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Entscheidung 6 K 6124/07


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 08.02.2011
Aktenzeichen 6 K 6124/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Es werden folgende Bescheide aufgehoben:

- Die negativen Feststellungsbescheide für die B... GmbH & atypisch Still für 1998 bis 2000 vom X. November 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom X. August 2007, die negativen Feststellungsbescheide für die B... GmbH & atypisch Still für 2001 bis 2003 vom X. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007 sowie

- die Bescheide über die Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide für die B... GmbH & atypisch Still (Steuer-Nr. 1...) für 2001 bis 2003 vom 9. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2007.

2. Die Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin (Steuer-Nr. 2…) für 1998 bis 2000 vom X. Dezember 2003 und in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 sowie für 2001 bis 2003 vom X. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007 werden dahingehend geändert, dass der Gewerbeertrag um die Anteile der Klägerin am Gewinn der B... GmbH & atypisch Still gekürzt wird.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Beschluss

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft mit der Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters der Klägerin.

Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom X.X.1997 mit einem Stammkapital von 100.000 DM gegründet. Gegenstand des Unternehmens sind der Vertrieb elektromedizinischer Geräte sowie der damit im Zusammenhang stehende Service. Gründungsgesellschafter waren Herr A... mit einem Anteil von 59 %, Herr C... mit einem Anteil von 40 % und Herr B... mit einem Anteil von 1 %. Mit Vertrag vom X.X.1998 erwarb der Gesellschafter A... den Anteil des Gesellschafters B... und hielt im Ergebnis 60 % der Anteile. Geschäftsführer der Klägerin war in den Streitjahren Herr A.... Nach § 5 Abs. 4 des GmbH-Vertrags erstreckt sich die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers nur auf den Gesellschaftszweck und nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Die Vornahme von Geschäften, die außerhalb des Gesellschaftszwecks liegen, unüblich oder mit besonderen Risiken verbunden sind, bedarf der vorherigen Zustimmung durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den GmbH-Vertrag.

Nachdem die Gesellschafterversammlung der Klägerin der Gründung einer atypischen Gesellschaft mit der Beigeladenen mit einstimmigem Beschluss vom X.X.1998 zugestimmt hatte, schlossen die Klägerin und die Beigeladene, die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers A..., am X.X.1998 einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (der Vertrag wird im Folgenden als Gesellschaftsvertrag bezeichnet, die atypisch stille Gesellschaft als GmbH & Still).

Nach § 3 des Gesellschaftsvertrags war die stille Gesellschafterin verpflichtet, als Einlage 5.000,- DM zu leisten. Die Vermögenseinlage sollte auf einfache Anforderung der Klägerin in bar erbracht werden. Für die stille Gesellschafterin sollte ein unveränderliches und unverzinsliches Einlagenkonto (Kapitalkonto I) geführt werden, auf dem das „Geschäftskapital“ gebucht werden sollte. Außerdem war vorgesehen, ein variables Konto (Kapitalkonto II), auf dem Gewinn- und Kapitalrücklagen gebucht werden sollten, und ein Verlustvortragskonto (Kapitalkonto III) zu führen, auf dem die Verlustanteile zu buchen waren. Daneben sollte für die stille Gesellschafterin ein Privatkonto geführt werden, auf dem der entnahmefähige Gewinn sowie alle Einlagen und Entnahmen gebucht werden sollten. Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages nahm die stille Gesellschafterin am Gewinn und Verlust mit einem Anteil von 1 % teil. Zu einem Nachschuss war sie nicht verpflichtet. Eine Haftung über die Einlage hinaus war ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags bedurfte die Aufnahme von neuen oder die Aufgabe von bestehenden Geschäftszweigen, soweit hierdurch eine wesentliche Veränderung der Unternehmensstruktur zu erwarten ist, die Erteilung und der Widerruf von Prokuren und die Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter der vorherigen Zustimmung der stillen Gesellschafterin. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrags standen der stillen Gesellschafterin neben den Rechten aus § 233 Handelsgesetzbuch -HGB- auch die Rechte nach § 716 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- und nach § 118 HGB zu. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den Gesellschaftsvertrag (Bl. 11 ff. d.A.).

Die stille Gesellschafterin erbrachte die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Bareinlage nicht. Stattdessen wurden die für sie in den Jahresabschlüssen der Streitjahre festgestellten Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft dazu verwendet, die Einlageverpflichtung im Wege der Aufrechnung zu erfüllen. Die offene Einlageverpflichtung wurde mit 4 % verzinst. Die zur Erfüllung der Einlageverpflichtung verwendeten Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin und die offene Einlageverpflichtung entwickelten sich wie folgt:

Jahr   

Gewinnanteil

Verbleibende Einlageverpflichtung

1998   

386,- DM

4.614,- DM

1999   

853,- DM

3.761,- DM

2000   

1.345,56 DM

2.415,44 DM

2001   

1.321,07 DM

1.734,55 DM

2002   

471,46 €

450,87 €

2003   

0,- €
Einzahlung: 465,90

0,- € 

Die Gründung der stillen Gesellschaft wurde wie folgt gebucht: „Forderung gegen Gesellschafter (Konto #1507) an Darlehen atypisch stiller Gesellschafter (Konto #770)“. Die Gewinnanteile wurden gebucht: „Abgeführte Gewinne aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags (Konto 2494) an Forderung gegen Gesellschafter (Konto #1507)“.

Der Beklagte veranlagte die GmbH & Still zunächst erklärungsgemäß und erließ am X. Februar 2000 für 1998, am X. Januar 2001 für 1999 und am X. Oktober 2001 für 2000 Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung und den Gewerbesteuermessbetrag. Die Bescheide für die Streitjahre 2001 bis 2003 ergingen abweichend von den Erklärungen der Klägerin für 2001 am X. März 2003 (geändert am X. Mai 2003), für 2002 am X. Oktober 2003 (geändert am X. Mai und am X. August 2006) und für 2003 am X. Mai 2006 (geändert am X. Juni 2006).

Anschließend führte der Beklagte für die Jahre 1998 bis 2000 sowie für die Jahre 2001 bis 2003 Außenprüfungen durch. Im Rahmen der Außenprüfungen teilte die Klägerin dem Außenprüfer u.a. mit, dass die Mitarbeit der Beigeladenen für die Klägerin von hohem Wert sei, da Frau Dr. A... einschlägige berufliche Erfahrungen im medizinischen Bereich aufweise. Da kein Finanzbedarf bestanden habe, sei die nach § 3 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene Anforderung der Einlage nicht erfolgt.

Der Außenprüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- nicht vorlägen. Das Mitunternehmerrisiko sei nur schwach ausgeprägt. Es liege nur eine durchschnittlich ausgeprägte Mitunternehmerinitiative vor, die das fehlende Mitunternehmerrisiko nicht ausgleiche. Zudem halte der Vertrag einem Fremdvergleich nicht stand, und er wäre mit einem fremden Dritten nicht abgeschlossen worden. Dies folge aus der Abfindungsregelung, der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Beteiligung und der Gewinnverteilung. Die Gewinnverteilung beruhe auf einem zwar rechnerisch, aber nicht inhaltlich nachvollziehbaren Verfahren; denn nach Auskunft des Steuerberaters sei der Verteilungsschlüssel in der Weise ermittelt worden, dass bei einer angenommenen Verzinsung der Beteiligung von 20 % und einem unterstellten Gewinn von 100.000 DM der Anteil 1 % betrage. Hier hätte es nach Auffassung des Außenprüfers aber einer Ermittlung des Ertrags- und Substanzwertes bedurft.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und hob die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und über den Gewerbesteuermessbetrag der GmbH & Still (Steuer-Nr. 1…) mit Bescheiden vom X. November 2003 (für 1998 bis 2000) und vom X. Juli 2007 (für 2001 bis 2003) ersatzlos auf. Mit Bescheiden vom 1. Dezember 2003 änderte der Beklagte die Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin für die Jahre 1998 bis 2000 (Steuer-Nr. 2…). Mit Bescheiden vom X. Juli 2007 hob der Beklagte die Feststellungsbescheide und die Gewerbesteuermessbescheide für die GmbH & Still für 2001 bis 2003 auf. Zugleich hob er hinsichtlich der GmbH den Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO auf.

Die dagegen gerichteten Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. Der Beklagte blieb bei seinem Standpunkt, wonach die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft nicht erfüllt seien. Die stille Gesellschafterin habe die vereinbarte Einlage nicht erbracht. Es genüge nicht, wenn die Einlage allein aus künftigen Gewinnanteilen erbracht werde. Es sei zudem zu beachten, dass der Mehrheitsgesellschafter der Klägerin und die stille Gesellschafterin Ehegatten seien. Damit fehle es an einem Interessengegensatz. Die Vereinbarungen seien steuerlich nur anzuerkennen, wenn ein im Voraus abgeschlossener, wirksamer und ernstlich gewollter Vertrag vorliege, der dem Drittvergleich standhalte und vertragsgemäß durchgeführt werde. Daran fehle es, denn der Vertrag sei nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden und halte dem Fremdvergleich nicht stand. Die tatsächliche Durchführung des Vertrages entspreche in mindestens zwei wesentlichen Punkten nicht den vertraglichen Regelungen. Nach § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages habe der stille Gesellschafter eine Vermögenseinlage in Höhe von 5.000,- DM in bar auf Anforderung des Inhabers zu leisten. Nach § 3 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages seien die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters auf das für ihn zu führende Privatkonto zu buchen. Zudem liege ein Gestaltungsmissbrauch vor, da die stille Gesellschaft nur gegründet worden sei, um die Vorteile des § 11 GewStG (Freibetrag und Staffeltarif) zu erlangen.

Auf der Basis dieser Rechtsauffassung erließ der Beklagte folgende Einspruchsentscheidungen:

Mit einer Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 wies der Beklagte die Einsprüche vom 9. Dezember 2003 u.a. gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag der GmbH für 1998 bis 2000 (Steuer-Nr. 2…) als unbegründet zurück. Dagegen hat sich die am 21. Juli 2007 bei Gericht eingegangene und unter dem Az. 6 K 6124/07 geführte Klage gerichtet. Die Klägerin hat diese Klage mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2007 hinsichtlich der zunächst ebenfalls angefochtenen Gewerbesteuerbescheide (einschließlich Zinsen) zurückgenommen, und der Berichterstatter hat das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem Az. 6 K 6229/07 eingestellt.

Mit einer weiteren Einspruchsentscheidung vom X. August 2007 wies der Beklagte die Einsprüche vom 18. November 2003 gegen die negativen Feststellungsbescheide und die Bescheide über die Aufhebung der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer der GmbH & Still (Steuer-Nr. 1…), alle für die Streitjahre 1998 bis 2000 und vom X. November 2003, zurück. Die Klägerin hat diese Klage mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2007 hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide zurückgenommen, und der Berichterstatter hat das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem Az. 6 K 6230/07 eingestellt.

Mit der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin vom 16. Juli 2007 (und den der Beigeladenen vom 6. August 2007) gegen die Aufhebung der Feststellungsbescheide und der Gewerbesteuermessbescheide für die GmbH & Still für 2001 bis 2003 sowie des Vorbehalts der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO für die Klägerin durch die Bescheide vom 9. Juli 2007 als unbegründet zurück. Dagegen hat sich die am 19. Dezember 2007 eingegangene Klage gerichtet, die zunächst unter dem Az. 6 K 6237/07 geführt worden ist.

Mit Beschluss vom 25. Februar 2008 hat der Senat die Verfahren 6 K 6124/07, 6 K 6136/07 und 6 K 6237/07 verbunden und unter dem Az. 6 K 6124/07 fortgeführt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin in der Sache weiterhin die Kürzung des Gewerbeertrags um die Gewinnanteile als Mitunternehmerin der GmbH & Still nach § 9 Nr. 2 Gewerbesteuergesetz in der in den Streitjahren geltenden Fassung -GewStG a.F.-.

Der Beklagte verneine zu Unrecht die Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft. So bestehe permanent das Risiko einer negativen Entwicklung, das mit dem Totalausfallrisiko der Einlage verbunden sei. Daran ändere auch die bis zum heutigen Tage positive Entwicklung der Klägerin nichts. Der stillen Gesellschafterin seien im Gesellschaftsvertrag weit gehende Rechte und Pflichten eingeräumt worden.

Weiter macht die Klägerin geltend, dass der Vertrag einem Drittvergleich standhalte. Die Rechtsform der GmbH & Still sei durchaus üblich. Der Beklagte halte die Beteiligungshöhe von 5.000,- DM zu Unrecht für zu gering, da auch kleine Beteiligungen üblich seien. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin die stille Gesellschaft auch mit einem fremden Dritten abgeschlossen hätte, um auf dessen medizinisches Fachwissen zurückgreifen zu können. Es sei auch nicht zutreffend, wenn der Beklagte behaupte, dass ausschließlich gleichgerichtete Interessen zwischen der Klägerin und der stillen Gesellschafterin vorgelegen hätten. Dies folge schon daraus, dass der Ehemann der stillen Gesellschafterin nur zu 59 % bzw. 60 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt gewesen sei. Die anderen Beteiligungen seien von fremden Dritten gehalten worden. Diese hätten dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages zugestimmt.

Der Beklagte nehme zu Unrecht einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO an. Es sei legitim, die steuerliche Vorteilhaftigkeit einer Personengesellschaft bei der Rechtsformwahl zu berücksichtigen.

Es entspreche nicht den Tatsachen, wenn der Beklagte behaupte, die Einlage der stillen Gesellschafterin sei nicht geleistet worden. Tatsächlich sei die Einlage dadurch geleistet worden, dass die stille Gesellschafterin die ihr zugewiesenen Gewinnanteile verwendet habe, um die Einlage zu leisten. Zudem sei die stille Gesellschafterin schon aufgrund des rechtswirksamen schriftlichen Gesellschaftsvertrages verpflichtet gewesen, die Einlage zu leisten. Diese Verpflichtung sei genauso sicher wie Geld. Sie stelle damit eine echte Liquiditätssteigerung dar. Die stille Gesellschafterin sei jederzeit in der Lage gewesen, aus ihrem persönlichen Vermögen die Einlage zu leisten. Die Verrechnung mit den Gewinnanteilen habe lediglich auf Praktikabilitätsgesichtspunkten beruht. Zudem habe die stille Gesellschafterin ihre Einlage auch dadurch erbracht, dass sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe. Im Übrigen sei auf Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., zu verweisen, wonach nicht entscheidend sei, dass der stille Gesellschafter eine Einlage geleistet habe, wohl aber dass er eine Einlage halte.

Der Vertrag sei auch ansonsten ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der stillen Gesellschafterin sei die Auszahlung ihrer Gewinnanteile nicht vertragswidrig vorenthalten worden, da sie sich damit einverstanden erklärt habe, diese mit ihrer ausstehenden Einlage zu verrechnen. Der Beklagte behaupte zu Unrecht, dass die Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin bei ihr nicht ordnungsgemäß in den Einkommensteuererklärungen deklariert worden seien. Tatsächlich seien die Gewinnanteile von Anfang an in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung fristgemäß in zutreffender Höhe erklärt worden. Da die Einkommensteuererklärungen der Eheleute A... immer mehrere Monate vor Feststellung des Jahresabschlusses und damit vor zahlenmäßiger Feststellung des Gewinnanteils erstellt worden seien, müssten die Gewinnanteile über § 175 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AO berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt,

1. die folgenden Bescheide aufzuheben:

-die negativen Feststellungsbescheide für die B... GmbH & atypisch Still für 1998 bis 2000 vom X. November 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom X. August 2007,
-die negativen Feststellungsbescheide für die B... GmbH & atypisch Still für 2001 bis 2003 vom X. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007 sowie
-die Bescheide über die Aufhebung der Gewerbesteuermessbescheide und die Gewerbesteuer für die B... GmbH & atypisch Still (Steuer-Nr. 1…) für 2001 bis 2003 vom X. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007.

2. die Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin (Steuer-Nr. 2…) für 1998 bis 2000 vom X. Dezember 2003 und in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 sowie für 2001 bis 2003 vom X. Juli 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom X. November 2007 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbeertrag um die Anteile der Klägerin am Gewinn der B... GmbH & atypisch Still gekürzt wird sowie

3. die Hinzuziehung zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Der Beklagte wiederholt und vertieft seine bisherigen Ausführungen. Ergänzend führt der Beklagte aus, dass auch zu berücksichtigen sei, dass die stille Gesellschafterin bei Abgabe der Einkommensteuererklärung die Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft weder als Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG noch als Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erklärt habe. Dadurch werde deutlich, dass die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft lediglich formaler Natur gewesen sei und ein ernsthaftes wirtschaftliches Ziel nicht habe erreicht werden sollen. Entgegen der Darstellung der Klägerin entstehe die Verpflichtung zur Erbringung der stillen Einlage nicht bereits mit der Vertragsgründung am X.X.1998, sondern erst mit der Anforderung durch die Klägerin, die aber nicht erfolgt sei. Die Gewinnverteilung scheine nicht den Maßstäben zu entsprechen, wie sie unter fremden Dritten üblich sein dürften. Bedeutsame Bewertungskriterien seien in erster Linie die von den Gesellschaftern erbrachten Kapitalleistungen, die eingegangenen Risiken und der Arbeitseinsatz der Gesellschafter. Die zu leistende Einlage entspreche einem Wert von 4,76 % des Nennwertes des Gesamtunternehmens. Es sei anzunehmen, dass ein fremder Dritter zumindest eine Gewinnbeteiligung gefordert hätte, die diesem Beteiligungsverhältnis entspreche. Vereinbart worden sei aber nur ein Gewinnanteil in Höhe von 1 % des Gewinns. Der steuerliche Vorteil durch die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft belaufe sich in den Streitjahren auf insgesamt … €. Außersteuerliche Gründe für die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft seien nicht erkennbar. Die Klägerin erhalte 99 % des erwirtschafteten Gewinns der stillen Gesellschaft und könne dafür die Privilegien des Freibetrags und des Staffeltarifs in Anspruch nehmen. Es sei nicht fremdüblich, dass keine Frist für die Erbringung der Einlage bestimmt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren.

Die Beigeladene ist durch Beschluss des Berichterstatters vom 20. Oktober 2008 notwendig zum Verfahren beigeladen worden (§ 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Entscheidungsgründe

1. Die Klage gegen die negativen Feststellungsbescheide für die Streitjahre ist zulässig, auch wenn die GmbH & Still in den Streitjahren Gewinne erzielt und damit die von der Klägerin angestrebte einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei isolierter Betrachtung zu einer Verschlechterung führen würde. Die Klagebefugnis nach § 40 Abs. 2 FGO resultiert daraus, dass aus der von der Klägerin erstrebten einheitlichen und gesonderten Feststellung mittelbare Vorteile bei der Gewerbesteuer folgen würden.

Es handelt sich bei den Gewerbesteuermessbescheiden entgegen den Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom X. Juli 2007 nicht um Folgebescheide der Feststellungsbescheide. § 35b GewStG sieht zwar eine Aufhebung oder Änderung des Gewerbesteuermessbescheides von Amts wegen vor, wenn der Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird. Er schließt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für gesonderte Einsprüche oder Klagen gegen den Gewerbesteuermessbescheid nicht aus (BFH-Urteile vom 21. Dezember 1993 VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300; vom 11. Oktober 1996 VIII B 56/95, BFH/NV 1997, 457), denn diese stehen nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid.

Zwischen den (aufgehobenen) Gewerbesteuermessbescheiden der GmbH & Still (Steuer-Nr. 1…) und den originären Gewerbesteuermessbescheiden der Klägerin (Steuer-Nr. 2…) besteht ebenfalls kein Grundlagen- und Folgebescheidverhältnis. Der Gewerbeertrag kann vielmehr nur entweder für die GmbH oder für die GmbH & Still festgesetzt werden. Dies folgt aus § 9 Nr. 2 GewStG a.F., der auch auf atypische stille Gesellschaften anzuwenden ist (dazu Blümich/Gosch, EStG/KStG/GewStG, § 9 GewStG Rn. 135, mit weiteren Nachweisen). Die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG a.F. setzt nicht voraus, dass der entsprechende Gewerbeertrag in einem Steuerbescheid gegen die Personengesellschaft - hier die GmbH & Still - festgesetzt wurde (vgl. Blümich/Gosch, EStG/KStG/GewStG, § 9 GewStG Rn. 131). Die Bescheide stehen damit gleichrangig nebeneinander, und es ist entgegen dem Hinweis des Berichterstatters im Schreiben vom 6. November 2007 keine doppelte Rechtshängigkeit eingetreten.

2. Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG a.F. nicht angewandt; denn der Gewerbeertrag der Klägern ist um die Anteile am Gewinn der GmbH & Still, die bei der Ermittlung des Gewinns der Klägerin angesetzt worden sind, zu kürzen. Die entgegen stehenden Bescheide des Beklagten verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

a) Gemäß § 179 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO werden einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Bei einem Gewerbebetrieb ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn mehrere Personen den Betrieb als Unternehmer (Mitunternehmer) führen, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Mitunternehmer in diesem Sinne ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch, wer sich am Betrieb eines anderen als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt. Mitunternehmer ist ein stiller Gesellschafter regelmäßig, wenn er nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des vom tätigen Teilhaber betriebenen Unternehmens teilhat, sondern im Innenverhältnis schuldrechtlich auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt sein soll, etwa in der Weise, dass er bei einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses nach Maßgabe einer Auseinandersetzungsbilanz und seiner prozentualen Gewinnbeteiligung auch einen Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens hält. Insgesamt muss sich aus der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergeben, dass der Beteiligte auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056, mwN).

b) Die Klägerin und die Beigeladene haben am X.X.1998 einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft abgeschlossen, der seinen wesentlichen Elementen nach der Beigeladenen die Stellung einer Mitunternehmerin eingeräumt hat.

Die Beigeladene kann Mitunternehmerinitiative ergreifen. Mitunternehmerinitiative bedeutet dabei Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach dem Regelstatut des HGB. Die Kommanditisten sind nach § 164 HGB von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen. Sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages stehen der Beigeladenen neben den gesetzlichen Informations- und Kontrollrechten gemäß § 233 HGB auch die Rechte nach § 716 BGB und nach § 118 HGB zu. Sie hat damit Kontrollrechte, die denen eines Kommanditisten entsprechen. Nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags bedarf zudem die Aufnahme von neuen oder die Aufgabe von bestehenden Geschäftszweigen, soweit hierdurch eine wesentliche Veränderung der Unternehmensstruktur zu erwarten ist, die Erteilung und der Widerruf von Prokuren und die Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter der vorherigen Zustimmung der Beigeladenen.

Der Senat hält zudem entgegen der Auffassung des Beklagten auch das Mitunternehmerrisiko für gegeben. Dieses setzt zunächst die allseitige Beteiligung am laufenden Gewinn und Verlust des Handelsgeschäfts voraus, wobei eine Beschränkung der Verlustbeteiligung auf die Höhe der Einlage unschädlich ist, da auch der Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der Gesellschaft teilnimmt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056, mwN). Darüber hinaus war die Beigeladene nach § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages auch an den stillen Reserven beteiligt. Dem Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen steht nicht entgegen, dass die Beigeladene die vereinbarte Bareinlage von 5.000,- DM nicht erbracht hat. Zwar haftet sie - anders als ein Kommanditist, der seine im Handelsregister eingetragene Hafteinlage nicht erbracht hat - im Außenverhältnis nicht unmittelbar, da es sich bei der GmbH & Still um eine reine Innengesellschaft handelt. Es wäre aber z.B. denkbar gewesen, dass ein Gläubiger der Klägerin den Anspruch auf Erbringung der Einlage pfändet, solange dieser noch nicht im Wege der Aufrechnung erloschen ist.

c) Der steuerrechtlichen Anerkennung der stillen Gesellschaft kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegen halten, dass der Vertrag vom X.X.1998 dem Fremdvergleich nicht standhalte und nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei.

aa) Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen sind steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und wenn sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Da es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessensgegensatz fehlt, ist es verfassungsrechtlich zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen (vgl. z.B. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34). Diese Rechtsgrundsätze sind auch zu beachten, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Kapitalgesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft beherrschen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 138/85, BStBl. II 1991, 581; siehe auch BMF vom 23. Dezember 2010, BStBl. I 2011, 37). Dies gilt auch für Gesellschaftsverträge. Auch diese können der Einkommensbesteuerung der Gesellschafter bzw. der Gewinnfeststellung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie ihrem Inhalt nach den zwischen fremden Personen üblichen Gesellschaftsverträgen entsprechen und tatsächlich durchgeführt worden sind (FG Hamburg, Urteil vom 10. Juni 1999 - VII 48/97, juris). Die vorgenannten Grundsätze müssen nach der Auffassung des Senates gerade auch bei der GmbH & Still gelten, da hier Abgrenzungen zu verdeckten Einlagen und verdeckten Gewinnausschüttungen vorzunehmen sind (so auch FG Kassel vom 29. Juni 2006 11 K 3809/04, EFG 2006, 1762; Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 7. Aufl. 2010, Tz. 21.71).

bb) Im Streitfall gelten die erhöhten Anforderungen an Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern nicht; denn Herr A..., der Ehemann der Beigeladenen, hatte hinsichtlich des Abschlusses der stillen Gesellschaft keine beherrschende Stellung inne.

Zwar war Herr A..., der Ehemann der stillen Gesellschafterin, mit 59 % bzw. ab X.X.1998 mit 60 % Mehrheitsgesellschafter der Klägerin und übte damit im Grundsatz beherrschenden Einfluss aus. Hinsichtlich der Gründung der GmbH & Still gilt dies jedoch nicht, und es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesellschafter A... infolge der aus seiner Beteiligung fließenden Stimmrechte in der Lage gewesen ist, seinen Willen durchzusetzen und die Klägerin zu dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages mit seiner Ehefrau, der Beigeladenen, gegebenenfalls zu zwingen. Dies folgt aus den Regelungen des GmbH-Vertrages. Nach dessen § 5 Abs. 4 erstreckt sich die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers nur auf den Gesellschaftszweck und nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt, während die Vornahme von Geschäften, die außerhalb des Gesellschaftszwecks liegen oder die unüblich oder mit besonderen Risiken verbunden sind, der vorherigen Zustimmung durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter bedürfen. Durch die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft werden Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen, weil die Aufnahme derartiger stiller Gesellschafter faktisch wie eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht der Altgesellschafter wirkt. Es bedarf daher - soweit wie hier der Gesellschaftsvertrag der GmbH keine entsprechende Ermächtigung der Geschäftsführung vorsieht - der Zustimmung aller Gesellschafter der Klägerin (vgl. K. Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 2. Aufl. 2007, § 230 HGB Rn. 115; Blaurock, a.a.O., Tz. 9.61). Ein solcher einstimmiger Beschluss wurde am X.X.1998 gefasst. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass mit den übrigen Gesellschaftern Stimmbindungsverträge abgeschlossen worden oder diese sonst in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt gewesen wären.

Damit gelten die gesteigerten Anforderungen, die an die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften mit nahen Angehörigen von beherrschenden Gesellschaftern gestellt werden, nicht. Es handelt sich vielmehr um einen Vertrag wie unter fremden Dritten.

d) Da es sich um eine stille Gesellschaft wie unter fremden Dritten handelt, ist sie steuerlich anzuerkennen. Dem steht nicht entgegen, dass die vereinbarte Bareinlage nicht erbracht worden und die Gewinnanteile nicht ausgezahlt worden sind. Es handelt sich auch weder um ein Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO noch um einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO a.F.

aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beteiligten einvernehmlich und im Hinblick auf die gute Liquiditätslage der Klägerin auf die Einforderung der Einlage der stillen Gesellschafterin verzichtet und die Einlageforderung gegen die stehen gelassenen Gewinne aufgerechnet haben. Denn die Erbringung einer Bareinlage ist kein konstitutives Merkmal einer stillen Gesellschaft, so dass die Vermögenseinlage - wie im Streitfall - grundsätzlich auch durch das Stehenlassen der dem stillen Gesellschafter zugewiesenen Gewinne erbracht werden kann. Lediglich für die steuerliche Anerkennung eines negativen Kapitalkontos im Sinne von § 15a EStG kommt es auf die Erbringung der Einlage an, und insofern genügt die im Innenverhältnis bestehende Einlageverpflichtung nicht (vgl. FG München, Urteil vom 4. März 2010 5 K 3989/07, EFG 2010, 1207). Im Streitfall hat die Geschäftsinhaberin indes in den Streitjahren Gewinne erzielt, sodass kein negatives Kapitalkonto entstanden ist.

Zwar führt dies im wirtschaftlichen Ergebnis dazu, dass der Beigeladenen die stille Beteiligung und die zukünftigen Erträge aus der Beteiligung ohne Gegenleistung zugewendet worden sind, was dem eigentlichen Zweck der stillen Gesellschaft, zur Finanzierung des Geschäftsinhabers beizutragen, zuwiderläuft. Dies allein steht der steuerlichen Anerkennung der stillen Gesellschaft aber nicht entgegen; denn es ist allgemein anerkannt, dass stille Beteiligungen auch schenkweise eingeräumt werden können.

Der Senat kann daher offen lassen, ob es im Streitfall auch genügt hätte, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag vom Wissen und der Mitarbeit der Beigeladenen profitieren kann. Dies würde grundsätzlich voraussetzen, dass die stille Gesellschafterin im Unternehmen der Klägerin mitarbeitet, wobei die Mitarbeit nicht nur geringfügig sein darf (vgl. Blaurock a.a.O. Rz. 21.37).

bb) Es liegen kein Scheingeschäft und kein Gestaltungsmissbrauch vor.

Wie bereits ausgeführt, ist die Erbringung der Bareinlage keine zwingende Bedingung für die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft. Dass es sich nicht um ein Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO handelt, folgt nach Auffassung des Senates daraus, dass die Beteiligten die stille Gesellschaft buchhalterisch nachvollzogen haben. Der Senat berücksichtigt dabei auch den Einwand des Beklagten, dass die Beigeladene die ihr zugewiesenen Gewinne aus der stillen Gesellschaft in ihren persönlichen Einkommensteuererklärungen nicht als gewerbliche Einkünfte (oder auf andere Weise) deklariert hat. Dies kann zwar grundsätzlich als ein Indiz gegen die Ernsthaftigkeit einer mit Familienangehörigen vereinbarten stillen Gesellschaft berücksichtigt werden. Im Streitfall handelt es sich aber - wie bereits dargelegt - um eine unter fremden Dritten abgeschlossene Gesellschaft. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass sich die Klägerin und die Beigeladene darauf beschränkt haben, eine Feststellungserklärung für die GmbH & Still abzugeben.

Der Beklagte konnte den Senat auch nicht davon überzeugen, dass es sich bei der Gründung der GmbH & Still um einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 a.F. AO gehandelt hat.

Nach § 42 Satz 1 AO a.F. kann durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Sinn liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. BFH-Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 96/96, BFHE 187, 570; vom 27. Juli 1999 VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl. II 1999, 769; vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl. II 2001, 43; vom 19. Oktober 1999 IX R 39/99, BFHE 190, 173, BStBl. 2000 II S. 224, und vom 17. November 1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, m.w.N.). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteile vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl. II 2008, 789; vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03, BFHE 205, 70, BStBl. II 2004, 648, m.w.N.).

Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft stellt grundsätzlich keine unangemessene rechtliche Gestaltung dar; denn es steht in der Entscheidungsbefugnis des Steuerpflichtigen, wie er sein Unternehmen finanziert. Dementsprechend sind auch die Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich in der Finanzierung der Gesellschaft frei. Allein die - aus Sicht des Beklagten zu geringe - Höhe der Einlage der stillen Gesellschafterin kann deshalb kein Argument gegen die steuerliche Anerkennung sein (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juni 2007 17 K 923/05 F, EFG 2007, 1696), zumal die stille Gesellschaft mit vergleichsweise geringen Rechten der stillen Gesellschafter verbunden ist. Der Gesetzgeber hat für die Gewährung der Vergünstigungen des § 11 GewStG keine Mindesthöhe der Beteiligung vorgegeben. In der Vertragspraxis sind deshalb sogar Gestaltungen üblich, in denen die GmbH zu 0 % am Vermögen und am Gewinn der GmbH & Co. KG beteiligt ist und nur eine Haftungsvergütung erhält.

Allenfalls könnte deshalb ein Gestaltungsmissbrauch aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Beigeladene die vertraglich vereinbarte Bareinlage nicht erbracht hat. Nach Auffassung des Senats ist diese Schlussfolgerung indes unzulässig; denn damit würden im Ergebnis die besonderen Anforderungen für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen auf sonstige Fälle übertragen werden.

e) Der Verzicht auf die Geltendmachung der Einlage der stillen Gesellschafterin führt auch nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung der Klägerin an den Hauptgesellschafter A..., die sich auch im Gewinn aus Gewerbebetrieb niederschlagen würde.

Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz -KStG- darf eine verdeckte Gewinnausschüttung das steuerlich zu erfassende Einkommen nicht mindern. Verdeckte Gewinnausschüttungen in diesem Sinne sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Juli 2003 I R 36/02, BFH/NV 2004, 88, m.w.N.). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 GmbHG) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer ein beherrschender Gesellschafter, kann die Vermögensminderung auch dann ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an ihn keine klare und im Vorhinein abgeschlossene Vereinbarung zu Grunde liegt (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2003 I R 36/02, BFH/NV 2004, 88, m.w.N.). Das Erfordernis einer klaren, eindeutigen und im Vorhinein festgelegten Vereinbarung kann nicht durch eine fremdübliche Gestaltung ersetzt werden, sondern tritt neben das Kriterium der Fremdüblichkeit (vgl. hierzu Lange/Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 10. Aufl., Rz. 150).

Der Umstand, dass der Geschäftsführer der Klägerin die vertraglich vereinbarte Einlage der Klägerin nicht angefordert und damit fällig gestellt hat, führt nicht zu einer Minderung des Unterschiedsbetrags im Sinne von § 4 Abs. 1 EStG, da die Klägerin den Einlageanspruch aktiviert hat. Als Folge der Nichtgeltendmachung der Einlageforderung ist bei der Klägerin auch keine verhinderte Vermögensmehrung eingetreten. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der pflichtwidrige Verzicht auf die Einforderung der Mindesteinlage des GmbH-Gesellschafters zu einer verhinderten Vermögensmehrung führen kann, weil der Gesellschaft der Gewinn entgangen ist, den sie im Falle der Einforderung gemacht hätte (vgl. Niedersächsisches FG vom 30. November 2006 6 K 172/05, EFG 2007, 619). Entsprechendes dürfte bei pflichtwidrigem Verzicht auf die Geltendmachung der Einlageforderung des stillen Gesellschafters gelten.

Der Klägerin ist aber kein Gewinn entgangen, denn die ausstehende Einlage ist zugunsten der Klägerin mit 4 % p.a. verzinst worden. Damit wird der entgangene Vermögensvorteil hinreichend ausgeglichen. Die verhinderte Vermögensmehrung besteht nämlich lediglich in den Fälligkeitszinsen nach § 246 BGB in Höhe von 4 % (vgl. Niedersächsisches FG, a.a.O., mwN).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Es entspricht nicht der Billigkeit, sie dem Beklagten aufzuerlegen, da die Beigeladene keine Anträge gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 139 Abs. 4 FGO). Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Revisionsgründe vorliegt.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, da die Klägerin sich im Vorverfahren nicht allein vertreten konnte.