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Notarzt - Beschäftigung - selbständige Tätigkeit


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 14.09.2017
Aktenzeichen L 1 KR 404/15 ECLI ECLI:DE:LSGBEBB:2017:0914.L1KR404.15.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 SGB 4, § 7a SGB 4

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Notarzt. Im Streit ist lediglich noch die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Rettungsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Rettungsdienstgesetz – BbgRettG) vom 14. Juli 2008 (GVBl. I/08 S. 186) haben alle in einem Rettungsbereich gelegenen Krankenhäuser dem Träger des Rettungsdienstes das für die notärztliche Versorgung erforderliche Fachpersonal zur Verfügung zu stellen. Reicht die Leistungsfähigkeit der in dem Rettungsdienstbereich gelegenen Krankenhäusern nicht aus, um die Notarztstandorte zu besetzen, können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie ärztliches Personal sonstiger geeigneter Einrichtungen im Notarztdienst mitwirken. Für die Personalgestellung leisten die Träger des Rettungsdienstes den Krankenhäusern eine kostendeckende Vergütung. Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes sind nach § 6 Abs. 1 BbgRettG die Landkreise und kreisfreien Städte.

Am Standort des Krankenhauses der Klägerin in K L befindet sich ein Stationierungsort eines Notarzteinsatzfahrzeuges der vom Träger des Rettungsdienstes inklusive der notwendigen medizinischen Geräte, Hilfsmittel und Medikamente vorgehalten wird. Die Klägerin stellt in ihrem Krankenhaus lediglich ein Bereitschaftszimmer zur Verfügung, in dem sich der jeweils diensthabende Notarzt aufhalten kann, aber nicht muss.

Der Beigeladene zu 1), der niedergelassener Arzt ist, und der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der Mitgliedschaft in der Ärzteversorgung des Landes Brandenburg befreit ist, war in der Vergangenheit als Notarzt am Standort K tätig. Grundlage seiner Tätigkeit ist ein als „Honorarvertrag“ überschriebener Vertrag. Dieser Vertrag den der Beigeladene zu 1) mit der Klägerin am 21. Dezember 2009 geschlossen hat, hat den folgenden Inhalt (u.a.):

§ 1
Inhalt der Tätigkeit

(1) Der Auftraggeber vereinbart mit dem Auftragnehmer im gegenseitigen Einvernehmen, dass der Auftragnehmer ab 29. Oktober 2009 im Rahmen der ihm übertragenen notärztlichen Versorgung im öffentlichen Rettungsdienst am Standort L auf den seitens des Trägers des Rettungsdienstes bereitgestellten Fahrzeugen als Notarzt arbeitet. Der Auftragnehmer nimmt den Auftrag an.

§ 2
Durchführung des Dienstes

(1) Für die Aufgaben des Auftragnehmers als Notarzt wird auf das Rettungsdienstgesetz ergänzend Bezug genommen.

(2) Der Auftragnehmer wird infolge der im Rahmen der ärztlichen Versorgung bestehenden besonderen Anforderungen an die fachliche Qualifikation selbst tätig. Bei Abschluss dieses Vertrages weist der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Approbation und seine Qualifikation für den Rettungsdienst (…) nach. (…)

(3) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, dass er sich theoretisch und praktisch, insbesondere im Rahmen der standesrechtlichen Verpflichtungen, fortbildet. Es besteht eine Fort- und Weiterbildungspflicht. Der Auftraggeber kann diesbezüglich Nachweise verlangen.

(…)

§ 4
Rechtstellung des Auftragnehmers

(1) Zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer kommt ein Honorarvertrag zustande. Der Auftragnehmer steht in keinerlei Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber. Er bleibt selbständiger Unternehmer. Dies beruht auf dem ausdrücklichen Wunsch des Auftragnehmers, um anderen Tätigkeiten nachgehen zu können. Steuern und Sozialabgaben führt der Auftragnehmer ab, soweit dies erforderlich ist. (…) Urlaub- und Entgeltfortzahlungsansprüche bestehen nicht. Arbeitsrechtliche Vorschriften sind mangels Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht anwendbar.

(2) Die Dienstplanerstellung wird vom Auftraggeber in Absprache mit dem Auftragnehmer durchgeführt. Der Auftragnehmer kann die Übernahme eines Dienstes nach Kenntnisnahme ablehnen. Die Ablehnung muss unverzüglich erfolgen.

(3) Der Auftragnehmer wird eigenverantwortlich tätig. Er ist nicht Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers. Insbesondere im Rahmen der medizinischen Erfüllung der Tätigkeit wird der Auftragnehmer nicht nach Weisung des Auftraggebers tätig.

(4) Der Auftragnehmer unterliegt im Rahmen der Empfehlungen der Bundesärztekammer und der gesetzlichen Bestimmung den Weisungen des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst. Dieser ist nicht zur Dienstplaneinteilung oder –änderung berechtigt.

(5) Der in Abstimmung mit ihm aufgestellte Dienstplan ist für den Auftragnehmer verbindlich. Sollte der Auftragnehmer einen Dienst, für den er eingeteilt ist, nicht antreten können, hat er unverzüglich den Auftraggeber zu informieren. Die Dienstübergabe/-übernahme bei Dienstwechsel hat persönlich zu erfolgen. Die jeweils abgeleistete Zeit ist schriftlich festzuhalten.

§ 5
Grundsätzliches zur Durchführung der Dienste

(…)

(3) Der Auftragnehmer hält sich während seiner Dienstbereitschaftszeit im vom Träger zugewiesenen Bereich (Standort des Notarzteinsatzfahrzeuges) auf. Eine Abweichung hiervon bedarf der Zustimmung des Auftraggebers.

(4) Der Einsatz des Auftragnehmers erfolgt innerhalb des Dienstes, in den er Kraft des vorgenannten Dienstplanes eingeteilt ist, durch die zuständige Rettungsleitstelle.

(5) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, sich nach Alarmierung unverzüglich zum Notarzteinsatzfahrzeug zu begeben, um die Einhaltung der Hilfsfrist zu gewährleisten.

(6) (…)

(7) Der Notarzt/die Notärztin entscheidet unter Beachtung der Rechte des Patienten/der Patientin je nach Standort, Diagnose und medizinischer Notwendigkeit selbstverantwortlich über die notwendige Therapie und ggfls. Einweisung in das nächste geeignete Krankenhaus.

§ 6
Haftung, Versicherung

(…)

§ 7
Vergütung

(1) Die Beteiligten vereinbaren 20,00 Euro brutto als Vergütung je Bereitschaftsstunde und 21,14 Euro brutto als Vergütung je Notarzteinsatz.

(…)

Auf den Statusfeststellungsantrag der Klägerin vom 18. Februar 2010 stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) mit Bescheid vom 3 August 2010 fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Notarzt bei der Klägerin seit dem 16. Januar 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Es überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Da Ärzte in ihrer eigentlichen ärztlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterlägen, käme es entscheidend darauf an, inwieweit diese in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert seien. Insoweit sei die Weisungsgebundenheit zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert. Der Beigeladene zu 1) nutze die Räumlichkeiten der Klägerin. Die medizinischen Geräte und Medikamente würden ebenfalls von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Der Ort der Verrichtung der Tätigkeit werde dem Beigeladenen zu 1) durch die Klägerin durch einseitiges Direktionsrecht zugewiesen. Dieser müsse sich an die zeitlichen Vorgaben halten. Nach Übernahme eines Dienstes könne er einzelne Einsätze nicht mehr ablehnen. Ferner erhalte er eine erfolgsunabhängige Pauschalvergütung, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beigeladene zu 1) seine ärztliche Tätigkeit ausschließlich in einem Rettungsfahrzeug des Landkreises ausübe, welcher auch die Medikamente und medizinischen Geräte stelle. Da sie als Klinik verpflichtet sei, ärztliches Fachpersonal mit den entsprechenden Fähigkeiten und Befugnissen für den Rettungsnotdienst vorzuhalten, sei sie auch verpflichtet, dass das Fachpersonal die entsprechenden Fähigkeiten und Befugnisse aufweise und sich fort- und weiterbilde. Die Verpflichtung zu einer Dienstübergabe/-übernahme nach § 4 des Honorarvertrages sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung, weil stets bekannt sein müsse, welcher Notarzt gerade anwesend sei. Auch müsse der Notarztpieper weitergegeben werden. Dass im Notarztdienst die Regelungen der Dienstzeiten durch einen Dienstplan erfolgten, sei unverzichtbar. Über Häufigkeit und Umfang seiner Einsätze entscheide dennoch alleine der Beigeladene zu 1). Ein Bereitschaftsplan müsse aufgestellt sein, um die notärztliche Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Dass der Notarzt die zu erbringende Leistung nicht auf eine andere Person übertragen könne, liege in der Natur der Sache begründet. Der Beigeladene zu 1) unterliege auch einem unternehmerischen Risiko. Er trage das Risiko, mangels konkreter Notarzteinsätze, lediglich die geringere Vergütung für Dienstbereitschaftsstunden zu erhalten. Die Dokumentationspflichten von Notärzten ergebe sich aus § 19 BbgRettG.

Mit Bescheid vom 10. November 2010 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Der Beigeladenen zu 1) sei wegen seiner Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 SGB VI in der Tätigkeit als Notarzt nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig.

Den Widerspruch im Übrigen hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2011 zurückgewiesen. Die Tätigkeit als Notarzt übe der Beigeladenen zu 1) als Beschäftigter aus. Die Klägerin sei für den Standort L einschließlich diensthabendem Notarzt ganzjährig, täglich und 24 Stunden in organisatorischer Hinsicht verantwortlich. Sie biete dem Landkreis die Leistungen der Bereitstellung des Standortes und des notärztlichen Personals sowie die Organisation der ununterbrochenen Bereitschaftsdienste an. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung sei der Beigeladene zu 1) als Notarzt eingesetzt. Seine Arbeitszeiten ergäben sich aus dem Dienstplan. Die Einsätze würden ihm vor Ort durch die Rettungsleitstelle mitgeteilt. Ihm verblieben nahezu keine Gestaltungsspielräume im Sinne eines selbständig tätigen Unternehmers. Er trage kein Unternehmerrisiko, da die eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt werde. Eine Vergütung erfolge nach der aufgewendeten Arbeitszeit.

Hiergegen hat die Klägerin am 3. Mai 2011 Klage beim Sozialgericht Potsdam erhoben. Sie hat im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Mit Urteil vom 8. Mai 2015 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 3. August 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. November 2010 und Widerspruchsbescheides vom 6. April 2011 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner notärztlichen Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterliege. Es sei keine Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin gegeben. Der Klägerin sei eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung auferlegt, zu deren Erfüllung sie sich Dritter bediene. Eine Eingliederung dieses Dritten in ihren Betrieb sei nicht gegeben. Die Klägerin könne von dem Beigeladenen zu 1) nur insoweit Dienste verlangen, als dieser sich hierzu freiwillig melde. Die Klägerin habe keine Möglichkeit, den Beigeladenen zu 1) gegen seinen Willen zur Übernahme eines bestimmten Notarztdienstes heranzuziehen. Nach Annahme einer Notarztschicht sei der Ablauf durch gesetzliche Regelungen – hier das BbgRettG – vorgesehen.

Gegen das ihr am 3. September 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 1. Oktober 2015. Anders als das Sozialgericht meine, folge aus dem Honorarvertrag nicht, dass der Beigeladene zu 1) nur freiwillige Dienste leiste. Richtig sei vielmehr, dass erst der abgestimmte Dienstplan als Einzelauftrag eine entsprechende Verpflichtung begründe. Bei dem Honorarvertrag handele es sich demnach um einen Rahmenvertrag. Maßgeblich seien daher die Verhältnisse, die nach Aufnahme des Einzelauftrages, also während dessen Durchführung, bestünden. Diese seien geprägt von einer Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung, die Vorgabe des Einsatzortes, an dem sich der Beigeladene zu 1) während des Dienstes bereitzuhalten habe und die Verpflichtung im Einsatzfalle sich zum Notarztfahrzeug zu begeben, um die Einhaltung der Hilfsfrist zu gewährleisten. nach Beendigung des Dienstes habe der Dienstwechsel persönlich zu erfolgen, wobei die erbrachten medizinischen Leistungen zu dokumentieren seien. Dass der Beigeladene zu 1) in seiner eigentlichen ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich weisungsfrei agieren könne, sei lediglich Ausdruck des Umstandes, dass die ärztlichen Tätigkeiten Dienste höherer Art seien, bei denen sich die Weisungsgebundenheit nach der Rechtsprechung zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess verfeinere. Abgesehen davon, verfüge der Beigeladene zu 1) auch über keinen nennenswerten Gestaltungsspielraum bei der Ausübung der notärztlichen Tätigkeit. Für eine abhängige Beschäftigung spreche zudem das Fehlen eines unternehmerischen Risikos. Schließlich zeige der durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) vom 4. April 2017 (BGBl. I, 778) mit Wirkung zum 5. April 2017 in Kraft getretene § 23c Abs. 2 SGB IV, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, dass es sich bei der Tätigkeit als Notarzt um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handele. Denn ansonsten hätte er nicht gesetzlich bestimmt, dass entsprechende Einnahmen nicht beitragspflichtig sind.

Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. September 2017 die Berufung insoweit zurückgenommen, als das Sozialgericht festgestellt hat, dass der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit die Berufung nicht zurückgenommen worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Sozialgericht habe der Klage zu Recht sattgegeben. Der Beigeladene zu 1) sei in der Tätigkeit als Notarzt selbständig. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges vorbringen.

Der Beigeladene zu 1) und die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, dem sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Potsdam hat die angefochtene Entscheidung der Beklagten zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Notarzt nicht abhängig beschäftigt ist und nicht nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig ist.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Der Eintritt von Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Arbeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch.

Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).

Zunächst ergibt sich eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) jedenfalls noch nicht daraus, dass die Vorgaben des BbgRettG zu beachten sind. Denn eine Weisungsbefugnis bedarf einer gesonderten rechtlichen Grundlage. Dafür reicht nicht aus, dass bei der Ausübung einer Dienstleistung bestimmte öffentlich-rechtliche Vorgaben zu beachten sind (vgl. bereits Urteil des Senats vom 20. März 2015 – L 1 KR 105/13 – zitiert nach juris und Urteil des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R - RdNr. 19).

Eine Weisungsabhängigkeit folgt auch nicht aus § 4 Abs. 4 des Honorarvertrages. Danach unterliegt der Beigeladene zu 1) im Rahmen der Empfehlungen der Bundesärztekammer und den gesetzlichen Bestimmungen den Weisungen des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLR). Dieser ist nicht zur Dienstplaneinteilung oder –änderung berechtigt.

Die Empfehlungen sind nicht verbindlich, sondern lediglich Leitlinien („Empfehlungen“) für die Ausgestaltung der Aufgaben und Kompetenzen des ÄLR (vgl. Empfehlung der Bundesärztekammer zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst vom 09. Dezember 1994, bestätigt durch den Ausschuss „Notfall-/Katastrophenmedizin und Sanitätswesen“ der Bundesärztekammer vom 23. November 2006 sowie Empfehlung der Bundesärztekammer zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Stand 26. Mai 2013 Deutsches Ärzteblatt Jahrgang 110 Heft 25 vom 21. Juni 2013 a 1281). Das Brandenburger Landesrecht hat nicht alle diese Empfehlungen aufgegriffen. Dem ÄRL obliegt nach dem BbgRettG (nur) die Verantwortlichkeit für die fachliche Anleitung und Kontrolle der notfallmedizinischen Betreuung, die Gewährleistung der notfallmedizinischen Fort- und Weiterbildung des Personals und eine jährliche Auswertung der Qualitätssicherungsmaßnahmen im medizinischen Bereich des Rettungsdienstes (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG). Im Übrigen sind die Regelungen des § 5 des Honorarvertrages abstrakt genereller Natur und begründen kein Weisungsverhältnis. Denn der Zwang, sich inhaltlich an Rahmenvorgaben auszurichten, führt nicht zu Annahme von Weisungsgebundenheit (siehe dazu unten).

Der Beigeladene zu 1) ist, wie sich aus den von ihm vorgelegten Rechnungen ergibt, seit dem 2. Januar 2009 für den Kläger tätig geworden. Für die Einordnung als selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden auszugehen. Danach wollten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) eine selbständige Tätigkeit begründen. Nach dem Honorar-Vertrag vom 21. Dezember 2009 sollte ausdrücklich kein Arbeitsverhältnis begründet werden (§ 4 Abs. 1 S. 2 des Honorarvertrages: „Der Auftragnehmer steht in keinerlei Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber. Er bleibt selbständiger Unternehmer“). Es ist ausdrücklich Weisungsfreiheit vereinbart (§ 4 Abs. 3 Honorarvertrag). Die Einteilung zum Dienstplan erfolgt nach § 4 Abs. 2 Honorarvertrag nicht einseitig durch die Klägerin, sondern wird in Absprache mit dem Beigeladenen durchgeführt. Dieser kann die Übernahme ablehnen.

Die vertraglich vorgegebene Einordnung als selbständige Tätigkeit muss aber auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris RdNr. 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris RdNr. 17). Diese bestätigen das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Denn die tatsächlichen Bedingungen widersprechen der vertraglich vorgesehenen Einordnung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als selbständige Tätigkeit nicht.

Dabei spricht aber nicht jede inhaltliche Freiheit oder die Überlassung von Gestaltungsspielräumen schon gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Denn auch bei Diensten höherer Art liegt eine Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit funktionsgerecht dienende Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess bleibt (Urteil des BSG vom 9. Dezember 1981 – 12 RK 4/81). Um gleichwohl eine selbständige Tätigkeit annehmen zu können, muss die inhaltliche Freiheit der Tätigkeit so prägend für ihren Gegenstand sein, dass die Bedeutung der von fremder Hand vorgegebenen äußerlichen Rahmenbedingungen dahinter zurücktritt. Dann führt auch die Verpflichtung, sich an bestimmten inhaltlichen Vorgaben auszurichten, noch nicht notwendig zur Annahme von Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten bleiben nämlich weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Eine trotz äußerer organisatorischer Vorgaben freie Tätigkeit ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt etwa für Lehrtätigkeiten. Hier wird eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen angenommen, weil dem Dozenten der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird, solange er inhaltlich frei und insbesondere nicht durch öffentliche Lehrpläne gebunden ist (Urteil des BSG vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris RdNr. 29). Entsprechend hat der erkennende Senat auch für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter Führer des Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei waren (Urteil vom 15. Juli 2011 – L 1 KR 206/09 – juris RdNr. 171). Auch das BSG hat bestätigt, dass Erziehungsbeistände selbständig sein können, obwohl sie durch Hilfepläne auf die Erreichung bestimmter Ziele verpflichtet werden (BSG v. 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R – juris RdNr. 33-34).

An diesen Maßstäben gemessen war der Kläger in seiner Tätigkeit als Notarzt selbständig. Auch die Beklagte hat eingeräumt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner eigentlichen ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich weisungsfrei habe agieren können. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Soweit die Beklagte insoweit aber vorträgt, dass dies lediglich Ausdruck des Umstandes sei, dass es sich bei ärztlichen Tätigkeiten um Dienste höherer Art handele, bei denen sich die Weisungsgebundenheit nach der Rechtsprechung zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess, also dem der Klägerin, verfeinere, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Träger des Rettungsdienstes sind in Brandenburg nicht die Krankenhäuser, sondern nach § 6 Abs. 1 BbgRettG die Landkreise und kreisfreien Städte. Der örtliche Träger, und nicht die Klägerin als Krankenhaus, hält entsprechend dieser gesetzlichen Aufgabe das Notarzteinsatzfahrzeug inklusive der notwendigen medizinischen Geräte, Hilfsmittel und Medikamente vor. Das örtliche Krankenhaus ist lediglich verpflichtet, das für die notärztliche Versorgung erforderliche Fachpersonal zur Verfügung zu stellen. Hierfür erhält sie eine entsprechende Entschädigung.

Im vorliegenden Fall ist der Beigeladene zu 1) in seiner notärztlichen Tätigkeit nicht in den Dienstbetrieb des Krankenhauses eingebunden. Er ist ausschließlich als Notarzt „außerhalb“ des Krankenhauses tätig. Seine Zuständigkeit beginnt mit Beginn des Notfalleinsatzes. Der den Einsatz auslösende Alarm erfolgt auch nicht durch die Beklagte, sondern durch die örtliche Rettungsleitstelle. Die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1) endet mit der Übergabe des Patienten an das Krankenhauspersonal, also quasi an der Tür des Krankenhauses. Dabei ist es aber auch nicht zwingend, dass der notversorgte Patient zur Weiterbehandlung in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert wird. Dies ergibt sich ausschließlich aus den medizinischen Notwendigkeiten und nach Maßgabe freier Kapazitäten. Der Rettungsdienst ist demnach nicht in den Krankenhausbetrieb der Klägerin integriert.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist auch eine solche Eingliederung in die Betriebsorganisation des Krankenhauses nicht vorgesehen. Der Rettungsdienst dient nach § Abs. 1 BbgRettG der Gesundheitsvorsorge und der Gefahrenabwehr. Es handelt sich um Ordnungsrecht. Es gibt nach der Gesetzesstruktur keine Betriebsleitung, welche die Aufträge an das Personal vergibt, die für sie tätig werden. Vielmehr unterhält der Träger eine integrierte Leitstelle sowohl für Feuerwehr- wie für den Rettungs- und den Katastrophenschutz. (§ 9 BbgRettG). Die Leitstellen lenken den Rettungsdienst, § 3 Abs. 9 BbgRettG, führen aber die tatsächliche Gefahrenabwehrmaßnahmen nicht selbst durch. Die Zur-Verfügung-Stellung des Rettungsfahrzeuges und des Bereitschaftsdienst-Zimmers folgt nicht aus der Einrichtung einer Betriebsorganisation, sondern aufgrund § 3 Abs. 6ff, § 8 BbgRettG durch direkte gesetzliche Vorgabe.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass dem Beigeladenen zu 1) von der Klägerin der „Einsatzort“ vorgegeben werde, an dem er sich während des Dienstes bereitzuhalten habe, erschließt sich dieser Vortrag nicht. Die Klägerin stellt insoweit lediglich einen Bereitschaftsraum zur Verfügung, in dem sich der Notarzt außerhalb eines Notfalleinsatzes, während der Bereitschaftszeit, aufhalten kann. Er muss dies aber nicht. Der Notarzt muss insoweit lediglich sicherstellen, dass er im Fall eines Notfallalarms, er verfügt über einen Notfallpieper, in einer vertretbaren Zeit am Notfalleinsatzfahrzeug ist. Im Übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass die Sicherstellung eines funktionierenden Rettungsdienstes eines bestimmten organisatorischen Rahmens, wie die vorherige Festlegung der jeweiligen Dienste, also eines Dienstplanes, bedarf. Insoweit kann die Klägerin den Beigeladenen aber nicht einseitig zu einer Übernahme eines Dienstes verpflichten, sondern nach § 4 Abs. 2 des Honorarvertrages wird die Dienstplanerstellung vom Auftraggeber in Absprache mit dem Auftragnehmer durchgeführt. Der Auftragnehmer kann die Übernahme eines Dienstes nach Kenntnisnahme ablehnen. Die Ablehnung muss unverzüglich erfolgen. Jedenfalls nimmt die Beklagte durch die Organisation des Dienstplanes auf die inhaltliche Arbeit des Beigeladenen zu 1) als Notarzt keinen Einfluss.

Soweit die Beklagte schließlich unter Hinweis auf § 23c Abs. 2 SGB IV vorträgt, dass der Gesetzgeber bei der Tätigkeit als Notarzt von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehe, weil er ansonsten nicht gesetzlich bestimmt hätte, dass entsprechende Einnahmen nicht beitragspflichtig seien, vermag der Senat der Beklagten ebenfalls nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass diese gesetzliche Regelung erst mit Wirkung zum 5. April 2017 in Kraft getreten ist, kann den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber eine bestimmte Tätigkeit, unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 SGB IV, als Beschäftigung qualifizieren wollte. Dies wäre eine systemwidrige gesetzliche Feststellung, für die es keinerlei Hinweise gibt. Das Gegenteil ist richtig. Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung ist es, unabhängig davon, ob die Notarzttätigkeit auf selbständiger Basis oder als Beschäftigung ausgeübt wird, im Interesse der Sicherstellung des Rettungsdienstes die Einnahmen aus dieser Tätigkeit unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen von der Beitragspflicht freizustellen (vgl. u. a. BT-Drucksache 18/11142).

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.