Gericht | AG Potsdam Kammer | Entscheidungsdatum | 29.04.2014 | |
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Aktenzeichen | 31 C 85/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1.) § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG ist teleologisch zu reduzieren. Wenn Wohnungseigentümergemeinschaften nur aus zwei Parteien bestehen, darf auf eine Veräußerung nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG allenfalls dann geklagt werden, wenn Rückstände unstreitig oder gerichtlich festgestellt sind.
2.) Ob § 18 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 WEG verfassungswidrig ist, kann hier unentschieden bleiben.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Kläger sind Eheleute, die Beklagte ist die Mutter des Klägers zu 1.
Gemeinsam erwarben sie das Grundstück …. . Da sie beabsichtigten, dieses in Wohnungseigentum umzuwandeln, beauftragte der Kläger einen Notar. Dieser erarbeitete einen ersten Entwurf, der insbesondere vorsah, dass bei dem Verkauf einer Wohnungseigentumseinheit dem verbleibenden Eigentümer ein Vorkaufsrecht eingeräumt werde. Dies wollte die Beklagte nicht, zahlte die Entwurfsgebühr und wählte stattdessen Notarin Pöhl für die Beurkundung aus. Mit notariellem Vertrag vom 05.10.2000 begründeten die Parteien am vorbezeichneten Grundstück Wohnungseigentum. Nach der Teilungserklärung (§ 5 d) gewährte jedes Sondereigentum eine Stimme. Dabei wurde ein Miteigentumsanteil von 825/1000 („Wohnung 2“) gebildet, ferner ein Miteigentumsanteil von 125/1000 („Wohnung 1“). Nach Ziff. II 2 des Teilungsplans hat die Beklagte als Eigentümerin der Wohnung 1 das Sondernutzungsrecht an der vor ihrem Hausteil liegenden Terrasse und schmalen Teilen der darum liegenden Grünflächen. Die Kläger haben als Eigentümer der Wohnung 2 nach Ziff. IV Abs. 2 der Teilungserklärung die Verpflichtung, auf dem Grundstücksteil, an dem sie als Eigentümer der Wohnung 2 das Sondernutzungsrecht haben, vor der Terrasse der Beklagten einen Sichtschutz aus Bäumen, Büschen und Stauden anzulegen und zu unterhalten.
Jede Einheit verfügt über eine Heizungsanlage, die in dem Aufteilungsplan eingezeichnet ist.
In § 4 der Teilungserklärung zur Lastentragung heißt es, in teilweiser Abweichung von § 16 WEG werde bestimmt:
„1. Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die zu seinem Sondereigentum gehörenden Baulichkeiten, auch soweit es sich um Gemeinschaftseigentum handelt, allein außen und innen instand zuhalten,... sowie sämtliche Kosten für die Instandhaltung und Erneuerung aller Ver- und Entsorgungsleitungen,... die allein in seinem Sondereigentum stehen, allein zu tragen, auch soweit es sich um Gemeinschaftseigentum handelt.
2. Die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums, sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung.... eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums tragen die Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile …. Das gilt auch für die Betriebskosten für Heizung.... soweit keine getrennten Messvorrichtungen vorhanden sind. Die Gasheizung in Wohnung 2 dient der Warmwasserbereitung der Wohnung 2 sowie der Zuheizung für die Wohnungen 1 und 2.
Der Abrechnungsmodus erfolgt wie folgt: In der Zeit mit deaktiver Zuheizung wird der Verbrauch der Gasmenge am Gaszähler der Wohnung 2 separat bestimmt. Daraus wird
der monatliche Mittelwert für das folgende Abrechnungsjahr berechnet. Nach erfolgter Jahresabrechnung durch den Gasversorger wird die Gesamtjahresmenge um die errechnete Gasmenge für die Warmwasserbereitung der Wohnung 2 vermindert. Die restliche Gasmenge wird entsprechend der Wärmemengenrechnerablesung geteilt.“
Das Recht des Eigentümers der Wohnung 1 eine eigene Heizungsanlage zu installieren, sollte davon unberührt bleiben.
Die Betriebskosten und die Kosten der Instandhaltung dieser – auch zur Zuheizung der Wohnung 1 vorgesehenen - Gasheizung trugen bisher allein die Kläger als Eigentümer der Wohnung 2.
Mit Urkunde vom 21.02.2001 der Notarin P…. erklärte die Notarangestellte L… als Vertreterin der Parteien auf Zwischenverfügung des Grundbuchamts zu § 4 2: Jeder Wohnungseigentümer, WE 1 und WE 2, habe eine eigene Heizungsanlage. Die erwähnte Gasheizung befinde sich im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer, die zur Erzeugung zusätzlicher Wärme bei extremen Witterungsbedingungen diene. Da Abnahmemengen unterschiedlich seien, sei lediglich zur gerechten Kostenverteilung die Berechnungsgrundlage für diese Anlage festgehalten worden. Im Hinblick auf die Nummerierung der Carports könnten unterschiedliche Bezifferungen nicht festgestellt werden.
Für die Heizperiode 2007/2008 gab der Wärmemengenzähler der Beklagten in Abweichung von dem vorherigen Verbrauch nur 708 Wärmemengen an, da der Wärmemengenzähler defekt war. Die Kläger tauschten ihn aus und korrigierten die Abrechnung für 2007/2008 anlässlich der Abrechnung der Heizperiode 2008/2009 anhand von Durchschnittszahlen. Die Beklagte zahlte den errechneten Betrag von 591,49 EUR zunächst nicht.
Mit Schreiben vom 30.03.2009 behauptete die Beklagte, die Kläger würden ihr den Zutritt zu ihrem Grundbesitz verwehren und die Nutzung durch Anpflanzungen verhindern. Mit Schreiben vom 03.06.2009 behauptete sie ferner, die Kläger hätten auf einem der Beklagten zur Sondernutzung zugewiesenen Grundstücksteil im Umfang von 3m² die Grasnarbe entfernt und einen Graben gezogen. Mit Schreiben vom 06.08.2009 behauptete sie u.a. zudem, der schlechte Zustand des nach Absprache mit den Klägern angelegten Sichtschutzes sowie einem Baum auf dem Grundstücksteil der Kläger führe dazu, dass sie ihr Erkerfenster nicht mehr öffnen könne.
Aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Potsdam vom 17.03.2010 zahlte die Beklagte am 14.04.2010 die Heizkosten für 2008/2009 in Höhe von 591,49 EUR. Am 09.05.2010 rechneten die Kläger über die Gaskosten der Heizperiode 2009/2010 ab. Nach den Abrechnungen des Gasversorgers gab es Jahreskosten in Höhe von 1.116,45 EUR. Mit der Begründung, sie selbst hätten 9.663 Einheiten verbraucht, deshalb habe die Beklagte 7.171 Einheiten verbraucht, berechneten die Kläger der Beklagten 475,59 EUR. Am 17.06.2010 überwies die Beklagte 59,45 EUR mit dem Zusatz, „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“.
Mit Schreiben vom 28.06.2010 mahnten die Kläger die Beklagte hinsichtlich der abgerechneten Heizkosten.
In der (nicht mehr zugelassenen) Widerklage zum Verfahren 31 C 26/10 behauptete die Beklagte ferner, die Kläger nutzten Sondereigentum der Beklagten für eigene Anpflanzungen.
Die Parteien hatten, als sie dasselbe Grundstück bewohnten, dieselbe Hausnummer. Da sie auch denselben Nachnamen haben, kam es immer wieder einmal vor, dass die Post in den falschen Briefkasten geworfen wurde.
Die Kläger hatten den Eindruck, dass für sie bestimmte Post nicht immer bei ihnen ankomme, insbesondere weil sie das Schreiben der Notarin mit der Bitte um Stellungnahme zu den Eigentumsverhältnissen an der Gasheizung und die Kopie der Ergänzungsurkunde nicht erhalten hätten. Auch Schreiben der klägerischen Rechtsanwältin erhielten die Kläger nicht stets.
Mit Schreiben vom 09.04.2011 schrieb die Beklagte, sie erwarte vom Kläger zu 1. Maßnahmen, die sicherstellten, dass seine Post auch in seinem Briefkasten lande. Sollte sie wider Erwarten den Boten spielen müssen, gehe alles zur Post zurück.
Nachdem 2010 durch das Amtsgericht moniert worden war, dass 50/1000 Miteigentumsanteile nicht verteilt waren, wandte sich die Beklagte mit der Bitte um Berichtigung an die Notarin P…. und diese an die Kläger mit dem Vorschlag einer Berichtigung. Die Kläger stimmten dem zu, verlangten ihrerseits aber eine Änderung der Ergänzungsurkunde 304/2011 dahingehend, dass sich die Gasheizung nicht im Gemeinschaftseigentum sondern im Sondereigentum der Kläger befinde. Dem stimmte die Beklagte nicht zu.
Für die Heizperiode 2010/2011 setzten die Kläger einen Wärmemengenverbrauch der Beklagten von 4.142 Einheiten, einen Wärmemengenverbrauch der Kläger von 10.501 Einheiten an. Die Zähler hinsichtlich ihrer eigenen Verbrauchswerte fotografierten die Kläger jeweils. Danach waren Kosten in Höhe von 1.078,54 EUR zu zahlen, wovon 305,08 EUR auf die Beklagte entfielen.
Mit Schreiben vom 27.03.2011 mahnten die Kläger die Zahlung der Heizkosten 2009 über 416,14 EUR zzgl. Zinsen an und forderten ferner zur Zahlung der Heizungsabrechnung 2010 über 305,08 EUR auf. Mit Schreiben vom 09.04.2011 verwies die Beklagte auf einen geringeren Verbrauch, bezweifelte die Richtigkeit der gemessenen Wärmemengen, verwies auf einen Wärmemengenzähler, den sie in ihrer Einheit installiert hatte und monierte, dass am 21.04.2010 Vor- und Rücklauf kalt gewesen seien. Zudem behauptete die Beklagte, die Kläger hätten ihren Hauseingang, ihren Vorgarten, die kleine Rasenfläche, den Sichtschutz vor ihrer Terrasse, die gesamten Grünpflanzen und Töpfe und vieles mehr zerstört, solche Menschen seien verachtenswert. Die Kläger verwiesen mit Schreiben vom 17.04.2011 darauf, sie hätten den Zulauf nicht abgeschaltet, und verwahrten sich gegen den Vorwurf der Manipulation. Wenn der Zulauf kalt sei, lasse das nur darauf schließen, dass die Beklagte die Zuheizung augenblicklich nicht in Anspruch genommen habe. Daraufhin schlug der damals beklagtenseits beauftragte Rechtsanwalt eine Inanspruchnahme bei der Schlichtungsstelle vor. Die Kläger stimmten zu – allerdings ohne Reaktion der Beklagtenseite trotz Erinnerungen vom 31.05.2011 und 05.07.2011.
Der Einheitswert der Wohnung der Beklagten beträgt 7.300,00 DM.
Im Juni 2012 ist die unvollständige Teilung ordnungsgemäß zu Ende geführt worden.
Nachdem die Kläger Ende 2012 ausgezogen waren, bat die Beklage den Bruder des Klägers, ihr Zugang zu der klägerischen Wohnung zu verschaffen, was jener ablehnte. Die klägerische Einheit ist vermietet, die Beklagte hat ein gutes Verhältnis zu den Mietern.
Auf die Heizkostenabrechnung 2009/2010 zahlte die Beklagte „zwischenzeitlich“ 385,00 EUR unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Auf die Heizkostenrechnung 2010/2011 zahlte die Beklagte den von ihr errechneten offenen Betrag von 228,57 EUR,
Die Kläger behaupten,
die bei Erwerb des Grundstücks harmonische Beziehung der Parteien sei schwierig geworden, nachdem der Notar, den der Kläger zu 1 mit der Teilungserklärung beauftragt hatte, in seinem ersten Entwurf, ein Vorkaufsrecht des verbleibenden Eigentümers für den Fall des Verkaufs des anderen Wohnungseigentums aufgenommen hatte. Die Beklagte habe sich durch diese Regelung hintergangen gefühlt und sei nicht bereit gewesen, die Teilungserklärung von diesem Notar beurkunden zu lassen. Seitdem sei die Beziehung der Parteien gestört. Auch grüße die Beklagte den Kläger zu 1 nicht mehr.
Die Kläger behaupten, erstmals in einem Vorprozess um rückständige Heizkosten unter dem Az. 31 C 26/10 beim Amtsgericht Potsdam davon erfahren zu haben, dass die Ergänzungsurkunde vom 21.02.2001 sich sondern nicht nur zu der Nummerierung der Carports auch zu den Eigentumsverhältnissen an der Gasheizung verhielt. Insoweit seien sie zu keiner Zeit befragt worden.
Ferner behaupten sie, die Wohnung der Beklagten habe einen Wert von 22.000,00 EUR.
Die Kläger behaupten, die Beklagte habe in der Heizperiode 2009/2010 7.171 Einheiten verbraucht, 2010/2011 4.142 Einheiten.
Die Kläger sind der Auffassung, es sei nicht fair, wenn sie mit den Heizkosten in Vorleistung treten müssten. Sie meinen, die Streitigkeiten zwischen den Parteien würden sich trotz ihres Umzugs fortsetzen und auch mögliche Mieter in Mitleidenschaft ziehen. Auch genüge eine Zahlung unter Vorbehalt nicht, um dem Veräußerungsverlangen entgegenzutreten.
Die Kläger meinen, es bedürfe vor einem Veräußerungsverlangen nach § 18 WEG keiner Beschlussfassung über verauslagte Kosten, wenn diese nach einem in der Teilungserklärung detailliert geregelten Schema in Rechnung gestellt seien und weitere Kosten und Nutzen nicht zu verteilen seien. Aufgrund ihrer Mahnung sei die Beklagte in Zahlungsverzug geraten.
Da die Beklagte sich mit einem Betrag, der mehr als 3% des Einheitswertes betrage, also mehr als 111,97 EUR in Verzug befinde, sei die Beklagte nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG zur Veräußerung ihres Eigentums verpflichtet. Zudem sei ihr auch aufgrund gemeinschaftsfeindlichen Verhaltens das Eigentum zu entziehen.
Ein Anspruch auf Abgabe einer Erklärung, dass die Gasheizung nicht im gemeinschaftlichen Eigentum stehe sondern in Sondereigentum, ergebe sich bereits daraus, dass es eine solche Vereinbarung nicht gegeben habe.
Im Übrigen sei für eine Aufrechterhaltung die Regelung, dass die Gasheizung im Gemeinschaftseigentum stehe, eine Begrünung als Sichtschutzzaun zu erhalten sei, ebenso die Heizungsanlage, die Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB weggefallen. Sie meint, dass aufgrund der Zerstrittenheit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft die insoweit getroffenen Regelungen aufzuheben seien, da diese Pflichten aufgrund der familiären Verbundenheit übernommen worden seien.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, ihr im …. belegenes, im Grundbuch des Amtsgerichts Potsdam von …. verzeichnetes Wohnungseigentum, bestehend aus 125/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück …., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 1 zu veräußern;
hilfsweise
1. gegenüber dem Grundbuchamt Potsdam zum Grundbuch von … folgende Erklärung abzugeben:
„Die in der Teilungserklärung vom 05.10.2000 – UR-Nr. 1383/2000 der Notarin P…. – in IV § 4 Ziff 2 Abs.2 erwähnte Gasheizung befindet sich abweichend von der zur UR-Nr. 304/2001 der Notarin P…. am 21.02.2001 von der Notarangestellten L….. abgegebenen Erklärung nicht im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer, sondern im Sondereigentum der jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 2 (jetzt Grundbuch von …),
2. einer Änderung der Teilungserklärung vom 05.10.2000 – UR-Nr. 1383/2000 der Notarin Pöhl dahin zuzustimmen, dass die in Ziff. IV vor § 1 Abs. 2 begründete Verpflichtung des Eigentümers der Wohnung 2, den vor der Terrasse der Wohnung 1 durch Begrünung errichteten Sichtschutz zu erhalten, und die in Ziff. IV vor § 1 Abs. 3 begründete Verpflichtung des Eigentümers der Wohnung 2, die derzeit vorhandene Heizungsanlage in dem vorhandenen Umfange zu erhalten, sowie IV vor § 1 Abs. 3 S. 2 und § 4 Ziff. 2 Abs. 2 ersatzlos aufgehoben werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, ihre Wohnung habe einen Wert von mindestens 100.000,00 EUR.
Sie behauptet, es seien keine fälligen Zahlungen ihrerseits zu erbringen. Ihre Wohnung sei seit Beginn des Jahres 2010 nicht hinreichend beheizbar gewesen.
Sie behauptet, die Feindseligkeiten gingen allein von den Klägern aus. Der Vorwurf, sie habe Post der Kläger aus dem Briefkasten entfernt und jenen nicht zur Verfügung gestellt, sei lediglich eine böswillige Unterstellung.
Sie ist im Übrigen der Auffassung, die Abrechnung für die Jahre 2009/2010 und 2010/2011 seien nicht in ordnungsgemäßer Form und prüfbar erstellt worden. Die Beklagte ist der Auffassung, § 18 sei verfassungswidrig, soweit er sich darauf beziehe, dass bei einem Rückstand von 3% des Einheitswertes Eigentum entzogen werden könne. Dies verstoße gegen den grundgesetzlich verbürgten Schutz des Eigentums.
Sie meint, da die Heizung alle Wohneinheiten der Eigentumsanlage beheize, müsse diese auch Gemeinschaftseigentum sein.
Auch sei eine Pflicht zur Erhaltung des um die Terrasse angelegten Sichtschutzes sinnvoll unabhängig von der familiären Beziehung zwischen den Parteien.
Die Klage ist nicht begründet.
Hinsichtlich des Hauptantrages ist die Klage nicht begründet, da es an einer schweren Verletzung der Beklagten der ihr gegenüber den Klägern obliegenden Verpflichtungen fehlt, die jenen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihr nicht mehr zumutbar erscheinen lässt.
Soweit die Kläger sich nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG darauf berufen, die Beklagte sei mit der Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Lasten- und Kostentragung in Höhe eines Betrages, der 3% des Einheitswerts ihres Wohnungseigentums übersteige, länger als 3 Monate in Verzug komme, genügt der diesbezügliche Vortrag nicht.
Nach Auffassung des Gerichts ist in Zweiparteiengemeinschaften mit gleichwertigem Stimmrecht § 18 Abs. 2 Nr.2 WEG dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass (allenfalls) bei einem unstreitigen oder gerichtlich festgestelltem Rückstand im Sinne dieser Norm eine Veräußerung erfolgreich verlangt werden kann (vgl. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Auflage, § 28 Rn. 208 zum Aufrechnungsausschluss bei Wohngeldforderungen).
Denn das gesetzliche Leitbild bei Wohnungseigentümergemeinschaften ist, dass Forderungen fällig werden mit Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft (§§ 21 Abs.1, 23 Abs.1, 25 Abs.1 WEG, s. auch Niedenführ, Kümmel, Vandenhouten, WEG, 10. Auflage, § 28 Rn. 183, 187). Wenn die Mehrheit der Wohnungseigentümer Zahlungspflichten beschließt – sei es als Vorschuss, sei es aufgrund einer Jahresabrechnung – muss sich der einzelne Wohnungseigentümer diesem Beschluss beugen, bis er aufgehoben ist, § 23 Abs.4 S2 WEG. Weder gab es für die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Wirtschaftsplan nach § 28 Abs.2 WEG, nach dem die Beklagte zur Zahlung verpflichtet war, noch gab es einen Beschluss über eine Jahresabrechnung nach § 28 Abs.5 WEG. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften, bestehend aus zwei Parteien mit gleichwertigem Stimmrecht, ist zwar nach h.M. ein Beschluss entbehrlich, wenn einer der Wohnungseigentümer Kosten für die Gemeinschaft oder den anderen verauslagt hat. In diesem Fall kann der eine Wohnungseigentümer unmittelbar aus Geschäftsführung ohne Auftrag den anderen nach §§ 677, 683 BGB auf Zahlung verklagen. Jedoch ist eine Abmeierungsklage wegen Zahlungsverzugs ohne Beschluss oder Gerichtsurteil als ultima ratio (s. hierzu Kümmel/Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 10 Rn. 2ff) nicht begründet.
Nach § 11 Abs.1 WEG kann kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Nur unter den engen Voraussetzungen von § 18 Abs.1 WEG – bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung kann ggf. Veräußerung verlangt werden. Diese teleologische Reduktion ist zur Wahrung des grundgesetzlich geschützten Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S1 GG geboten.
Hier gilt, anders als die Kläger meinen, nicht deswegen etwas anderes, weil die Teilungserklärung eine konkrete Abrechnungsvereinbarung enthält und keine weiteren Nebenkosten zwischen den Parteien abzurechnen sind. Die Höhe der von der Beklagten zu tragenden Heizkosten ist streitig und nicht gerichtlich festgestellt.
Diese teleologische Reduzierung von § 18 Abs.2 Nr. 2 WEG verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB, weil die Kläger dadurch dauerhaft in Vorleistung treten müssten. Denn es wäre den Klägern möglich darauf hinzuwirken, dass ein Wirtschaftsplan aufgestellt wird, in dem Vorauszahlungen festgesetzt werden.
Darauf, ob § 18 Abs. 1 S1 in V.m. Abs.2 Nr. 2 WEG verfassungswidrig ist, wovon das Gericht ausgeht, kommt es deshalb im vorliegenden Fall nicht an, ebenso wenig ob die Beklagte teilweise unter Vorbehalt zahlte.
Auch das im Übrigen klägerseits behauptete Verhalten der Beklagten gibt – selbst in seiner Gesamtheit - keinen Grund für eine Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs.1 WEG. Selbst, wenn man die klägerischen Behauptungen insgesamt als wahr unterstellt, liegt keine derart schwere Pflichtverletzung der Beklagten vor, dass den Klägern eine Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann.
Die noch behaupteten Vorfälle rechtfertigen unter Abwägung der Interessen der Kläger auf Entfernung der Beklagten aus der Gemeinschaft und der Interessen der Beklagten, ihr Eigentum zu behalten, keine Entziehung des grundgesetzlich geschützten Eigentums nach Artikel 14 Abs. 1 GG. Denn grundsätzlich bedarf es bei störendem Verhalten nach § 18 Abs.2 Nr.1 WEG einer erfolglosen Abmahnung hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens (s. z.B. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 18 Rn. 11 m.w.N.). Eine Abmahnung ist nur dann entbehrlich, wenn sie offensichtlich ohne Erfolg sein wird (a.a.O.). Dazu fehlt entgegen § 138 Abs.1 ZPO schon ausreichender Vortrag. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Parteien nicht mehr gemeinsam in der streitgegenständlichen Wohnungseigentumsanlage wohnen, so dass persönliche Unstimmigkeiten zumindest entschärft sind, und den Alltag nicht mehr derart gravierend bestimmen werden. Mit den Mietern gibt es bisher keine Streitigkeiten. Tätlichkeiten gab es keine. Dafür, dass die Beklagte ein zweites Mal versuchte, Zugang zur klägerischen Wohneinheit zu erhalten, fehlt jeder Anhaltspunkt.
Soweit die familiären Verhältnisse sich verschlechtert haben, war dies zudem bereits bei Unterzeichnung der Teilungserklärung nach Angaben der Kläger angelegt. So behaupten sie, als die Beklagte ein Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten habe bewilligen sollen, habe sie sich hintergangen gefühlt. Seitdem sei das Verhältnis gestört. Dabei kommt es bei Parteien, die nah beieinander leben und zudem miteinander finanziell verbunden sind, nicht selten vor, dass es Schwierigkeiten gibt. Die Angaben der Beklagten, „solche Menschen (wie die Kläger) seien verachtenswert“, die Beklagte grüße nicht, die Kläger hätten ihr den Zutritt zu ihrem Grundbesitz verwehrt, die Nutzung durch Anpflanzungen verhindert, Grasnarbe entfernt und einen Graben gezogen, sie könne aufgrund des von den Klägern angelegten Sichtschutzes und eines Baumes ihr Erkerfenster nicht mehr öffnen, die Kläger hätten den Hauseingang, den Vorgarten, die kleine Rasenfläche, den Sichtschutz vor ihrer Terrasse, die gesamten Grünpflanzen, Töpfe und vieles mehr zerstört, sind zwar problematisch, unerquicklich und einem friedvollen Miteinander in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft nicht förderlich. Dies gilt ebenso für die Angabe, die Beklagte wolle wissen, wie die Einheiten auf die Zähler gelangt seien, was als Vorwurf der Manipulation verstanden werden kann. Jedoch rechtfertigen sie keinen Entzug des Eigentums.
Soweit die Kläger mutmaßen, die Beklagte habe Briefe, die bei ihr eingeworfen worden seien, nicht weitergeleitet, steht die Richtigkeit dieser Behauptung nicht fest. Auch fehlt ein Beweisantritt insoweit. Dass die Beklagte Post unterschlagen habe, war nicht feststellbar und ist auch nicht unter Beweisantritt hinreichend konkret behauptet worden. Soweit sie angekündigt hat, ggf. für den Kläger zu 1. bestimmte Post zurückzuschicken, die in ihren Briefkasten gelangt, ist dies nicht übermäßig problematisch. Insbesondere stellt dieses angekündigte Verhalten keine Straftat dar. Zudem dürfte nach dem Wegzug der Kläger eine falsche Zustellung von Briefsendungen weitestgehend ausgeschlossen sein.
Finanzielle Meinungsverschiedenheiten können ggf. unter Beteiligung von Rechtsanwälten geklärt werden, wobei die behaupteten Zahlungsrückstände nicht übermäßig hoch sind.
Der Hilfsantrag zu 1 ist nicht begründet. Eine Pflicht der Beklagten zur Abgabe der gewünschten Erklärungen laut § 313 BGB existiert nicht. Wenn die Kläger eine Erklärung, die Gasheizung befinde sich nicht im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer nicht abgeben wollten, hätten sie diese Erklärung nach §§ 112 ff. BGB anfechten müssen.
Dabei entspricht die Ergänzung zudem § 5 Abs. 2 WEG, wonach Anlagen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums sind, auch wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Die Heizung dient ausweislich der Teilungserklärung bei extremen Temperaturen auch der Zuheizung der Wohnung Nr.1 und stellt deswegen schon nach § 5 Abs.2 WEG kein Sondereigentum dar (s. hierzu auch Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 5 Rn. 38). Streitigkeiten zwischen den Parteien sind insoweit ohne Bedeutung.
Auch der Hilfsantrag zu 2. ist unbegründet. Denn ein Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung hinsichtlich Sichtschutz und Erhalt der Heizungsanlage mit Ergänzungsregeln besteht nach § 10 Abs.2 S3 WEG nicht. Nach § 10 Abs.2 S3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz oder einer Vereinbarung abweichende Regelung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
Unbillig ist eine Regelung, die bei objektiver Betrachtung die unterschiedlichen Interessen der Wohnungseigentümer nicht in einen angemessenen Ausgleich bringt, weil einzelne Eigentümer übervorteilt oder ohne sachlichen Grund benachteiligt werden (s. z.B. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 10 Rn. 55 m.w.N.). Als schwerwiegende Gründe benennen die Kläger finanzielle und persönliche Unstimmigkeiten. Diese begründen keinen Anspruch auf Zustimmung zu den begehrten Änderungen. Hinsichtlich des Sichtschutzes ist es regelmäßig sinnvoll, einen solchen zum Schutz der Privatsphäre der jeweiligen Bewohner zu erhalten. Dass dabei Unstimmigkeiten auftreten können, ist hinzunehmen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die getroffene Regelung von Anfang an verfehlt gewesen sein könnte. Dass persönliche und finanzielle Streitigkeiten entstehen könnten, war bei Beurkundung der Teilungserklärung absehbar.
Hinsichtlich der Heizungsanlage gelten obige Ausführungen entsprechend. Abrechnungsschwierigkeiten rechtfertigen eine Änderung von Eigentumsverhältnissen nicht, ebenso wenig die Streitigkeiten der Parteien und die erschwerten persönlichen Verhältnisse.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.
Streitwert: 30.000,00 EUR
(22.000,00 EUR für den Hauptantrag, für die Hilfsanträge jeweils 4.000,00 EUR)