Gericht | FG Berlin-Brandenburg 13. Senat | Entscheidungsdatum | 06.05.2010 | |
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Aktenzeichen | 13 K 6429/06 B | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Der Kläger ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika -USA-, wo er auch seinen Wohnsitz hat. Er ist Rechtsanwalt und als solcher Partner der internationalen Rechtsanwalts-Sozietät X-LLP. Diese betreibt seit dem … eine Niederlassung in M. Die Besteuerungsgrundlagen werden insoweit durch das Finanzamt -FA- M einheitlich und gesondert festgestellt.
Der Kläger erklärte für das Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner Beteiligung an der X-LLP in Höhe von ./. 22.118 € sowie aus einer weiteren Beteiligung an der Y-LLP in Höhe von 37.020 €. Dazu begehrte er den Abzug von Steuerberatungskosten in Höhe von 330,65 € als Sonderausgaben.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2004 im Bescheid vom 21. Juli 2006 unter Berücksichtigung eines Verlustvortrages (13.095 €) auf 356 € fest. Dabei ging er von einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 1.424 € aus. Die Einkommensteuer wurde in Anwendung des § 50 Abs. 3 S. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- in Höhe von 25% des zu versteuernden Einkommens festgesetzt.
Gegen die Besteuerung nach dem Mindeststeuersatz gemäß § 50 Abs. 3 S. 2 EStG wandte sich der Kläger mit seinem Einspruch vom 22. August 2006. Er bezog sich dabei auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 19. November 2003 (-I R 34/02-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2004, 773). Dessen Grundsätze seien aufgrund des Diskriminierungsverbotes in Art. 24 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 -DBA-USA- auch auf beschränkt steuerpflichtige Personen aus Drittländern anzuwenden. Ergänzend verwies der Kläger auf Art. XI des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA vom 29. Oktober 1954 -Freundschaftsvertrag- (Bundesgesetzblatt -BGBl- II 1956, 487).
Diesen Einspruch wies der Beklagte durch die Einspruchsentscheidung vom 15. November 2006 als unbegründet zurück.
In der Begründung führte er aus, die Einkommensteuer sei für den Kläger gemäß §§ 1 Abs. 4, 32 a Abs. 1, 50 Abs. 3 S. 1 EStG zutreffend festgesetzt worden. Die Grundsätze des vom Kläger angeführten Urteils des BFH seien nur auf beschränkt Steuerpflichtige, die im jeweiligen Veranlagungszeitraum zumindest zeitweise Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union -EU- oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum -EWR- anwendbar sei, gewesen seien und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätten. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger zweifelsfrei nicht.
Die Regelung des Artikels 24 Abs. 1 DBA-USA greife schon deshalb nicht ein, weil die beschränkte Steuerpflicht des Klägers nicht an dessen Staatsangehörigkeit, sondern ausschließlich an seinem Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt anknüpfe. Der Kläger würde unter ansonsten gleichen Umständen auch dann als beschränkt Steuerpflichtiger zur Steuerzahlung herangezogen, wenn er deutscher Staatsangehöriger wäre. Weder aus dem DBA-USA noch aus dem Freundschaftsvertrag lasse sich ein allgemeiner Grundsatz ableiten, dass eine höhere Besteuerung von in USA ansässigen Personen gegenüber in Deutschland ansässigen Personen in jedem Fall unzulässig sei. Das Diskriminierungsverbot sei dort auf spezielle Tatbestände bezogen und damit zugleich begrenzt. Ein allgemeines Meistbegünstigungsgebot lasse sich daraus nicht herleiten.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 19. Dezember 2006 bei dem Finanzgericht -FG- Berlin erhobenen Klage.
Er beruft sich zur Begründung zunächst auf das Diskriminierungsverbot des Artikels 24 Abs. 1 S. 1 DBA-USA. Dieses sei verletzt, da die steuerlichen Konsequenzen der so genannten Gerritse-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes -EuGH- nicht beachtet würden. Ein im Gebiet der Europäischen Union ansässiger deutscher Staatsangehöriger mit beschränkter Steuerpflicht würde nur mit 17,06% (= 243 €) besteuert. Daraus ergebe sich eine vom DBA-USA nicht gedeckte Diskriminierung von Staatsangehörigen der USA. Erforderlich sei insofern eine Gleichstellung. Das Diskriminierungsverbot wirke absolut.
Aus denselben Erwägungen sei auch eine Diskriminierung im Sinne des Artikels XI Abs. 1 des Freundschaftsvertrages gegeben.
Ebenso liege eine Betriebsstättendiskriminierung gemäß Art. 24 Abs. 2 S. 1 DBA-USA vor. Der Kläger sei auch Schutzobjekt dieses Diskriminierungsverbotes, da er Partner einer US-amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei mit einer Betriebsstätte in Deutschland sei. Durch die Anwendung des Mindeststeuersatzes liege auch eine im Sinne dieser Vorschrift ungünstigere Besteuerung des Klägers vor. Er müsse mit einem Mitunternehmer einer Rechtsanwaltssozietät verglichen werden, der in Deutschland ansässig sei. Bei einem solchen Vergleich werde der Kläger im Ergebnis ungünstiger besteuert als die entsprechende Vergleichsperson, da eine in Deutschland ansässige Person nicht der Mindestbesteuerung unterliege.
Auch verstoße die Nichtanwendung der steuerlichen Konsequenzen aus der Gerritse-Entscheidung des EuGH gegen das Diskriminierungsverbot des Art. XI Abs. 3 des Freundschaftsvertrages. Dieses Abkommen unterliege als völkerrechtlicher Vertrag dem völkerrechtlichen Meistbegünstigungsbegriff. Damit sei als Vergleichsmaßstab der meistbegünstigste europäische Staatsbürger, der in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sei, heranzuziehen. Ein vergleichbarer europäischer Partner der Rechtsanwaltssozietät hätte in Anwendung des Gerritse-Urteils eine um 113 € niedrigere Einkommensteuer zu zahlen. Damit berufe sich der Kläger ausdrücklich nicht auf ein bloßes allgemeines Meistbegünstigungsverbot.
Schließlich rügt der Kläger die Verletzung des Gleichheitsgebotes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG-. Durch § 50 Abs. 3 S. 2 EStG liege eine Ungleichbehandlung steuerpflichtiger Freiberufler vor, für die es keine Rechtfertigung gebe. Rechtsfolge sei die Erstreckung der günstigen Anwendung auf den Verletzten. Außerdem werde der Kläger gegenüber beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern ohne Rechtfertigung ungleich behandelt. Die Ansicht des BFH, Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt, weil Arbeitnehmer und Selbstständige nicht vergleichbar seien, sei nicht nachvollziehbar. Auf die Auslegung zum persönlichen Anwendungsbereich gemäß § 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 EStG könne dabei nicht abgestellt werden. Diese Regelung betreffe allein die Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Der Kläger beantragt,
1. den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 21. Juli 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 2006 zu ändern und die Einkommensteuer für 2004 auf 243 € festzusetzen,
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
3. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte nimmt zur Begründung seines Klageabweisungsantrages Bezug auf die Gründe der angegriffenen Entscheidungen und trägt überdies vor, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich. Das Bundesministerium der Finanzen -BMF- habe den persönlichen Anwendungsbereich bewusst auf beschränkt Steuerpflichtige mit Staatsangehörigkeit und Ansässigkeit im Bereich von Staaten der EU bzw. des EWR begrenzt. Damit werde den besonderen Verhältnissen durch die diesen Gebieten zu Grunde liegenden vertraglichen Regelungen Rechnung getragen. Darin liege eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung.
Eine Verpflichtung zur Ausweitung der Rechtsprechung zum Gerritse-Urteil sei nicht vorhanden. Es liege schon keine Diskriminierung vor, da auch deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in den USA nicht nach der Vergleichsrechnung besteuert würden.
Dem Senat liegen die bei dem Beklagten für den Kläger geführte Einkommensteuerakten (1 Band) vor.
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Der angegriffene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Der Beklagte hat den Tatbestand des § 50 Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (-a.F.-) zutreffend angewendet.
Der Kläger ist gemäß §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 EStG beschränkt steuerpflichtig. Die sich aus Satz 2 des § 50 Abs. 3 EStG ergebende Rechtsfolge ist der Ansatz eines Mindeststeuersatzes in Höhe von 25% für alle Einkunftsarten außer – hier nicht vorliegenden – Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.
1. Die europarechtskonforme Anwendung dieser Norm ist auf den Kläger direkt nicht anwendbar, wovon er auch selbst ausgeht.
Nach dem Urteil des EuGH vom 12. Juni 2003 (-C–234/01-, BStBl II 2003, 859) unterliegt ein beschränkt Steuerpflichtiger mit seinen inländischen Einkünften anstelle der Mindestbesteuerung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG dem progressiven Steuertarif, wenn sich bei Anwendung dieses Tarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrags in Höhe des Grundfreibetrags tatsächlich ein geringerer Steuersatz ergibt. Zur Ermittlung dieses durchschnittlichen (progressiven) Steuersatzes verweist der EuGH auf die Berechnung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Tz. 39 f. dieses Urteils (BStBl II 2003, 859), nach der der Steuerbetrag, der sich aus der Anwendung des progressiven Tarifs auf die um den Grundfreibetrag erhöhten Nettoeinkünfte ergibt, ins Verhältnis zu den Nettoeinkünften zu setzen ist. Liegt der durchschnittliche (progressive) Steuersatz nach dem Ergebnis dieser Vergleichsrechnung unter dem Mindeststeuersatz aus § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG, so sind die inländischen Einkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen diesem niedrigeren Steuersatz zu unterwerfen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass für die inländischen Einkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen die Steuer festzusetzen ist, die sich daraus ergibt, dass der progressive Tarif des § 32 a Abs. 1 EStG auf das um den Grundfreibetrag erhöhte Einkommen angewendet wird (vgl. BFH, Beschluss vom 19. November 2008 -I B 90/08-, Sammlung der Entscheidung des BFH -BFH/NV- 2009, 393 m.w.N. zu der Umsetzung dieser Entscheidung durch den BFH).
Der BFH hat entschieden, dass die sich aus der Übernahme der Entscheidung des EuGH ergebende Rechtsprechung auf Fälle wie den vorliegenden nicht unmittelbar einschlägig ist, da der Kläger weder Staatsangehöriger eines Staates der Europäischen Union noch in einem solchen ansässig ist. Er kann sich nur auf diejenigen Diskriminierungsverbote berufen, die im Verhältnis zwischen Deutschland und den USA gelten (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2003 -I R 22/02-, Bundessteuerblatt II 2004, 560, 563). Das entspricht auch der Argumentation des Klägers.
2. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf Art. 24 DBA-USA berufen.
a) Art. 24 Abs. 1 DBA-USA verbietet jedem Vertragsstaat, Staatsangehörige des jeweils anderen Vertragsstaats unter ansonsten gleichen Verhältnissen höher als seine eigenen Staatsangehörigen zu besteuern. Dieses Verbot greift nach der Rechtsprechung des BFH jedoch im Streitfall schon deshalb nicht ein, weil die beschränkte Steuerpflicht des Klägers nicht an dessen Staatsangehörigkeit, sondern ausschließlich an den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers anknüpft. Der Kläger würde unter ansonsten gleichen Umständen auch dann nach Maßgabe des § 50a EStG besteuert, wenn er nicht Staatsbürger der USA wäre, sondern die deutsche Staatsangehörigkeit hätte. Angesichts dessen liegt ein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 DBA-USA nicht vor (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2003 -I R 22/02-, Bundessteuerblatt II 2004, 560, 563).
Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Auch angesichts der Überführung der Rechtsprechung des EuGH in die Anwendung des deutschen Einkommensteuerrechts bleibt für in einem Drittstaat ansässige Steuerpflichtige ohne Unionsbürgerschaft die Bruttobesteuerung anwendbar.
Der Kläger trägt dazu vor, dass im EU-Gebiet ansässige deutsche Staatsangehörige mit beschränkter Steuerpflicht der Steuersatz nur 17,06% betrüge. Dementsprechend könnte für einen in den USA ansässigen Staatsangehörigen der USA nichts anderes gelten, da er als beschränkt Steuerpflichtiger und nach dem DBA-USA in Deutschland Nichtansässiger wie ein etwa in Belgien ansässiger deutscher Selbstständiger in Deutschland unter vergleichbaren Verhältnissen besteuert werden müsse. Zur Vermeidung einer mit Art. 24 Abs. 1 DBA-USA nicht zu vereinbarenden diskriminierenden Besteuerung auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit ist nach der vom Kläger angeführten Argumentation den Staatsangehörigen eines Drittstaates bei isolierter Betrachtung die gleiche Behandlung wie dem Unionsbürger zu gewähren.
Für diese Position könnten Ausführungen in dem Urteil des BFH vom 29. Januar 2003 (-I R 6/99-, BFH/NV 2003, 969) herangezogen werden, in dem der BFH auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit berücksichtigt hat (vgl. dazu Gosch, Vielerlei Gleichheiten – Das Steuerrecht im Spannungsfeld von bilateralen, supranationalen und verfassungsrechtlichen Anforderungen, DStR 2007, 1553, 1560). Daraus allein kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der BFH die abkommensrechtliche Verpflichtung zur Gleichbehandlung von deutschen Staatsbürgern und Drittstaatsangehörigen auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 1 OECD-MA ebenfalls anerkennen wird (vgl. in diesem Sinne jedoch: Schnitger, Das Ende der Bruttobesteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, Finanz-Rundschau Ertragsteuerrecht -FR- 2003, 745, 750).
Schon der Ausgangspunkt dieser Herleitung des Klägers ist nicht überzeugend. Der im Bereich der EU lebende deutsche Staatsangehörige ist nicht der hier zu betrachtende Teil des zu Art. 24 Abs. 1 DBA-USA relevanten Vergleichspaares. Taugliche Vergleichspaare sind - hier nicht einschlägig - ein im Bereich der EU lebender deutscher Staatsangehöriger und ein im Bereich der EU lebender amerikanischer Staatsangehöriger sowie - hier einschlägig - ein nicht im Bereich der EU ansässiger amerikanischer Staatsangehöriger und ein nicht im Bereich der EU ansässiger deutscher Staatsangehöriger. In diesem Vergleichspaar findet, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, eine unterschiedliche Behandlung nicht statt. Nicht zu entscheiden ist, ob auf einen im Bereich der EU ansässigen Staatsangehörigen der USA die Grundsätze des Gerritse-Urteils anwendbar sind.
Auch aus den einschlägigen Entscheidungen des EuGH ergibt sich trotz vereinzelter Erwähnung der Staatsangehörigkeit neben der Gebietsansässigkeit kein Anhaltspunkt dafür, dass der EuGH von der Betrachtung der Ansässigkeit abweichen will. Dabei ist es nicht ausreichend, dass insoweit nach europarechtlichen Maßstäben auch mittelbare Diskriminierungen erfasst werden (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 27. Juni 1996 -Rs. C-107/94-, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1996, 2921, 2922). Abkommensrechtlich werden nur offene, direkte Diskriminierungen, die nach einem in Art. 24 DBA genannten Tatbestandsmerkmal unterscheiden, von dieser Regelung verboten. Art. 24 DBA erfasst keine versteckten Diskriminierungen, die an ein anderes Kriterium anknüpfen, typischerweise aber die von Art. 24 DBA geschützten Personen benachteiligen. Ebenso wenig untersagt Art. 24 DBA mittelbare bzw. indirekte Diskriminierungen, also Benachteiligungen, die nicht unmittelbar die von dieser Norm geschützten Personen treffen (vgl. Rust in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, 5. Aufl. 2008, OECD-MA Art. 24 Rn. 5 m.w.N.).
Im Übrigen beschränkt sich eine Verpflichtung, nichtansässige Staatsangehörige des anderen Vertragsstaates gegenüber ansässigen eigenen Staatsangehörigen nicht zu benachteiligen im Verhältnis zu europarechtlichen Vorgaben auf die Fälle, in denen und soweit es für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechtes erforderlich ist (vgl. Rust in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, 5. Aufl. 2008, OECD-MA Art. 24 Rn. 62 a. E.). Dafür sind hier keine Anhaltspunkte ersichtlich.
b) Ebenso ist eine abkommenwidrige Betriebsstättendiskriminierung im Sinne des Art. 24 Abs. 2 DBA-USA nicht festzustellen.
Schutzobjekt dieser Norm ist nicht der einzelne Steuerpflichtige, sondern das Unternehmen, soweit es aufgrund der Betriebsstätte der Besteuerung in dem Betriebsstättenstaat unterliegt (vgl. Wunderlich in: Endres/Jacob/Gohr/Klein, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-USA, Art. 24 Rn. 22; vgl. Rust in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, 5. Aufl. 2008, OECD-MA Art. 24 Rn. 95 m.w.N.). Für die im anderen Staat ausgeübte selbstständige Tätigkeit heißt dieses, dass die selbständige Tätigkeit diesem Staat nur dann zur Besteuerung überlassen bleibt, wenn für die Tätigkeit eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Dieser im Abkommen nicht definierte Begriff ist typisch im Büro eines Rechtsanwalts erfüllt (vgl. Hemmelrath in: Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl. 2008, OECG-MA Art. 14 Rn. 21). Die so verstandenen Betriebstättengrundsätze sind auch für die Aufteilung von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit anwenden. Jedes Handeln eines Partners und alle Einnahmen werden allen Partnern anteilig zugerechnet. Nach Art. 7 DBA-USA bedarf es dann einer eigenen Gewinnermittlung für jede einzelne Niederlassung und einer jeweiligen Zurechnung der gesamten Einkünfte (vgl. BMF, Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076, Tz. 6.1).
Die Besteuerung dieser Betriebsstätte des Klägers mit einem Mindeststeuersatz stellt sich indessen nicht als diskriminierend i.S.d. Art. 24 Abs. 2 DBA-USA dar. Denn der Kläger wird nicht ungünstiger besteuert als ein Unternehmen des anderen Staates, das die gleiche Tätigkeit ausübt. Entgegen der Ansicht des Klägers sind dabei auch die ausländischen Einkünfte eines Vergleichsunternehmens zu berücksichtigen. Der Mindeststeuersatz darf nicht über den Steuersatz hinausgehen, der sich für ein Vergleichsunternehmen bei gleich hohen Einkünften unter Berücksichtigung eines Progressionsvorbehaltes ergeben würde (vgl. Debatin/Wassermeyer, DBA Band I, Art. 24 MA Rn. 53). Dazu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, ein deutscher Anwalt mit den Einkünften des Klägers würde unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts für seine deutschen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit einem Steuersatz von über 25 % unterliegen.
3. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf Regelungen des Art. XI Freundschaftsvertrag berufen.
a) Nach Art. XI Abs. 1 Freundschaftsvertrag unterliegen die Staatsangehörigen und Gesellschaften eines Vertragsstaates im Gebiet des anderen Vertragsstaates hinsichtlich der Steuerbelastungen keiner stärkeren Belastung als unter gleichartigen Voraussetzungen die Staatsangehörigen und Gesellschaften des anderen Vertragsteils. Damit ist die so genannte Inländerbehandlung gewährleistet, also die innerhalb des Gebietes eines Vertragsteils gewährte Behandlung, die nicht weniger günstig ist als diejenige, die dort unter gleichartigen Voraussetzungen den Staatsangehörigen und Gesellschaften dieses Vertragsteils gewährt wird (Art. XXV Abs. 1 Freundschaftsvertrag). Der BFH hat Art. XI Abs. 1 Freundschaftsvertrag für in Fällen wie dem vorliegenden nicht einschlägig angesehen, da diese Klausel - wie auch die Regelungen des DBA - auf die Staatsangehörigkeit abstellt (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2003 -I R 22/02-, BStBl II 2004, 560, 563). Dem folgt der Senat. Art. XI Abs. 1 Freundschaftsvertrag geht im wirtschaftlichen Ergebnis nicht über Art. 24 DBA-USA hinaus (vgl. Kempf, versteckte Vorschriften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Verhältnis Deutschland - USA, IStR 1997, 545, 546).
b) Nach Art. XI Abs. 3 Freundschaftsvertrag unterliegen Staatsangehörige und Gesellschaften eines Vertragsteils im Gebiet des anderen Vertragsteils keiner höheren Steuerbelastung als unter gleichartigen Voraussetzungen die Staatsangehörigen, Einwohner (residents) und Gesellschaften irgendeines dritten Landes. Damit handelt es sich um eine Meistbegünstigungsklausel. Meistbegünstigung bedeutet die innerhalb des Gebietes eines Vertragsteils gewährte Behandlung, die nicht weniger günstig ist als diejenige, die dort unter gleichartigen Voraussetzungen den Staatsangehörigen und Gesellschaften irgend eines Dritten Landes gewährt wird (Art. XXV Abs. 4 Freundschaftsvertrag).
aa) Diese Meistbegünstigungsklausel eröffnet nicht die Möglichkeit, sich auf multilaterale Abkommen des anderen Staates zu berufen.
Dem steht Art. XI Abs. 5 a Freundschaftsvertrag entgegen. Danach behalten sich die Bundesrepublik Deutschland und die USA das Recht vor, bestimmte Steuervorteile auf der Grundlage der Gegenseitigkeit einzuräumen.
Zu solchen Steuervorteilen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit gehören auch die Steuervorteile, die aus der Umsetzung des vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Urteils des EuGH vom 12. Juni 2003 entstehen. Bestandteile der europäischen Rechtsordnung sind neben den Regelungen des primären und sekundären Gemeinschaftsrechtes auch die Entscheidungen des EuGH. Die Konsequenz der Aufnahme von Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts ggf. in Gestalt der Entscheidungen des EuGH in das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten ist, dass die Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit haben, gegen eine von ihnen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit angenommene Rechtsordnung nachträglich einseitige Maßnahmen ins Feld zu führen. Damit tragen alle Rechtsakte der EU die Eigenschaft der Gegenseitigkeit gemäß Art. XI Abs. 5 a Freundschaftsvertrag in sich (vgl. Lampe, Bedeutung von Meistbegünstigungsklauseln in Handelsabkommen für das Ertragsteuerrecht, IStR 1998, 483, 485).
bb) Außerdem unterliegt der Kläger keiner stärkeren Belastung als unter gleichartigen Voraussetzungen die Staatsangehörigen, Einwohner (residents) und Gesellschaften irgendeines dritten Landes.
Auch insoweit geht es nicht um den Vergleich des Klägers mit einem Staatsangehörigen eines EU-Staates, der allgemein in Deutschland beschränkt steuerpflichtig ist. Vielmehr ist der Kläger mit einem in den USA ansässigen EU-Staatsangehörigen zu vergleichen, der aber nicht anders als er der Besteuerung unterworfen wäre.
Eine darüber hinausgehende Erweiterung – und damit eine EU-Mitgliedschaft „durch die Hintertür“ (vgl. Gosch a.a.O., insb. Fn. 69) – ergibt sich daraus auch nicht über den Begriff „Einwohner (residents)“. Aus der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des Freundschaftsvertrages lässt sich nicht schließen, dass im Streitfall eine Ausweitung der maßgeblichen Vergleichspaare auf Fälle erreicht werden sollten, in denen der Kläger seine selbstständige Tätigkeit nicht in den USA, sondern in einem dritten Land ausübt. Vielmehr ist es im Streitfall für gleichartige Voraussetzungen im Sinne von Art. XI Abs. 3 des Freundschaftsvertrages weiterhin erforderlich, dass eine selbständige Tätigkeit in den USA ausgeübt wird.
4. Schließlich lässt sich – was auch der Kläger einräumt – weder aus dem DBA-USA noch aus dem Freundschaftsvertrag ein allgemeiner Grundsatz des Inhalts ableiten, dass es über die dort getroffenen Regelungen hinaus in jedem Fall unzulässig ist, in den USA ansässige Personen höher zu besteuern als unter ansonsten vergleichbaren Umständen einen in Deutschland Ansässigen. Das Verbot einer Diskriminierung ist dort auf spezielle Tatbestände bezogen und damit zugleich auf diese Tatbestände begrenzt. Das schließt es aus, aus den genannten Verträgen ein allgemeines Meistbegünstigungsgebot abzuleiten (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2003 -I R 22/02-, BStBl II 2004, 560, 563; Urteil vom 22. August 2007 -I R 46/02-, BStBl II 2008, 190).
5. Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger aus Art. 3 Abs. 1 GG bei Feststellung eines Verstoßes gegen dieses Grundrecht einen Anspruch auf Einbeziehung in die europarechtskonforme Auslegung des § 50 Abs. 3 EStG herleiten könnte. Allerdings entsteht bei der Feststellung einer verfassungswidrigen Bevorzugung einer Gruppe nicht sogleich ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Gewährung der Bevorzugung auch für andere Gruppen. Der Gleichheitssatz für sich allein schränkt die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Wahl zwischen Beseitigung, Ausdehnung oder Abgrenzung von Leistungstatbeständen grundsätzlich nicht ein (vgl. nur Osterloh in: Sachs, GG Art. 3 Rn. 54 m.w.N.).
Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende und damit verfassungswidrige Ungleichbehandlung der nicht gebietsansässigen Selbständigen gegenüber gebietsansässigen Selbständigen lässt sich nach dem zuvor Ausgeführten nicht feststellen. Der grundsätzlich weite Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung, welche wirtschaftlichen Sachverhalte wie besteuert werden sollen, wird erst dann verlassen, wenn wirtschaftlich gleich gelagerte Sachverhalte ohne sachlichen Grund einer unterschiedlichen Besteuerung unterworfen werden. Dabei ist die Anknüpfung an die Ansässigkeit nicht willkürlich (vgl. nur BFH, Beschluss vom 22. Januar 1992 -I B 77/91-, BStBl II 1992, 618, 620).
6. Der Senat lässt die Revision zu den Fragen zu, ob ein in den USA gebietsansässiger Staatsangehöriger der USA aus Art. 24 Abs. 2 DBA-USA oder aus Art. XI Abs. 3 Freundschaftsvertrag den Anspruch herleiten kann, dass auf seine in Deutschland erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit die Grundsätze der Gerritse-Rechtsprechung zur Anwendung des § 50 Abs. 3 EStG a.F. wie auf einen EU-Staatsangehörigen anzuwenden sind. Durch das Jahressteuergesetz -JStG- 2009 vom 19. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 2008, 2794) ist der Mindeststeuersatz für beschränkt Steuerpflichtige gemäß § 50 Abs. 3 EStG a.F. entfallen. Die Beantwortung der angegebenen Rechtsfragen ist nach den Angaben beider Beteiligter in der mündlichen Verhandlung noch für eine Vielzahl von Fällen aus der Vergangenheit entscheidungserheblich (vgl. BFH, Beschluss vom 21. Januar 2001 -VII B 205/99-, BFH/NV 2000, 1080).
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.