Gericht | OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 14.06.2011 | |
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Aktenzeichen | 10 UF 249/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 2. November 2010 teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B…, Versicherungsnummer …, zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 1,9924 Entgeltpunkten auf ihr Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung B…, bezogen auf den 31. Oktober 2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung B…, Versicherungsnummer …, zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 15,5055 Entgeltpunkten (Ost) auf ihr Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung B…, bezogen auf den 31. Oktober 2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung B…, Versicherungsnummer …, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 0,1301 Entgeltpunkten auf sein Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung B…, bezogen auf den 31. Oktober 2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung B…, Versicherungsnummer …, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 4,9398 Entgeltpunkten (Ost) auf sein Versicherungskonto Nr. … bei der Deutschen Rentenversicherung B…, bezogen auf den 31. Oktober 2009, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der V… Lebensversicherung a. G., Versicherungsnummer …, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 20.069,80 € auf der Grundlage der Ordnung für die interne und externe Teilung von Anrechten aus der Direktversicherung und der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge aufgrund des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (Teilungsordnung) des Versorgungsträgers vom 1. September 2009, bezogen auf den 31. Oktober 2009, übertragen.
Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.340 € festgesetzt. Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren wird in Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss ebenfalls auf 2.340 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Mit Beschluss vom 22.9.2010 hat das Amtsgericht die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden. Den Versorgungsausgleich hatte es zuvor durch Beschluss abgetrennt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die rügt, das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Antragsgegner zwei Anrechte auf eine private Rentenversicherung bei einem ausländischen Versorgungsträger erworben habe.
Der Antragsgegner hat seine Beschwerde gegen den angefochten Beschluss zurückgenommen.
II.
Die gemäß Artikel 111 Abs. 4, 5 FGG-RG, §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die vom Antragsgegner bei einem ausländischen Versicherungsträger erworbenen Anrechte nicht ausgeglichen. Der angefochtene Beschluss bedarf aber dennoch der Abänderung, da das Amtsgericht den Ausgleichswert des von der Antragstellerin erworbenen Anrechts bei der privaten Rentenversicherung zu ihren Lasten zu hoch angesetzt und im Tenor der Entscheidung das Datum der zu Grunde liegenden Versorgungsregelung nicht benannt hat, was geboten ist (vgl. BGH, FamRZ 2011, 547, Tz. 27 ff.). Der Senat entscheidet nach Gewährung rechtlichen Gehörs ohne die in § 221 Abs. 1 FamFG vorgesehene Erörterung in einem Termin.
1.
Zutreffend ist das Amtsgericht von einer Ehezeit gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG vom 1.5.1978 bis zum 31.10.2009 ausgegangen.
2.
Der Antragsgegner hat in der Ehezeit Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Hierbei ergeben sich nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung B… vom 12.10.2010 folgende Werte:
in der allgemeinen Rentenversicherung
Ehezeitanteil
3,9847 Entgeltpunkte
Ausgleichswert
1,9924 Entgeltpunkte
korrespondierender Kapitalwert
12.243,14 €,
in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)
Ehezeitanteil
31,0110 Entgeltpunkte (Ost)
Ausgleichswert
15,5055 Entgeltpunkte (Ost)
korrespondierender Kapitalwert
80.283,17 €.
Ferner hat der Antragsgegner bei der P… AG in L… zu den Versicherungsscheinnummern ATS-…6 und ATS-…07 Anrechte im Rahmen privater Lebensversicherungsverträge erworben. Nach den Auskünften des Versorgungsträgers im Beschwerdeverfahren vom 20.1. und 24.2.2011 steht fest, dass sich für jeden der beiden Verträge das Fondsvermögen zum Ende der Ehezeit am 31.10.2009 jeweils auf 3.431,78 € und der Rückkaufwert auf 2.543,76 € beläuft. Das Amtsgericht hingegen ist von einem Ehezeitanteil von 2.543,76 € nur bezogen auf ein Anrecht ausgegangen und hat überdies den Versorgungsträger versehentlich als „B… AG“ aufgeführt. Ferner hat das Amtsgericht einen vom Versorgungsträger vorgeschlagenen Ausgleichswert in Höhe der Hälfte des Ehezeitanteils genannt, obwohl der Versorgungsträger einen solchen Vorschlag nicht unterbreitet hat.
3.
Auf Seiten der Antragstellerin bestehen ebenfalls in der Ehezeit erworbene Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei ist nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung B… vom 24.9.2010 von folgenden Werten auszugehen:
in der allgemeinen Rentenversicherung
Ehezeitanteil
0,2601 Entgeltpunkte
Ausgleichswert
0,1301 Entgeltpunkte
korrespondierender Kapitalwert
799,45 €,
in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost)
Ehezeitanteil
9,8796 Entgeltpunkte (Ost)
Ausgleichswert
4,9398 Entgeltpunkte (Ost)
korrespondierender Kapitalwert
25.576,91 €.
Ferner hat die Antragstellerin ein Anrecht aus einer privaten Altersversorgung erlangt. Nach der in erster Instanz erteilten Auskunft der V… Lebensversicherung a. G. vom 5.1.2010 ergibt sich ein Ehezeitanteil von 40.639,59 €. Angesichts dessen ist das Amtsgericht von einem Ausgleichswert in Höhe der Hälfte, also 20.319,80 € ausgegangen und hat sich insoweit darauf berufen, dies entspreche dem Vorschlag des Versorgungsträgers. Tatsächlich aber hat der Versorgungsträger einen Ausgleichswert von 20.069,80 € vorgeschlagen. Dieser Wert liegt um 250 € unter der Hälfte des Ehezeitanteils. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Versorgungsträger, wie er in seiner Auskunft dargelegt hat, Kosten der internen Teilung nach § 13 VersAusglG mit insgesamt 500 € für beide Ehegatten angesetzt hat, sodass die Hälfte hiervon vom Ausgleichswert abzusetzen ist. Gegen die Höhe der angesetzten Kosten bestehen keine Bedenken, sodass von dem vorgeschlagenen Ausgleichswert von 20.069,80 € ausgegangen werden kann. Der Auskunft liegt die Versorgungsregelung vom 1.9.2009 zu Grunde, wie der Versorgungsträger unter dem 13.5.2011 mitgeteilt hat.
4.
Im Hinblick auf die genannten Werte liegen die Voraussetzungen für die Anwendung von § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Nach § 18 Abs. 3 VersAusglG ist ein Wertunterschied gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgebliche Bezugsgröße höchstens 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt. Bei Ende der Ehezeit belief sich die Bezugsgröße auf 2.520 € (vgl. Schürmann, Tabellen zum Familienrecht, 30. Aufl., Seite 47).120 % hiervon ergeben 3.024 €.
Im Rahmen des § 18 Abs. 1 VersAusglG kann die Wertdifferenz nur hinsichtlich Anrechten gleicher Art gebildet werden. Dabei sind Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, die einerseits auf Entgeltpunkten, andererseits auf Entgeltpunkten (Ost) beruhen, mit Rücksicht auf § 120 f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI nicht gleichartig (OLG Celle, NJW 2010, 1975; OLG Jena, FamRZ 2011, 38; Götsche, FamRB 2010, 344, 345).
Hinsichtlich der Kapitalwerte der in der Ehezeit erworbenen Entgeltpunkte ergibt sich folgende Differenz:
Antragsgegner
12.243,14 €
Antragstellerin
799,45 €
Differenz
11.443,69 €
Hinsichtlich der Kapitalwerte der in der Ehezeit erworbenen Entgeltpunkte (Ost) ergibt sich folgende Differenz:
Antragsgegner
80.283,17 €
Antragstellerin
25.576,91 €
Differenz
54.706,26 €
Damit liegen beide Wertunterschiede oberhalb der Grenze von 3.024 €. Ein Außerachtlassen von Anrechten aufgrund der Vorschrift des § 18 Abs. 1 VersAusglG kommt somit nicht in Betracht.
5.
Ein Wertausgleich hat auch nicht wegen einzelner Anrechte gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG zu unterbleiben. Nach dieser Vorschrift sollen einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgeglichen werden. Hinsichtlich der Frage, ob ein geringer Ausgleichswert vorliegt, ist auch insoweit die Vorschrift des § 18 Abs. 3 VersAusglG maßgeblich. Es ist vorliegend wiederum von einem Grenzwert von 3.024 € auszugehen.
Von den genannten Kapitalwerten fällt einer, nämlich derjenige hinsichtlich der von der Antragstellerin erworbenen Entgeltpunkte mit 799,45 € unter die Wertgrenze. Dieses Anrecht ist dennoch auszugleichen.
Das Verhältnis des § 18 Abs. 1 VersAusglG zu § 18 Abs. 2 VersAusglG ergibt sich aus der Gesetzessystematik. Die Geringfügigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ist vorrangig (Hauß, FPR 2009, 214, 218; Götsche, in: Kaiser/Schnitzler/Frederici, NK-BGB, 2. Aufl., § 18 VersAusglG, Rz. 6; Johannsen/Henrich/Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl., § 18 VersAusglG, Rz. 14). Die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG kommt bezüglich derjenigen Anrechte, die als gleichartig bereits in eine Prüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG einbezogen worden sind, nicht in Betracht. Im Ergebnis setzt die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG somit voraus, dass es sich um ein Anrecht handelt, das im Verhältnis zu den übrigen Anrechten ungleichartig ist (vgl. OLG München, FamRZ 2010, 1664; Götsche, FamRB 2010, 344, 346; a. A. OLG Stuttgart, NJW 2010, 3312, 3313; OLG Jena, FamRZ 2011, 38; OLG Karlsruhe, BeckRS 2011, 01957; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 18 VersAusglG, Rz. 4).
Vor diesem Hintergrund kann das von der Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung erworbene Anrecht, das bereits der Prüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG unterzogen worden ist, nun nicht unter Anwendung von § 18 Abs. 2 VersAusglG ausgeschlossen werden.
6.
Die Anrechte der beteiligten Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung sind gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG im Wege der internen Teilung auszugleichen. Dasselbe gilt auch für das Anrecht der Antragstellerin aus einer privaten Altersversorgung. Die Voraussetzungen für eine externe Teilung nach § 14 Abs. 2 VersAusglG liegen nicht vor. Vielmehr hat der Versorgungsträger insoweit selbst in seiner Auskunft vom 5.1.2010 mitgeteilt, die interne Teilung solle durchgeführt werden. Anders als bei den Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist es bei den übrigen Anrechten, die der internen Teilung nach § 10 VersAusglG unterliegen, geboten, im Tenor der gerichtlichen Entscheidung die Fassung oder das Datum der Versorgungsregelung zu benennen, die der Entscheidung zugrunde liegt (BGH, Beschluss vom 26.1.2011 – XII ZB 504/10, BeckRS 2011, 03327, Tz. 22, 24, 27). Daher ist die entsprechende Teilungsordnung der V… Lebensversicherung a. G. hier in den Tenor aufzunehmen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit nicht gerügt hat. Denn es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 26 FamFG (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Paul, 2. Aufl., § 6, Rz. 10; FamVerf/Schael, § 6, Rz. 33). Der Senat wäre an einer Abänderung der Entscheidung insoweit nur gehindert, wenn das Ergebnis zu Lasten der Antragstellerin ausfiele, da insoweit das Verbot der reformatio in peius, das Verschlechterungsverbot, gilt (vgl. BGH NJW 1983, 173, 174; BeckOK Hahne/Munzig/Gutjahr, 2. Edition, FamFG § 69, Rz. 45). Hier ergeht die Abänderung nicht zu Lasten der Antragstellerin, da der Ausgleichswert eines auf ihrer Seite bestehenden Anrechts geringer als im angefochtenen Beschluss angenommen wird.
7.
Die vom Antragsgegner bei der P… AG erworbenen Anrechte sind derzeit nicht auszugleichen.
Gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VersAusglG findet, wenn ein Anrecht nicht ausgleichsreif ist, insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung hingegen bleiben unberührt, § 19 Abs. 4 VersAusglG. Das hat zur Folge, dass hinsichtlich der nach § 19 Abs. 1 S. 1 VersAusglG nicht ausgleichsreifen Anrechte auf Antrag gemäß § 20 VersAusglG der Anspruch auf schuldrechtliche Ausgleichsrente in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden kann, wobei zwingende Voraussetzung ist, dass die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung aus dem noch nicht ausgeglichenen Anrecht bezieht.
Ein Anrecht ist insbesondere nicht ausgleichsreif, wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht, § 19 Abs. 2 Nr. 4 Vers-AusglG. Vor diesem Hintergrund können die vom Antragsgegner bei der P… AG erworbenen Anrechte derzeit nicht ausgeglichen werden.
Allerdings hat das Gericht nach § 224 Abs. 4 FamFG die Anrechte für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung in seiner Begründung zu benennen. Dies hat jedoch keine konstitutive Bedeutung (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 224 FamFG, Rz. 6; Keidel/Weber, FamFG, 16. Aufl., § 224, Rz. 10). Angesichts dessen wäre es sogar unschädlich, wenn das Amtsgericht, wie hier geschehen, in der Begründung seiner Entscheidung nur ein Anrecht aufführt, obwohl zwei Anrechte bei einem ausländischen Versorgungsträger bestehen.
Der Umstand, dass ein Ausgleich der Anrechte des Antragsgegners bei dem ausländischen Versorgungsträger derzeit nicht erfolgen kann, steht einem Wertausgleich hinsichtlich der übrigen von den beteiligten Ehegatten erworbenen Anrechte nicht entgegen.
Allerdings findet nach § 19 Abs. 3 VersAusglG, wenn ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG erworben hat, ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre. Hierbei handelt es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten desjenigen Ehegatten, der keine Anrechte im Ausland erworben hat (vgl. Johannsen/Henrich/ Holzwarth, a.a.O., § 19 VersAusglG, Rz. 19 ff.). Die Unbilligkeit betrifft die Höhe des Ausgleichs der vorhandenen Anrechte, d.h. sie ist wertbezogen. Voraussetzung ist regelmäßig, dass die ausländischen Anrechte einen hohen Ausgleichswert besitzen und der hinsichtlich der ausländischen Anrechte ausgleichsberechtigte Ehegatte seinerseits Anrechte mit einem nicht geringen Ausgleichswert besitzt, für die er ausgleichspflichtig ist und schließlich die Gefahr einer mangelnden Realisierung des schuldrechtlichen Ausgleichs besteht (vgl. Götsche, a.a.O., § 19 VersAusglG, Rz. 35). Näherer Feststellungen hinsichtlich dieser Voraussetzungen bedarf es vorliegend nicht. Denn hier ist zu berücksichtigen, dass die bereits ausgleichsreifen Anrechte auf Seiten des Antragsgegners, der auch über die nichtausgleichsreifen Anrechte verfügt, höher sind, als die ausgleichsreifen Anrechte der Antragstellerin. Werden also alle ausgleichsreifen Anrechte bereits jetzt ausgeglichen, führt dies im Ergebnis zu einem höheren Ausgleichswert auf Seiten der Antragstellerin im Vergleich zu den Ausgleichswerten, die zugunsten des Antragsgegners ausgeglichen werden. Die Anwendung des § 19 Abs. 3 VersAusglG zugunsten der Antragstellerin, die keine Anrechte im Ausland erworben hat, ist also nicht erforderlich.
Addiert man die korrespondierenden Kapitalwerte der ausgleichsreifen Anrechte des Antragsgegners, ergibt sich ein Betrag von 92.526,31 € (= 12.243,14 € + 80.283,17 €). Auf Seiten der Antragstellerin sind es 46.446,16 € (= 799,45 € + 25.576,91 € + 20.069,80 €). Der durchzuführende Ausgleich der ausgleichsreifen Anrechte kommt daher im Ergebnis der Antragstellerin in einem größeren Umfang als dem Antragsgegner zugute.
8.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Der Umstand, dass der Antragsgegner ebenfalls Beschwerde eingelegt, diese jedoch alsbald wieder zurückgenommen hat, wirkt sich auf die Kostenentscheidung ungeachtet der Vorschrift des § 84 FamFG nicht aus. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner Beschwerde im Hinblick darauf eingelegt hat, dass ihm nicht sämtliche Auskünfte, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegen haben, mitgeteilt worden sind. Im Übrigen hat die Beschwerdeeinlegung keine besonderen Kosten verursacht. Unabhängig von der Anzahl der Rechtsmittel der Beteiligten ist im Versorgungsausgleichsverfahren von einem einheitlichen Beschwerdewert nach § 50 FamGKG auszugehen.
9.
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 FamGKG. Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 55 Abs. 3 FamGKG abzuändern. Denn auch der erstinstanzliche Verfahrenswert beläuft sich auf 2.340 €.
Nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Hinsichtlich dieses Einkommens kann von einem Betrag von 7.800 € ausgegangen werden, wie er durch Beschluss des Amtsgerichts vom 22.9.2010 für das Scheidungsverfahren festgesetzt worden ist. Zu Unrecht hat das Amtsgericht diesen Betrag jedoch mit 80 % multipliziert. Tatsächlich ist insoweit der Faktor 30 % anzusetzen, sodass sich ein Wert von 2.340 € (= 7.800 € x 30 %) errechnet. Denn dem Versorgungsausgleich unterliegen nur drei Anrechte, zwei auf Seiten der Antragstellerin, eines auf Seiten des Antragsgegners.
Anrechte im Sinne des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG sind alle Anrechte, die eine Versorgungsart des Ehegatten darstellen, gleich, ob sie im Innen- oder Außenverhältnis erworben worden sind (Thiel, in: Schneider/Wolf/Vollbert, FamGKG, § 50, Rz. 10). Insoweit hat jeder der beiden Ehegatten ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, nämlich bei der Deutschen Rentenversicherung B…. Der Umstand, dass beide Ehegatten sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben haben, die mit Rücksicht auf §§ 10 Abs. 1 VersAusglG, 120 f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI gesondert auszugleichen sind (siehe auch FamVerf/Gutjahr, § 6, Rz. 76), ändert nichts daran, dass es sich jeweils nur um ein Anrecht handelt und auf der Grundlage dieses Anrechts ein Anspruch auf eine einheitliche Rente erworben (vgl. Senat, Beschluss vom 26.7.2010 – 10 UF 78/10) wird.
Über die beiden Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung hinaus ist bei der Wertfestsetzung allein das Anrecht der Antragstellerin aus der privaten Altersversorgung zu berücksichtigen. Hingegen nicht werterhöhend wirken sich die Anrechte des Antragsgegners bei dem ausländischen Versorgungsträger aus. Diese Anrechte bleiben, wie ausgeführt, dem Wertausgleich nach der Scheidung vorbehalten. Schon mit Rücksicht darauf, dass sie in einem solchen gesonderten Verfahren mit einem Anteil von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten in die Wertberechnung eingehen, § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG, kann eine Berücksichtigung nicht bereits jetzt erfolgen.
10.
Die Rechtsbeschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG.