unterschiedlichen Interessenlage ersichtlich nicht gerecht. Sie würde eine für den Betreiber im Rahmen der Emissionsberichterstattung nachteilige Datenbasis, wie zu Recht bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat, im Ergebnis in ihr Gegenteil verkehren. Dies lässt sich auch mit den von der Klägerin angeführten Gesichtspunkten der Vereinfachung und Pauschalierung nicht rechtfertigen. Ausweislich der von ihr selbst eingereichten Begründung des Verordnungsentwurfs wollte der Verordnungsgeber mit der Bezugnahme auf die Monitoring-Leitlinien nicht die Anforderungen an die Vollständigkeit und Genauigkeit der Ermittlung der Kohlendioxidemissionen lockern, sondern durch einheitliche Berechnungsmethoden das Verwaltungsverfahren vereinfachen und die notwendige Transparenz herstellen. Ebenso wie im Rahmen der Berichterstattung muss der Anlagenbetreiber mithin auch bei seiner Datenmitteilung nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 die von ihm angegebenen Emissionsdaten hinreichend plausibel machen, will er sie zu seinen Gunsten berücksichtigt sehen. Dieser Obliegenheit kann er sich nicht allein unter Berufung auf die Regelung in Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Leitlinien entziehen, die erkennbar auf eine andere Ausgangslage zugeschnitten ist. Eine Wahlmöglichkeit, anstelle einer zumindest sachgerechten Schätzung des Biomasseanteils den biogenen Anteil des von ihm eingesetzten Brennstoffs mit 0 % anzugeben, steht ihm nach Sinn und Zweck der Monitoring-Leitlinien nicht zu.
Eine Korrektur der Datenmitteilung der Klägerin und eine Zuteilung auf der Grundlage eines Biomasseanteils von 0 % scheidet danach selbst dann aus, wenn man den Anwendungsbereich des Anhangs I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Leitlinien als eröffnet ansieht. § 6 Abs. 5 Satz 2 ZuG 2012 dient allein der Korrektur fehlerhafter Angaben, um eine zutreffende Erfassung der tatsächlichen jahresdurchschnittlichen Emissionen sicherzustellen, die für den Zuteilungsanspruch und die Berechnung der Anzahl der zuzuteilenden Berechtigungen maßgeblich sind (vgl. BT-Drs. 16/5240, S. 26). Dass die von der Klägerin eingesetzten Kunststoffreste in den Jahren 2003 und 2004 einen Biomasseanteil von 0 % ausgewiesen haben, ist angesichts der für die nachfolgenden Jahre vorliegenden Analysedaten in keiner Weise plausibel. Der mit der Datenmitteilung angegebene Wert von 34,3% liegt vielmehr noch unterhalb sämtlicher Durchschnittswerte für die Jahre ab 2005. Unter Zugrundelegung der Monitoring-Leitlinien stellt sich die Übernahme des für 2005 ermittelten Wertes in der Datenmitteilung damit letztlich, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, als sachgerechte Schätzung dar, die von der DEHSt als zuständiger Behörde genehmigt worden ist. Der von der Klägerin erklärte Vorbehalt steht dieser Einordnung nicht entgegen, da er aus den vorstehend angeführten Gründen rechtlich unbeachtlich ist.
c) Unabhängig davon entspricht die Datenmitteilung der Klägerin jedenfalls den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 DEV 2012 sieht eine Datenmitteilung im Einklang mit den Monitoring-Leitlinien nur insoweit vor, als die Verordnung selbst keine abweichenden Regelungen enthält. Eine solche abweichende Regelung stellt auch § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012 dar. Danach sind die nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 mitzuteilenden Daten, soweit die Anforderungen nach Satz 1 der Vorschrift nicht eingehalten werden können, mit dem im Einzelfall höchsten erreichbaren Grad an Genauigkeit und Vollständigkeit zu ermitteln und anzugeben. Ein derartiger Fall liegt hier vor.
Die von der Klägerin reklamierte Regelung des Anhangs I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Monitoring-Leitlinien greift - wie bereits vorstehend dargelegt - nur dann ein, wenn eine analytische Bestimmung des Biomasseanteils eines Brennstoffgemischs aus technischen Gründen nicht möglich ist oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde. Für eine Unverhältnismäßigkeit bestehen nach dem Vorbringen der Klägerin keine Anhaltspunkte. Vielmehr macht sie allein geltend, dass sie in den Jahren 2003 und 2004 nicht zur Durchführung von Analysen verpflichtet war, so dass es ihr mangels Entnahme und Aufbewahrung von Proben und mangels entsprechender Lieferantenangaben nicht möglich sei, den „historischen“ Biomasseanteil analytisch zu bestimmen. Gerade diese Fallgestaltung wird von § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012 erfasst. Ausweislich der eingereichten Begründung war dem Verordnungsgeber bewusst, dass die für die Berichterstattung maßgeblichen Monitoring-Leitlinien erst für die Emissionen ab dem Berichtsjahr 2005 verbindlich sind (S. 12 der Begründung des Verordnungsentwurfs). Anhang I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Leitlinien enthält insoweit - abweichend von der grundsätzlichen Bestimmung des Biomasseanteils im Wege der Analyse - eine in die Zukunft gerichtete Auffangregelung, die nicht unbesehen auf zurückliegende Zeiträume übertragen werden kann. Hätte die Klägerin bereits in den Jahren 2003 und 2004 Kenntnis von den Vorgaben der Monitoring-Leitlinien gehabt, wäre es ihr, wie die nachfolgenden Jahre zeigen, ohne weiteres möglich gewesen, den Biomasseanteil der von ihr verwendeten Kunststoffreste auch für diese Jahre analytisch zu bestimmen. Eine technische Unmöglichkeit im Sinne der Auffangregelung des Anhangs I Ziffer 10.4 Abs. 9 der Leitlinien liegt damit nicht vor. Eine im Einklang mit den Monitoring-Leitlinien entsprechende Bestimmung des Biomasseanteils ist der Klägerin vielmehr allein deshalb nicht möglich, weil deren Anforderungen nicht rückwirkend erfüllt werden können. Damit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 DEV 2012 erfüllt. Für die vor dem Erlass der Leitlinien liegenden Jahre 2003 und 2004 kann die Klägerin die in Satz 1 der Vorschrift normierten Anforderungen an die Ermittlung und Angabe der Emissionsdaten mangels Entnahme von Proben nicht einhalten. Sie war danach verpflichtet, den Biomasseanteil des von ihr verwendeten Brennstoffs mit dem im Einzelfall höchsten erreichbaren Grad an Genauigkeit und Vollständigkeit zu ermitteln und nach § 3 Abs. 1 DEV 2012 anzugeben. Dass der von ihr abweichend von ihrer Datenmitteilung angesetzte Anteil von 0 % nicht dem höchsten erreichbaren Niveau entspricht, ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.