Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 13.10.2011 | |
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Aktenzeichen | 5 Sa 1308/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 19.05.2011 – 2 Ca 187/11 – abgeändert und festgestellt, dass der sich aus „Prämie Einmal = Lohnart 461“ errechnete Anteil des Urlaubsentgelts nach § 18 Abschnitt C 1 MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23.06.2008 eine Abschlagszahlung auf die Jahresprämie nach der Rahmenregelung für die Prämienvereinbarungen vom 11.03.2010 ist und mit dieser verrechenbar ist.
II.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15,6 % und die Beklagte 84,4 % zu zahlen.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über die Berücksichtigung eines monatlich gezahlten Abschlags auf eine für den Kläger jährlich abgerechnete Prämie bei der Berechnung des Urlaubsentgelts im Juni 2010 und des 13. Monatsgehalts im November 2010 sowie um die Verrechenbarkeit daraus errechneter Bestandteile des Urlaubsentgelts als Abschlagszahlung auf die Jahresprämie.
Der Kläger ist seit 01.05.1994 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Außendienstmitarbeiter beschäftigt.
Der monatliche Bruttoverdienst des Klägers betrug bis einschließlich Juni 2010 insgesamt 4.076,00 €, bestehend aus einem Grundentgelt von 3.582,00 €, einer Leistungszulage von 394,00 € und einer Dienstwagenzulage von 100,00 €, und danach, aufgrund einer Erhöhung des Grundentgeltes auf 3.636,00 €, 4.130,00 €. Zusätzlich erhielt der Kläger unter der Bezeichnung „Prämie Einmal Lohnart 461“ eine monatliche Abschlagszahlung auf eine Jahresprämie in Höhe von 375,00 €.
Diese Zahlung erfolgt auf der Grundlage der mit Geltung ab 01.01.2010 als Gesamtbetriebsvereinbarung getroffenen „Rahmenregelung für Prämienmitarbeiter Kitchen Retail“ der Beklagten vom 11.03.2010 (künftig: Rahmenregelung, Bl. 30/ 31 d. A.), in deren Ziffer 3 u. a. bestimmt ist:
„- Die Abrechnung aller Prämienarten erfolgt jährlich nach Vorliegen der entsprechenden Zahlen und Auswertungen im März des Folgejahres.
- Die monatliche Abschlagszahlung beträgt 375 € brutto.
- Die Abschlagszahlung wird mit der Abrechnung im März des Folgejahres mit allen Prämienarten verrechnet.
...
- Für den Außendienstmitarbeiter, der durch seine erreichten Prämien die bereits ausgezahlte Abschlagszahlung nicht abdecken kann (Untererfüllung), muss eine individuelle Lösung gefunden werden.
...“
Auf das Arbeitsverhältnis der tarifgebundenen Parteien kommt ein Haustarifvertrag vom 14.12.2009 (Bl. 130 bis 146 d. A.) zur Anwendung, der in § 2 u. a. die Geltung des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23.06.2008 (künftig: MTV, Bl. 151 bis 209 d. A.) und des Tarifvertrages über die Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 12.12.1996 in der Fassung vom 01.11.1997 (künftig: TV 13. Monatseinkommen, Bl. 86 bis 88 d. A.) vorsieht. Die Anwendung des Haustarifvertrages ist überdies in Ziffer 1.2 des Arbeitsvertrages vom 26.02.2010 (Bl. 11/ 12 d. A.) vereinbart.
In § 6 „Entgelt“ des Haustarifvertrages ist u. a. geregelt:
„1
Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen (einschließlich der Leistungsentgelte) richten sich ab 01.01.2010 nach den jeweils regional geltenden Tarifbedingungen der M+E-Industrie nach dem Tarifstand vom 28.02.2010 ... Dieser Status wird bis zur betrieblichen ERA-Einführung abgesichert.
In § 18 Abschnitt C. Ziffer 1 des MTV ist u. a. bestimmt:
„Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem 1,5fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienst – jedoch ohne Mehrarbeitsvergütung und –zuschläge -, den der Arbeitnehmer in den letzten 3 Kalendermonaten vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat.“
In der Anmerkung zu § 18 Abschnitt C Ziffer 1 MTV heißt es u. a.:
„Zunächst ist der Verdienst der letzten drei Kalendermonate festzustellen.
Arbeitsverdienst i. S. dieser Regelung ist der Gesamtverdienst. Hierzu gehören insbesondere tarifliches Grundentgelt, leistungsabhängiges Entgelt sowie Zulagen und Zuschläge wie z.B. außertarifliche Zulagen, Schmutz- und Erschwerniszulagen), steuerpflichtige Nahauslösungen (...), Zuschläge für Nachts-, Sonntags- und Feiertagsarbeit.
Nicht zum Verdienst zählen Mehrarbeitsvergütungen und –zuschläge, vermögenswirksame Leistungen sowie Beträge, die der Arbeitnehmer als Ersatz für Aufwendungen erhält, zB. ... Einmalige Zuwendungen wie beispielsweise Weihnachtsgratifikationen, Gewinnbeteiligung, werden ebenfalls nicht mitgerechnet. ...
Sofern während des Berechnungszeitraumes oder während des Urlaubs Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur eintreten, ist diesem Umstand entsprechend Rechnung zu tragen. ... Verdiensterhöhungen vorübergehender Art werden dagegen nicht berücksichtigt. Als Zeitraum hierfür gilt eine Zeitspanne bis zu 3 Monaten.
...
Nach Feststellung des so ermittelten Gesamtverdienstes ist nunmehr das Urlaubsentgelt pro Urlaubstag zu berechnen.
Dies erfolgt in der Weise, dass der Gesamtverdienst durch 65,25 zu teilen und mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren ist.
...“
Nach Ziffer 1 und 2 des TV 13. Monatseinkommen haben die Arbeitnehmer je Kalenderjahr einen Anspruch auf eine betriebliche Sonderzahlung, die nach einer Betriebszugehörigkeit von 36 Monaten „55 v H. eines Monatsverdienstes“ beträgt. Nach Ziffer 4 dieses Tarifvertrages erfolgt „die Berechnung des für diese Leistungen maßgeblichen Monatsverdienstes entsprechend den Bestimmungen in § 25 Abschnitt C Ziffer 1 des MTV-Arbeiter bzw. in § 14 Abschnitt C Ziffer 1 des MTV-Angestellte in der Weise, dass der ermittelte Arbeitsverdienst der letzten drei Kalendermonate (Gesamtverdienst) durch 3 geteilt wird.“
In dem mittlerweile für alle Arbeitnehmer geltenden MTV ist unter § 14 Ziffer 1 u. a. bestimmt:
„(I) Das Arbeitsentgelt ist als Monatsentgelt zu zahlen.
(II) Das Monatsentgelt setzt sich zusammen aus
- gleichmäßigen Bestandteilen und
- variablen Bestandteilen
des Arbeitsentgelts.
(III) Zu den gleichmäßigen Bestandteilen gehören neben dem tariflichen Monatsgrundentgelt (§ 15 Ziff. 1) die Leistungszulage gem. § 7 ERA-TV, Abschlagszahlungen auf das Zielentgelt gem. § 10 ERA-TV, andere Zuschläge und Zulagen, die regelmäßig in gleicher Höhe anfallen (z. B. ...), sowie sonstige monatlich in gleicher Höhe wiederkehrende Bestandteile des Arbeitsentgelts.
...
(V) Zu den variablen Bestandteilen des Monatsentgelts gehören
- leistungsabhängige Entgelte aufgrund eines Kennzahlenvergleichs (Prämie gemäß § 8 ERA-TV und Akkord gem. § 9 ERA-TV) und
- zeitabhängige Bestandteile des Arbeitsentgelts.
...“
Die Beklagte zahlte dem Kläger mit der Abrechnung für Monat Juni 2010 (Bl. 13 d. A.) unter der Bezeichnung „Urlaubsgeld“ für 30 Urlaubstage im Jahr 2010 ausgehend von einer Bruttomonatsvergütung des Klägers von 4.076,00 € einen Betrag von 2.812,50 € brutto und in der Abrechnung für Monat November 2010 (Bl. 65 d. A.) ausgehend von einer Bruttomonatsvergütung des Klägers von 4.130,00 € ein anteiliges 13. Monatseinkommen in Höhe eines Betrages von 2.272,00 € brutto, unstreitig jeweils ohne Berücksichtigung der monatlichen Zahlung auf die Jahresprämie in ihre Berechnungen.
Mit der am 30.09.2010 vorab per Fax beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage hat der Kläger nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 12.08.2010 Zahlung eines Differenzbetrages von 257,15 € brutto für die Urlaubsvergütung und – nach Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) - mit am 16.02.2011 dort eingegangener und am 21.02.2011 zugestellter Klageerweiterung Zahlung eines Differenzbetrages von 206,00 € für das anteilige 13. Monatseinkommen, jeweils nebst Verzugszinsen, von der Beklagten beansprucht, wobei er die Differenzen jeweils unter Abzug der von der Beklagten gezahlten Beträge von den Beträgen, die nach seiner Berechnung unter Einbeziehung der Prämie von monatlich 375,00 € zu zahlen waren, errechnet hat.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die monatliche Zahlung von 375,00 € brutto auf die Prämie sei bei Berechnung dieser Leistungen einzubeziehen, die Beklagte hat gemeint, die Prämienzahlung sei dabei nicht zu berücksichtigen. Mit einer Hilfswiderklage hat sie Feststellung der Verrechenbarkeit des sich aus der Prämienzahlung ergebenden Anteils des Urlaubsentgelts als Abschlagszahlung auf die Jahresprämie begehrt.
Mit Urteil vom 19.05.2011 – 2 Ca 187/11 -, auf dessen Tatbestand (Bl. 91 bis 96 d. A.) wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 257,15 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2010 und 206,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem seit dem 01.01.2011 zu zahlen, die Widerklage abgewiesen, den Streitwert auf 548,87 € festgesetzt und die Berufung zugelassen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, aus einer sachgerechten Auslegung des Begriffs „durchschnittlicher Arbeitsverdienst“ in § 18 Abschnitt C Ziffer 1 MTV sowie aus Ziffer 4 des TV 13. Monatseinkommen i. V. m. § 14 MTV folge eine Einbeziehung der monatlich in gleicher Höhe geleisteten Prämienzahlungen in die Berechnung des Urlaubsentgelts und des 13. Monatseinkommens. Der daraus resultierende höhere Anteil des Urlaubsentgeltes sei nicht Teil der Abschlagszahlung auf die Jahresprämie. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 97 bis 104 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses, der Beklagten am 15.06.2011 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 22.06.2011 vorab per Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die sie mit am 08.08.2011 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte verweist zunächst auf die Anmerkung zu § 18 Abschnitt C Ziffer 1 MTV, wonach einmalige Zuwendungen, wie z. B. Gewinnbeteiligung, auf die, da sie vom Erfolg des Unternehmens abhänge, nicht von vorneherein ein Rechtsanspruch bestehe, beim durchschnittlichen Arbeitsverdienst nicht mitgerechnet werden. Gleiches gelte für die mit dem Gesamtbetriebsrat Vertrieb vereinbarte Jahresprämie. Aus der Rahmenregelung ergebe sich, dass es sich bei der Prämie um eine von der Erfüllung von Zielen abhängige Einmalzahlung handle, die im März des Folgejahres abgerechnet werde. Die monatliche Abschlagszahlung von 375 € sei eine Vorschusszahlung auf eine Einmalzahlung, deren Zustandekommen zwar erwartet werde, die aber noch abgerechnet und verifiziert werden müsse. So hätten die Betriebspartner auch für den Fall der Nichterreichung der Prämienvorgaben geregelt, dass eine individuelle Lösung gefunden werden müsse. Bei der Rahmenregelung handle es sich um eine Betriebsvereinbarung, die bei der vom Arbeitsgericht gewählten Auslegung wegen der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam wäre. Für monatlich zu zahlendes Arbeitsentgelt gälte der Vorrang des Tarifvertrages und kein Günstigkeitsprinzip. Die Rahmenregelung habe mit dem Tarifvertrag nichts zu tun, weshalb eine Auslegung mit tariflichen Begriffen nicht zulässig sei. Das Arbeitsgericht habe den Willen der Betriebspartner entgegen seinem klaren Wortlaut neu formuliert und damit seine Kompetenzen überschritten. Die Abschlagszahlung auf die Prämie sei kein regelmäßiger monatlicher Bezug, sondern Abschlagszahlung auf eine Einmalzahlung, auf die (noch) kein Rechtsanspruch bestehe und die deshalb nicht bei der für die Ermittlung des Urlaubsentgelts maßgeblichen Monatsbezüge herangezogen werden könne. Urlaubsentgelt sei Arbeitsentgelt, das verrechen- und pfändbar sei. Die Betriebsvereinbarung ermächtige ausdrücklich zur Verrechnung der gezahlten Abschläge mit dem Gesamtprämienanspruch. Mindestens der hilfsweise erhobenen Widerklage sei demnach stattzugeben.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 19.05.2011, Az 2 Ca 187/11 wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte und Berufungsklägerin:
Es wird festgestellt, dass der sich aus „Prämie Einmal = Lohnart 461“ errechnete Anteil des Urlaubsentgelts nach § 18 Abschnitt C 1 MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23. Juni 2008 eine Abschlagszahlung auf die Jahresprämie nach der Rahmenregelung für Prämienvereinbarungen vom 11.03.2010 ist und mit dieser verrechenbar ist.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Ansicht, bei den monatlichen Abschlagszahlungen auf die Jahresprämie handle es sich um verstetigte monatliche Vergütungsbestandteile. Bisher seien in keinem Fall des Nichterreichens der Prämienziele Zahlungen zurückgefordert worden. Mit der Rahmenregelung hätten die Betriebsparteien in zulässiger Weise eine nach § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtige Materie geregelt, was nach der sog. Vorrangtheorie der Regelungssperre in § 77 Abs. 3 BetrVG vorgehe. Da es sich bei dem von ihm verlangten Urlaubsentgelt um eine tarifliche Leistung handle, sei die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung mit tariflichen Begriffen nicht zu beanstanden. Dessen durch die Einbeziehung der Prämie in den durchschnittlichen Arbeitsverdienst erhöhter Anteil sei nicht Teil der Abschlagszahlung auf die Jahresprämie geworden. Der Prämienvereinbarung sei dies nicht zu entnehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Schriftsatz der Beklagten und Berufungsklägerin vom 05.08.2011 (Bl. 117 bis 119 d. A.), den Schriftsatz des Klägers und Berufungsbeklagten vom 08.09.2011 (Bl. 125 bis 127 d. A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2011 (Bl. 128/ 129 d. A.) Bezug genommen.
Die gemäß § 8 Abs. 2 und infolge der Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 2 a) ArbGG statthafte sowie gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten war im Sinne von § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO auch form- und fristgerecht begründet. Dies gilt auch für den Teil des Urteils, der die Differenzzahlung hinsichtlich des 13. Monatsentgelts betrifft. Auch wenn die Beklagte sich in ihrer Berufungsbegründung mit den diesbezüglichen Ausführungen des Urteils nicht ausdrücklich befasst hat, waren ihre Ausführungen zur Regelungssperre nach § 77 Abs. 3 BetrVG und zu der ihrer Ansicht nach unzulässigen Auslegung der Rahmenregelung mit tariflichen Begriffen angesichts des auch den Differenzbetrag des 13. Monatsentgelts umfassend gestellten Berufungsantrages ebenfalls als auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu diesem vom Kläger geltend gemachten Anspruch bezogen anzusehen.
Die somit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten war in der Sache indes nur im Umfang des Hilfsantrags erfolgreich.
I.
Die zulässigen Zahlungsanträge des Klägers waren insgesamt begründet.
1.
Der Kläger kann von der Beklagten bei Abzug der ihm im Monat Juni 2010 seitens der Beklagten erbrachten Zahlung eines „Urlaubsgeldes“ von dem ihm unter Einbeziehung der monatlichen Zahlung auf die Jahresprämie nach dem MTV zustehenden Urlaubsentgelt Nachzahlung des Differenzbetrages beanspruchen, den er in zwischen den Parteien unstreitiger Höhe von 257,15 € brutto errechnet hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Abschlagszahlung auf die Jahresprämie Teil des für die Urlaubsentgeltberechnung nach § 18 Abschnitt C Ziffer 1 MTV maßgeblichen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, den der Kläger in den drei letzten Kalendermonaten vor Urlaubsantritt erhalten hat.
1.1
Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Begriff „durchschnittlicher Arbeitsverdienst“ i.S.v. § 18 Abschnitt C Ziffer 1 MTV auf der Grundlage der dazu im Tarifvertrag vereinbarten Anmerkung in der Weise ausgelegt, dass die monatliche Prämienzahlung von 375,00 € brutto in dessen Berechnung einzubeziehen ist.
Dabei hat das Arbeitsgericht nicht die Rahmenregelung, sondern die tarifvertraglichen Bestimmungen ausgelegt. Schon deshalb greift der Einwand der Beklagten, eine Auslegung mit tarifvertraglichen Begriffen sei unzulässig, nicht durch. Im Übrigen sind Betriebsvereinbarungen aufgrund ihres normativen Charakters in gleicher Weise wie Tarifverträge, nämlich wie Gesetze auszulegen. Selbst wenn daher das Arbeitsgericht auch die als Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossene Rahmenregelung wie einen Tarifvertrag ausgelegt hätte, wäre dies nicht zu beanstanden. Auszugehen ist für beide Arten von Regelungswerken vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmungen führt (vgl. zuletzt Urteile des BAG vom 07.06.2011 – 1 AZR 807/09 -, zitiert nach juris-Datenbank, und vom 27.07.2010 – 1 AZR 874/08 -, EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 23).
Im Wortlaut der im Tarifvertrag enthaltenen Anmerkung zu § 18 Abschnitt C Ziffer 1 MTV sind bei den beispielhaft aufgeführten Angaben zu Bestandteilen des als „Arbeitsverdienst“ zu betrachtenden Gesamtverdienstes regelmäßige monatliche Abschlagszahlungen auf Jahresprämien zwar nicht ausdrücklich erwähnt, worauf auch das Arbeitsgericht hingewiesen hat. Diese sind jedoch als „leistungsabhängiges Entgelt“ i.S.d. Anmerkung zu betrachten, da es sich bei der Jahresprämie, für die die Abschlagszahlungen erfolgen, um ein Entgelt handelt, dessen Höhe von der Erfüllung (dann 100 %) bzw. dem Überschreiten der für das jeweilige Geschäftsjahr festgelegten Planvorgaben abhängt, wobei es zu der im Falle der Untererfüllung zu treffenden „individuellen Lösung“ in der Vergangenheit nach von der Beklagten nicht bestrittener Angabe des Klägers nie gekommen ist.
Auch ist dieses Entgelt angesichts der monatlich in gleicher Höhe erfolgenden regelmäßigen Abschlagszahlung trotz der Bezeichnung als „ Prämie Einmal“ in den Abrechnungen nicht als „einmalige Zuwendung“ i. S. d. in der Anmerkung getroffenen Ausnahmeregelung zu betrachten. Mit „einmaligen Zuwendungen“ sind, wie die beispielhaft angeführten Weihnachtsgratifikationen und Gewinnbeteiligungen zeigen, nach dem Willen der Tarifpartner ersichtlich nur einmalig im Jahr geleistete Zahlungen, nicht aber monatlich mit dem sonstigen Arbeitsentgelt regelmäßig geleistete Zahlungen gemeint. Dieses Entgelt ist zudem mit der in der Anmerkung insoweit erwähnten Gewinnbeteiligung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vergleichbar, da die einzelnen Prämienarten nach der Rahmenregelung ersichtlich nicht an einen Gewinn der Beklagten, sondern an das Erreichen persönlicher bzw. regionaler Plan- bzw. Zielvorgaben durch die Außendienstmitarbeiter anknüpfen.
Lässt der Wortlaut der Tarifbestimmungen daher die Auslegung zu, dass die regelmäßigen Abschlagszahlungen auf die Prämie Teil des der Berechnung des Urlaubsentgelts zugrunde zu legenden Gesamtverdienstes sind, wird dies auch durch die Systematik des Tarifvertrages und den tariflichen Gesamtzusammenhang bestätigt. Nach der Systematik des Regelungen zum Urlaubsentgelt sollen alle regelmäßigen Zahlungen von Arbeitsentgelt mit Ausnahme von Mehrarbeitsvergütungen und -zuschlägen, vermögenswirksamen Leistungen und Aufwendungsersatzleistungen zum Gesamtverdienst gehören und im Übrigen nur einmalige Zuwendungen, um die es sich bei den regelmäßigen monatlichen Abschlagszahlungen indes erkennbar nicht handelt, ausgenommen werden. Einer Betrachtung der monatlichen Abschlagszahlungen auf die Prämie als Teil des regelmäßigen Gesamtverdienstes entspricht zudem die Regelung in § 14 Ziffer 1 (III) MTV, wonach u.a. „Abschlagszahlungen auf das Zielentgelt gem. § 10 ERA-TV“ sowie „sonstige monatlich in gleicher Höhe wiederkehrende Bestandteile des Arbeitsentgelts“ zu den gleichmäßigen Bestandteilen des Monatsentgelts gehören. Auch wenn der ERA-Tarifvertrag bei der Beklagten erst im Jahr 2013 umgesetzt werden soll, wie von ihr im Verhandlungstermin erklärt, zeigen diese Formulierungen, dass monatlich in gleicher Höhe erfolgende Abschlagszahlungen auch auf andere Zielentgelte, zu denen unzweifelhaft die monatlichen Zahlungen der Beklagten auf die Jahresprämie gehören, ebenfalls als gleichmäßige Bestandteile des verstetigten Monatsentgelts anzusehen sind.
Schließlich gebietet auch der Sinn und Zweck der tariflichen Urlaubsentgeltregelung, durch die erhöhte Entgeltzahlung die Erholung der Arbeitnehmer zu fördern und ihnen hierfür regelmäßig entstehende besondere Aufwendungen zu ermöglichen, bei der Berechnung des Urlaubsentgelts grundsätzlich von dem gesamten regelmäßig erzielten Arbeitsverdienst der Arbeitnehmer auszugehen. Nur die Einbeziehung der monatlich geleisteten Abschlagszahlungen auf die Jahresprämie in die Berechnung des Urlaubsentgelts ist in dieser Weise sachgerecht und entspricht dem Zweck der tariflichen Regelung. Sie ist auch in der Praxis brauchbar, da die Einbeziehung in die Berechnung der regelmäßigen Entgeltzahlung entspricht und keinen erhöhten Berechnungsaufwand erfordert. Allein die Berücksichtigung der monatlich geleisteten Abschlagszahlungen auf die Prämie bei der Berechnung des Urlaubsentgelts entspricht im Ergebnis dem in den Tarifvertragsbestimmungen zum Ausdruck gebrachten Willen der Tarifvertragsparteien.
1.2
Die Einbeziehung der monatlichen Abschlagszahlungen auf die Jahresprämie in die Berechnung des tariflichen Urlaubsentgelts begründet nicht die Annahme, dass die Rahmenregelung nach § 77 Abs. 3 BetrVG unzulässig ist. Die Betriebsparteien besitzen nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes grundsätzlich eine umfassende Kompetenz zur Regelung materieller und formeller Arbeitsbedingungen. Sie können durch Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen, soweitdie Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen oder den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen zulassen. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung mitzubestimmen, § 88 BetrVG eröffnet den Betriebsparteien zusätzlich einen weiten Regelungsspielraum.
Die Regelungssperre von § 77 Abs. 3 BetrVG greift im vorliegenden Fall nicht ein. Die Tarifvertragsparteien haben zwar im ERA-Tarifvertrag eine Regelung über ein Zielentgelt getroffen. Dieser Tarifvertrag soll jedoch nach den Angaben der Beklagten in ihrem Betrieb erst im Jahr 2013 umgesetzt werden. Solange dies nicht der Fall ist, steht § 77 Abs. 3 BetrVG der Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung daher nicht entgegen.
2.
Dem Kläger steht auch die begehrte Nachzahlung eines der Höhe nach unstreitigen Differenzbetrages von 206,00 € brutto auf das im November 2010 gezahlte anteilige 13. Monatseinkommen zu. Auch bei dessen Berechnung war die monatliche Abschlagszahlung auf die Jahresprämie nach Ziffer 4 des TV 13. Monatseinkommen i.V.m. § 14 Ziffer 1 (III) MTV einzubeziehen, da es sich dabei um monatlich in gleicher Höhe wiederkehrende Bestandteile des Arbeitsentgelts und damit um gleichmäßige Bestandteile des Monatsentgelts handelt, wie bereits unter 1.1 ausgeführt. Hinsichtlich der Einwendungen der Beklagten kann auf die bisherigen Ausführungen Bezug genommen werden.
3.
Die Beklagte schuldet dem Kläger ferner die von ihm begehrten Verzugszinsen auf die zu leistenden Zahlungen nach §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB.
II.
Der Hilfsantrag der Beklagten war begründet. Der aus „Prämie Einmal = Lohnart 461“ nach § 18 Abschnitt C 1 MTV errechnete Anteil des Urlaubsentgelts ist ein Abschlag auf die Jahresprämie nach der Rahmenregelung und mit dieser verrechenbar.
Dies ergibt die Auslegung der Bestimmungen der Rahmenregelung.
Nach Ziffer 3, 1. Spiegelstrich der Rahmenregelung erfolgt die Abrechnung aller Prämienarten jährlich nach Vorliegen der entsprechenden Zahlen und Auswertungen im März des Folgejahres. Im 2. Spiegelstrich ist bestimmt, dass „die monatliche Abschlagszahlung“ 375 € brutto beträgt. Damit ist lediglich die Höhe der monatlichen Abschlagszahlung bestimmt. Wenn es sodann im 3. Spiegelstrich der Rahmenregelung heißt, dass „die Abschlagszahlung“ mit der Abrechnung im März des Folgejahres mit allen Prämienarten verrechnet wird, kann sich dies erkennbar nicht nur auf die davor nur der Höhe nach geregelte monatliche Abschlagszahlung von 375 € brutto beziehen. Vielmehr sollen damit ersichtlich alle im Vorjahr geleisteten Abschlagszahlungen auf die Jahresprämie der Verrechnung mit der Jahresprämie unterzogen werden.
Dazu gehört auch der aus „Prämie Einmal = Lohnart 461“ nach § 18 Abschnitt C 1 MTV errechnete Anteil des Urlaubsentgelts. Auch mit dieser Zahlung leistet die Beklagte dem Kläger einen Abschlag auf die Jahresprämie im Sinne des 3. Spiegelstriches, da sein Urlaubsentgelt um einen Betrag erhöht wird, der sich allein aus der Jahresprämie herleitet und dessen rechtlicher Bestand erst im März des Folgejahres bestimmt wird. Dass in der Rahmenregelung der im Urlaubsentgelt enthaltene Abschlag nicht ausdrücklich erwähnt wird, steht dem nicht entgegen. Auch im Falle der Entgeltfortzahlung bei Krankheit bzw. an Feiertagen wird der monatliche Betrag von 375 € brutto als Abschlag (fort-)gezahlt, ohne dass dies in der Rahmenregelung ausdrücklich geregelt ist.
Nach Sinn und Zweck der Bestimmung in Ziffer 3, 3. Spiegelstrich der Rahmenregelung, die alle geleisteten Abschlagszahlungen in die Verrechnung mit der erst im März des Folgejahres nach Bestand und Höhe festzustellenden Jahresprämie einbezieht und zweifelsohne auch die Abschlagszahlungen im Krankheits- und Feiertagsfall umfasst, ist deshalb auch der in dem erhöhten Urlaubsentgelt enthaltene anteilige Abschlag auf die Jahresprämie mit dieser zu verrechnen.
III.
Aus diesen Gründen war nach dem Hilfsantrag der Beklagten zu erkennen und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
V.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorgenommenen Auslegung der Tarifverträge und der Rahmenregelung im Unternehmen der Beklagten zuzulassen.