Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 19.06.2013 | |
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Aktenzeichen | 8 K 606/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 6 Abs 1 KAG, § 6 Abs 4 KAG |
Zur Auswirkung einer vorübergehenden Sperrung des Trinkwasseranschlusses auf die Entstehung von Grundgebühren
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Trink- und Abwassergebühren.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2011 setzte der Beklagte gegen den Kläger, bezogen auf das in dessen Eigentum stehende Grundstück ... 17 in ... ..., Gebühren in Höhe von insgesamt 491,28 € für das Veranlagungsjahr 2010 fest. Neben den jeweiligen ganzjährigen Grundgebühren für Trink- und Abwasser berechnete der Beklagte die jeweiligen Verbrauchsgebühren für die Zeit ab dem 4. August 2010 nach konkretem Trinkwasserverbrauch, den er mit 21 m³ bemaß. Für die Zeit der bis dahin währenden Unterbrechung des Trinkwasseranschlusses erhob er Verbrauchsgebühren allein für Abwasser. Die Menge des angefallenen Abwassers schätzte er dabei anhand einer Pauschale für einen 4-Personen-Haushalt.
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger am 24. März 2011 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt: Bis zum 3. August 2010 habe der Beklagte keine Wasserversorgung bereitgestellt, also habe auch kein Abwasser anfallen können. Deshalb sei die Heranziehung zu Grundgebühren nur soweit rechtmäßig, als sie die Zeit nach diesem Datum beträfen. Zusammen mit den Verbrauchsgebühren je für 20 m³ nach der am 17. November 2010 erfolgten Ablesung des Wasserzählers hätte der Beklagte daher insgesamt nur einen Betrag von insgesamt 121,10 € festsetzen dürfen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 13. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2011 aufzuheben, soweit darin Gebühren von mehr als 121,10 € festgesetzt sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
unter zusätzlichem Hinweis darauf, dass er bis zum 3. August 2010 den Schieber auf der Hauptleitung zur Verbrauchsstelle des Klägers habe geschlossen halten müssen, um eine Verunreinigung des öffentlichen Wassernetzes durch die unzulässig auf dem Grundstück des Klägers angeschlossene Brunnenanlage zu vermeiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Streitakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtenen Gebührenfestsetzungen rechtmäßig sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzungen ist § 6 Abs. 1 und Abs. 4 KAG i. V. m. den beiden Beitrags- und Gebührensatzungen „Abwasser“ (BGSA) bzw. „Wasser“ (BGSW) des Wasser- und Abwasserzweckverbands „... “ vom 1. Dezember 2009, bekannt gemacht im Amtsblatt für den Landkreis Potsdam-Mittelmark (ABl.) vom 29. Dezember 2009 (S. 32 bzw. 42), in Kraft getreten am 30. Dezember 2009 (vgl. jeweils § 23 der Satzungen).
1.
Danach sind die Gebühren zunächst dem Grunde nach zutreffend für den gesamten Veranlagungszeitraum 2010 festgesetzt.
a) Insbesondere durfte der Beklagte entgegen der Auffassung des Klägers Grundgebühren auch für die Zeit der Absperrung der Trinkwasserleitung fordern.
aa) Die Grundgebühr für Trinkwasser findet in § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG i. V. m. §§ 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 12 Abs. 2 und 13 Abs. 1 BGSW ihre Grundlage. § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG lässt zu, dass – neben der (verbrauchsabhängigen) Gebühr nach Satz 1 oder 2 – unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme der Einrichtung angemessene Grundgebühren zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten (Vorhaltekosten) erhoben werden. Die Grundgebühr entsteht (nur) dann, wenn die Vorhalteleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird, allerdings auch in Fällen, in denen sich die Inanspruchnahme auf die Vorhalteleistung beschränkt (vgl. Kluge, in: Becker u. a., Bbg KAG, Rz. 755 zu § 6 [Stand: März 2013]; Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Rz. 218 ff. zu § 6 KAG [Stand: Sept. 2004/Sept. 2011], insbes. Rz. 221, 221a, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
§ 13 BGSW trifft die nähere Bestimmung zur „Entstehung und Beendigung der Gebührenpflicht“:
(1) Die Gebührenpflicht hinsichtlich der Grundgebühr entsteht mit dem Tag des betriebsfertigen Anschlusses des Grundstücks an die öffentliche Wasserversorgungsanlage. ...
(2) Die Gebührenpflicht endet in dem Monat, in dem der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage entfällt und dies dem Zweckverband schriftlich mitgeteilt wird.
Dass infolge eines vormals erfolgten Anschlusses des Grundstücks des Klägers an die öffentliche Wasserversorgungsanlage nach § 13 Abs. 1 BGSW die Gebührenpflicht zunächst eingetreten war, wird auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass noch vor oder während des streitigen Veranlagungsjahres der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage wieder entfallen wäre und damit die (Grund-)Gebührenpflicht nach § 13 Abs. 2 BGSW geendet hätte.
Auch die vorübergehende Absperrung der Hauptleitung zu seinem Grundstück hat diese Gebührenpflicht des Klägers nicht entfallen lassen.
Ein Entfallen der Gebührenpflicht – etwa bei Einstellung der Versorgung aufgrund satzungsrechtlicher Bestimmungen – ist nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, vorgesehen. Vielmehr ergibt sich aus der Zusammenschau mit der Regelung zur Versorgungspflicht des Wasserversorgers in § 9 Abs. 1 Satz 1 der Wasserversorgungssatzung des Zweckverbands ([WVS], ABl. vom 29. Dez. 2009, S. 37) dass die Gebührenpflicht grundsätzlich ununterbrochen bis zu dem in § 13 Abs. 2 BGSW genannten Zeitpunkt fortbestehen soll. Aus § 9 Abs. 1 Satz 1 WVS folgt, dass der Wasserversorger seinerseits – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – ständig lieferbereit sein muss. Diese Lieferpflicht entfällt auch dann nicht, wenn der Grundstücksanschluss zwar abgesperrt ist, aber fortbesteht (vgl. zu einer vergleichbaren satzungsrechtlichen Bestimmung: VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 15. Sept. 2008 - 5 K 397/04 -, juris, Rz. 30 ff., 36 f.).
Danach wirkt sich eine vorübergehende Unterbrechung der Trinkwasserbelieferung grundsätzlich nicht auf das Bestehen der Gebührenpflicht hinsichtlich der Grundgebühren aus, jedenfalls dann nicht, wenn – wie hier – die Einstellung der Versorgung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 WVS) erfolgte, die der Sphäre des Gebührenschuldners zuzurechnen sind, dieser es also selbst in der Hand hatte, das Lieferhindernis zu beseitigen und die fortbestehende Lieferbereitschaft des Beklagten jederzeit in Anspruch zu nehmen (so auch zum Fall des Leerstands eines Gebäudes: Kluge, a. a. O., Rz. 755b).
bb) Für das Entstehen der Abwasser-Grundgebühr gemäß § 14 Abs. 1 BGSA ist die Absperrung der Trinkwasserleitung von vornherein ohne Belang. Auch während der Zeit der Trinkwasserunterbrechung bestand der Abwasseranschluss im Haus des Klägers funktionsfähig fort, war also nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 BGSA „weggefallen“.
b) Auch durfte der Beklagte für das gesamte Jahr 2010 Verbrauchsgebühren erheben. Für die Zeit ab dem 4. August 2010 ist das ohnehin zwischen den Beteiligten sowohl für Wasser als auch für Abwasser unstreitig. Für den davor liegenden Zeitraum ergibt sich dies für die vom Beklagten allein festgesetzten Verbrauchsgebühren für Abwasser aus dem Umstand, dass der im Haus des Klägers vorhandene Abwasseranschluss auch genutzt worden ist. Dass ein 4-Personen-Haushalt während jener Zeit das Haus nutzte und das Frischwasser einer hauseigenen Brunnenanlage entnahm, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt.
2.
Auch der Höhe nach ist die Festsetzung der Gebühren nicht zu beanstanden.
a) Der Beklagte ist von zutreffenden Gebührenmaßstäben ausgegangen, und zwar bei der Berechnung der Grundgebühren von der Monatsgebühr je Hausanschluss bemessen nach der Größe des Wasserzählers bzw. des Anschlussnennwerts (§ 12 Abs. 2 BGSW bzw. § 11 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 BGSA), bei der Berechnung der Mengengebühren von dem verbrauchten bzw. zugeführten Trinkwasser in vollen m³ (§ 11 Abs. 1 BGSW bzw. § 11 Abs. 2 Buchst. a und b BGSA: „Trinkwassermaßstab“).
b) Gleichermaßen hat der Beklagte keine überhöhten Gebührensätze gewählt, nämlich hinsichtlich der Grundgebühr einen Monatssatz von 8, - € (zzgl. MwSt.) für Frischwasser (§ 12 Abs. 2 Satz 1 BGSW) und 12,50 € für Abwasser (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BGSA), hinsichtlich der nach konkretem Verbrauch zu ermittelnden Mengengebühr einen Satz in Höhe von 1,36 €/m³ (zzgl. MwSt.) für Frischwasser (§ 12 Abs. 1 BGSW) und 2,60 €/m³ für zentral entsorgtes Abwasser (§ 13 Abs. 2 BGSA).
Soweit der Beklagte die Mengengebühr nicht nach konkretem Frischwasserverbrauch berechnen konnte – dies betrifft die Abwasser-Verbrauchsgebühren für die Zeit bis zum 3. August 2010 –, durfte er den Verbrauch gemäß der Verweisung des § 11 Abs. 3 Satz 2 BGSA durch Schätzung entsprechend § 11 Abs. 5 BGSW ermitteln. § 11 Abs. 5 BGSW sieht als Anhaltspunkt zur Schätzung bei Wohnungsausstattung mit WC und mit Bad einen Jahresverbrauchswert von 30 m³ je Person vor. Hiervon ist der Beklagte nach unten abgewichen und hat die Jahresverbrauchsmenge mit lediglich 25 m³ je Person angesetzt. Das lässt Rechtsfehler, die sich zuungunsten des Klägers auswirken könnten, nicht erkennen.
c) Hiervon ausgehend hat der Beklagte die Gebühren – rechnerisch nachvollziehbar – jedenfalls nicht überhöht festgesetzt.
Dies trifft zum einen auf die Mengengebühr für Abwasser für die Zeit bis zum 3. August 2010 zu. Ausgehend von einem 4-Personen-Haushalt und 216 Tagen Anfall von Abwasser hat der Beklagte unter Ansatz des besagten verminderten durchschnittlichen Jahresverbrauchswerts von 25 m³ je Person die für die Gebührenhöhe maßgebliche Abwassermenge mit (abgerundet) 59 m³ nicht überhöht berechnet. Dabei hat er zunächst den Jahresverbrauchswert auf einen Tageswert heruntergerechnet, um eine taggenaue Berechnung für den Zeitraum von 216 Tagen zu ermöglichen. Entsprechend ist er für die Berechnung des ab dem 4. August 2010 angefallenen Verbrauchs verfahren. Dabei hat er zusätzlich den Wert, der sich aus der Ablesung vom 17. November 2010 ergab, beanstandungsfrei auf den 31. Dezember 2010, also auf das Ende des Veranlagungszeitraums, hochgerechnet (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BGSW bzw. § 16 Abs. 1 Satz 2 BGSA). Bei der so vorgenommenen Umrechnung des Verbrauchs gelangte der Beklagte, wie er es im Schriftsatz vom 6. Juni 2013 nachvollziehbar darlegte, zu einem – rechnerisch nicht überhöhten – Verbrauchswert von (abgerundet) 21 m³.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Es liegt keiner der hierfür in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vor.
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird auf 370,18 Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Maßgebend ist insoweit der Betrag der Heranziehung im angefochtenen Bescheid (491,28 €), gemindert um den vom Kläger akzeptierten Betrag (121,10 €).