Gericht | LG Frankfurt (Oder) 4. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 13.04.2011 | |
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Aktenzeichen | 14 O 292/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 9.196,64 nebst Zinsen in Höhe 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 7.728,27 seit dem 27. Februar 2010 und aus weiteren € 1.468,37 seit dem 21. Februar 2011 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien streiten über die Vergütung von eingespeisten Strommengen und in diesem Zusammenhang insbesondere um die Bemessung des nach dem EEG geschuldeten KWK-Bonus.
Die Klägerin betreibt an mehreren Standorten in Deutschland Bioabfallvergärungsanlagen und Blockheizkraftwerke, in denen das gewonnene Biogas vor Ort verstromt wird. Eines der Blockheizkraftwerke befindet sich am Standort M. und ist an das Netz der Beklagten angeschlossen. Die Anlage wurde im Jahr 2007 in Betrieb genommen. Eine erste Wärmenutzung fand in nennenswertem Umfang im Jahr 2008 statt. Das Blockheizkraftwerk funktioniert nach den Prinzipien der Kraft-Wärme-Kopplung, so dass gleichzeitig Strom und Nutzwärme erzeugt wird.
In dem Blockheizkraftwerk wurden im Jahr 2009 insgesamt 9.031.240 kWh Strom erzeugt, davon 1.510.295 kWh in Kraft-Wärme-Kopplung, was einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Jahresleistung von ca. 172,41 kW entspricht.
Mit Datum vom 20. Januar 2010 rechnete die Beklagte gegenüber der Klägerin die Bonuszahlung für den in Kraft-Wärme-Kopplung produzierten Strom für das Blockheizkraftwerk in M... für das Jahr 2009 ab. Sie berechnete den Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus in der Form, dass zunächst ermittelt wurde, wie viele kWh des im Jahr 2009 erzeugten Stroms anteilig den einzelnen Vergütungsstufen zuzuschlagen sind. Bei Grundvergütung und Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus ging sie anschließend insoweit identisch vor, als die Gesamt-kWh-Zahl anteilig den einzelnen Vergütungsstufen zugeordnet wurde. Daher hat die Beklagte nur für einen Teil des in Kraft-Wärme-Kopplung produzierten Stroms den Bonus in Höhe von 3,0 ct/kWh an die Klägerin gezahlt. Insgesamt zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von € 37.530,55.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 wandte sich die Klägerin gegen die Abrechnungsweise der Beklagten und forderte eine Neuberechnung. Dies wurde von der Beklagten abgelehnt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. April 2010 legte die Klägerin dar, dass tatsächlich eine Vergütung von € 45.308,82 zu leisten sei und sie forderte die Beklagte auf bis zum 13. Mai 2010 den Differenzbetrag in Höhe von € 7.778,27 zu bezahlen. Darüber hinaus macht die Klägerin nunmehr auch die darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von € 1.468,37 geltend.
Die Klägerin ist der Ansicht, neben der nicht streitgegenständlichen Grundvergütung einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des sogenannten Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus aus § 66 Abs. 1 Nr. 3 EEG für den gesamten von ihr in Kraft-Wärme-Kopplung produzierten Strom zu haben. Die teilweise Reduzierung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus von 3,0 ct/kWh auf lediglich 2,0 ct/kWh sei unrechtmäßig, da die Klägerin mit dem in Kraft-Wärme-Kopplung produzierten Strom unstreitig den Schwellenwert von 500 kWh nicht erreicht habe. Die Klägerin ist der Ansicht, die 500 kW-Grenze beziehe sich allein auf die Kraft-Wärme-Kopplungs-Leistung des Blockheizkraftwerkes und nicht auf die jahresdurchschnittliche elektrische Gesamtleistung der Anlage.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie € 9.196,64 nebst Zinsen in Höhe 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 7.728,27 seit dem 27. Februar 2010 und aus weiteren € 1.468,37 seit dem 21. Februar 2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe ordnungsgemäß abgerechnet. Die in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 EEG normierte Leistungsschwelle von 500 kW sei nämlich auf die gesamte Anlagenleistung und nicht nur auf die in Kraft-Wärme-Kopplung gewonnene Leistung bezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die Klägerin hat den geltend gemachten Anspruch in Höhe von € 7.728,27 nebst Umsatzsteuer in Höhe von 19 % gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG.
Die Voraussetzungen für die Zahlung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus liegen unstreitig vor. Die Klägerin hat unstreitig etwa 172,41 kW Strom in Kraft-Wärme-Kopplung entsprechend § 3 Abs. 4 KWKG eingespeist. Die Anforderungen der Anlage 3 zum EEG sind erfüllt. § 66 Abs. 1 Nr. 3 EEG ist anwendbar, weil die Anlage vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen wurde.
Entgegen der Auffassung der Beklagte ist bei der Bemessung der Bonuszahlung der in § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EEG normierte Schwellenwert nicht auf die Leistung der Anlage, sondern lediglich auf den in Kraft-Wärme-Kopplung gewonnene Strom zu beziehen.
Bereits dem Wortlaut des § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EEG ist zu entnehmen, dass sich der dort festgelegte Schwellenwert von 500 kW lediglich auf den Strom bezieht, der in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt worden ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Satzbau: „Für Strom […] der in Kraft-Wärme-Kopplung […] erzeugt worden ist, erhöht sich die Vergütung bis einschließlich einer Leistung von 500 kW um jeweils 3,0 Cent pro kWh.“
Ein Hinweis darauf, dass sich der Schwellenwert auf die Leistung der gesamten Anlage bezieht, ist der Regelung selbst zunächst nicht zu entnehmen, während an anderer Stelle im EEG bei Schwellenwertbestimmungen durchaus ausdrücklich auf die Leistung der Anlage insgesamt Bezug genommen wird – so etwa in den §§ 3 Nr. 6, 6 Nr. 1, 11 Abs. 1 und 18 EEG.
In all diesen Vorschriften wird von der „Anlagenleistung“ oder von der „Leistung der Anlage“ gesprochen. Wenn der Gesetzgeber bereits in § 3 Nr. 6 EEG eine Legaldefinition für den Begriff der „Leistung der Anlage“ normiert, kann davon ausgegangen werden, dass er dort, wo er den Begriff gerade nicht wie definiert verwendet, auch nicht die normierte Bedeutung meint. Der Begriff der „Leistung“ ohne weiteren Bezug ist im EEG auch gerade nicht definiert.
Gerade weil das Gesetz bei anderen Bonuszahlungen auf die Leistung der Anlage Bezug nimmt (vgl. Anlage 1 zum EEG für den Technologiebonus, Anlage 2 zum EEG für den NawaRo-Bonus), kann im Umkehrschluss davon ausgegangen werden, dass die Leistung der Anlage insgesamt gerade bei dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus keine Rolle spielen soll.
Auch aus den Bundestagsdrucksachen, die die Entstehung der Norm skizzieren (BT 16/9477, 16/8148 und 16/8393) lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber hier auf die Anlagenleistung Bezug nehmen wollte.
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass § 18 Abs. 2 EEG Anwendung findet und auch danach auf die Anlagenleistung abzustellen sei, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut gilt § 18 Abs. 2 EEG lediglich für die in den §§ 23 bis 28 EEG genannten Vergütungsstufen, nicht jedoch für die 500 kW-Grenze in § 66 EEG.
Es ist daher davon auszugehen, dass § 66 EEG einen eigenständigen Leistungsbegriff meint, der den Besonderheiten des Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus Rechnung trägt. Hier ist nämlich regelmäßig der ökologisch und energetisch sinnvoll produzierte Strom und der insgesamt erzeugte Strom nicht deckungsgleich. Zwar ist dies bei anderen geförderten Anlagen auch möglich, nicht jedoch die Regel.
Diesem systematischen Unterschied ist auch bei der Auslegung von § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EEG Rechnung zu tragen. Nur der in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Strom wird mit dem Bonus gefördert, nur er kann maßgeblich für den Schwellenwert im Hinblick auf die maßgebliche Anlagengröße sein.
Dieses Auslegungsergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Mit der erst nachträglich eingeführten Übergangsregelung sollen auch Betreiber von Anlagen, die schon vor dem 1. Januar 2009 ein den besonderen Anforderungen der Anlage 3 zum EEG 2009 entsprechendes Wärmenutzungskonzept realisiert hatten, finanziell unterstützt werden. Der Schwellenwert sollte den Anspruch auf den im Vergleich zum EEG 2004 höheren Bonus einheitlich auf eine jährliche in Kraft-Wärme-Kopplung gewonnene Strommenge beschränken.
Wäre die mit dem Bonus von 3,0 ct/kWh gewonnene Strommenge für jede Anlage in Abhängigkeit ihrer Gesamtleistung gesondert zu ermitteln, wären die finanziellen Folgen der Regelung für jeden Anlagenbetreiber andere, obwohl die Kosten für die Erschließung der Möglichkeit der Kraft-Wärme-Kopplung in dieser Größenordnung unabhängig von der Größe des stromerzeugenden Blockheizkraftwerks immer gleich sind. Anders als bei dem NawaRo-Bonus ist hier auch nicht davon auszugehen, dass bei der Produktion einer Strommenge in Kraft-Wärme-Kopplung mit deutlichen Preisvorteilen zu rechnen ist. Durch den Bonus sollen die Investitionen des Anlagenbetreibers in die durch das EEG gewollte Wärmeverbrauchseinrichtungen kompensiert werden. Diese Kosten sind aber wie bereits ausgeführt unabhängig von der elektrischen Gesamtleistung der Anlage. Würde die Bemessung des Bonus an Hand der Gesamtleistung der Anlage erfolgen, würde der durchschnittliche Bonus kleiner, je geringer der Anteil an ausgekoppelter Wärme in Relation zur Gesamtstrommenge wäre. Damit ginge der Anreiz gerade der Betreiber von größeren Anlagen verloren, ökologisch und energetisch sinnvoll Energie zu produzieren.
Die Beklagte hat mithin für die gesamte von der Klägerin in Kraft-Wärme-Kopplung im Jahr 2009 produzierten Strom mit 3,00 ct/kWh zu vergüten, so dass die Klägerin noch einen Anspruch in Höhe von € 7.728,27 und weiteren € 1.468,37 Umsatzsteuer hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf € 9.196,64 festgesetzt.