Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 26.09.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 3a B 5.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 38 Abs 1 S 2 GG, Art 40 Abs 1 S 2 GG, Art 46 Abs 2 GG, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 383 StPO |
Ein Privatkläger hat gegen den Deutschen Bundestag kein Subjektives Recht darauf, dass dieser über den Antrag eines Strafgerichtes auf Aufhebung der Immunität (Artikel 46 Abs. 2 GG) eines Bundestagsabgeordneten entscheidet oder das Parlament die Entscheidung im Hinblick auf die Belange eines Privatklägers frei von Willkür trifft. Der Bundestag ist nicht verpflichtet, bei Beweisklagen ohne rechtliche Vorprüfung des Strafvorwurfes durch das zuständige Gericht eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten zu treffen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Er begehrt vom Deutschen Bundestag, dass dieser über einen gerichtlichen Antrag auf Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten U. S. entscheidet, um im Wege der Privatklage zu erreichen, dass die Abgeordnete wegen einer Äußerung strafrechtlich verfolgt werden kann.
Frau S. ist seit 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages und war von Januar 2001 bis Oktober 2009 Bundesministerin für Gesundheit.
Am 4. Dezember 2006 hielten mehr als 40.000 niedergelassene Ärzte ihre Praxen geschlossen, um gegen eine geplante Reform des Gesundheitswesens zu protestieren. Auf diesen Ärzteprotest angesprochen äußerte sich die damalige Bundesministerin für Gesundheit in einem am 4. Dezember 2006 vom Deutschlandfunk ausgestrahlten Interview wie folgt:
„… Mich ärgert vielleicht, wenn Patienten oder kranke Menschen in Geiselhaft genommen werden für Forderungen nach mehr Geld. Es gibt ja keine Reformvorschläge. Jeder weiß, es kann so nicht weitergehen, und außer der Forderung zum Beispiel der Ärzte, dass man sieben Milliarden Euro mehr für die Vergütung haben will, kenne ich keine Forderung.“
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 erhob der Kläger beim Amtsgericht Köln Privatklage gegen die Abgeordnete S. wegen Verleumdung und übler Nachrede. Er fühle sich ganz persönlich durch die Behauptung, die Ärzte hätten Patienten in Geiselhaft genommen, verleumdet. Das Amtsgericht Köln wies die Privatklage mit Beschluss vom 17. Januar 2007 als unzulässig zurück, weil der Kläger keine Bescheinigung über den erfolglos durchgeführten Sühneversuch zu den Akten gereicht habe. Mit Beschluss des Landgerichts Köln vom 2. Februar 2007 - 105 Qs 45/07 - wurde die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts verworfen. Das Amtsgericht habe die Privatklage im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil der Kläger nicht als Privatkläger die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S. beim Bundestag beantragt habe.
Am 4. Juli 2007 beantragte der Kläger beim Bundestag die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S.. Mit Schreiben vom 18. Juli 2007 wies der Sekretär des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung den Kläger darauf hin, dass auf Grundlage der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten auf einen Antrag eines Privatklägers die Immunität eines Mitglieds des Bundestages nicht aufgehoben werden könne.
Der Kläger erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht, mit der er begehrte, das Schreiben des Deutschen Bundestages vom 18. Juli 2007 aufzuheben und den Deutschen Bundestag zu verpflichten, die Immunität der Abgeordneten S. für ein Privatklageverfahren beim Amtsgericht Köln aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil vom 3. Februar 2009 die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger die Aufhebung des Schreibens des Deutschen Bundestages vom 18. Juli 2007 begehrt, fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Ob die darüber hinaus erhobene Klage auf Aufhebung der Immunität zulässig sei, könne dahingestellt bleiben. Der Kläger habe jedenfalls keinen Anspruch auf Aufhebung der Immunität der Abgeordneten, weil es ihm als Privatkläger nach den Grundsätzen in Immunitätsangelegenheiten an der Antragsberechtigung fehle.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2009 „erneuerte“ der Kläger seine Privatklage gegen die Abgeordnete S. beim Amtsgericht. Mit einem am 30. April 2009 beim Deutschen Bundestag eingegangenen Schreiben des Amtsgerichts Köln vom 11. März 2009 beantragte das Gericht die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S. für das Privatklageverfahren. Es vertrat darin die Auffassung, dass vor Aufhebung der Immunität eine materiell-rechtliche Vorprüfung der mit der Privatklage erhobenen Vorwürfe durch das Gericht nicht stattzufinden habe.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2009 teilte der Vorsitzende des Immunitätsausschusses dem Amtsgericht mit, dass der Ausschuss über den Aufhebungsantrag erst dann beraten werde, wenn das Gericht eine Entscheidung nach § 383 StPO - zunächst ohne Berücksichtigung der Immunität - getroffen habe. Eine Befassung des Bundestages mit dem Antrag auf Aufhebung der Immunität der Abgeordneten ziehe erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Die Befassung des Bundestags könne erst nach einer gerichtlichen Vorprüfung des Privatklagevorbringens erfolgen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 5. Mai 2011 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
Im Berufungsverfahren macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass ihm ein subjektives Recht zustehe, dass der Bundestag eine Entscheidung über die Genehmigung nach Art. 46 Abs. 2 GG treffe und zwar in bestimmter Weise, nämlich durch Aufhebung der Immunität des Mitglieds des Deutschen Bundestages. Für das Privatklageverfahren könne der Privatkläger selbst unmittelbar beim Präsidenten des Deutschen Bundestages die Aufhebung der Immunität beantragen. Die abweichende Regelung in A. Ziffer 1 b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten sei unwirksam. Es sei nämlich unzulässig, in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages als autonomer Satzung eine Ermächtigungsgrundlage für Regelungen über die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten zu schaffen. Die Grundsätze seien für ihn als außenstehenden Dritten unverbindlich.
Der Kläger beantragt,
den deutschen Bundestag zu verurteilen, über den Antrag auf Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten zu entscheiden und dabei auf eine Vorprüfung der Privatklage durch das Amtsgericht Köln zu verzichten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte tritt der Berufung entgegen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung der Immunität oder eine Entscheidung darüber. Aus Art. 46 Abs. 2 GG folge kein subjektives Recht des Privatklägers auf eine bestimmte Handlung bzw. eine willkürfreie Entscheidung des Bundestages über die Aufhebung der Immunität. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht den einzelnen Abgeordneten aus einem Zusammenspiel des Art. 46 Abs. 2 GG mit Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG einen Anspruch auf eine willkürfreie Entscheidung über die Genehmigung zugestanden. Hieraus könnten jedoch keine Rückschlüsse auf das Bestehen eines subjektiven Rechts des Privatklägers gezogen werden.
Selbst wenn dem Kläger ein Anspruch auf eine willkürfreie und ermessensfehlerfreie Entscheidung im Einzelfall zustehen würde, wäre dieser hier nicht verletzt. Nach A. Ziffer I Buchstabe b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten sei im Privatklageverfahren nur das Gericht, bevor es nach § 383 StPO das Hauptsacheverfahren eröffne, zur Stellung eines Antrags auf Aufhebung der Immunität berechtigt. Dementsprechend fehle es an der Antragsberechtigung des Privatklägers. Da der Bundestag im Aufhebungsverfahren nicht in eine Beweiswürdigung eintrete und daher die materielle Richtigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs nicht prüfe, sei über einen Antrag auf Aufhebung der Immunität erst dann zu entscheiden, wenn das Gericht die Absicht darlege, unmittelbar nach der Aufhebung der Immunität ein Hauptverfahren gegen den Abgeordneten zu eröffnen. Dies sei hier nicht der Fall. Es entspreche einer mehr als zwanzigjährigen Praxis, dass die Staatsanwaltschaft bzw. die Strafgerichte vor der Antragstellung und Entscheidung des Bundestags eine rechtliche Vorprüfung des Strafvorwurfs des Privatklägers vornähmen und ihr Ergebnis dem Bundestag mitteilten. Die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten seien Art. 46 Abs. 2 GG konkretisierende Normen, die dem verfassungsrechtlich verbrieften Schutz des Parlaments dienten. Die Geschäftsordnungsautonomie (Art. 40 Abs. 1 GG) und § 107 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages reichten als Rechtsgrundlage aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsstreitakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Die genannten Akten lagen in der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats vor und sind zum Gegenstand der Entscheidungsbildung gemacht worden.
Die gemäß §§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das verwaltungsgerichtliche Urteil ist nicht zu beanstanden.
Die Klage ist mit dem im Berufungsverfahren zur Entscheidung stehenden Leistungsbegehren zwar zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I. 1. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet.
Dem Oberverwaltungsgericht als Berufungsgericht ist nicht die Prüfung verwehrt, ob der vom Kläger beschrittene Verwaltungsrechtsweg zulässig ist, insbesondere ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben ist. Gemäß § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, zwar nicht, ob der bestrittene Rechtsweg zulässig ist. § 17a Abs. 5 GVG ist aber auf das hier betroffene Verhältnis zwischen dem Verwaltungsrechtsweg und dem Bundesverfassungsgericht unanwendbar (Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 17 Rn. 3; vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 69. Aufl., § 17 Rn. 3; Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 17 a Rn. 18). Mit dem Begriff des Rechtswegs im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG wird nämlich nur die Abgrenzung der Zuständigkeiten der einzelnen (Fach-) Gerichtsbarkeiten zueinander angesprochen (z.B. § 13 GVG, § 40 VwGO, § 33 FGO, § 51 SGG), die als Gerichte eine umfassende Nachprüfungskompetenz haben, nicht hingegen das Verhältnis zu dem auf die Nachprüfung von Verfassungsrecht beschränkten Bundesverfassungsgericht.
Es liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor. Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit setzt eine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit voraus. Verlangt wird zum einen, dass beide Streitsubjekte Verfassungsorgane, Teile von ihnen oder andere mittelbar am Verfassungsleben beteiligte Stellen respektive Personen sind, und zum anderen, dass das Streitobjekt materiell Verfassungsrecht darstellt (vgl. Bader/Funke/Kaiser, VwGO, 5. Aufl., § 40 Rn. 88; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 4. Aufl., § 11 Rn. 69 m.w.N.; a.A. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 40 Rn. 145). Dementsprechend gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Streitigkeiten, die von der Rechtswegzuweisung des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausgenommen sind, nur solche Prozesse, bei denen das streitige Rechtsverhältnis entscheidend vom Verfassungsrecht geprägt ist (u.a. BVerwG, NVwZ 1998, S. 500) und die Rechtsbeziehung von Verfassungsorganen oder am Verfassungsleben beteiligten Organen zueinander betreffen, nicht hingegen Streitigkeiten zwischen dem Bürger und dem Staat, selbst wenn ein Verfassungsorgan beteiligt ist (BVerwGE 51, 69 [71]; BVerwGE 36, 218 [228]; BVerwG, NJW 1976, 637; vgl. dazu auch BVerfGE 1, 208 [221]; 27, 240).
Obwohl die vom Kläger begehrte Entscheidung über die Aufhebung der Immunität einer Abgeordneten eine Maßnahme im Rahmen der Parlamentsautonomie ist, die nach Art. 46 Abs. 2 GG durch das Verfassungsrecht geprägt wird, liegt hier - anders als bei einem Organstreitverfahren eines Abgeordneten gegen die Aufhebung der Immunität (vgl. BVerfGE 104, 310) - eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vor. Ein Streitsubjekt, nämlich der Kläger als Privatkläger, ist kein Verfassungsorgan, weshalb trotz der Beteiligung des Deutschen Bundestages eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 GG vorliegt.
2. Das Begehren des Klägers im Berufungsverfahren, den Deutschen Bundestag zu verurteilen, über den Antrag auf Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten S. zu entscheiden, das wegen der Einwilligung der Beklagten nach §§ 125 Abs. 1, 91 VwGO selbst dann zulässig ist, wenn man es als Klageänderung ansehen würde, ist in Form der allgemeinen Leistungsklage statthaft. Klageziel ist eine Leistung, die kein Verwaltungsakt ist. Ein Verwaltungsakt liegt nach § 35 Satz 1 VwVfG nur bei einer Entscheidung vor, bei der das handelnde Subjekt eine Behörde ist. Soweit ein Parlament oder seine Organe nicht funktionell Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, sind sie keine Behörde im Sinne dieser Regelung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 31). Die Entscheidung über die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten nach Art. 46 Abs. 2 GG ist eine Maßnahme des Bundestages im Rahmen der Parlamentsautonomie, die vom Plenum durch einen verbindlichen echten Parlamentsbeschluss gefasst wird und damit kein Verwaltungsakt ist (Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 11. Aufl., Art. 46 Rn. 27; Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 152a Rn. 44). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass auch das an den Kläger gerichtete Schreiben des Sekretärs des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vom 18. Juli 2007, in dem er darauf hingewiesen wurde, dass auf Antrag des Privatklägers die Immunität eines Mitglieds des Bundestages nicht aufgehoben werden könne, kein Verwaltungsakt ist. Das bloße Hinweis- und Belehrungsschreiben des Ausschusssekretärs bringt bei objektiver Betrachtung keine Rechtswirkungen hervor. Insbesondere enthält es keine Regelung im Sinne eines ablehnenden Bescheides des Antrags auf Aufhebung der Immunität.
3. Für die Leistungsklage des Klägers besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Er hat zuvor die Aufhebung der Immunität beim Bundestag selbst beantragt. Die begehrte Entscheidung ist auch nicht nutzlos, da sie im Erfolgsfall dem Kläger seinem Ziel der strafrechtlichen Verfolgung der Abgeordneten S. näher bringen würde. Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf nach Art. 46 Abs. 2 GG ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Deutschen Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dieser Immunitätsschutz ist ein Verfahrenshindernis, das auch gegenüber Privatklagen besteht, weshalb das Gericht das Hauptsacheverfahren nach § 383 StPO erst nach Aufhebung der Immunität des Abgeordneten eröffnen darf (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, § 152a Rn. 22; Meyer-Grossner/Schmitt, StPO, § 152 a Rn. 3). Der Deutsche Bundestag hat hier die Genehmigung nach Art. 46 Abs. 2 GG nicht schon im Vorhinein erteilt. Nach dem zu Beginn der 17. Wahlperiode erfolgten Beschluss des Deutschen Bundestages betreffend die Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages (Anlage 6 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages [GOBT], BGBl. I 1980, S. 1237, zuletzt geändert durch Nr. 2 der Bekanntmachung vom 15. Juli 2002, BGBl. I S. 3012) genehmigt er bis zum Ablauf dieser Wahlperiode zwar allgemein die Durchführung von Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Bundestages wegen Straftaten, es sei denn, dass es sich um Beleidigungen (§§ 185, 186, 187 a Abs. 1, 188 Abs. 2 StGB) politischen Charakters handelt. Letztere Ausnahme greift hier, da die vom Kläger erhobene Privatklage behauptet, dass die im politischen Meinungsstreit im Zusammenhang mit Ärzteprotesten getätigte Äußerung der Abgeordneten S. eine Beleidigung und üble Nachrede (§ 186 StGB) sei.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger als Privatkläger hat gegen den Deutschen Bundestag keinen Anspruch i.S. eines subjektives Rechts darauf, dass das Parlament auf Antrag des Strafgerichts eine Entscheidung nach Art. 46 Abs. 2 GG über die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S. trifft oder dass es diese Entscheidung frei von Willkür trifft (vgl. dazu 1.). Selbst wenn man annähme, dass dem Kläger als Privatkläger ein solches subjektives Recht zustünde, wäre es hier nicht verletzt, denn der Deutsche Bundestag ist nicht verpflichtet, bei Privatklagen ohne eine rechtliche Vorprüfung des Strafvorwurfs durch das zuständige Gericht eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S. zu treffen (vgl. dazu 2.).
1. Der Kläger als Privatkläger hat gegen den Deutschen Bundestag weder aus dem Grundgesetz noch aus einfachem Recht einen Anspruch darauf, dass der Bundestag über den Antrag des Gerichts auf Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten S. entscheidet. Ihm steht auch kein subjektives Recht darauf zu, dass das Parlament die Entscheidung über die Aufhebung der Immunität nach Art. 46 Abs. 2 GG im Hinblick auf Belange des Privatklägers frei von Willkür trifft.
a. Dass der Kläger als Privatkläger selbst ein entsprechendes subjektives Recht nicht hat, folgt bereits daraus, dass er für einen solchen Antrag nicht antragsberechtigt ist. Nach allgemeiner Auffassung in der verfassungsrechtlichen Literatur (Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 46 Rn. 53; Magiera, Bonner Kommentar, Art. 46 Rn. 123; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 46 Rn. 26; Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, S. 585 m.w.N.) ist der Privatkläger nicht berechtigt, beim Bundestag einen Antrag auf Aufhebung der Immunität zu stellen. Bei Privatklagen verlangt der Deutsche Bundestag zu Recht eine rechtliche Vorkontrolle des Strafvorwurfs durch das antragstellende zuständige Gericht. Die Befugnis, den Antrag auf Aufhebung der Immunität zu stellen, hat nämlich nach der enumerativen Regelung in A. Ziffer 1 Buchstabe b der vom Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung beschlossenen Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten (vgl. Anlage 6 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, BGBl. I 1980, S. 1237, 1261) in Privatklageverfahren (nur) das Gericht, bevor es nach § 383 StPO das Hauptsacheverfahren eröffnet und damit nicht der Privatkläger. Die in der strafrechtlichen Literatur (Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 152 a Rn. 36; Meyer/Großner, StPO, § 152 a Rn. 9 m.w.N.) und vom Landgericht (LG Köln, Beschluss vom 2. Februar 2007 - 105 Qs 45/07 -) vertretene Gegenauffassung, wonach der Privatkläger den Antrag selbst beim Bundestag stellen könne, übersieht die Neuregelung in A. Ziffer 1 Buchstabe b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten (zu der bis 7./8. Wahlperiode geltenden alten Regelung, BT-Drs. 5/4112; Bücker, Aktuelle Fragen der Immunität, Festgabe für Werner Blische, Plenarsitzung des Deutschen Bundestages, S. 52). Der Bundestag ist rechtlich nicht gezwungen, dem Privatkläger ein Antragsrecht einzuräumen, weil die Regelungen über das Verfahren zur Aufhebung der Immunität der Parlamentsautonomie unterfallen. Wenn der Kläger als Privatkläger demnach nicht einmal antragsberechtigt ist, einen Antrag auf Aufhebung der Immunität zu stellen, steht ihm erst Recht kein Anspruch auf eine Sachentscheidung zu.
Auch das Vorbringen des Klägers, die Regelung in A. Ziffer 1 Buchstabe b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten sei nicht wirksam zustande gekommen und habe für Dritte keine Verbindlichkeit, vermag nicht positiv zu begründen, dass ein Privatkläger ein Recht haben soll, dass der Bundestag über den gerichtlichen Antrag auf Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S. eine Entscheidung trifft. Eine rechtliche Grundlage für ein derartiges subjektives Recht wird vom Kläger nicht angeführt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist auch formal-rechtlich nicht zu beanstanden, dass eine Regelung über die Antragsberechtigung in A. Ziffer 1 Buchstabe b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten getroffen wurde. Nach § 107 Abs. 2 GOBT hat der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Grundsätze über die Behandlung von Ersuchen auf Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages aufzustellen. Im Rahmen seiner Autonomie in eigenen Angelegenheiten hat daher der Bundestagsausschuss die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten als Sondergeschäftsordnung beschlossen (vgl. Klein: in Maunz/Dürig, GG, Art. 46 Rn. 57). Diese Grundsätze berühren nicht nur die Rechtstellung der Abgeordneten, sondern haben auch Wirkungen für Dritte. Zwar bindet die Geschäftsordnung des Bundestages grundsätzlich nur die Mitglieder des Bundestages (vgl. BVerfGE 1, 144 [149]). Gleichwohl ist es anerkannt, dass die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten auch nach außen, insbesondere gegen Strafverfolgungsbehörden und private Dritte - wie den Privatkläger - verbindlich wirken (vgl. näher Wiefelspütz, DVBl. 2002, 1229 [1235]; Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 46 Rn. 57; Butzer, Immunität im Demokratischen Rechtsstaat, S. 145 m.w.N.).
b. Auch aus Art. 46 Abs. 2 GG ergibt sich kein subjektives Recht des Privatklägers gegen den Deutschen Bundestag auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S.
Der Wortlaut des Art. 46 Abs. 2 GG enthält keinen Anhaltspunkt für ein solches subjektives Recht. Der Abgeordnete darf danach wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung grundsätzlich nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dass - wie der Kläger meint - mit dieser Formulierung dem Privatkläger ein seinem Schutz dienendes subjektives Recht auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität zustehen soll, findet im Wortlaut der Verfassungsvorschrift keine Stütze.
Bestätigt wird dies auch durch die systematische Stellung des Art. 46 GG im III. Abschnitt des Grundgesetzes. Die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten ist eine Maßnahme im Rahmen der Parlamentsautonomie, die der Bundestag grundsätzlich in eigener Verantwortung trifft (BVerfGE 104, 310 [332]; vgl. BVerfGE 102, 204 [235]). Die dem Parlament zustehende Autonomie erstreckt sich nicht nur auf Angelegenheiten der Geschäftsordnung (Art. 40 Abs. 1 Satz 2 GG). Autonomie bezeichnet die allgemeine Befugnis des Parlaments, seine eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln (BVerfGE 102, 224 [235]). Über die Genehmigung der Durchführung von Strafverfahren gegen seine Mitglieder entscheidet das Parlament daher grundsätzlich in eigener Verantwortung (BVerfGE 104, 310 [332]). Es kann sie erteilen oder versagen. Dies spricht dagegen, dass das Parlament auf Belange eines außenstehenden Privatklägers in maßgeblicher Weise Rücksicht nehmen muss oder ihm eine subjektive Rechtstellung im Sinne eines Anspruchs auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität zustehen soll.
Hierfür spricht auch der Entscheidungsmaßstab des Bundestages im Rahmen des Art. 46 Abs. 2 GG. Nach A. Nr. 4 Satz 2 der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten ist die Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung der Immunität eine „politische Entscheidung“. Der Kern dieser Entscheidung beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 104, 310 [332]) auf einer Interessenabwägung zwischen den Belangen des Parlaments und den Belangen anderer hoheitlicher Gewalten. Bei dieser Abwägung kommt dem Bundestag ein weiter Entscheidungsspielraum zu (BVerfGE 80, 188 [220]); 104, 310 [332]). Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass der Bundestag die Belange eines Privatklägers von Verfassungs wegen nicht notwendigerweise in die Interessenabwägung einzustellen hat und dieser keinen Anspruch auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität hat.
Auch der Sinn und Zweck der Immunität spricht gegen ein subjektives Recht eines Privatklägers. Die Immunität nach Art. 46 Abs. 2 GG dient dem Schutz des Parlaments (BVerfGE 104, 310 [328]). Dies zeigt, dass Art. 46 Abs. 2 GG gerade nicht dem Schutz des Privatklägers dient, sondern im Interesse der Arbeitsfähigkeit des Parlaments die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch im Falle von Privatklagen schützen will.
c. Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Privatkläger auch kein subjektives Recht darauf, dass der Bundestag die Entscheidung über die Genehmigung von Strafverfolgungsmaßnahmen nach Art. 46 Abs. 2 GG frei von Willkür trifft. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht den einzelnen Abgeordneten aus Art. 46 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG einen Anspruch darauf zugestanden, dass sich das Parlament bei der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität nicht - den repräsentativen Status des Abgeordneten grob verkennend - von sachfremden, willkürlichen Motiven leiten lässt (BVerfGE 104, 310 [325]).
Diese Rechtsprechung ist aber nicht auf den Privatkläger übertragbar. Das Bundesverfassungsgericht leitet den Anspruch nämlich nicht allein aus Art. 46 Abs. 2 GG, sondern auch aus dem durch Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten repräsentativen verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten ab, der zugleich die Grundlage für die repräsentative Stellung des Bundestags ist (BVerfGE 104, 310 (338)). Die Immunität soll auch davor schützen, dass missliebige Abgeordnete durch Eingriffe der anderen Gewalten in ihrer parlamentarischen Arbeit behindert werden. Durch strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen wird der Abgeordnete in der ungestörten Wahrnehmung seiner Aufgaben behindert. Daraus folgt, dass der Bundestag bei der Freigabe der Ermittlungen auch auf die aus dem Mandat folgenden Mitwirkungsrechte des betroffenen Abgeordneten Bedacht nehmen muss (vgl. BVerfGE 104, 310 (329 f.)). Der Privatkläger hat hingegen einen solchen Anspruch auf willkürfreie Entscheidung nicht, weil er weder eine dem Status des Abgeordneten vergleichbaren verfassungsrechtliche Stellung noch eine vergleichbare Grundrechtsposition inne hat (vgl. Butzer, Immunität im demokratischen Rechtsstaat, S. 114). Auch soweit Art. 38 GG ein Grundrecht des Klägers als Wahlberechtigten auf Mitwirkung an der demokratischen Selbstherrschaft des Volkes verleiht (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. September 2011, 2 BvR 987/10 u., veröffentlicht in Juris Rn. 99), folgt daraus kein allgemeines Recht der Bürger, demokratische Mehrheitsentscheidungen über die Aufhebung der Immunität einer Bundestagsabgeordneten oder das Verfahren hierzu kontrollieren zu lassen.
Aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 46 Abs. 1 GG lässt sich kein Anspruch des Privatklägers auf eine willkürfreie Entscheidung des Deutschen Bundestages über die Aufhebung der Immunität herleiten (vgl. so auch Butzer, Immunität im demokratischen Rechtsstaat, S. 114). Entscheidungen des Bundestages über die Aufhebung der Immunität sind nach Art. 46 Abs. 2 GG gegen den Abgeordneten und nicht gegen den Privatkläger gerichtet. Dies hat zur Folge, dass ein Anspruch des Privatklägers auf willkürfreie Entscheidung über die Aufhebung ein originärer Leistungsanspruch wäre. Es ist aber anerkannt, dass sich aus Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich keine verfassungsunmittelbaren originären Leistungsansprüche herleiten lassen (Osterloh, in: Sachs, GG, Art. 3 Rn. 55; Jarras/Pieroth, GG, 10. Aufl., Art. 3 Rn. 12). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nur, wenn die zugrunde liegenden Normen mindestens auch im Interesse des Klägers als Einzelnen erlassen wurden (BVerwGE 39, 235). Art. 46 Abs. 2 GG schützt aber das Parlament und als Reflex auch den Abgeordneten, nicht aber den Privatkläger.
Ein Recht des Privatklägers auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität oder willkürfreie Entscheidung ergibt sich nicht aus dem mit der jeweiligen Privatklage verfolgten staatlichen Strafanspruch (vgl. dazu Meyer/Großner/Schmitt, StPO, vor § 374 Rn. 5), und zwar unabhängig davon, ob ein solcher hier überhaupt besteht (zur Frage, ob die konkrete Äußerung der Abgeordneten S. als Persönlichkeitsverletzung des einzelnen Arztes zu bewerten ist vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. April 2007 - 14 U 11/2007 - veröffentlicht in Juris). Die Durchsetzung eines staatlichen Strafanspruches gegen ein Mitglied des Deutschen Bundestages ist kein Anspruch des Privatklägers, sondern ein Anspruch des Staates (Butzer, Immunität im Demokratischen Rechtsstaat, S. 114). Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Rechtsstaat (Art. 20 Abs. 3 GG) nur verwirklicht werden, wenn sichergestellt ist, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden, was grundsätzlich die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs erfordert (BVerfGE 51, 324 [343]). Die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs ist aber kein Recht des Privatklägers, sondern erfolgt im Interesse der Allgemeinheit. Die Aufklärung von Straftaten, die Ermittlung des Täters, die Feststellung seiner Schuld und seine Bestrafung obliegt nämlich den Organen der staatlichen Strafrechtspflege, die zu diesen Zweck unter gesetzlich bestimmten Voraussetzungen Strafverfahren einzuleiten und durchzuführen haben (vgl. BVerfGE 51, 324 [343]). Hier kann konkret davon ausgegangen werden, dass die Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse an der Verfolgung eines staatlichen Strafanspruchs gegen die Abgeordnete S. angenommen hat. Würde nämlich ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung der Abgeordneten bestehen, hätte die Staatsanwaltschaft nach § 376 StPO öffentliche Klage wegen der in § 374 Abs. 2 Nr. 2 StPO bezeichneten Beleidigungsdelikte erheben müssen. Hinzu kommt, dass selbst ein längeres Unterlassen des Bundestages, eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten S. zu treffen, nur zur Folge hätte, dass der Kläger durch ein Verfahrenshindernis zeitweilig gehindert ist, den von ihm behaupteten Strafanspruch im Wege der Privatklage durchzusetzen. Die Immunität ist nämlich kein dauerhaftes Strafverfahrenshindernis. Zeitlich erstreckt sich die Immunität nämlich auf die Dauer des Mandates und endet damit auch ohne Genehmigung mit dem Ende des Mandates durch Verzicht, Verlust oder Ablauf der Wahlperiode. Solange das Verfahrenshindernis wirkt, ruht die Verjährung grundsätzlich (vgl. Klein in Maunz/Dürig, GG, Art. 46 Rn. 53, Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, S. 583).
Schließlich hat der Kläger auch aus Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 46 Abs. 2 GG kein subjektives Recht auf eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität oder gerichtlichen Rechtsschutz dahingehend, dass der Bundestag verurteilt wird, über den Antrag auf Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten S. zu entscheiden. Art. 19 Abs. 4 GG enthält - ebenso wie die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie in zivilrechtlichen Streitigkeiten - ein Grundrecht auf effektiven richterlichen Rechtsschutz, das einen Anspruch auf möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle einschließt (vgl. u.a. BVerfGE 93, 1 [13] st. Rspr.; zuletzt BVerfG NVwZ-RR 2011, 625). Art. 19 Abs. 4 GG kommt aber nur zum Tragen, wo einschlägige Normen den Betroffenen ein subjektives Recht einräumen. Die Verletzung bloßer Interessen reicht nicht aus (BVerfGE 113, 273 [331]). Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet also nicht selbst Rechte, sondern setzt subjektive Rechte voraus. Daher kommt Art. 19 Abs. 4 GG hier nicht zum Tragen, weil weder Art. 46 Abs. 2 GG noch eine sonstige Norm dem Privatkläger ein subjektives Recht auf Aufhebung der Immunität oder auf willkürfreie Entscheidung über die Aufhebung gewährt.
2. Selbst wenn man vorgenannte Erwägungen des Senats nicht teilen würde und dem Kläger als Privatkläger ein subjektives Recht darauf einräumte, dass der Bundestag die Entscheidung über die Genehmigung von Strafverfolgungsmaßnahmen nach Art. 46 Abs. 2 GG frei von Willkür trifft, wäre dieses Recht hier nicht verletzt. Entgegen der Ansicht des Klägers hat er keinen Anspruch darauf, dass der Deutsche Bundestag bei der Privatklage ohne eine tatsächliche und rechtliche Vorprüfung des Strafvorwurfs durch das zuständige Gericht eine Entscheidung über die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten S. trifft.
Die vom Vorsitzenden des Immunitätsausschusses im Schreiben vom 4. Mai 2009 gegenüber dem Amtsgericht der Sache nach dargelegte Verfahrensweise, dass der Ausschuss den Aufhebungsantrag erst dann beraten werde, wenn eine gerichtliche Vorprüfung des Strafvorwurfs des Privatklägers erfolgt sei und das Gericht beabsichtige, nach der Aufhebung der Immunität ein Hauptverfahren gegen die Abgeordnete zu eröffnen, ist sachlich vertretbar, also frei von Willkür und damit nicht zu beanstanden. Nach A. Ziffer 1 Buchstabe b der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten ist in Privatklageverfahren das Gericht zur Stellung eines Antrags auf Aufnahme der Immunität berechtigt, bevor es nach § 383 StPO das Hauptverfahren eröffnet. Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 383 StPO entsprechend § 203 StPO, wenn nach der Sachdarstellung in der Klageschrift eine Privatklage vorliegt und der Beschuldigte nach dem Vorbringen der Klageschrift dieser Straftat hinreichend verdächtig erscheint (vgl. Meyer/Großner, StPO, § 383 Rn. 5 m.w.N.). In Übereinstimmung mit der Literatur (u.a. Bleibtreu/Klein, GG, Art. 26 Rn. 26) interpretiert der Immunitätsausschuss die Regelungen des A. Ziffer 1 der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten dahingehend, dass das Gericht im Privatklageverfahren im Rahmen seiner Prüfung, ob es nach § 383 StPO das Hauptverfahren eröffnet, vor der Stellung des Antrags auf Aufhebung der Immunität eine rechtliche Vorprüfung des Strafvorwurfs des Privatklägers gegen den Abgeordneten vorzunehmen hat. Diese Verfahrensweise – die nach den glaubhaften Darlegungen des Beklagten von den Strafgerichten in der Regel so auch praktiziert wird - ist jedenfalls sachlich vertretbar auch vor dem Hintergrund von A. Ziffer 4 der Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten, wonach der Bundestag in eine Beweiswürdigung (des Tatvorwurfes) nicht eintritt. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Bundestag nicht verpflichtet ist, im Rahmen der Abwägung die Schlüssigkeit des gegen den Abgeordneten erhobenen Tatvorwurfes zu prüfen (BVerfGE 104, 310 [333]). Abweichend von der Auffassung des Klägers ist es daher nach Bewertung des Senates jedenfalls nicht willkürlich, dass hier der Bundestag die rechtliche Vorkontrolle des Strafvorwurfs gegen die Abgeordnete S. dem hierfür zuständigen und funktional sachnäheren Strafgericht überlässt.
Der Umstand, dass das Amtsgericht Köln bislang die Rechtsauffassung vertreten hat, dass eine materielle Vorprüfung der mit dem privaten Klageverfahren erhobenen Vorwürfe durch das Gericht vor Aufhebung der Immunität nicht zu erfolgen habe, führt nicht dazu, dass die in diesem verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren allein streitgegenständliche Verfahrensweise des Deutschen Bundestages zu beanstanden wäre. Zwar mögen die gegensätzlichen Rechtsstandpunkte dazu geführt haben, dass bereits über eine längere Verfahrensdauer das Amtsgericht keine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens getroffen hat. Dies führt aber nicht dazu, dass die vom Bundestag eingeschlagene Verfahrensweise, die allein streitgegenständlich ist, willkürlich wäre.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.