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Investitionszulage


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 13. Senat Entscheidungsdatum 14.08.2012
Aktenzeichen 13 K 13012/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 1 S 1 InvZulG 2005

Leitsatz

CtP-Druckvorlagen stellen immaterielle Wirtschaftsgüter dar, für kein Anspruch auf Investitionszulage besteht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob digitale Druckvorlagen im Rahmen des § 2 Investitionszulagengesetz -InvZulG- 2005 als begünstigte Wirtschaftsgüter anzusehen sind.

Der Kläger betreibt unter der Firma B … ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Stadtplänen und Karten. Die Tätigkeit umfasst auch die Umsetzung der ermittelten und aufbereiteten Daten in digitale Druckvorlagen. Die für die Serienproduktion beauftragten Druckereien erhalten von dem Kläger eine CD-ROM mit druckfertigen pdf-Dateien. Der Kläger benutzt hierfür die Programme FreeHand (Macromedia) und QuarkXPress. Nach Übermittlung der pdf-Dateien an die Druckerei erhält der Kläger einen Korrekturabzug als Formproof-Ausdruck. Im Wege der digitalen Druckplattenbelichtung (Computer to Plate -CdP-) nutzt die Druckerei die pdf-Dateien direkt zur Belichtung der Offsetdruckplatte. Vor dem endgültigen Beginn der Serienproduktion erfolgt ein Erstandruck (Probedruck). Zu den weiteren Einzelheiten der Arbeitsschritte wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung –FGO- auf die Schreiben der Bevollmächtigten vom 15. Dezember 2008, vom 6. April 2009 und insbesondere vom 29. Oktober 2010 Bezug genommen.

Der Kläger stellte am 1. November 2007 als KMU einen Antrag auf eine 20%ige Investitionszulage für das Jahr 2006 nach § 2 InvZulG 2005, unter anderem für die Herstellung der digitalen Druckvorlagen der Freizeitkarten C … Süden und C … Norden. In der beantragten Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 5.487 (C … Norden) und EUR 10.992 (C … Süden) waren jeweils EUR 204,11 Materialeinzelkosten (Schätzung der Kosten für den Erstandruck in Höhe von 10 % den gesamten Druckkosten) sowie Fertigungseinzelkosten in Höhe von EUR 3.315,44 (C … Norden) und EUR 6.847,43 (C … Süden) enthalten. Der restliche Betrag entfiel auf Fertigungsgemeinkosten, die entsprechend der Höhe der Fertigungseinzelkosten aller im Jahr 2006 gefertigten Karten aufgeteilt wurden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO auf die Anlagen zum Antrag auf Gewährung von Investitionszulage sowie auf die Erläuterungen der Bevollmächtigten im Schreiben vom 20. November 2009 Bezug genommen.

Der Beklagte setzte die Investitionszulage im Bescheid vom 4. Dezember 2007 auf EUR 1.995 fest. Dabei wurden die für die digitalen Druckvorlagen geltend gemachten Investitionskosten nicht berücksichtigt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass es sich nicht um Anlagevermögen handele. Außerdem seien diese Druckvorlagen als nicht begünstigte immaterielle Wirtschaftsgüter zu qualifizieren.

Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch beruft sich der Kläger auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF- vom 18. Juli 2007 (Bundessteuerblatt –BStBl- I 2007, 458) zur Gewährung von Investitionszulage für digitale Druckvorlagen. Danach seien die digitalen Druckvorlagen, die als Anlagevermögen im Besitz des Unternehmens verblieben, keine immateriellen Wirtschaftsgüter. In die Herstellungskosten seien alle Aufwendungen einzubeziehen, die bis zur Druckvorstufe (Erstandruck) entstünden. Die Herstellungskosten für die Endprodukte, d. h. für die zum Verkauf bestimmten Pläne, seien aus dem Wertverzehr des Anlagevermögens (einschließlich Druckvorlagen) und den laufenden Kosten (Druckkosten, Papier) zu berechnen.

Der Beklagte wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2008 als unbegründet zurück. Die Druckvorlagen stellten unter Beachtung des Urteils des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 18. Juni 1975 (I R 24/73, BStBl II 1975, 809) schon kein Wirtschaftsgut dar. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wiederverwendbarkeit liege allenfalls ein nicht begünstigtes immaterielles Wirtschaftsgut vor. Denn im Vordergrund stehe nicht der Datenträger (CD-ROM), sondern der geistig-schöpferische Inhalt. Die Druckvorlagen seien mit Verlagsarchiven vergleichbar, die der BFH ebenfalls als immaterielle Wirtschaftsgüter qualifiziert habe (Urteil vom 5. Februar 1988 III R 49/83, BStBl II 1988, 737). Außerdem würden die Daten den Druckereien im Streitfall druckfertig zur Verfügung gestellt, so dass die Druckvorlagen Befehle bzw. Befehlsstrukturen enthielten, welche die Funktionsabläufe der Druckmaschinen steuerten. Das BMF-Schreiben vom 18. April 2007 sei nicht einschlägig, da dort nur die Druckvorlagen in der Druckindustrie und nicht die von einem Verlag hergestellten Druckvorlagen behandelt würden.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass sein Unternehmen zum Druckgewerbe im Sinne von Abteilung 22 der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2003 gehöre. Die Herstellung der Druck- und Medienvorstufe sei dort unter 22.24 gesondert genannt. Für die von ihm, dem Kläger, hergestellten digitalen Druckvorlagen seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Investitionszulage gegeben. Es handele sich um bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, auch wenn die mit den digitalen Druckvorlagen erzeugten physischen Druckplatten, die in seinem, des Klägers, Eigentum stünden, grundsätzlich nicht mehr aufbewahrt würden. Da die Erlöse der Erstauflage bei Landkarten und Stadtplänen regelmäßig nicht die Herstellungskosten deckten, seien die digitalen Druckvorlagen zur Wiederverwendung bei späteren Auflagen vorgesehen. Sie steuerten auch nicht die Druckmaschine. Die Einordnung der digitalen Druckvorlagen als bewegliche Wirtschaftsgüter folge darüber hinaus aus dem BMF-Schreiben vom 18. April 2007 (BStBl I 2007, 458). Der Beklagte lege den dort genannten Begriff „Druckindustrie“ zu eng aus. Im Gegensatz zu dem im BMF-Schreiben geschilderten Sachverhalt verfüge der Kläger sogar über das Nutzungsrecht nach dem Urheberrechtsgesetz. Schließlich liege auch eine Erstinvestition vor, da die Druckvorlagen zu einer quantitativen Steigerung des Outputs führten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 2005 für das Kalenderjahr 2006 vom 4. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2008 dahingehend zu ändern, dass die Investitionszulage auf EUR 5.290 festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, dass es sich bei dem Kläger nicht um ein Unternehmen der Druckindustrie handele. Denn die Druckvorstufe in Form der Druckplatte werde in der Druckerei hergestellt. Dagegen sei die von dem Kläger hergestellte pdf-Datei kein bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Es sei nicht ersichtlich, dass damit eine Druckvorlage im Sinne des BMF-Schreibens vom 18. April 2007 (BStBl I 2007, 458) hergestellt werde. Vielmehr handele es sich bei den geltend gemachten Investitionskosten um Herstellungskosten des Endprodukts und damit um Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens.

In jedem Fall könnten nicht die gesamten Kosten von der Sammlung der Daten bis zur Fertigung der pdf-Datei als Herstellungskosten einer Druckvorlage angesehen werden. Hierzu zählten nur die Aufwendungen, die entstünden, um die digitalisierten Daten des Klägers in druckbare Daten umzuwandeln. Die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen seien jedoch zum überwiegenden Teil auf kartographische Arbeiten zurückzuführen. Diese gehörten zur verlegerischen Tätigkeit des Klägers und stellten keine Arbeiten dar, die typischerweise von einer Druckerei zur Herstellung einer Druckvorlage ausgeführt würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze einschließlich sämtlicher Anlagen sowie auf die beigezogenen Steuerakten Bezug. Dem Gericht hat ein Band Investitionszulagenakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 2005 für das Kalenderjahr 2006 vom 4. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Gewährung von Investitionszulage setzt nach § 2 Abs. 1 InvZulG 2005 unter anderem die Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens voraus. Immaterielle Wirtschaftsgüter sind keine beweglichen Wirtschaftsgüter und damit nicht begünstigt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 III R 82/06, BStBl II 2009, 421 m. w. N.). Die im Rahmen der CtP-Technik hergestellten digitalen Druckvorlagen stellen zwar grundsätzlich Wirtschaftsgüter dar, die bei einer voraussichtlichen Wiederverwendung auch dann zum Anlagevermögen gehören, wenn sie nicht von einer Druckerei, sondern von einem Verlag hergestellt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Druckvorlagen aber als nicht begünstigte immaterielle Wirtschaftsgüter zu qualifizieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn es – wie im Streitfall - unwahrscheinlich ist, dass eine unveränderte Folgeauflage gedruckt wird und die digitalen Druckvorlagen deshalb ohne die jeweilige physische Druckplatte aufbewahrt werden.

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30. Oktober 2008 III R 82/06, BStBl II 2009, 421 m. w. N.), welcher der erkennende Senat folgt, unterscheiden sich immaterielle und materielle Wirtschaftsgüter durch die "Unkörperlichkeit" der immateriellen Wirtschaftsgüter. Es handelt sich zumeist um "geistige Werte" (z.B. Ideen) und Rechte. Zur Einordnung von Wirtschaftsgütern mit materiellen und immateriellen Komponenten ist vorrangig auf das wirtschaftliche Interesse abzustellen, d. h. auf die Frage, wofür ein Kaufpreis gezahlt wird (Wertrelation) und ob es einem Erwerber überwiegend auf den materiellen oder den immateriellen Gehalt ankommt. Dies richtet sich auch danach, ob der Verkörperung eine eigenständige Bedeutung zukommt oder ob sie lediglich als "Träger" den immateriellen Gehalt festhalten soll.

Nach diesen Grundsätzen stellen CtP-Druckvorlagen immaterielle Wirtschaftsgüter dar (vgl. auch Heß in Heß/Martin, InvZulG, § 2 Rn. 95; a. A.: BMF-Schreiben vom 18. April 2007, BStBl I 2007, 458 Tz. 11, allerdings unter Bezugnahme auf die „Druckindustrie“; ausdrücklich offen gelassen: BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 III R 82/06, BStBl II 2009, 421). Der materielle Wert des elektronischen Speichermediums tritt bei den im Rahmen der CtP-Technik hergestellten digitalen Druckvorlagen gegenüber dem geistigen Inhalt in den Hintergrund. Maßgebend für das wirtschaftliche Interesse sind nicht die (materiellen) CD-ROM, sondern die darauf befindlichen (immateriellen) Daten, und zwar unabhängig davon, inwieweit sie der verlegerischen Arbeit (z. B. Überprüfungen vor Ort, Einarbeitung besonderer Merkmale durch Vignettenzeichnungen oder ähnliches mit dem Programm FreeHand) oder einer Umformung der Daten in druckfertige pdf-Dateien (nach Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung mit dem Programm QuarkXPress) zuzurechnen sind.

Der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand des Klägers, es liege keine schöpferische bzw. geistige Leistung vor, da im Vergleich zu früheren Drucktechniken letztlich nur der Stift durch eine Maus ersetzt worden sei und der Kern der geltend gemachten Honorarkosten im Nachzeichnen von Karten und deren weisungsgemäßer Bearbeitung bestehe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der schöpferische Gehalt der digitalen Druckvorlagen liegt gerade in der spezifischen Gestaltung der Karten nach den Ideen des Klägers. Hierzu zählen unter anderem die Art und Weise der Darstellung von Straßen und Flächen sowie die Auswahl und Darstellung besonderer Gebäude bzw. Sehenswürdigkeiten. Dem entsprechend stehen dem Kläger auch urheberrechtlich geschützte Nutzungsrechte zu, die im Streitfall zusätzlich für ein immaterielles Wirtschaftsgut sprechen. Der Beklagte zieht insofern einen zutreffenden Vergleich mit den Verlagsarchiven, die vom BFH ebenfalls als immaterielle Wirtschaftsgüter behandelt werden (BFH-Urteil vom 5. Februar 1988 III R 49/83, BStBl II 1988, 737). Auch das Fehlen von Befehlsstrukturen, von dem nach den Ausführungen des Klägers auszugehen ist, verleiht den Datensätzen keine Körperlichkeit und den CD-ROM nicht den Charakter materieller Wirtschaftsgüter (vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 III R 82/06, BStBl II 2009, 421 zu einer Datensammlung von Geopunkten).

Die von dem erkennenden Senat vertretene Auffassung steht nicht im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 22.10.2009 (III R 14/07, BStBl II 2010, 361). Zwar behandelte der BFH die von einer Druckerei hergestellten Trägerfilme und Druckplatten (Druckvorlagen), die für einen etwaigen Folgeauftrag aufbewahrt werden, unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 18. April 2007 (BStBl I 2007, 458 Tz. 11) als materielle Wirtschaftsgüter. Diese Entscheidung erging aber zur (älteren) Computer to Film-Technik und nicht zur CtP-Technik. Der Unterschied zwischen diesen beiden Techniken besteht gerade darin, dass bei der CtP-Technik die Bedeutung der körperlichen Gegenstände weiter abgenommen hat. Auch für etwaige Folgeaufträge kommt es letztlich nur noch auf die druckfertigen pdf-Dateien an. Die Druckplatten werden grundsätzlich nicht mehr aufbewahrt. Dies gilt auch für den Streitfall, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Ob die Druckplatten tatsächlich im Eigentum des Klägers standen, kann deshalb dahingestellt bleiben.

Im Übrigen ist bei einem Vergleich der beiden Drucktechniken zu berücksichtigen, dass durch die CtP-Technik der Arbeitsschritt ‚Herstellung der Druckvorlage‘ immer mehr mit den verlegerischen Tätigkeiten verwoben wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im Streitfall – die Herstellung der digitalen Druckvorlage durch den Verlag selbst und nicht durch eine gesonderte Druckerei erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, da der BFH die entscheidende Rechtsfrage im Urteil vom 30. Oktober 2008 (III R 82/06, BStBl II 2009, 421) ausdrücklich offen gelassen hat und eine Abgrenzung zum Urteil vom 22.10.2009 (III R 14/07, BStBl II 2010, 361) erforderlich ist.