Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 25.07.2013 | |
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Aktenzeichen | 1 K 326/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 4 GVO, § 1 GVO, § 5 Abs 4 VEGebVerkGDV 1, § 7 VermAnsprV, Art 20 Abs 3 GG, Ziff 13 Buchst d S 1 RegGErkl/EinigVtr, Ziff 13 Buchst d S 2 RegGErkl/EinigVtr |
Grundstücksverkehrsgenehmigung
Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens nach § 7 der Anmeldeverordnung im Falle einer nach § 5 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 15. März 1990 als erteilt geltenden Grundstücksverkehrsgenehmigung
Rechtsschutzbedürfnis
Im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung Aufhebung der AnmeldeVO durch Art. 199 des am 25. April 2006 in Kraft getretenen 1. Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19. April 2006 (BGBl. I S. 866, 890)
Sinngemäße Anwendung des den Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts einschränkenden Gedankens, dass ein Rechtsbehelf aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG jedenfalls in den Fällen ohne ausdrückliche gegenteilige Regelung statthaft und zulässig bleibt, auch wenn der Rechtsbehelf nachträglich beschränkt wird
Folgen des Wiederaufgreifens des Genehmigungsverfahren
Gründe individuellen Vertrauensschutzes nicht zu berücksichtigen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladenen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der festzusetzenden Kosten; die Kläger können die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht dieser zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kläger wenden sich im Wesentlichen gegen das Wiederaufgreifen des Grundstücksverkehrsgenehmigungsverfahrens und gegen die Aufhebung der Genehmigung für einen Kaufvertrag über das Grundstück S.-Straße in A.
Das 1.611 m² große, ursprünglich mit einem „Kleinwohnhaus“ bebaute Flurstück ... der Flur X stand im Eigentum der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen; es wurde zunächst nach § 6 der Verordnung vom 17. Juli 1952 durch den Rat der Gemeinde A. verwaltet und am 03. Juli 1985 unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des Baulandgesetzes in Eigentum des Volkes überführt. Der Rat des Kreises Königs-Wusterhausen verlieh dem Kläger zu 2., der seit 1981 Bürgermeister der Gemeinde A. war, und seiner Ehefrau, der Klägerin zu 1., am 02. Juli 1987 ein dingliches Nutzungsrecht „zur Errichtung eines Eigenheimes nach Vorliegen der staatlichen Baugenehmigung“. Seit dem 30. Juli 1987 werden die Kläger im (ehemaligen) Gebäudegrundbuchblatt ... von A. als Eigentümer geführt. Mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 23. Mai 1990 erwarben sie von dem Rat der Gemeinde A. das Grundstück; der Kaufpreis in Höhe von 5.639,00 M entspricht dem Preisvorbescheid des Rates des Kreises vom 18. Mai 1990. Am 20. Februar 1991 wurden die Kläger als neue Eigentümer im Grundbuchblatt ... von A. eingetragen.
Die Beigeladenen beantragten am 12. September 1990 die Rückübertragung des Grundstücks und das Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens nach der Grundstücksverkehrsverordnung (GVVO) – nach § 5 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 15. März 1990 (<im Folgenden DV-VerkaufsG> GBl. I S. 158) gilt die Genehmigung bei dem Verkauf volkseigener Grundstücke, für das den Erwerbern bereits ein dingliches Nutzungsrecht erteilt worden ist, mit der Vorlage der preisrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung als erteilt - nach § 7 der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche (AnmeldeVO). Nachdem das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen die Grundstücksverkehrsstelle des Beklagten am 27. September 1999 über den Restitutionsantrag der Beigeladenen informiert hatte, ersuchte diese das Grundbuchamt, einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs einzutragen; diesem Begehren entsprach das Amtsgericht am 25. Oktober 1999.
Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen des Beklagten stellte mit Teil-Bescheid vom 30. November 2001 fest, dass die Beigeladenen Berechtigte im Sinne von § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und § 1 des Vermögensgesetzes (VermG) sind; der Vermögenswert habe, so die Begründung im Wesentlichen, einer schädigenden Maßnahme nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 VermG unterlegen und die Kläger hätten das dingliche Nutzungsrecht nach § 4 Abs. 3 lit. a) VermG unredlich erworben. Die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten seien rückabzuwickeln, „sollte die Grundstücksverkehrsgenehmigung … aufgehoben werden“.
Nach Anhörung der Kläger entsprach der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Dezember 2001 - den Verfahrensbevollmächtigten der Kläger zugestellt am 28. Dezember 2001 - dem Antrag auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens (Ziffer 1.), hob die Grundstücksverkehrsgenehmigung des Kaufvertrages vom 23. Mai 1990 auf und setzte das Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 4 der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) aus (Ziffer 2.).
Die Anmeldeverordnung sei für Grundstücksverkehrsgenehmigungen einschlägig, die in der Zeit vom 18. Oktober 1989 bis zum 03. Oktober 1990 für nach dem 18. Oktober 1989 abgeschlossene Grundstücksgeschäfte erteilt worden seien und denen der frühere Eigentümer nicht zugestimmt habe. Dem nach § 3 AnmeldeVO fristgemäß bis zum 12. Oktober 1990 gestellten Antrag auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens sei nach § 7 Abs. 1 AnmeldeVO zu entsprechen. Im Zuge einer Recherche seien weder bei dem Grundbuchamt noch in dem Verwaltungsvorgang des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen Unterlagen festgestellt worden, die auf eine Zustimmung der Alteigentümerin bzw. von deren Erben zu dem Kaufvertrag vom 23. Mai 1990 schließen lassen könnten. Die Voraussetzungen des § 1 GVO lägen nicht vor, so dass die für den Kaufvertrag vom 23. Mai 1990 erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung aufzuheben sei. Aus der – allerdings noch nicht bestandskräftigen - Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 30. November 2001 ergebe sich zudem, dass der Erwerb eines dinglichen Nutzungsrechts durch die Kläger nach § 4 Abs. 3 lit. a) VermG unredlich gewesen sei. Das Genehmigungsverfahren sei nach § 1 Abs. 4 GVO bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen auszusetzen.
Ihren Widerspruch vom 28. Januar 2002 begründeten die Kläger im Wesentlichen dahingehend, die Beigeladenen hätten am 11. September 1990 lediglich einen Rückübertragungsantrag gestellt und weder für die Wiederaufnahme des Genehmigungsverfahrens - die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AnmeldeVO oder des § 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) lägen nicht vor – noch für die Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung gebe es eine Ermächtigungsgrundlage, insbesondere seien insoweit § 49 Abs. 1 und 2 VwVfGBbg und § 1 GVO nicht einschlägig. Im Übrigen beziehe sich § 7 Abs. 1 AnmeldeVO auf § 6 AnmeldeVO und diese Vorschrift sei aufgehoben worden; hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Schreiben der Kläger auf die beabsichtigte Entscheidung vom 14. November 2001 Bezug genommen.
Darüber hinaus hätten sie auf die Rechtmäßigkeit und den Bestand der Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung vertraut und daher auf dem Grundstück drei Gewerbebetriebe gegründet; als Sicherheit für die Grundschuld über 350.000,00 DM und zwei Bürgschaften über 500.000,00 DM sei das Grundstück genutzt worden. Für den Fall der Aufhebung der Genehmigung wären ihre Existenzgrundlage und drei mittelständische Unternehmen mit 14 Arbeitsplätzen vernichtet. Auch die Jahresfrist für den Widerruf einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 5 GVO sei nicht eingehalten worden; auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 01. Dezember 1998 (8 N 50.98) werde verwiesen.
Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen wies die Widersprüche der Beigeladenen und der Kläger gegen den Teil-Bescheid vom 30. November 2001 am 07. September 2004 als unzulässig bzw. unbegründet zurück; den Rechtsbehelf der Kläger wies die 1. Kammer mit Urteil vom 17. September 2008 (1 K 1382/04) ab, die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision blieb erfolglos (Beschl. v. 07. September 2009 - BVerwG 8 B 24.09).
Der Beklagte wies den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2001 mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2010 - den Verfahrensbevollmächtigten der Kläger zugestellt am 30. März 2010 - zurück. Die Rechtsauffassung des Ausgangsbescheides unterliege keinen Bedenken, ein Widerruf im Sinne von § 5 GVO gegebenenfalls i. V. m. § 49 VwVfGBbg liege nicht vor, weil von diesen Vorschriften ausschließlich Sachverhalte erfasst würden, in denen nach dem Beitritt bzw. nach dem In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes eine Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt worden und zu einem späteren Zeitpunkt ein vermögensrechtlicher Antrag bekannt geworden sei. Aus entsprechenden Gründen sei auch § 11 GVO nicht einschlägig. Die Anmeldeverordnung sei zwar im April 2006 aufgehoben worden, sie sei jedoch für aktuelle Verfahren weiterhin von Bedeutung, wie Ziffer 13 lit. d) der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 (Gemeinsame Erklärung) (Gemeinsame Erklärung) verdeutliche. Diese Regelung, die den Rechtscharakter eines Staatsvertrages habe, sei als fortgeltendes Recht in den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (EinigVtr) übernommen worden und habe damit weiterhin Gesetzeskraft.
Die Kläger haben am 29. April 2010 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ausführen: Der Beklagte habe das Genehmigungsverfahren rechtsfehlerhaft wiederaufgenommen und auch die Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung sowie die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens seien rechtswidrig. Als Rechtsgrundlage des Wiederaufgreifens des Genehmigungsverfahrens komme § 7 AnmeldeVO nicht in Betracht, weil diese Vorschrift aufgehoben worden sei, die Voraussetzungen des § 51 VwVfGBbg lägen nicht vor. Selbst wenn auf § 7 AnmeldeVO zurückgegriffen werden könne, lägen die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens nicht vor; es fehle bereits an einem früheren Genehmigungsverfahren, weil die Genehmigung nach § 5 Abs. 4 DV-VerkaufsG fingiert worden sei. Auch § 49 Abs. 2 VwVfGBbg sei keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung; die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden Widerrufsgrundes nach Nr. 1 dieser Bestimmung lägen nicht vor. Die Jahresfrist nach § 5 GVO als lex specialis zu § 49 Abs. 3 und § 48 Abs. 4 VwVfGBbg sei nicht gewahrt. Darüber hinaus nehmen die Kläger zur Frage des redlichen Erwerbs Stellung und bekräftigen ihre Auffassung, sie hätten das streitgegenständliche Grundstück bzw. das Gebäude redlich erworben.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt in Ergänzung seiner bisherigen Ausführungen im Wesentlichen vor: Grundlage der Umschreibung im Grundbuch sei eine vor dem Beitritt erteilte Genehmigung, so dass § 5 GVO bzw. § 48 und § 49 VwVfG nicht herangezogen werden könnten. Es sei nach § 7 AnmeldeVO nicht von Bedeutung, ob ein eigenständiges Genehmigungsverfahren durchgeführt worden oder ob die Genehmigung fingiert worden sei; auch sei ausschließlich im vermögensrechtlichen Verfahren zu klären, ob die Kläger redlich erworben hätten.
Die Beigeladenen schließen sich dem Vortrag des Beklagten an und beantragen ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, die Gerichtsakten des beendeten Verfahrens 1 K 1382/04 (2 Bände) und den Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Ordner) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.
I.
Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2010 ist zulässig (unter 2.), aber unbegründet (unter II.), soweit sich die Kläger gegen das Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens und die Aufhebung der Grundstücksverkehrsgenehmigung des Kaufvertrages vom 23. Mai 1990 wenden; im Übrigen ist die Klage bereits unzulässig (sogleich unter 1.).
1. Soweit sich die Kläger der Klagebegründung vom 21. Juni 2010 (Seite 1) und ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nach im gerichtlichen Verfahren auch gegen die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens nach § 1 Abs. 4 GVO wenden, ist die Klage unzulässig.
Unabhängig davon, dass eine Aussetzung des Genehmigungsverfahrens nach § 1 Abs. 4 GVO bis zu einer abschließenden Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen über das Rückübertragungsbegehren der Beigeladenen mangels Vorgreiflichkeit des Restitutionsverfahrens nicht in Betracht kommt, hat die Genehmigungsbehörde das Verfahren ausdrücklich lediglich „bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung des AROV“ ausgesetzt, und hiermit ist der Erläuterung im letzten Satz der Begründung unter Ziffer I. (Seite 3) des Bescheids vom 27. Dezember 2001 nach ersichtlich die Bestandskraft des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 30. November 2001 gemeint. Dieser Bescheid wurde indessen nach Zurückweisung der Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 17. September 2008 (1 K 1382/04) mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 07. September 2009 bestandskräftig, so dass sich das Aussetzen des Genehmigungsverfahrens bereits vor Klageerhebung erledigt hatte und eine gerichtlichen Überprüfung mangels Rechtsschutzbedürfnis der Kläger nicht mehr in Betracht kommt.
2. Im Übrigen besitzen die Kläger (noch) ein Rechtschutzbedürfnis, die Regelungen nach Ziffer 1. und 2. des Bescheides des Beklagten vom 27. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2010 gerichtlich überprüfen zu lassen.
Das Rechtsschutzbedürfnis, das im Zweifel zu bejahen ist, fehlt der Klage vorliegend jedenfalls nicht offensichtlich (zu diesen Anforderungen vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, Vorb. § 40 Rn. 38 m. w. N.), obwohl es in materieller Hinsicht für die Frage, ob einer Rückübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 S. 1 VermG Ausschlussgründe entgegenstehen, nicht auf die Wirksamkeit des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 23. Mai 1990 ankommen dürfte.
Der Restitutionsausschlussgrund des § 3 Abs. 4 S. 3 i. V. m. S. 2 VermG, wonach der Restitutionsanspruch im Falle einer Verfügung über das Eigentum untergeht und dem Berechtigten nur noch ein Anspruch auf den Erlös zusteht, setzt voraus, dass nach In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes (am 29. September 1990) über ein restitutionsbelastetes Grundstück wirksam verfügt wurde oder aber zwar vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes verfügt, die Verfügung aber erst danach durch Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung wirksam wurde (BVerwG, Beschl. v. 01. September 2004 - BVerwG 7 B 47.04 - VIZ 2004, 519; Urt. v. 28. August 1997 - BVerwG 7 C 63.96 - Buchholz <Bh>428 § 3 VermG Nr. 20; Urt. der Kammer v. 07. September 2005 - 1 K 840/00 - juris, sowie im Anschluss: BVerwG, Beschl. v. 18. April 2006 - BVerwG 8 B 112.05 - juris). Ist dagegen - wie hier - vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes über ein restitutionsbelastetes Grundstück verfügt worden und ist diese Verfügung ebenfalls vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes durch Erteilung der erforderlichen Genehmigung wirksam geworden, richtet es sich ausschließlich nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes über den redlichen Erwerb (§ 4 Abs. 2 VermG), ob diese Verfügung eine Rückübertragung des Grundstückes an den Berechtigten ausschließt.
Ein auf den notariellen Kaufvertrag vom 23. Mai 1990 gründender redlicher Erwerb dürfte indessen schon deshalb nicht vorliegen, weil dieser die Vollendung des Rechtserwerbs durch Grundbucheintragung vor dem In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes voraussetzt (BVerwG, Urt. vom 27. Januar 2000 - BVerwG 7 C 2.99 - Bh 428 § 3 VermG Nr. 35; Urt. der Kammer v. 07. September 2005 - 1 K 840/00 - juris). Der Rechtserwerb der Klägerin war hier jedoch erst nach In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes, nämlich durch Grundbucheintragung am 20. Februar 1991, vollendet.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide sind in dem vom Gericht zu prüfenden Umfang rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Rechtsgrundlage des Wiederaufgreifens des Genehmigungsverfahrens ist § 7 Abs. 1 S. 1 der am 27. Juli 1990 in Kraft getretenen Anmeldeverordnung (GBl. I S. 718) in der Bekanntmachung ihrer Neufassung vom 03. August 1992 (BGBl. I S. 1481). Nach dieser Bestimmung ist das Genehmigungsverfahren nach der Grundstücksverkehrsverordnung auf Antrag des früheren Eigentümers oder des durch die vorläufige staatliche bzw. treuhänderische Verwaltung betroffenen Berechtigten wiederaufzugreifen, sofern das Rechtsgeschäft nach dem 18. Oktober 1989 ohne seine Zustimmung geschlossen worden ist.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beigeladenen haben dem Rechtsgeschäft vom 23. Mai 1990 nicht zugestimmt und sie haben am 12. September 1990 und damit innerhalb der Frist des § 7 Abs. 1 S. 2 AnmVO ausdrücklich das Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens beantragt; hiervon abgesehen wäre ein uneingeschränktes Begehren auf Rückübertragung unter Hinweis darauf, dass einem Rückübertragungsantragsteller die Rechtsänderungen an dem Grundstück nach dem schädigenden Ereignis nicht bekannt sind, dahingehend zu verstehen, dass der Antragsteller alle erforderlichen Anträge stellt, die zur Rückerlangung seines Eigentums erforderlich sind, folglich auch einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens nach der Grundstücksverkehrsverordnung (vgl. Urt. der Kammer v. 10. Oktober 2001 - 1 K 2277/97 - UA S. 6 und OVG f. d. Ld. Brandenburg, Beschl. v. 11. November 2002 - 4 A 37/02.Z - BA S. 4).
Dieses Verfahren ist nicht nur dann anzuwenden, wenn für ein genehmigungspflichtiges Grundstücksgeschäft ausdrücklich eine Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung vom 15. Dezember 1977 (GBl. I S. 73) erteilt worden ist, sondern entsprechend auch dann, wenn die Genehmigung als erteilt gilt (vgl. Urt. der Kammer v. 10. Oktober 2001 - 1 K 2277/97 - UA S. 6). So liegt es hier. Sofern ein volkseigenes Grundstück verkauft wird, für das dem Erwerber bereits ein Nutzungsrecht verliehen worden ist, gilt die staatliche Genehmigung des Kaufvertrages nach § 5 Abs. 4 DV-VerkaufsG als erteilt, wenn über den Kaufpreis eine preisrechtliche Unbedenklichkeitserklärung vorgelegt wird. Diese preisrechtliche Unbedenklichkeitserklärung lässt sich hier dem Preisvorbescheid des Rates des Kreises vom 18. Mai 1990 - die Regelung in Ziffer 3. des Kaufvertrages, die Unbedenklichkeitserklärung datiere aus dem „April 90“, dürfte fehlerhaft sein - entnehmen; folgerichtig wurden die Kläger am 20. Februar 1991 als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Zwar halten die Kläger dem zutreffend entgegen, dass ein mit einer Prüfung der Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung verbundenes Genehmigungsverfahren über die Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nicht durchgeführt worden ist; ein durchgreifendes Argument gegen ein Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 7 AnmeldeVO bildet dieser Umstand angesichts des Hintergrunds der Regelung jedoch nicht. Nach Nr. 13 lit. d) S. 1 und 2 der Gemeinsamen Erklärung - der nach Art. 41 Abs. 1 EinigVtr Gesetzeskraft zukommt - wird die DDR dafür Sorge tragen, dass bis zum Ablauf der Frist zur Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche nach Nr. 13 lit. b) der Gemeinsamen Erklärung keine Verkäufe von Grundstücken und Gebäuden vorgenommen werden, an denen frühere Eigentumsrechte ungeklärt sind, es sei denn, zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass eine Rückübertragung nicht in Betracht kommt oder diese nicht geltend gemacht wird. Veräußerungen von Grundstücken und Gebäuden, an denen frühere Eigentumsrechte ungeklärt sind und die dennoch nach dem 18. Oktober 1989 erfolgt sind, werden überprüft. In Erfüllung dieser Verpflichtung und im Nachgang zu dem Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 07. März 1990 (GBl. I S. 157) hat die DDR am 11. Juli 1990 unter anderem § 7 AnmeldeVO erlassen.
Der Widerspruchsbescheid ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass in dem - auch für die gerichtliche Prüfung maßgeblichen - Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch auf § 7 AnmVO ungeachtet des Umstandes zurückgegriffen werden konnte, dass die Anmeldeverordnung insgesamt durch Art. 199 des am 25. April 2006 in Kraft getretenen Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19. April 2006 (BGBl. I S. 866, 890) ersatzlos aufgehoben worden ist.
Zwar gilt an sich der allgemeine – und vorliegend entsprechend anwendbare - Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach eine Änderung des Verfahrensrechts auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst; dieser Grundsatz erfährt aber aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG jedenfalls in den Fällen ohne ausdrückliche gegenteilige Regelung eine Ausnahme dahingehend, dass ein bereits rechtshängiges Rechtsmittel statthaft bleibt, auch wenn dieses nachträglich beschränkt wird. Die für jedermann geltenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sind als verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstäbe auch dann heranzuziehen, wenn der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage eines Prozessbeteiligten einwirkt. Das Vertrauen in den Fortbestand verfahrensrechtlicher Regelungen ist von Verfassungs wegen zwar weniger geschützt als das Vertrauen in die Aufrechterhaltung materieller Rechtspositionen; im Einzelfall aber können verfahrensrechtliche Regelungen ihrer Bedeutung und ihres Gewichts wegen in gleichem Maße schutzwürdig sein wie Positionen des materiellen Rechts. So wird mit der Einlegung eines nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaften und zulässigen Rechtsmittels eine gewichtige verfahrensrechtliche Rechtsposition begründet, die es erfordert, entsprechend dem Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit davon auszugehen, dass das nach altem Recht einmal statthafte und zulässig eingelegte Rechtsmittel auch nach neuem Recht nicht unzulässig werden kann, sofern nicht der Gesetzgeber diese Rechtsfolge im Rahmen einer hinreichend deutlichen gesetzlichen Übergangsregelung anordnet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 - juris Rn. 39 ff., 42 ff.; Beschl. v. 17. März 2005 - 1 BvR 308/05 - NJW 2005, 1485; BVerwG, Beschl. v. 18. Dezember 2012 - 1 WB 64/11 - juris Rn. 25; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21. Juli 2011 - L 25 AS 211/10 B PKH - juris Rn. 2; Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, Einl. Rn. 13; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 96 Rn. 4). Entsprechendes gilt vorliegend. Der Gesetzgeber hat mit Nr. 13 lit. b) der Gemeinsamen Erklärung eine Überprüfung der Veräußerungen von Grundstücken und Gebäuden, an denen frühere Eigentumsrechte ungeklärt sind, vorgesehen, und die Beigeladenen hatten mit ihrem fristgemäßen Antrag auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens die einer materiellen Rechtsposition angenäherte verfahrensrechtliche Position erlangt, die ihnen allein mit Blick auf die Dauer des Widerspruchsverfahrens nicht wieder entzogen werden konnte.
Diese Rechtsfolge entspricht auch dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Zur Begründung der Aufhebung der Anmeldeverordnung wird in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 16/47 v. 03. November 2005, S. 83) Folgendes ausgeführt:
„Die Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche hat ihren Zweck erfüllt und ist vollständig vollzogen. Die in ihr vorgesehenen letzten Fristen für Anmeldungen bzw. Anträge auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens nach der Grundstücksverkehrsordnung sind mit dem 31. März 1991 (§ 3 S. 2 und § 7 Abs. 1 S. 2) abgelaufen. Soweit Verfahren, die auf der Grundlage der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche begonnen worden sind oder unter Verweis auf einen Fristablauf nicht zu einer Sachprüfung geführt haben, noch nicht abgeschlossen sein sollten, bleibt es trotz der Aufhebung der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche (mit Wirkung für die Zukunft) bei den angeordneten Rechtsfolgen (IV.1 des allgemeinen Teils der Begründung).“
Unter Nr. IV. 1 des allgemeinen Teils der Begründung werden die "Folgen der Aufhebung" von Rechtsvorschriften wie folgt skizziert:
„1. Weil die Aufhebungen erst mit Inkrafttreten des Rechtsbereinigungsgesetzes wirksam werden, ist es eindeutig, dass Rechtsfolgen, die durch aufgehobene Vorschriften oder mit deren Hilfe bereits herbeigeführt worden sind, durch die Aufhebung nicht berührt werden …
2. Aber auch dann, wenn über den Eintritt von Rechtsfolgen nicht vor Behörden oder Gerichten gestritten und darüber nicht behördlich oder gerichtlich befunden worden ist, besteht kein Grund zur Sorge, dass ein auf einer aufgehobenen Vorschrift basierender Anspruch nicht mehr verfolgt werden könnte.
a) Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass im Falle eines entstandenen gesetzlichen Anspruchs unerheblich ist, ob er behördlich festgestellt (oder gerichtlich tituliert) worden ist (BVerfGE 30, 367 [386f.]). Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsnorm erfüllt, solange sie geltendes Recht war, können auch die von ihr angeordneten Rechtsfolgen beansprucht werden. Dieses Recht ist nämlich das zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt (noch) geltende und damit maßgebliche Recht.
Diesem Grundsatz folgte der Gesetzgeber bereits seinerzeit mit dem Gesetz über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 (BGBl. I S. 437). Für die nicht in die Sammlung des Bundesrechts im Bundesgesetzblatt Teil III aufgenommenen Rechtsvorschriften, die … also außer Kraft getreten sind, hat § 3 Abs. 3 des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts allerdings noch ausdrücklich bestimmt, dass sie ‚auch für die Zukunft auf Rechtsverhältnisse und Tatbestände anwendbar (bleiben), die während der Geltung der Vorschriften ganz oder zum Teil bestanden haben oder entstanden sind‘. Diese mit den vorstehenden Darlegungen inhaltlich übereinstimmende gesetzliche Aussage formuliert einen inzwischen für das Recht der Bundesrepublik Deutschland allgemein gültigen Rechtsgrundsatz (vgl. BVerfGE 87, 48 [63 f.] m. w. N.). Dieser Grundsatz der ‚Aufrechterhaltung materieller Rechtspositionen‘ muss deshalb nicht mehr mit jedem gesetzlichen Aufhebungsbefehl verbunden werden…“
b) Anders als bei gesetzlich zuerkannte Ansprüchen des materiellen Rechts, die vom Gesetzgeber nach den vorstehenden Darlegungen allenfalls unter engen Voraussetzungen rückwirkend eingeschränkt werden dürfen, kann bei verfahrensrechtlichen Rechtspositionen zwar - je nach dem Grad ihrer Abgeschlossen- oder Offenheit - danach zu unterscheiden sein, ob der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, … Geltung beanspruchten darf oder nicht… Allerdings darf der Gesetzgeber nur aus ähnlich schwerwiegenden Gründen wie bei materiellen Rechtspositionen und zudem nur in hinreichend klarer Weise vor allem den Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit einschränken …
Aber dies ändert nichts an dem vorstehend für materielle Rechtspositionen dargelegten allgemeinen Grundsatz, dass eine auf die Zukunft gerichtete Aufhebung auch von Verfahrensrecht, handele es sich um dauerhaftes oder Übergangsrecht, alle hiervon tatbestandlich erfassten und (abstrakte) geregelten Fälle unberührt lässt: Hat etwa eine verfahrensrechtliche Übergangsvorschrift für bestimmte Übergangsfälle die (weitere) Anwendung alten Rechts vorgeschrieben, so sind die zum Inkrafttretenszeitpunkt der Übergangsvorschrift anhängigen und erfassten Verfahren (bis hin zur abschließenden Kostenentscheidung) auch nach einer Aufhebung dieses Übergangsrechts nach - für sich gesehen bereits aufgehobenem - altem Recht zu Ende zu führen. Nach neu geschaffenem Recht sind sie zu Ende zu führen, wenn dies ein Gesetzgeber entweder ausdrücklich oder durch stillschweigende Bezugnahme auf den allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Verfahrensrechts bestimmt hat…
c) Entsprechendes gilt für die in der Anlage I zum Einigungsvertrag enthaltenen - materiell- oder verfahrensrechtlichen - Regelungen. Denn soweit dort mit ‚Maßgaben‘ zum Bundesrecht für das Beitrittsgebiet partielles Bundesrecht geschaffen worden ist, lässt sich zwanglos auch von räumlich beschränktem Übergangsrecht sprechen. Mithin gilt auch insoweit, dass die durchgängig mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochenen ‚Nichtmehranwendungsbefehle‘ es zulassen, dass von solchen Bestimmungen tatbestandlich erfasste und noch nicht abschließend geregelte Übergangsfälle nach dem bisher geltenden und mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgelaufenen Recht beurteilt und entschieden werden können (vgl. im Einzelnen die Begründung zu Art. 207)…“
2. Erweist sich der Antrag auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens danach als zulässig und begründet, richtet sich die erneute Sachentscheidung der Behörde – nämlich die Frage, ob die Grundstücksverkehrsgenehmigung aufrecht zu erhalten oder aufzuheben ist – nach dem jeweiligen materiellen Recht, nicht jedoch nach den §§ 48, 49 VwVfG(Bbg) (Wasmuth in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, 51. EL, § 7 AnmVO Rn. 11; vgl. auch OVG f. d. Ld. Brandenburg, Beschl. v. 11. November 2002 - 4 A 37/02.Z - BA S. 4: „… oder der Aufhebungsentscheidung nach § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwVfGBBg, auf welche nach Ansicht des Verwaltungsgerichts der angefochtene Bescheid beruht …“; entgegen VG Cottbus, Urt. v. 10. Oktober 2001 - 1 K 2277/97 - UA S. 8; so entsprechend zu § 51 VwVfG auch: BVerwG, Urt. v. 13. September 1984 - BVerwG 2 C 22.83 - juris Rn. 21; Urt. v. 21. April 1982 - BVerwG 8 C 75.80 - juris Rn. 14; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 51 Rn. 44; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 51 Rn. 9; Falkenbach in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 51 Rn. 19 ff., 21).
Vorliegend sind die Erteilungsvoraussetzungen für die Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 1 der Grundstücksverkehrsordnung i. d. F. d. B. v. 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2221), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 44 des Gesetzes zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809) einschlägig, der die Versagungs- und Aussetzungsgründe nach Aufhebung des § 6 AnmVO durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257) abschließend normiert.
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 GVO liegen jedoch nicht vor. Nach § 1 Abs. 2 S. 1 GVO ist die Grundstücksverkehrsgenehmigung auf Antrag zu erteilen, wenn ein Rückübertragungsantrag nicht fristgemäß eingegangen, abgelehnt oder zurückgenommen wurde, der Anmelder zustimmt oder die Veräußerung nach § 3 c VermG erfolgt, im Übrigen ist sie zu versagen; nach § 1 Abs. 2 S. 2 GVO kann die Grundstücksverkehrsgenehmigung auch erteilt werden, wenn der Antrag nach § 30 Abs. 1 VermG offensichtlich unbegründet erscheint, insbesondere weil Restitutionsansprüche angemeldet sind, die auf Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage beruhen, oder weil Grundstücke im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau verwendet wurden. Sämtliche Voraussetzungen sind ersichtlich nicht gegeben.
Gründe individuellen Vertrauensschutzes sind nicht zu berücksichtigen.
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 AnmVO ist das Genehmigungsverfahren zwingend wieder aufzunehmen, sofern ein Vertrag nach dem 18. Oktober 1989 ohne Zustimmung des Anmelders geschlossen worden ist. Der Gesetzgeber hat den Vertrauensschutz in § 7 AnmVO damit dergestalt typisiert, dass Genehmigungsverfahren für die Verträge aus der Zeit nach dem Rücktritt Erich Honeckers unter anderem als Staatsratsvorsitzender auf Antrag ausnahmslos wieder aufzugreifen und dass die Genehmigungen anhand des nunmehr geltenden Rechts zu überprüfen sind, ohne dass dabei die besonderen Umstände des Einzelfalls, wie etwa zwischenzeitlich getätigte Investitionen oder der Zeitablauf seit der Antragstellung des Rückübertragungsberechtigten, zu berücksichtigen wären. Der Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Grundstücksverkehrsgenehmigung, die vor In-Kraft-Treten der Anmeldeverordnung erteilt, aber erst später vollzogen wurde, keinen größeren Schutz gegen einen Rückübertragungsanspruch zu begründen vermag, als ein bis zum 27. Juli 1990 vollständig abgeschlossener Eigentumserwerb, der nach § 4 Abs. 2 S. 2 VermG einer Rückübertragung im Grundsatz nicht entgegensteht. Schon vor diesem Hintergrund begegnet die Regelung über das Wiederaufgreifen von Genehmigungsverfahren nach § 7 AnmVO auch mit Blick auf das Rückwirkungsverbot keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Schutz des mit der 1. Anmeldeverordnung vom 11. Juli 1990 bereits zerstörten Vertrauens in die Abwicklung im Grundbuch noch nicht vollzogener Verträge - mit dem Abschluss des Kaufvertrages erwarben die Käufer nicht viel mehr als eine Erwerbschance und nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung allenfalls eine Anwartschaft (BVerfG, Urt. v. 23. November 1999 – 1 BvF 1/94 – juris Rn. 110 [zur Verfassungsgemäßheit des § 4 Abs.2 VermG]) überwiegt das Restitutionsinteresse des Alteigentümers an der Rückgabe dieser Grundstücke ebenso wenig wie die verfassungsrechtlich unbedenkliche, in § 4 Abs. 2 S. 2 VermG enthaltene Rückwirkung für den Ausschluss redlichen Erwerbs von Verträgen, die sogar noch vor In-Kraft-Treten von Rechtsgrundlagen über die Rückübertragung von Grundstücken vollzogen worden sind (so Urt. der Kammer v. 10. Oktober 2001 - 1 K 2277/97 - UA S. 9).
Die Kammer macht lediglich ergänzend darauf aufmerksam, dass die Kläger Gründe des Vertrauensschutzes allenfalls für den Zeitraum vom 23. Mai 1990 bis zum In-Kraft-Treten der Anmeldeverordnung am 27. Juli 1990 geltend machen könnten; es ist aber nichts dafür ersichtlich - die Grundschuld über 350.000,00 DM wurde erstmals am 12. Mai 1992 im Grundbuch eingetragen - oder vorgetragen, dass die Kläger ihr Vertrauen in diesem Zeitraum und vor dem Eigentumserwerb betätigt hätten. Im Gegenteil lassen die Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juli 2011 diese Einschätzung bestätigend vortragen, dass die Eintragung vom 20. Februar 1991 die Grundlage für die Eintragung der 350.000,00 DM zum „Auf- und Ausbau eines mittelständischen Unternehmen(s) durch den Kläger vom 12. Mai 1992“ gewesen sei.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 4 VwGO; der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2 und § 711 S. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).