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Entscheidung 10 O 264/10


Metadaten

Gericht LG Potsdam 10. Zivilkammer Entscheidungsdatum 28.06.2011
Aktenzeichen 10 O 264/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.526,28 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.258,96 € seit dem 20.04.2010 und aus 6.526,28 € seit dem 03.12.2010 sowie 8,- € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, welches sich unter anderem mit der Durchführung des Winterdienstes beschäftigt. Dabei übernimmt die Klägerin hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Flächen die Verpflichtung, entsprechend den jeweils einschlägigen Straßenreinigungsgesetzen bzw. kommunalen Satzungen die winterliche Schnee- und Glättebekämpfung während des vereinbarten Vertragszeitraumes durchzuführen. Gleichzeitig übernimmt sie die Haftung für etwaige Schäden, welche auf nicht ordnungsgemäß durchgeführte Leistungen zurückzuführen sind.

Unter dem 05.10.2007 schlossen die Parteien einen Winterdienstvertrag, ausweislich dessen § 1 die Klägerin sich verpflichtete, in der Zeit vom 01.11.2007 bis zum 31.03.2008 gemäß den zur Zeit geltenden Bestimmungen und der Satzung der Stadt M., den Winterdienst für die in der Anlage zum Vertrag näher bezeichneten Gehwege und Bushaltestellen an den Wochenenden (Samstags/Sonntags), an den gesetzlichen Feiertagen, sowie am 27.12.2007 und am 28.12.2007 auszuführen.

Nachfolgend ist in dem Vertrag auszugsweise folgendes geregelt:

§ 2 Die Sicherstellung von personellen und technischen Kräften und Mitteln zur Gewährleistung des Winterdienstes sowie aller sonstigen Nebenleistungen, einschließlich der Bereitstellung des Streugutes, wird vom Auftragnehmer übernommen. …

§ 4 Die Schneeberäumung bzw. die Eisglättebekämpfung hat unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls bzw. nach dem Entstehen der Glätte zu erfolgen, wenn der Schneefall bzw. die Glätte in der Zeit von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr auftreten.

Nach 20.00 Uhr gefallender Schnee bzw. entstandene Glätte sind werktags bis 7.00 Uhr, sonn- und feiertags bis 9.00 Uhr des folgenden Tages zu bekämpfen. Nach den durchgeführten Räum- und Streuarbeiten muss sich der Auftragnehmer in angemessenen Zeitabständen, auch wenn inzwischen kein neuer Schnee gefallen ist, von der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen überzeugen …

§ 5 Der Auftragnehmer haftet für jeden Schaden, der durch seine Tätigkeit bzw. durch die Tätigkeit seiner Beauftragten entsteht oder der auf eine Verletzung der vertraglichen Pflichten durch ihn oder seine Beauftragten zurückzuführen ist. …

Der Auftragnehmer stellt den Auftraggeber frei, falls dieser wegen Verletzung der vom Auftragnehmer übernommenen Pflichten unmittelbar in Anspruch genommen wird. …

§ 6 Wir berechnen für die Wintersaison folgende Preise:

Gehwege : 3, 20 € pro qm pro Saison

Bushaltestellen: 75,- € pro Stück pro Saison.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages und dessen Anlagen wird auf dessen als Anlage K1 zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen.

Unter dem 15.03.2010 erteilte die Klägerin der Beklagten 8 Rechnungen und – nachdem die Beklagte diese nur teilweise beglich – unter dem 19.04.2010 Mahnungen, wegen deren näheren Inhalts auf die als Anlagen K2 – K 17 zur Akte gereichten Kopien verwiesen wird. Die offenen Rechnungsbeträge in Höhe von insgesamt 6.961,30 € hat die Klägerin zunächst mit der Klage weiter verfolgt. Nachdem die Beklagte gegenüber den Berechnungen der Klägerin teilweise Einwendungen erhoben hat, hat die Klägerin die Klage wegen der als Anlage K 12 zur Akte gereichten Rechnung betreffend die Gehwege und Bushaltestellen in Krummensee in Höhe von 702,34 € zurückgenommen und macht insoweit nun noch einen offenen Betrag in Höhe von 778,95 € geltend.

Hinsichtlich der als Anlage K2 eingereichten Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in Töpchin hat die Klägerin die Klage um 176,36 € erweitert und beansprucht nunmehr Zahlung in Höhe von 834,02 €; hinsichtlich der als Anlage K8 eingereichten Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in Motzen hat sie die Klage um 90,96 € erweitert und beansprucht insoweit nunmehr die Zahlung eines Betrages von 703,29 €.

Aus der Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in T. (K4) beansprucht die Klägerin nach Teilzahlung noch einen Betrag in Höhe von 124,23 €, aus der Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in R. (K 6) nach Teilzahlung einen Restbetrag in Höhe von 2.097,16 €, aus der Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in M. (K 10) einen offenen Restbetrag in Höhe von 1.030,94 €, aus der Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in G. (K 14) einen offenen Restbetrag von 829,17 €, sowie aus der Rechnung betreffend Gehwege und Bushaltestellen in Br. (K 16) einen offenen Restbetrag in Höhe von 128,52 €. Insgesamt beansprucht sie die Zahlung von 6.526,28 €.

Die Klägerin ist der Auffassung, die im Rahmen des Winterdienstvertrages vereinbarten Vergütungen beanspruchen zu können.

Sie behauptet, die von ihr übernommenen Verpflichtungen an sämtlichen Tagen, an denen sie zu Winterdiensteinsätzen verpflichtet gewesen und Winterdiensteinsätze erforderlich gewesen seien, vollumfänglich erfüllt zu haben.

Soweit die Beklagte beanstande, dass am 01.01. und 02.01.2010, am 03.01.2010 sowie am 09.01. und 10.01.2010 Mängel der Erfüllung der Schneeberäumungspflicht festgestellt worden seien, sei dies nicht zutreffend.

Zur Bearbeitung der streitgegenständlichen Flächen habe sie – die Klägerin- zwei Handarbeitstouren zusammengestellt, wobei die Tour W 163 die ihr übertragenen Aufgaben ausweislich der als Anlage K 21 eingereichten Streuliste und die Tour W 165 die ihr übertragenen Aufgaben ausweislich der als Anlage K 22 eingereichten Streuliste erledigt habe. Die Bearbeitung der Reinigungsstellen „Am Bruch bis Teich“ sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht in Handarbeit sondern durch die Firma T. aus Z. gemäß der als Anlagenkonvolut K 28 eingereichten Einsatzprotokolle in Maschinenarbeit erfolgt.

Der Winterdienst sei auch am Wochenende des 09./10.01.2010 durchgeführt worden, obwohl die Klägerin nach Maßgabe von § 4 des Winterdienstvertrages hierzu nicht verpflichtet gewesen sei, nachdem an diesem Wochenende das Sturmtief „Daisy“ über Berlin und Brandenburg hinweggefegt sei und es in der Zeit von Freitag, dem 08.01.2010, bis einschließlich Montag, dem 11.01.2010, Dauerschneefall gegeben habe, der erst am 11.01.2010 gegen 13.00 Uhr aufgehört habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.526,28 € nebst Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 20.04.2010 sowie 8,- € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin könne die geltend gemachten Restvergütungen nicht beanspruchen, da diese die ihr obliegenden Leistungspflichten nicht erfüllt habe. Bei dem Winterdienstvertrag handele es sich ausgehend von § 4 des Vertrages um ein Werkvertragsverhältnis, bei dem die Klägerin einen Erfolg geschuldet habe und Vergütung nur beanspruchen könne, wenn dieser Erfolg tatsächlich eingetreten sei. In der Wintersaison 2009/2010 habe – was unstreitig ist – an insgesamt 47 Tagen die Verpflichtung der Klägerin bestanden, für den Fall des Einsetzens von Schneefall oder Glätte Winterdienstleistungen zu erbringen. Die Verpflichtung zur Durchführung von Maßnahmen habe an insgesamt 17 Tagen witterungsbedingt bestanden, wobei am 01.01., 02.01., 03.01.2010 sowie am 09.01.und 10.01.2010 Mängel der Erfüllung der Schneeberäumungspflicht der Klägerin festgestellt worden seien. Ausgehend von 17 notwendigen Einsatztagen und den Tagen ohne erbrachte Leistung habe eine entsprechende Reduzierung der geschuldeten Vergütung zu erfolgen. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 24.08.2010 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem zuletzt geltend gemachten Umfang in der Hauptsache begründet.

Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann die Klägerin wegen der Klageerweiterungen in Höhe von 90,96 € und 176,36 € erst mit dem Zeitpunkt der Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes vom 29.11.2010 am 03.12.2010 beanspruchen, §§ 291 BGB, 261 Abs 2 ZPO; Im Übrigen ist der Zinsanspruch ab Zugang der Mahnungen vom 19.04.2010 gerechtfertigt, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB. An dem Winterdienstvertrag, aus dem die Klägerin die geltend gemachten Ansprüche herleitet, ist ein Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, bei dem es sich nur um eine natürliche Person handeln kann, die das Rechtsgeschäft weder in ihrer gewerblichen noch selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließt, nicht beteiligt.

Die zuletzt geltend gemachten Vergütungsansprüche ergeben sich – was zwischen den Parteien unstreitig ist –unter Berücksichtigung der in dem Winterdienstvertrag vom Oktober 2007 vereinbarten Flächen und Preise.

Die Vergütungsansprüche sind auch nicht wegen teilweiser Nichterbringung der von der Klägerin geschuldeten Leistungen anteilig zu reduzieren. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, bei den von der Klägerin zu erbringenden Leistungen handele es sich mit Blick auf § 4 des Winterdienstvertrages um Werkleistungsverpflichtungen, derentwegen die Klägerin Vergütung nur im Umfang der tatsächlichen Erstellung des Werkes beanspruchen könne, folgt die Kammer dieser Bewertung nicht.

Bei dem Winterdienstvertrag handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der eine Dienstleistung der Klägerin zum Gegenstand hat, §§ 675, 611 BGB.

Die Klägerin schuldet - auch unter Berücksichtigung des von Beklagtenseite herangezogenen § 4 Abs.2 des Vertrages – keinen Erfolg, sondern eine Tätigkeit.

Mit dem Vertrag hat die Klägerin - jedenfalls im Verhältnis zu der Beklagten - die der Beklagten nach der städtischen Satzung obliegenden Verkehrssicherungspflichten für näher bezeichnete Zeiträume und Bereiche übernommen und die Beklagte für den Fall einer Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten von Ansprüchen Dritter freigestellt.

Hiervon war gem. § 2 des Vertrages die Pflicht der Klägerin umfasst, die personellen und technischen Kräfte und Mittel zur Sicherstellung des Winterdienstes zu gewährleisten und Streugut bereit zu stellen. Im Bedarfsfall hatte die Klägerin nach § 4 des Vertrages die Schneeberäumung bzw. die Schnee- oder Eisglättebekämpfung vorzunehmen und sich nach § 4 Abs. 2 in regelmäßigen Abständen von der Wirksamkeit der Maßnahme zu überzeugen, d.h. sie hatte die Notwendigkeit zur Durchführung von Maßnahmen in den vertraglich bestimmten Zeiträumen und Bereichen zu überwachen. Damit schuldete sie nicht immer wieder einen bestimmten Erfolg, sondern die Durchführung von Maßnahmen, bei deren Beachtung sich der für Dritte gefahrlose Zustand des Gehwegs einstellt (so auch LG Berlin, Urteil vom 18.11.2010, Aktz.: 52 S 67/10 m.w.N.).

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus § 4 Abs.2 des Vertrages, wonach nach 20 Uhr gefallener Schnee bzw. entstandene Glätte werktags bis 7 Uhr und sonn- und feiertags bis 9 Uhr des folgenden Tages zu bekämpfen war.

Auch danach war nicht bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter zu vergütender Erfolg geschuldet, sondern die Entfaltung der erforderlichen Tätigkeiten. Hierfür spricht letztlich auch der Umstand, dass die Parteien zur Abgeltung sämtlicher von der Klägerin zu erbringenden Leistungen, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang tatsächlich Flächen zu beräumen waren, eine Pauschalvergütung für die von der Klägerin übernommenen Flächen vereinbart haben.

Die von der Beklagten behauptete Nichterfüllung der der Klägerin im Rahmen des Dienstvertrages obliegenden Pflichten in der Weise, dass die Klägerin an einzelnen Terminen gebotene Schneeberäumungsmaßnahmen nicht durchgeführt hat, führt auch nicht zu einer Minderung der Vergütung gem. § 326 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 441 Abs. 3 BGB.

Nach dieser Vorschrift entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, weil die Leistung für den Schuldner oder für jedermann – wie hier infolge des Zeitablaufs – unmöglich geworden ist; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 BGB entsprechende Anwendung.

Soweit die Klägerin die ihr gegen Zahlung der Pauschalvergütung obliegenden Pflichten nicht vollständig erfüllt hat, liegt weder eine Nichterfüllung noch eine Teilerfüllung der vertraglichen Pflichten vor.

Auch den Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt, hat die Klägerin aus dem geschuldeten Gesamtpaket jedenfalls die Verkehrssicherungspflicht und das damit verbundene Haftungsrisiko im vertraglich bestimmten Umfang übernommen. Sie hat das Erfordernis von Winterdienstmaßnahmen überwacht, Personal- und Sachmittel vorgehalten und entweder selbst oder durch Erfüllungsgehilfen auch Schnee- und Eisbeseitigungs- bzw. -bekämpfungsmaßnahmen im Vertragszeitraum durchgeführt.

Die erbrachten und nach dem Vortrag der Beklagten nicht erbrachten Leistungen sind auch nicht teilbar, so dass insgesamt eine nicht vertragsgemäße Leistung (Schlechtleistung) vorliegt, für die § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gilt (§ 326 Abs. 1 Satz 2).

Die Klägerin schuldete bezogen auf die jeweiligen Flächen ein Gesamtpaket bestehend aus Haftungsübernahme, Überwachung, Bereitstellung und im gebotenen Maß Schneeberäumung. Dieses Gesamtpaket konnte auch nicht ohne Beeinträchtigung des Leistungszwecks in einzelne Leistungen zerlegt werden (zur Teilbarkeit vergleiche: Palandt-Grüneberg, BGB 70. Aufl. § 266 Rdn. 3).

Liegt nach alledem eine Schlechterfüllung der von der Klägerin zu erbringenden Gesamtleistung vor, besteht weder nach dienstvertraglichen noch – wie ausgeführt - nach der allgemeinen Vorschrift des § 326 BGB ein Minderungsrecht. Die Beklagte ist im Falle einer Schlechterfülllung des Dienstverpflichteten - nachdem sie von der Möglichkeit zur Kündigung aus wichtigem Grunde keinen Gebrauch gemacht hat – bei eingetretenen Schäden auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 ZPO. Der zurückgenommene Teil der Klage hat keine Mehrkosten verursacht.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.