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Subventionen; Rückforderung; Widerruf; Anfechtungsklage; Antrag auf Zulassung der Berufung; ernstliche Richtigkeitszweifel; Verfahrensfehler; Darlegungsanforderungen; ANBest-G; Mitteilungspflichten; Zwischenverwendungsnachweis; Ermessen; Beweisantrag; Beweisausforschungs- bzw. Beweisermittlungsantrag; Rügeverlust


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 17.10.2014
Aktenzeichen OVG 6 N 37.14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 49 Abs 3 S 1 Nr 2 VwVfG

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. April 2014 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 351.272,79 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerruf und die Rückforderung von dem Kläger durch den Beklagten gewährten Zuwendungen in Höhe von 351.272,79 Euro gerichtete Anfechtungsklage mit der Begründung abgewiesen, der Widerruf sei gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG rechtmäßig erfolgt, weil der Kläger seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen sei. Er sei verpflichtet gewesen, der Bewilligungsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wenn sich der Verwendungszweck oder sonstige für die Bewilligung der Zuwendung maßgebliche Umstände änderten oder wegfielen. Hiergegen habe er verstoßen, indem er es unterlassen habe, dem Beklagten unverzüglich Änderungen hinsichtlich der Teilnehmerzahl, der Anzahl der Bildungstage sowie der Unterrichtsstunden pro Teilnehmer mitzuteilen. Das im Rahmen der hier erfolgenden Überprüfung allein maßgebliche Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren (§124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) zeigt insoweit keine ernstlichen Richtigkeitszweifel auf.

Ohne Erfolg wendet die Berufungszulassung ein, sie habe ihren Mitteilungspflichten entsprochen, indem Zwischennachweise, die Angaben über die Teilnehmer und die Teilnehmerstunden enthielten, vorgelegt worden seien. Dieses Vorbringen verkennt, dass die vom Kläger eingereichten Zwischennachweise den Anforderungen der einschlägigen Nebenbestimmungen nicht gerecht werden. Die insoweit einschlägigen Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden - ANBest-G - stellen in Ziffer 5 die Mitteilungspflichten des Zuwendungsempfängers neben den in Ziffer 7 vorgesehenen Nachweis der Verwendung. Der Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass sich schon aus diesem Umstand ergibt, dass die Pflichten jeweils kumulativ zu erfüllen sind. Hinzu kommt, dass den Mitteilungspflichten des Zuwendungsempfängers eine gewisse Warnfunktion für den Zuwendungsgeber zukommt, die ihm das Erfordernis einer gegebenenfalls zeitnahen Überprüfung der Zuwendung vor Augen führt. Dass rechtssystematisch zwischen den Mitteilungspflichten und den Nachweispflichten zu unterscheiden ist, ergibt sich zudem aus den unterschiedlichen zeitlichen Vorgaben. Während die Mitteilungspflichten unverzüglich zu erfüllen sind, genügt es die Verwendung innerhalb von sechs Monaten nach Erfüllung des Zuwendungszwecks, spätestens jedoch nach Ablauf des sechsten auf den Bewilligungszeitraum folgenden Monats der Bewilligungsbehörde nachzuweisen (Ziffer 7.1 Satz 1 ANBest-G). Auf die Frage, ob die Zwischennachweise überhaupt das Erfordernis einer „unverzüglichen“ Mitteilung erfüllen würden, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Damit steht zugleich fest, dass es auch auf den Vortrag der Berufungszulassung, der Beklagte habe auf die aus den Zwischennachweisen ersichtlichen Abweichungen der für die Bewilligung vorausgesetzten Parameter nicht mit Anpassungen der Zuwendung oder deren Auszahlung reagiert, nicht entscheidungserheblich ankommt.

Ohne Erfolg wendet die Berufungszulassung ein, der Widerruf sei ermessensfehlerhaft erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, die Unterlassung der gebotenen Mitteilung stelle einen erheblichen Pflichtenverstoß gegenüber dem Zuwendungsgeber dar, der das Auswahlermessen der Behörde eröffne, den Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise aufzuheben. Von einem nur geringfügigen Auflagenverstoß, der es unverhältnismäßig erscheinen lasse, den gesamten Betrag zurückzufordern, könne bei der hier gegebenen erheblichen Reduzierung der gehaltenen Teilnehmerstunden gegenüber den bewilligten Stunden um 10.360 keine Rede sein. Die Verletzung der Mitteilungspflicht sei unter Berücksichtigung des gesamten Verhaltens des Klägers, der als Behörde erhöhten Anforderungen unterliege, im vorliegenden Förderverfahren als ein schwerwiegender Verstoß zu bewerten, der geeignet sei, die Vertrauensgrundlage zu dem Beklagten zu beeinträchtigen. Der Kläger sei zumindest grob fahrlässig nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, wesentliche Änderungen in Bezug auf die geförderten Bildungsmaßnahmen unverzüglich mitzuteilen. Er habe überdies versucht, den Beklagten über die Zahl der tatsächlich gehaltenen Teilnehmerstunden der Teilnehmer zu täuschen. Angesichts dessen habe die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Recht ihre Ermessenserwägungen dahingehend ergänzt, dass allein die Verletzung der Mitteilungspflicht einen vollständigen Widerruf des Zuwendungsbescheids rechtfertige.

Soweit die Berufungszulassung dem entgegenhält, die Annahme eines Täuschungsversuchs sei nicht gerechtfertigt, das Verwaltungsgericht setze sich diesbezüglich nicht mit der von ihm gegebenen Begründung zum Zustandekommen der im Verwendungsnachweis angegebenen Zahlen auseinander, die im Verwendungsnachweis vom 26. Mai 2008 angegebenen Gesamtteilnehmerstunden beruhten allein auf dem Umstand, dass der Kläger der Auffassung gewesen sei, die entsprechenden Angaben würden lediglich der statistischen Erhebung dienen, geht an der Begründung des Verwaltungsgerichts vorbei. Das Verwaltungsgericht ist lediglich von einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung im Hinblick auf die Verpflichtung, Änderungen mitzuteilen, ausgegangen. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts rechtfertigt sich schon durch den Umstand, dass die Mitteilungspflicht verletzt wurde. Welche Zwecke der Zwischenverwendungsnachweis nach Ansicht des Klägers erfüllen sollte, spielt dabei keine Rolle. Eine Täuschung hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der abgerechneten Teilnehmerstunden angenommen. Zu Unrecht macht der Kläger geltend, es sei nicht ersichtlich, wie das Verwaltungsgericht hierauf komme. Aus den Schilderungen im Tatbestand des Urteils wird deutlich, dass der Kläger Teilnehmerstunden in Höhe von 52.265,15 abgerechnet habe, tatsächlich aber nur 40.334 Teilnehmerstunden gebührenrelevant gewesen seien, während man bei der Zuwendung als Kalkulationsgrundlage von 50.694 Teilnehmerstunden ausgegangen sei.

Soweit die Berufungszulassung geltend macht, die gewährte Zuwendung sei nicht an eine bestimmte Anzahl von Teilnehmerstunden gekoppelt, weil dann für jede erbrachte Stunde ein konkreter Förderbetrag hätte angegeben werden müssen, zeigt sie ebenfalls keine ernstlichen Richtigkeitszweifel auf. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war Kalkulationsgrundlage der Zuwendung u.a. die Anzahl der Teilnehmer und die von diesen absolvierten Teilnehmerstunden. Damit handelt es sich hierbei um „für die Bewilligung der Zuwendung maßgebliche Umstände“ im Sinne der Ziffer 5.2. der ANBest-G, die bei Änderungen der Mitteilungspflicht unterliegen.

Soweit die Berufungszulassung ausführt, die Annahme eines schwerwiegenden Verstoßes durch das Verwaltungsgericht sei nicht nachvollziehbar und beruhe auf einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts, sind ernstliche Richtigkeitszweifel ebenfalls nicht dargelegt. Die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen der Berufungszulassung zur Anzahl der geplanten Gesamtteilnehmer gehen an der Argumentation des Verwaltungsgerichts, das hierauf gar nicht entscheidend abgestellt hat, vorbei. Für das Verwaltungsgericht waren hinsichtlich der angenommenen Täuschungsabsicht die Angaben von 52.266 Teilnehmerstunden im Verwendungsnachweis vom 26. Mai 2008 entscheidend, die jedenfalls hinsichtlich der tatsächlichen Teilnehmerstunden (40.334) in dem vom Verwaltungsgericht zutreffend ermittelten Umfang von 10.360 Stunden von dem im Bewilligungsbescheid zu Grunde gelegten Umfang (50.694) abwichen. Dasselbe gilt auch, soweit der Kläger im Einzelnen ausführt, seine Angaben zu den geleisteten Teilnehmerstunden in den Zwischennachweisen für die Jahre 2004, 2005 und 2006 seien in geringerem Umfang von den dem Bewilligungsbescheid zu Grunde gelegten Teilnehmerstunden abgewichen. Die Berufungszulassung hätte, um Erfolg zu haben, insoweit darlegen müssen, weshalb es ermessensfehlerhaft sein soll, auf die Angaben im Verwendungsnachweis vom 26. Mai 2008 abzustellen. Daran fehlt es. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Nichtberücksichtigung der weiteren vom Kläger eingeräumten Falschangaben bei der Ermessensausübung, mögen diese auch weniger gravierend gewesen sein, einen Ermessensfehler begründen können sollen.

Schließlich rechtfertigt auch der von dem Kläger behauptete Verfahrensfehler nicht die Annahme ernstlicher Richtigkeitszweifel. Der Kläger macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht habe seinen in der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2014 gestellten Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger hatte beantragt, Beweis darüber zu erheben, dass er den Beklagten über die veränderte Teilnehmerzahl informiert habe, durch Vernehmung der bei ihm beschäftigten Zeugin S.... Das Verwaltungsgericht hat den Antrag ausweislich des Sitzungsprotokolls abgelehnt, weil die zu Beweis gestellten Tatsachen nicht hinreichend konkretisiert und darüber hinaus unerheblich im Hinblick auf die schriftlichen Angaben des Klägers bei der Verwendungsnachweisführung seien. Diese Begründung hat es im angefochtenen Urteil durch den Hinweis ergänzt, der Beweisantrag enthalte keine konkreten Angaben dazu, welche einzelne Wahrnehmung in Bezug auf die Beweistatsache die Zeugin selbst gemacht haben solle. Es bleibe offen, wie sich die Teilnehmerzahl, über die der Beklagte informiert worden sein solle, geändert habe. Zum anderen komme es auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht an, weil der Kläger in seinem Verwendungsnachweis vom 26. Mai 2008 selbst unrichtige Angaben zu den Teilnehmerzahlen getätigt habe. Der Kläger macht hierzu geltend, eine besondere Form der Mitteilung sei in Ziffer 5.2 ANBest-G nicht vorgesehen, das Verwaltungsgericht hätte daher Beweis darüber erheben müssen, dass die Mitteilungspflicht vorliegend telefonisch erfüllt worden sei. Einen Verfahrensfehler zeigt er mit diesem Vorbringen nicht auf.

Bei dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag handelte sich um einen sog. Beweisermittlungs- bzw. Beweisausforschungsantrag, der eine Pflicht des Gerichts zur Beweiserhebung nicht auslöst (BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2002 - 7 B 92/01 -, Rn. 3 bei juris). Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag nicht hinreichend konkretisiert ist. Insoweit fehlten Angaben dazu, wann die Telefonate stattgefunden haben und welche konkreten Angaben gegenüber den jeweiligen Mitarbeitern des Beklagten gemacht worden sein und auf welche Weise die Mitarbeiter des Beklagten hierauf reagiert haben sollen.

Das Verwaltungsgericht war auch nicht von sich aus gehalten, das ihm zustehende Ermessen hinsichtlich der weiteren Aufklärung des Sachverhaltsvortrags im Sinne des Klägers auszuüben. Das wäre nur der Fall, wenn sich ihm eine entsprechende Beweisaufnahme aufgedrängt hätte, was mangels hinreichender Konkretisierung allerdings nicht anzunehmen ist.

Ob das Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren eine weitere Sach-verhaltsaufklärung, die im Rahmen eines Berufungsverfahrens erfolgen müsste, nahe legt, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn man dies zu Gunsten des Klägers unterstellt, wäre insoweit Rügeverlust eingetreten. Die Geltendmachung der Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung setzt u.a. die Darlegung voraus, dass die unterlassene gerichtliche Aufklärung vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist (OVG Münster, Beschluss vom 15. Februar 2012 - 12 A 1823/11 -, Rn. 16 bei juris, unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Diesen Anforderungen genügt die Darlegung schon deshalb nicht, weil daraus nicht ersichtlich ist, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die seiner Ansicht nach unterlassene Aufklärung über den unsubstanziierten Beweisantrag hinaus angesprochen und gerügt hat.

2. Die von dem Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegen nicht vor. Soweit es um die weitere Aufklärung des Sachverhalts mit Blick auf die Verletzung der Mitteilungspflichten geht, ergibt sich das aus den bereits dargelegten Gründen. Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, das Verwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es seinen Vortrag zur telefonischen Erfüllung der Mitteilungspflichten unbeachtet gelassen habe, gilt nichts anderes. Der Vorwurf trifft nicht zu. Das Verwaltungsrecht hat sich mit dem entsprechenden Vorbringen des Klägers befasst, es aber nicht zum Anlass für weitere Sachverhaltsaufklärung genommen. Dies betrifft die Würdigung des Sachverhalts, stellt aber keinen Gehörsverstoß dar. Im Übrigen wäre auch insoweit Rügeverlust eingetreten (OVG Münster, a.a.O., Rn. 19 bei juris).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).