Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 27.01.2020 | |
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Aktenzeichen | 13 WF 244/19 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Zur Vorgreiflichkeit eines rechtskräftigen polnischen Scheidungsausspruchs für eine Vaterschaftsanerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB
2. Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 1599 Abs. 2 BGB treten dessen Wirkungen ex tunc ein, dh sie wirken auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurück und entfalten Wirkung für und gegen alle. Die - allerdings erst dann eintretenden - inhaltlichen Wirkungen (Erbrecht, elterliche Sorge, Unterhalt etc.) gleichen denen einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung (vgl. BeckOGK/Reuß, 1.11.2019, BGB § 1599 Rn. 180).
3. Vor Wirksamwerden des Statuswechsels nach § 1599 Abs. 2 BGB gilt die Sperrwirkung des Abs. 1 dieser Bestimmung und die des § 1600d Abs. 5 BGB (vgl. BeckOGK/Reuß, 1.11.2019, BGB § 1599 Rn. 180), wonach eine gegen den ehelichen Vater gerichtete Anfechtung durch einen Dritten nicht in Betracht kommt.
4. Das Fehlen einer formwirksamen Zustimmung des Ehemanns der Mutter zum Anerkenntnis eines Dritten kann auch noch in einem wiederaufgenommenen Verfahren unter den Voraussetzungen des § 180 S 2 FamFG behoben werden (vgl. BGH FamRZ 2013, 944 Rn. 18).
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 06.11.2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
1. Der Antragsteller wendet sich gegen die Aussetzung eines Verfahrens in einer Abstammungssache, mit dem er die gerichtliche Zuordnung seiner Vaterschaft für ein in Deutschland geborenes Kind begehrt.
Er ist pakistanischer Staatsangehöriger, dessen Asylantrag letztinstanzlich abgelehnt ist. Er hat am 20.11.2018 die Vaterschaft für ein am 24.05.2019 in Deutschland geborenes Kind (11) notariell anerkannt (vgl. 12). Dessen in Deutschland wohnende Mutter ist Polin und seit 2003 mit einem Landsmann verheiratet, von dem sie getrennt lebt, der am 29.08.2018 in Polen die Scheidung beantragt (vgl. 6) und später mit dortigem Antrag vom 24.09.2019 die Vaterschaft für das am 24.05.2019 geborene Kind angefochten hat (vgl. 23). Die Mutter hat dem Anerkenntnis des Antragstellers in der Notarurkunde zugestimmt. Ihr Ehemann hat eine privatschriftliche Erklärung in polnischer Sprache abgegeben (vgl. 16), die der Antragsteller nicht hat übersetzten lassen und die eine Zustimmung zu seinem Anerkenntnis enthalte.
Das Amtsgericht hat den Antragsteller auf die gesetzlich eintretenden Folgen des § 1599 Abs. 2 BGB hingewiesen (17) und das vom Antragsteller dessen ungeachtet fortgeführte Verfahren wegen Vorgreiflichkeit des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens des Ehemanns der Mutter ausgesetzt, das seinerseits für dessen Scheidungsverfahren vorgreiflich sei; zugleich hat es auf das Fehlen einer formwirksamen Zustimmung des Ehemannes der Mutter hingewiesen.
2. Die nach § 21 Abs. 2 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Das Amtsgericht hat, soweit man das Verfahren in Ansehung des scheidungsakzessorischen Statuswechsels nach § 1599 Abs. 2 BGB als zulässig erachtet, die Aussetzung ermessensfehlerfrei auf Vorgreiflichkeit gestützt. Die Rechtskraft des polnischen Scheidungsausspruchs ist Wirksamkeitsvoraussetzung des vom Antragsteller hier geltend gemachten Anerkenntnisses (§ 1599 Abs. 2 S. 5 BGB), wobei der Scheidungsausspruch seinerseits den Abschluss des polnischen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens voraussetzt.
Das vom polnischen Ehemann nach polnischem Recht, dem ein scheidungsakzessorischen Statuswechsel fremd ist (vgl. BGH FamRZ 2012, 616 Rn 12), insoweit vorab zu führende Vaterschaftsanfechtungsverfahren begründet entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Pattsituation. Der polnische Ehemann führt es (vgl.23) und beseitigt so voraussichtlich das nach dem Beschwerdevorbringen bestehende polnische Scheidungshindernis.
Für eine Vorabentscheidung des Amtsgerichts, etwa zur Vermeidung einer Vaterlosigkeit des Kindes, besteht keine Veranlassung. Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 1599 Abs. 2 BGB treten dessen Wirkungen ex tunc ein, dh sie wirken auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurück und entfalten Wirkung für und gegen alle. Die - allerdings erst dann eintretenden - inhaltlichen Wirkungen (Erbrecht, elterliche Sorge, Unterhalt etc.) gleichen denen einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung (vgl. BeckOGK/Reuß, 1.11.2019, BGB § 1599 Rn. 180).
Soweit demgegenüber die Beschwerde den Antragsteller - anders als noch erstinstanzlich - nunmehr als Anfechtenden behandelt, verkennt sie die Rechtslage. Vor Wirksamwerden des Statuswechsels nach § 1599 Abs. 2 BGB gilt die Sperrwirkung des Abs. 1 dieser Bestimmung und die des § 1600d Abs. 5 BGB (vgl. BeckOGK/Reuß, 1.11.2019, BGB § 1599 Rn. 180), wonach eine gegen den ehelichen Vater gerichtete Anfechtung durch einen Dritten nicht in Betracht kommt.xx
Das Fehlen einer formwirksamen Zustimmung des Ehemanns der Mutter zum Anerkenntnis des Antragstellers hat das Amtsgericht mit Recht beanstandet; allerdings könnte es bei späterer Fortführung des Verfahrens unter den Voraussetzungen des § 180 S 2 FamFG noch behoben werden (vgl. BGH FamRZ 2013, 944 Rn. 18).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Eine Wertfestsetzung ist nicht veranlasst (Nr. 1912 KV FamGKG).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 S 2 ZPO) bestehen nicht.