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Verfahrenskostenhilfe: Verfahrenskostenvorschussanspruch minderjähriger Antragsteller; Bedürftigkeitsprüfung bei unbelegten Belastungen


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 08.04.2020
Aktenzeichen 13 WF 18/20 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

1. Minderjährige Antragsteller können auf einen möglichen Verfahrenskostenvorschussan-spruch gegen ihren betreuenden Elternteil als einzusetzendes Vermögen (§ 115 ZPO) nur in-soweit verwiesen werden, als diesem im Falle einer eigenen Verfahrensführung keine oder nur ratenweise Verfahrenskostenhilfe zustünde (vgl. Senat Beschluss vom 12. November 2018 – 13 UF 119/18 –, juris Rn. 30 m.w.N.).

2. Nach § 118 Abs. 2 S 4 ZPO bleiben Belastungen ohne die erforderliche Glaubhaftma-chung lediglich insoweit, d.h. als vermögensmindernde Verbindlichkeiten unberücksichtigt. Dies entbindet das Gericht allerdings nicht von einer Bedürftigkeitsprüfung im Übrigen, also ohne diese Belastungen (vgl. Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 118 ZPO, Rn. 28; BeckOK ZPO/Reichling, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 118 Rn. 25; MüKo-ZPO/Wache, 5. Aufl. 2016, ZPO § 118 Rn. 16, jew. m.w.N.).

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 16.12.2019 aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Zossen zurückverwiesen, das über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden soll.

Gründe

1. Die minderjährigen Antragstellerinnen wenden sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein Unterhaltsverfahren.

Sie beanspruchen, bei ihrer Mutter lebend, vom Antragsgegner, ihrem Vater, in Abänderung zweier Unterhaltsurkunden rückständigen und laufenden Mindestunterhalt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Hilfsbedürftigkeit der Antragstellerinnen verneint, weil sich diejenige ihrer möglicherweise verfahrenskostenvorschusspflichtigen Mutter nicht feststellen lasse, im Nichtabhilfebeschluss zuletzt mit der Begründung fehlender Glaubhaftmachung geltend gemachter Kreditzahlungen.

2. Die nach §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 127, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat vorläufig Erfolg.

Mit der gegebenen Begründung lässt sich die Hilfsbedürftigkeit (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO) der Antragstellerinnen nicht verneinen. Diese können auf einen möglichen Verfahrenskostenvorschussanspruch gegen ihren betreuenden Elternteil als einzusetzendes Vermögen (§ 115 ZPO) nur insoweit verwiesen werden, als diesem im Falle einer eigenen Verfahrensführung keine oder nur ratenweise Verfahrenskostenhilfe zustünde (vgl. Senat Beschluss vom 12. November 2018 – 13 UF 119/18 –, juris Rn. 30 m.w.N.). Eine dahingehende Einkommens- und Vermögenslage der Mutter hat das Amtsgericht fehlerhaft ungeprüft gelassen; nach derzeitiger Aktenlage liegt auf erste Sicht eine - fiktive - Verfahrensarmut der Mutter nahe.

Nach § 118 Abs. 2 S 4 ZPO bleiben Belastungen ohne die erforderliche Glaubhaftmachung lediglich insoweit, d.h. als vermögensmindernde Verbindlichkeiten unberücksichtigt. Dies entbindet das Gericht allerdings nicht von einer Bedürftigkeitsprüfung im Übrigen, also ohne diese Belastungen (vgl. Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 118 ZPO, Rn. 28; BeckOK ZPO/Reichling, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 118 Rn. 25; MüKoZPO/Wache, 5. Aufl. 2016, ZPO § 118 Rn. 16, jew. m.w.N.). Diese ist bislang unterblieben.

Hier drängen das dokumentierte Einkommen der Kindesmutter aus unselbständiger Arbeit von lediglich 1.180 € brutto (vgl. 23 VK), ungeachtet des Bezuges des Kindergeldes und der Unterhalts- sowie der Unterhaltsvorschussleistungen an die Antragstellerinnen nach § 7 UVG, in Verbindung mit den dokumentierten Belastungen für Wohnkosten alleine schon für Zins- und Tilgung in Höhe von 520 € (vgl. 48, 86, 91 Vk), fehlendes Vermögen oberhalb des Schonbetrages vorausgesetzt, greifbar zu einer - fiktiven - Hilfsbedürftigkeit der Mutter, auch ohne Berücksichtigung nicht glaubhaft gemachter weiterer Belastungen.

Der Senat verweist die Sache zurück, damit das Amtsgericht die ordnungsgemäße Prüfung der subjektiven und objektiven Voraussetzung der Verfahrenskostenhilfe für die Antragstellerinnen nachholen kann, § 572 Abs. 3 ZPO.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.