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Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 03.05.2012
Aktenzeichen VG 6 M 2/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 3 VwGO, § 167 VwGO, § 169 VwGO, § 750 ZPO, § 798 ZPO

Leitsatz

Gemäß § 750 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 167 VwGO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn das Urteil (hier: der Kostenfestsetzungsbeschluss) bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestllt wird. Nach § 798 ZPO i.V.m. § 167 VwGO darf zudem die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss, der nicht auf das Urteil gesetzt ist, nur beginnen, wenn der Schuldtitel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt ist. Zweck der genannten Vorschrift ist insoweit, dass der Schuldner nicht von der Vollstreckung überrascht werden soll; er soll Gelegenheit erhalten, die Leistung freiwillig zu erbringen und so die Vollstreckung zu vermeiden. Da nach § 3 Abs. 1 VwVG die Vollstreckung im Fall des § 169 VwGO durch eine nach § 3 Abs. 4 VwVG von der anspruchsberechtigten Behörde (Vollstreckungsgläubiger) zu erlassende Vollstreckungsanordnung eingeleitet wird, folgt hieraus, dass eine (zunächst) ohne Zustellung bzw. ohne Einhaltung der Schutzfrist vorgenommene Vollstreckungsanordnung fehlerhaft ist. Die Vollstreckungshandlung wird jedoch jedenfalls mit Ablauf der Zweiwochenfrist wirksam; das Fehlen der Zustellung wie auch die Nichteinhaltung der Wartefrist macht die (verfrühte) Vollstreckungshandlung - hier die Vollstreckungsanordnung - lediglich (zunächst) rechtswidrig, nicht aber nichtig, so dass der Vorsitzende als Vollstreckungsgericht nicht gehindert ist die Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nach dessen Zustellung und nach - nunmehr eingetretenem - Ablauf der Wartefrist auf der Grundlage der behördlichen Vollstreckungsanordnung gemäß § 169 VwGO zu verfügen.

Tenor

Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftstelle vom 4. August 2011 (6 KE 24/10) in bewegliche Sachen der Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner wird angeordnet. Bei Fruchtlosigkeit der Mobiliarvollstreckung ist den Vollstreckungsschuldnern die eidesstattliche Versicherung abzunehmen und dem Vollstreckungsgläubiger eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses der Schuldner zu erteilen sowie bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 901 der Zivilprozessordnung Haftbefehl gegen die Vollstreckungsschuldner zu beantragen und die Verhaftung der Vollstreckungsschuldner vorzunehmen

Mit der Ausführung der Vollstreckung wird Gerichtsvollzieherin … beim Amtsgericht Cottbus beauftragt.

Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens tragen die Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner.

Gründe

Nach § 169 Abs. 1 VwGO ist die Vollstreckung aus dem im Verfahren 6 KE 24/10 gegen den Antragsgegner als Kostenschuldner ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 4. August 2011 auf Antrag des Antragstellers als Kostengläubiger anzuordnen, da die Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner den Aufforderungen des Antragstellers als Vollstreckungsgläubiger zur Zahlung trotz Fristsetzung und Mahnung mit Schriftsätzen vom 19. Oktober 2011 und vom 12. September 2011 nicht nachgekommen sind. Gemäß § 169 Abs. 1 VwGO war die Zwangsvollstreckung vom Vorsitzenden nach Maßgabe des Beschlusstenors einzuleiten, nachdem die Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner mit gerichtlicher Verfügung vom 23. Januar 2012 nochmals erfolglos zur Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Zahlung der durch die Kostenfestsetzungsbeschlüsse titulierten Forderungen nebst Nebenforderungen (vgl. unten) aufgefordert worden sind.

Die allgemeinen und die besonderen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung liegen vor.

Der Titel ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner gemäß §§ 167 VwGO, 750 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) am 10. April 2012 zugestellt worden. Zwar erfolgte diese Zustellung erst nach der Vollstreckungsanordnung seitens des Antragstellers und Vollstreckungsgläubigers unter dem 16. Januar 2012, durch die die Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckung in bewegliche Sachen angeordnet wurde, und nach Einreichung des Vollstreckungsantrages beim Verwaltungsgericht am 17. Januar 2012, da die Geschäftsstelle der erkennenden Kammer entgegen der Anordnung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 4. August 2011 den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. August 2011 dem (damaligen) Prozessbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldner nicht förmlich zugestellt hatte. Gemäß § 750 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 167 VwGO darf indes die Zwangsvollstreckung – neben der Notwendigkeit des Vorliegens weiterer, hier gegebener Voraussetzungen (vgl. dazu auch noch unten) - nur beginnen, wenn das Urteil (hier: der Kostenfestsetzungsbeschluss) bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Nach § 798 ZPO i.V.m. § 167 VwGO darf zudem die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss, der – wie hier – nicht auf das Urteil gesetzt ist, nur beginnen, wenn der Schuldtitel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt ist. § 3 Abs. 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) sieht vor, dass der Schuldner vor Anordnung der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer – neben der Wochenfrist des § 3 Abs. 2 lit. c) VwVG - weiteren Woche besonders gemahnt werden soll, wobei dahinstehen kann, ob diese Vorschrift neben § 798 ZPO (vorliegend) überhaupt zur Anwendung kommt. Zweck der genannten Vorschriften ist insoweit, dass der Schuldner nicht von der Vollstreckung überrascht werden soll; er soll Gelegenheit erhalten, die Leistung freiwillig zu erbringen und so die Vollstreckung zu vermeiden (vgl. Stöber in: Zöller, ZPO, Komm., 29. Aufl. 2012, § 798a Rn. 1; Thomas/Putzo, ZPO, Komm., 31. Aufl. 2012, § 798 Rn. 2; Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 7). Da nach § 3 Abs. 1 VwVG die Vollstreckung im Fall des § 169 VwGO durch eine nach § 3 Abs. 4 VwVG von der anspruchsberechtigten Behörde (Vollstreckungsgläubiger) zu erlassende Vollstreckungsanordnung eingeleitet wird (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Februar 2006 – 9 L 74.05 -, S. 2 H. des E.A.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 8. April 2004 – 2 F 5.04 -, S. 2 H. des E.A., jeweils m.w.N. auch auf die Gegenauffassung), folgt hieraus, dass eine (zunächst) ohne Zustellung bzw. ohne Einhaltung der Schutzfrist vorgenommene Vollstreckungsanordnung fehlerhaft ist (vgl. allgemein Zöller, a.a.O., § 798 Rn. 3 und § 750 Rn. 16). Die Vollstreckungshandlung wird jedoch jedenfalls mit Ablauf der Zweiwochenfrist wirksam; das Fehlen der Zustellung wie auch die Nichteinhaltung der Wartefrist macht die (verfrühte) Vollstreckungshandlung – hier die Vollstreckungsanordnung – lediglich (zunächst) rechtswidrig, nicht aber nichtig, so dass der Vorsitzende als Vollstreckungsgericht nicht gehindert ist, die Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nach dessen Zustellung und nach – nunmehr eingetretenem - Ablauf der Wartefrist des § 798 ZPO bzw. der Fristen des § 3 Abs. 2 lit. c) und Abs. 3 VwVG auf der Grundlage der behördlichen Vollstreckungsanordnung gemäß § 169 VwGO zu verfügen (vgl. Stöber, a.a.O., § 750 Rn. 24 und § 798 Rn. 3; Thomas/Putzo, a.a.O., § 750 Rn. 13 und § 798 Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Komm., 69. Aufl. 2012, § 750 Rn. 24 und § 798 Rn. 11; vgl. zu § 3 Abs. 1 lit. a) und Abs. 3 VwVG OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 15. Juli 1964 – II B 380/64 -, OVGE 20, 150 und Engelhardt/App, a.a.O., § 3 Rn. 1 und Rn. 7). Die Vollstreckungsschuldner haben insoweit jedenfalls nunmehr ausreichend Gelegenheit erhalten, die Leistung freiwillig zu erbringen und so die Vollstreckung zu vermeiden.

Der Erteilung einer Klausel bedurfte es gemäß §§ 171, 169 VwGO bei der Vollstreckung zu Gunsten der öffentlichen Hand nicht. Zahlungsfrist und Mahnung nach § 3 Abs. 3 VwVG sind gesetzt bzw. erfolgt. Soweit dies bereits vor Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses geschehen ist, ist dies aus den oben dargelegten Gründen unschädlich, nachdem nunmehr die Zustellung erfolgt ist.

Die zu vollstreckende Hauptforderung beläuft sich auf insgesamt 301,67 Euro zzgl. Zinsen seit dem 16. April 2011 nach Maßgabe der Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 4. August 2011 (5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz). Die nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend § 788 Abs. 1 ZPO von den Antragsgegnern/Vollstreckungsschuldnern zu tragenden und ohne besondere Titulierung durch den Gerichtsvollzieher mit beizutreibenden außergerichtlichen Kosten der Vollstreckung belaufen sich nach § 13 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG) i.V.m. Nr. 3309 der Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis – VV) zum RVG, Nr. 7002 VV RVG, Nr. 7008 VV RVG auf insgesamt 19,28 Euro.

Nach § 169 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO kann das Vollstreckungsgericht zur Ausführung Vollstreckungshilfe u.a. eines Gerichtsvollziehers in Anspruch nehmen. Nach Maßgabe des Beschlusstenors ist deshalb der für den Wohnsitz der Antragsgegner/Vollstreckungsschuldner zuständige Gerichtsvollzieher mit der Ausführung beauftragt worden. Eine Leistung soll unmittelbar an den Prozessbevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers/Antragstellers erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.