Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 26 Sa 1269/10


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer Entscheidungsdatum 20.07.2011
Aktenzeichen 26 Sa 1269/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 626 BGB, § 174 StGB, § 176 StGB

Leitsatz

1. Die Schule ist nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG) zum Schutz der seelischen und körperlichen Unversehrtheit, der geistigen Freiheit und der Entfaltungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler verpflichtet. Die körperliche Züchtigung sowie andere entwürdigende Maßnahmen sind nach § 63 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG verboten.

2. Angesichts des besonders sensiblen Bereichs der sexuellen Selbstbestimmung müssen Lehrer nicht nur von jeglicher Übergrifflichkeit absehen, was selbstverständlich ist, sondern auch durch ein ihrem Auftrag angepasstes Verhalten den Eindruck einer solchen und insbesondere einer sexuellen Motivation verhindern. Jeglicher Anschein sexuell motivierten Verhaltens gegenüber den einem Lehrer anvertrauten Kindern muss zwangsläufig Ängste bei den betroffenen Eltern und den Kindern hervorrufen, die strikt zu vermeiden sind. Dazu ist insbesondere die Intimsphäre der Kinder uneingeschränkt zu wahren.

3. Die Anforderungen an ein Glaubhaftigkeitsgutachten, die der BGH insbesondere in seiner Entscheidung vom 30. Juli 1999 (1 StR 618/98 - NJW 1999, 2746) zusammengefasst hat, finden auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren uneingeschränkt Anwendung.

4. Einer psychologischen Sachverständigen ist es erlaubt, tatsächliche Angaben zu sammeln, soweit sie diese als Material für ihr Gutachten für erforderlich hält. Sie darf insoweit ua. Urkunden einsehen und Personen befragen (Stein-Jonas/Leipold vor § 402 Rn. 18). Der Grundsatz der Unmittelbarkeit steht solchen Ermittlungen der Sachverständigen nicht entgegen, weil es sich nicht um eine gerichtliche Beweisaufnahme und auch nicht um einen Ersatz dafür handelt.

5. Werden einem Lehrer fortgesetzte kontinuierliche Pflichtverstöße vorgeworfen, ist ein solcher Vortrag einlassungsfähig. Die in das Unterrichtsgeschehen eingebetteten Pflichtverletzungen müssen nicht in zeitlicher Hinsicht weiter konkretisiert werden, was gerade bei Sexualdelikten deliktstypisch im Nachhinein nicht mehr möglich ist. Das gilt insbesondere, wenn ein Glaubhaftigkeitsgutachten zu dem Ergebnis geführt hat, dass die betroffenen Kinder den geschilderten Sachverhalt tatsächlich erlebt haben und gar nicht die Fähigkeit besitzen einen dem einschlägigen Muster entsprechenden Vortrag zu erfinden sowie fortzuschreiben.

6. Ein Grundsatz der "materiellen" Unmittelbarkeit (wonach nur diejenigen Beweismittel zulässig sind, die ihrem Inhalt nach der erheblichen Tatsache am nächsten stehen) ist weder dem Arbeitsgerichtsgesetz noch der Zivilprozessordnung zu entnehmen. Es steht den Parteien frei, auch bei vorhandenen unmittelbaren Beweismitteln sich auf die Benennung mittelbarer Beweismittel zu beschränken. Das können insbesondere Urkunden und Sachverständigengutachten sein, auch wenn Zeugen zur Verfügung stehen. Auf diesem Wege kann Opferschutzgesichtspunkten Rechnung getragen werden. Der Prozessgegner hat allerdings jederzeit die Möglichkeit, die Vernehmung der Zeugen durch entsprechende Beweisantritte zu erzwingen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18. März 2010 – 7 Ca 2074/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit außerordentlicher und ordentlicher Tat- und Verdachtskündigungen.

Der 1948 geborene Kläger begann 1968 seinen Vorbereitungsdienst bei dem Rat des Kreises in G.. Seitdem war er als Lehrer tätig, zuletzt bei dem beklagten Land. Bis 2006 unterrichtete er höhere Klassen an einer Schule in P.. Nach Auflösung dieser Schule im Jahr 2006 setzte ihn das beklagte Land an einer Grundschule ein. Dort war er zunächst als Klassenlehrer einer vierten Klasse und darüber hinaus auch in anderen Klassen tätig. Der Kläger war zunächst bei Eltern und Kindern wegen seiner lockeren Art und seiner Späße recht beliebt. In der vierten oder fünften Klasse kam es dann zu einem Vorfall, den die Kinder durchweg als schockierend empfanden. Der Kläger fasste einen Schüler an beiden Armen, hob ihn hoch und schüttelte ihn heftig. Die Eltern des Schülers wandten sich an die Schule. Es kam zu einer Aussprache, in deren Rahmen sich das Kind bei dem Kläger entschuldigte. Der Kläger entschuldigte sich auf Veranlassung der Schulleitung seinerseits bei den Eltern und dem Schüler. Der Schulverwaltung wurden die Einzelheiten erst anlässlich einer Vernehmung des Schülers R. am 16. September 2009 im vollen Umfang bekannt. Nicht besonders glücklich waren die Kinder auch darüber, dass der Kläger es ablehnte, mit ihnen Klassenfahrten zu unternehmen. In der Berufungsverhandlung begründete er das damit, dass er in der Nachwendezeit dazu nicht mehr bereit gewesen sei, weil er aufgrund der geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse damit habe rechnen müssen, dass ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen werde. Es kam zu Gesprächen mit den Eltern.

In der Klasse, die ihm als Klassenlehrer übertragen war, fasste er Mädchen, die aus verschiedenen Gründen neben ihm standen, um die Hüfte und zog sie dabei an sich heran. Das stellte der Kläger in der Berufungsverhandlung unstreitig. Streitig ist unter den Parteien, wie die Mädchen sich dabei verhalten haben und ob der Kläger ihnen bei dieser Gelegenheit auch an den Po gefasst hat. Ein Mädchen mit dem Nachnamen F. nannte er – jedenfalls gelegentlich – „Ficki“. Streitig ist unter den Parteien noch, ob dies regelmäßig geschah. Bei verschiedenen Gelegenheiten rief er die Kinder nach einer sog. Klassenliste auf. Dabei – so der Kläger in der mündlichen Verhandlung – kürzte er die Nachnamen mit den ersten drei Buchstaben ab, den Namen F. z.B. mit „Fic“, den Namen K. mit „Klo“. Wenn die Kinder vor der Klasse Aufgaben richtig gelöst hatten, erhielten sie von dem Kläger meist einen Klaps auf den Po.

Der Kläger zog sich jedenfalls einmal vor Kindern dieser Klasse um. Er stand dabei frontal in Unterhose vor mehreren Mädchen und Jungen. Ein Mädchen, J. Z., lief bei dieser Gelegenheiten weinend aus der Klasse. Ob der Kläger zuvor noch gesagt hatte: „Na J., das gefällt Dir, was?“ oder etwas Sinngemäßes, ist unter den Parteien streitig. Eine Schülerin schilderte später im Rahmen der Befragung durch die Schulverwaltung, dass der Kläger anwesende Mädchen in diesem Zusammenhang auch aufgefordert habe, sich mit ihm im Klassenraum umzuziehen. Sie hätten das aber abgelehnt. Der Schulleiter, der das Umziehen des Klägers vor den Kindern mitbekommen hatte, rügte ihn dafür. Der Schulleiter erklärte später im Rahmen der Untersuchung, er habe den Kläger zweimal dabei beobachtet, wie er sich vor Kindern umgezogen habe.

Der Kläger unterrichtete auch in einer dritten Klasse. Auch in dieser Klasse umfasste er jedenfalls ein Mädchen und zog es an sich heran, wenn es neben ihm stand. Streitig ist, ob er dem Kind dabei auch auf Bauch und Schamhügel gefasst hat.

Wegen der Zustände in der Klasse des Klägers kam es wiederholt zu Beschwerden durch Eltern. Nachdem der Kläger bereits längere Zeit gefehlt hatte, fiel er krankheitsbedingt ab November 2008 vollständig aus. Inzwischen waren die Schüler, deren Klassenlehrer er war, in der sechsten Klasse. Im Februar 2009 wurde der Lehrerin G. die Klassenleitung übertragen. Sie war bereits zuvor als Differenzierungslehrerin in der Klasse tätig gewesen. Sie fand nach einem von ihr am 9. Juli 2009 erstellten Vermerk nach Übernahme der Klasse sich sehr zurücknehmende Mädchen auf der einen und laute, sich gegenseitig verbal und körperlich verletzende Jungen auf der anderen Seite vor. Zur Aufarbeitung besprach sie mit den Kindern Sitzplanänderungen, intensivierte die Elternarbeit, führte ein Anti-Aggressionstraining unter Anleitung des S. e.V. T. mit psychologischer Begleitung durch sowie Exkursionen und weitere Maßnahmen.

Einige Tage vor einer zweitägigen Exkursion auf einen Bauernhof, nämlich am 23. Juni 2009, teilte die Leiterin einer Kunst-AG (Frau M.) Frau G. mit, dass ihr Mädchen von körperlichen Übergriffen durch den Kläger berichtet hätten. Im Rahmen der Exkursion saßen am 1. Juli 2009 (dem Abfahrtstag) nach dem Essen einige Kinder, überwiegend Mädchen, noch beieinander. Sie unterhielten sich über den Kläger. Das bekam Frau G. mit. Sie fragte die Kinder, wie sie zu dem Kläger stünden. Da schilderten die Mädchen ausführlich angebliche körperliche Berührungen durch den Kläger und veranschaulichten diese auch. Frau G. informierte zunächst die die Exkursion begleitende Elternsprecherin, Frau R., und den Elternsprecher, Herrn R.. Die Kinder wiederholten diesen gegenüber die Äußerungen und Darstellungen.

Am 7. Juli 2009 berichtete Frau G. dann im Rahmen einer Lehrerkonferenz über die Äußerungen der Schülerinnen zu dem Verhalten des Klägers. Am 9. Juli 2010 fertigte sie dazu einen Vermerk. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage 5 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009.

Das Schreiben lag dem (kündigungsberechtigten) Leiter des Schulamts des beklagten Landes am 16. Juli 2009 vor, dem Tag des Beginns der bis zum 29. August 2009 dauernden Sommerferien. Der zuständige Mitarbeiter des Schulamtes nahm am Freitag, dem 17. Juli 2009, Kontakt mit dem Schulleiter der Grundschule und Frau G. auf. Am Montag, dem 20. Juli 2009, folgte ein Gespräch mit dem Elternsprecher, der diejenigen Mädchen benannte, die die angeblichen „Vorfälle sexueller Belästigung“ sehr detailliert geschildert hätten. Am selben Tag hörte er Frau G. im Schulamt persönlich an. Im Rahmen dieses Gesprächs berichtete Frau G. auch, dass sie beobachtet habe, wie der Kläger mit zwei Fingern der Schülerin N. H. vom Bauch über die Brust bis zum Hals hoch und wieder zurück gestrichen habe. Dabei habe er seine Finger zwischen den Brüsten der Schülerin entlang geführt. Frau G. schilderte auch die Äußerungen der Mädchen bei dem Ausflug, ua. dass der Kläger die Mädchen danach während des Unterrichts an Po und Hüfte umfasst und an sich herangezogen habe. Die Kinder hätten außerdem dargestellt, dass er den Schülerinnen seitlich um den Körper gefasst und dabei die Brust an der Seite berührt bzw. weggedrückt habe. Bei dem Versuch wegzurücken, habe der Kläger sie wieder an sich herangezogen.

An den folgenden Tagen wurde versucht, Gesprächstermine mit den Mädchen und ihren Eltern zu vereinbaren. Am 22. Juli 2009 erhielt der Kläger im staatlichen Schulamt vor dem Hintergrund der Angaben der Zeugin G. Gelegenheit zur Stellungnahme. Er äußerte sich nicht, bat vielmehr um schriftliche Kenntnisgabe der Vorwürfe, was noch mit Schreiben vom selben Tag erfolgte. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage B3 zum Schriftsatz des Klägers vom 11. November 2009. Am 23. Juli 2009 erfolgte zunächst die Anhörung von L. E. (damals 11 Jahre alt). Hinsichtlich des Inhalts der Aussage der Schülerin wird Bezug genommen auf das Protokoll der Vernehmung, Anlage B 4 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009 (Bl. 68 dA.). Die etwa drei Jahre jüngere Schwester von L. E., L.-M. E., besuchte damals die dritte Klasse derselben Grundschule. Sie hatte ebenfalls Unterricht bei dem Kläger. Nachdem L.-M. den Eltern anlässlich der Befragung ihrer Schwester mitgeteilt hatte, dass der Kläger ihr auf den Schamhügel gefasst habe und die Eltern dies der Schulverwaltung mitgeteilt hatten, wurde auch L.-M. E. am 23. Juli 2009 angehört. Hinsichtlich des Inhalts der Aussage der Schülerin wird Bezug genommen auf das Protokoll der Vernehmung, Anlage B 4 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009 (Bl. 69 dA.). Die Anhörungen erfolgten durch Herrn L., Mitarbeiter des Schulamtes. Anwesend waren darüber hinaus ua. die Schulpsychologin, Frau Dr. B., sowie der Vater der beiden Mädchen. Herr L. hatte mit der Schulpsychologin zuvor Art und Inhalt der Fragestellung besprochen.

Am 24. Juli 2009 teilte die Mutter einer weiteren Schülerin (C. H.) dem Sachbearbeiter L. telefonisch mit, dass der Kläger C. an den Po gefasst und getätschelt und gestreichelt habe. Eine unmittelbare Befragung lehnte sie später wegen einer zu hohen Belastung ihrer Tochter durch eine solche Vernehmung ab. Das weitere Vorgehen stellte sich angesichts der Sommerferien und der Zurückhaltung einiger Eltern als sehr schwierig dar. Mehrere Eltern waren nicht bereit, einer Vernehmung ihrer Töchter zuzustimmen, das oft erst nach mehrfacher Rückfrage. So lehnte auch die Mutter der Schülerin J. Z. eine Vernehmung ihrer Tochter ab, da diese aufgrund des Verhaltens des Klägers ihr gegenüber immer noch sehr stark betroffen sei. Die Mutter teilte ihre Befürchtung mit, dass J. noch mehr unter den Vorfällen und Übergriffen leiden werde. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009, dort ab Seite 2 und den Schriftsatz vom 6. Januar 2010, ebenfalls Seite 2.

Auf das Schreiben an den Kläger vom 22. Juli 2009 beantragte dieser zunächst Akteneinsicht, welche ihm am 6. August 2009 gewährt wurde. Der Kläger nahm mit Schreiben vom 13. August 2009 Stellung. Darin bestritt er jegliche sexuellen Übergriffe und sexuell motivierte Handlungen.

Nachdem dann absehbar war, dass zeitnah keine weiteren Anhörungen erfolgen könnten, wurde in der Schulverwaltung entschieden, dem Kläger zu kündigen. Die Personalratsvorlage vom 19. August 2009 zu einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Tatkündigung und zu einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung ging diesem am 20. August 2009 zu. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die Anlage B7 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009 Bezug genommen. Der Personalrat behandelte die Angelegenheit in seiner Sitzung am 3. September 2009 und gab im Ergebnis keine Stellungnahme ab. Mit Schreiben vom 4. September 2009, welches dem Kläger am 5. September 2009 zuging, kündigte das beklagte Land dem Kläger fristlos durch eine Tatkündigung und mit einem weiteren Schreiben vom selben Tage ebenfalls fristlos im Wege einer Verdachtskündigung. Am 10. September 2009 gingen dem Kläger darüber hinaus die ordentliche Tatkündigung und die (hilfsweise) ordentliche Verdachtskündigung vom 9. September 2009 zum 31. März 2010 zu.

Ungeachtet dessen setzte das beklagte Land seine Ermittlungen fort. Weitere Anhörungen (Schülerin E. N., Schüler R. sowie Elternsprecher Ch. R.) erfolgten am 16. September 2009 unter Beteiligung der Schulpsychologin S. F.. Wegen des Inhalts der Aussagen wird Bezug genommen auf die Anlagen B 9 (Bl. 92 dA.) und B 10 (Bl. 95 dA.) zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009.

Der Kläger erhielt am 21. September 2009 vor dem Hintergrund der Anhörungsprotokolle vom 16. September 2009 nochmals Akteneinsicht und mit Schreiben vom selben Tag durch das beklagte Land Gelegenheit, zu den weiteren Gesichtspunkten, auf die die Kündigung gestützt werden sollte, Stellung zu nehmen. Der Kläger reagierte mit Schreiben vom 24. September 2009. Dienstpflichtverletzungen seien – so der Kläger in seiner Stellungnahme – den Vorwürfen nicht zu entnehmen.

Der Personalrat wurde zu den Ergebnissen der Befragungen vom 16. September 2009, welche danach zur Begründung der außerordentlichen Tatkündigungen nachgeschoben werden sollten, mit einem diesem am 23. September 2009 zugegangenen Schreiben angehört. Der Personalrat gab wiederum keine Stellungnahme ab.

Am 23. September 2009 wurden außerdem die Schülerinnen A. F. (damals 12 Jahre alt) und N. A. (damals 11 Jahre alt) befragt. Die Anhörung erfolgte durch Herrn L. ua. unter Beteiligung der Schulpsychologin Frau F.. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird Bezug genommen auf die Anlagen B 25 (Bl. 141) und B 26 Bl. 143 dA.) des Schriftsatzes des beklagten Landes vom 11. November 2009.

Die einbezogenen Schulpsychologinnen hatten keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der Kinder im Rahmen der Befragung durch die Schulverwaltung.

Über die Heranziehung entlastender Zeugen dachte der zuständige Mitarbeiter des Schulamtes nicht nach, nachdem die Aussagen der Mädchen vorlagen und aus seiner Sicht kein Anlass zu Zweifeln bestand. Andere Lehrer hatten zuvor vergleichbare Vorfälle nicht geschildert. Der Schulleiter M. teilte mit, dass „von Seiten der Schülerinnen und Schüler der ehemaligen Klasse 3 keine diesbezüglichen Äußerungen gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern gemacht wurden“.

Das beklagte Land hörte den Personalrat ua. auch im Hinblick auf die nun vorliegende Stellungnahme des Klägers vom 24. September 2009 mit Schreiben vom 30. September 2009 erneut an, welches dem Personalrat am 1. Oktober 2009 zugegangen ist. Zu den Vorlagen vom 23. und vom 30. September 2009 verhandelte der Personalrat am 1. Oktober 2009. Eine Stellungnahme gab er nicht ab.

Mit Schreiben vom 13. und 19. Oktober 2009 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass die im Anhörungsschreiben genannten Vorwürfe zum Gegenstand sämtlicher Kündigungen (gesonderte Schreiben) gemacht würden.

In das Verfahren eingeführt wurden die nach Ausspruch der Kündigung ermittelten Gesichtspunkte durch das beklagte Land mit einem beim Arbeitsgericht am 11. November 2009 eingegangenen Schriftsatz. Die Aussagen der A. F. und N. A. wurden als Indizien und zum Beweis für die übrigen Vorwürfe herangezogen.

Der Kläger hat sexuelle Übergriffe oder sexuell motivierte Berührungen bestritten. Er habe die Kinder nicht umarmt oder ihnen auf den Bauch gefasst. Dass er die Mädchen seitlich umarmt hat, ist in der Berufungsinstanz nun aber unstreitig. Insbesondere habe er gegenüber den Schülerinnen L. und L.-M. E. sowie M. H. keine der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen begangen. Auch im Übrigen hat er bestritten, die körperliche und sexuelle Integrität der ihm anvertrauten Kinder verletzt zu haben. Kinder und Eltern hätten sich gerade nicht an die Schule gewandt. Die Vorwürfe basierten auf Angaben der Frau G., die die Angaben einzelner Kinder in unzulässiger Art verallgemeinert und darüber hinaus als sexualisiert bzw. sexuell motiviert bezeichnet habe. Sexualisierte Phantasien seien nicht durch die Schüler, sondern durch die Lehrerin G. eingebracht worden. Es sei offensichtlich mit hoher Intensität hinter seinem Rücken der Versuch unternommen worden, die Kinder zu entsprechenden Aussagen zu nötigen, die der sexualisierten Sichtweise der Zeugin G. entsprächen. Die Aussagen der Kinder und deren Zustandekommen seien fragwürdig. Die Kinder seien seitens der Mitarbeiter des beklagten Landes bearbeitet und bekniet worden. Zur Begründung nimmt er Bezug auf einen Vermerk des Bearbeiters des Schulamtes vom 14. August 2009, wonach dieser Frau Z. das Prozedere einer Befragung erläutert und diese „ordentlich bekniet“ habe, sie möchte nochmal mit ihrer Tochter wegen der Aussage sprechen. Die Aussagen der Kinder seien nicht frei von Suggestion und Induktion entstanden. Die Umstände der Befragung sprächen gegen die Glaubwürdigkeit der erhobenen Vorwürfe. So fehle es schon an einer ordnungsgemäßen Belehrung. Da die Jungen der Klasse entsprechende Beobachtungen nicht gemacht hätten, müssten die Mädchen entweder in ihrer Wahrnehmung gestört sein oder Angaben gemacht haben, die ihnen durch Eltern oder Dritte eingeredet worden seien. Hierzu hat er die Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens beantragt. Die Behauptungen seien weder zeitlich noch räumlich noch sachlich einzuordnen. Die pauschalen Behauptungen des beklagten Landes könne er nur ebenso pauschal zurückweisen. Es fehle an einer ordnungsgemäßen Aufklärung. Angaben der übrigen Schüler fehlten. Absurd sei es, dass er die Handlungen vor der Klasse vorgenommen haben solle. Gegenbeweislich hat er daher zwölf Jungen der Klasse benannt, in der er damals Klassenlehrer war. In der Zeit seiner Tätigkeit an der P. Schule habe er seine Lehrtätigkeit zur großen Zufriedenheit der Schulleitung, Schüler und Eltern ausgeübt. Das wird durch das beklagte Land nicht bestritten. Auch seien seine Arbeitsmethoden nicht Gegenstand ernsthafter dienstlicher oder arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Tatsächlich sei das beklagte Land nur dem Druck der Eltern nachgekommen, die bereits angedroht gehabt hätten, dass sie alle Register ziehen würden, wenn der Kläger im neuen Schuljahr weiter an der Schule unterrichten sollte. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigungen hat er die Nichtwahrung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gerügt. Herr R. (Schulrat) habe nämlich durch das Schreiben der Frau G. vom 9. Juli 2009 von den angeblichen Vorwürfen Kenntnis erlangt, welches diesem bereits am 16. Juli 2009 vorgelegen habe, was insoweit nicht streitig ist. In der Klageschrift hat er auch die Personalratsanhörung bestritten.

Der Kläger hat beantragt,

1.festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 4. September 2009, zugegangen am 5. September 2009, sowie die ordentliche Kündigung vom 9. September 2009, zugegangen am 10. September 2009, zum 31. März 2009 nicht aufgelöst worden ist,
2.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht,
3.die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu den im Arbeitsvertrag in der Fassung vom 26. Februar 2008 geregelten Arbeitsbedingungen als Lehrer bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Dazu hat es sich die Aussagen der Zeugin G. zu eigen gemacht sowie die der angehörten Mädchen.

Der Kläger habe Schülerinnen gegen deren Willen an der Hüfte an sich herangezogen und während des Unterrichtsgeschehens festgehalten, M. H. mit zwei Fingern vom Bauch zwischen den Brüsten bis zum Hals und wieder zurück gestrichen, verbunden mit den Worten: „Was hast Du für ein schönes T-Shirt an?“, obwohl das T-Shirt keine Besonderheiten aufgewiesen habe. Zur Begründung hat das beklagte Land Bezug genommen auf die Protokolle der Vernehmungen der durch das Schulamt vorgerichtlich vernommenen fünf Mädchen sowie des Schülers F. R.. Das geschilderte Verhalten erfülle Straftatbestände. Der Kläger habe dadurch seiner Verpflichtung zum Schutz der ihm anvertrauten Kinder in Bezug auf deren körperliche, sexuelle und seelische Unversehrtheit aktiv zuwider gehandelt. Er habe der Schülerin L.-M. E. auf den Schamhügel gefasst, Po und Rücken mehrerer Mädchen gestreichelt, seine Hand während einer Schulfeier im Schuljahr 2007/2008 über einen Zeitraum von 20 Sekunden auf den Oberschenkel der Schülerin J. Z. gelegt, obwohl die Schülerin versucht habe sich abzuwenden und wegzudrehen, „wovon er auch mehrfach bei anderen Mädchen Gebrauch gemacht habe“ (Schriftsatz des beklagten Landes vom 11. November 2009, dort Seite 13), der Kläger habe seinen Kopf auf den Schultern einzelner Mädchen abgelegt, sich von hinten über die Kinder gebeugt und sie dabei berührt und herunter gedrückt, M. S. mit einem Buch auf den Kopf geschlagen, F. R. misshandelt und einzelne Kinder durch anzügliche Abkürzungen ihrer Namen fortgesetzt beleidigt. Außerdem habe er J. Z. mit offensichtlich sexuell motivierten Anspielungen geängstigt, während er sich vor ihr und anderen Kindern umgezogen habe, und zwar mit den Worten: „Na J., das gefällt dir, was?“ oder inhaltsgleich wie durch alle vernommenen Kinder bestätigt. Der Schulleiter habe selbst zweimal beobachtet, dass der Kläger sich vor der Klasse umgezogen habe, was zu einer Rüge durch den Schulleiter geführt habe, wobei das Letztere insoweit nicht streitig ist. Der Schulleiter habe erklärt, er könne einen sexuellen Hintergrund nicht ausschließen. Dass der Schulleiter diese Erklärung abgegeben hat, ist durch den Kläger ebenfalls nicht bestritten worden.

Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aussagen der Mädchen nicht der Wahrheit entsprächen, zumal die Kinder auch entlastende Gesichtspunkte vorgetragen hätten. Dies hätten auch die einbezogenen Schulpsychologinnen bestätigt. Die Aussagen seien auch frei von Induktion und Suggestion zustande gekommen. Gerade auch vor diesem Hintergrund seien die Schulpsychologinnen herangezogen worden. Die Kinder seien auch darauf hingewiesen worden, dass sie die Wahrheit sagen und deutlich machen sollten, was sie selbst erlebt, nur gehört oder gesehen hätten. Insoweit sind die Heranziehung der Schulpsychologinnen sowie die vorbereitenden Hinweise nicht streitig. Vor dem Hintergrund der mit der Tathandlung einhergehenden Belastung bzw. Traumatisierung sei es nicht unnormal, wenn zwischen Tathandlung und Offenbarung durch die Opfer längere Zeiträume lägen.

Einer Abmahnung habe es im Hinblick auf Häufigkeit, Art und Schwere der geschilderten Tathandlungen nicht bedurft. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei durch die Ermittlungen bis zum 18. August 2009 und danach durch das am 19. August 2009 eingeleitete Verfahren zur Personalratsanhörung für die Zeit bis zum 3. September 2009 gehemmt gewesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen und Zeugen G., B., L. und F.. Die Zeugin G. hat ua. bekundet, dass sie gesehen habe, wie der Kläger anlässlich eines Gesprächs in der Pause an der Tafel der Schülerin M. (damals sechste Klasse) mit seiner Hand über das T-Shirt gestrichen bzw. gestriffen habe, zu dicht und zu lange. Dabei habe er gesagt, was sie für ein schönes T-Shirt trage, obwohl diese Bemerkung durch das T-Shirt nicht gerechtfertigt gewesen sei. Außerdem hat sie die Umstände bekundet, unter denen sie erstmals Kenntnis von den angeblichen Übergriffen erlangte. Die Zeugin B. hat bekundet, dass die Kinder zunächst von sich aus erzählt hätten und ihnen dann offene Fragen gestellt worden seien, die zuvor gemeinsam überlegt gewesen seien. Die Schilderungen der Kinder halte sie für zutreffend. Der Zeuge L. hat ua. bekundet, dass mit den Schulpsychologinnen vorab die Vorgehensweise abgesprochen gewesen sei, ua. dass keine Suggestivfragen gestellt werden dürften. Er habe die Kinder zunächst erzählen lassen. Der Direktor M. habe ihm von zwei Vorfällen berichtet, bei denen er den Kläger dabei beobachtet habe, wie er sich vor der Klasse umgezogen habe. Die Zeugin F. hat bekundet, dass die Kinder die Vorfälle sehr glaubhaft geschildert hätten. Die Aussagen seien relativ übereinstimmend gewesen, sehr genau und präzise und ausgesprochen bildhaft. An der Körpersprache, Gestik und Mimik sei erkennbar gewesen, dass sie auch im Nachhinein großes Unbehagen und Empörung empfunden hätten. Anhand ihrer Berufserfahrung könne sie recht gut einschätzen, ob Kinder die Wahrheit sagten. Die Kinder hätten selbstbewusst von sich aus erzählt. Die Kinder hätten die Situationen so geschildert, dass es klar gewesen sei, dass sie sich vor der ganzen Klasse ereignet hätten. Wegen des weiteren Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 1. Februar und vom 18. März 2010.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger dringend verdächtig sei, Schülerinnen sexuell missbraucht bzw. belästigt zu haben und gegenüber einem Schüler körperlich übergriffig geworden zu sein. Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt worden, da sich das beklagte Land unmittelbar nach der Feststellung, dass eine zeitnahe Befragung der Schülerinnen und Schüler nicht mehr in Betracht kam, zur Kündigung entschlossen habe. Der Kündigungsentschluss habe nicht vor dem 17. August 2009 gefasst werden können. Sodann sei das personalvertretungsrechtliche Verfahren unverzüglich eingeleitet und nach Ablauf der maßgeblichen Fristen das Arbeitsverhältnis gekündigt worden. Die Anhörungsfrist sei nicht mitzurechnen gewesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 25. Mai 2010 zugestellte Urteil am 14. Juni 2010 Berufung eingelegt und diese mit dem bei dem Landesarbeitsgericht am 14. Juli 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Arbeitsgericht habe vorhandene Beweise ungenügend gewürdigt und weitere angebotene Beweismittel unbeachtet gelassen. Die Aussage der Zeugin G. sei in sich widersprüchlich. Sie habe sich auch korrigieren müssen. Die Zeugin habe offensichtlich ihre eigenen sexuellen Phantasien beschrieben. Die Beweisaufnahme habe auch nicht ergeben, dass eine körperliche Misshandlung eines Schülers stattgefunden habe. Einen Klaps mit dem Mathematikheft habe der Kläger eingeräumt. Das beklagte Land habe die Vorwürfe nicht für den Kläger prüfbar gemacht. Der Sachverhalt sei nicht ausreichend aufgeklärt worden. Das beklagte Land hätte auch entlastende Zeugen befragen müssen. Vor Ausspruch der Kündigung hätten alle in Betracht kommenden Lehrer, Schüler und Eltern befragt werden müssen. Die Befragung der Kinder durch den Mitarbeiter der Schulverwaltung sei unter Missachtung der erforderlichen wissenschaftlichen Herangehensweise erfolgt. In seinem Schriftsatz vom 28. September 2010 bestreitet er nochmals, Kinder an sich herangezogen und gegen deren Willen oder trotz ihres Widerstandes festgehalten zu haben. Er habe niemals eine Schülerin an die Brust, den Po oder den Scharmhaarbereich gefasst. Insoweit ist im Berufungsverfahren zuletzt allerdings unstreitig, dass er die Mädchen – als sie vorn neben ihm standen – seitlich umarmt und Kinder nach dem Lösen von Aufgaben mit einem Klaps auf den Po wieder auf ihren Platz verabschiedet hat. Der Kläger behauptet, die Elternabende hätten seit November 2008 den Inhalt gehabt, ihn als Lehrer loszuwerden. Er meint, dies sei ohne eine Einflussnahme auf die Kinder nicht möglich gewesen. Die Eltern hätten ein Komplott gegen ihn gebildet. Das belegten insbesondere die Absprachen zwischen Eltern und Kindern und die Aussagen der Kinder. Das belege auch die Aussage einer Mutter, die zu ihm gesagt habe: „Da kommt etwas auf sie zu, sie tun mir jetzt schon leid.“ Während der Hospitationen der Zeugin G. von September 2008 bis Dezember 2008 habe es keine Kündigungsgründe erfüllende Handlungen durch ihn gegeben. Ihm werde in der Kündigung aber vorgeworfen, solche Handlungen immer vorgenommen zu haben. Dazu müsse die Zeugin G. befragt werden. Er vertritt nun zudem die Ansicht, dass aufgrund der Tatsache, dass die Mädchen nicht im Rahmen der Verhandlung vernommen worden seien, das Prinzip der Mündlichkeit verletzt sei.

Der Kläger bemängelt das durch die Kammer eingeholte Sachverständigengutachten. So komme es zu dem Ergebnis der Glaubwürdigkeit der Schülerin N., obwohl diese einen Sachverhalt bekundet habe, den der Betroffene (M. S. – Schlagen mit dem Buch auf den Kopf) im Rahmen der Beweisaufnahme selbst nicht bestätigt habe. Es sei nicht berücksichtigt, dass die Mädchen nahezu gleich lautende Aussagen gemacht hätten, was für eine Absprache spreche. Die Sachverständige habe ihren Auftrag offenbar so verstanden, Gesichtspunkte und Tatsachen zu ermitteln, die einen Schluss auf die sexuelle Motivation zuließen. Anders ließen sich ihre – angeblich – suggestiven Fragen nicht erklären. Bezüglich des Gutachtens A. bemängelt er ihre Feststellung, dass das Mädchen ohne längeres Überlegen geantwortet habe, obwohl sie tatsächlich nach dem Protokoll manche Antworten erst nach längerem Schweigen abgegeben habe. Im Übrigen sprächen gerade die durch die Sachverständige herangezogenen Definitionen gegen das Ergebnis ihres Gutachtens. Im Gutachten zu der Aussage der L.-M. E. habe die Sachverständige nicht berücksichtigt, dass die Zeugin offenbar hinter der Schilderung ihrer Schwester nicht habe zurückstehen wollen. Angesichts des „Abrutschens“ in die Wir-Form sei nicht auszuschließen, dass die Schülerin unbewusst für ihre Schwester habe Partei ergreifen wollen. Eine sexuelle Motivation habe sie ohne ein Gespräch mit ihm nicht feststellen können. Auch habe die Sachverständige nicht dokumentiert, wie lange ihre Exploration bzw. die durchgeführten Tests gedauert haben, wie lange das Tonband abgeschaltet gewesen sei und was in dieser Zeit mit den Kindern geschehen sei. Er kritisiert weiter, dass den Gutachten die Zeichnungen zum „Rosenzweig PF-Test“ nicht beigelegen hätten. Daher ließen sich Zweifel an der wissenschaftlichen Exaktheit der Ausführung der Befragung nicht ausräumen. Am Schluss der Berufungsverhandlung hat er beantragt, der Sachverständigen aufzugeben, die den Untersuchungsergebnissen zugrunde liegenden ausgefüllten Formulare zur Akte zu reichen, damit diese im Rahmen eines evtl. weiteren Verlauf des Verfahrens zur Verfügung stünden.

Die sich aus dem Gutachten zur Schülerin A. ergebende Erklärung, wonach die Kinder ihren Stuhl mit nach vorne hätten bringen sollen, sei falsch. Insoweit benennt der Kläger sämtliche bereits vernommenen zwölf Jungen sowie N. A.. Durch eine Vernehmung der Zeugin G. sei außerdem herauszufinden, was Inhalt ihres im Gutachten F. durch die Schülerin erwähnten Rundschreibens gewesen sei, um festzustellen, ob hierüber eine Beeinflussung von Eltern und Schülern stattgefunden habe. Für die Existenz eines Rundschreibens benennt er die Schülerin F.. Auch die Sachverständige habe ein Schreiben an die Eltern geschickt, zu deren Inhalt sie zu befragen sei. Außerdem müsse dem Hinweis der Mutter der Schüler H. durch deren Vernehmung nachgegangen werden, wonach einige Eltern das Verfahren angezettelt hätten, indem das Gericht Frau H. befrage, wann, durch wen und wie dies erfolgt sei. Dazu habe es Elternzusammenkünfte gegeben, bei denen entsprechende Absprachen vorgenommen worden seien. Wegen der weiteren Beweiswürdigung durch den Kläger wird auf dessen Schriftsatz vom 19. Mai 2011 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts P. abzuändern und

1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigungen vom 4. September 2009 noch durch die Kündigungen vom 9. September 2009 aufgelöst worden ist,
2.das beklagte Land zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu den im Arbeitsvertrag in der Fassung vom 26. Februar 2008 geregelten Arbeitsbedingungen als Lehrer bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Es wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere könne entgegen der Ansicht des Klägers von Opfern sexueller Belästigungen nicht verlangt werden, sich noch an die jeweiligen Zeitpunkte der sich wiederholenden bedrängenden unerwünschten Situationen konkret zu erinnern. Entscheidend sei die detaillierte Situationsbeschreibung. Im Übrigen macht sich das beklagte Land zur Begründung der Kündigungen den gesamten Inhalt des Gutachtens der Sachverständigen zu eigen. Die Kündigung könne nach der Beweisaufnahme jetzt auch auf den dringenden Verdacht gestützt werden, dass nicht nur ein vertragswidriges, sondern auch ein strafbares Verhalten in Form des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener (§ 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit § 176 Abs. 1 StGB (sexueller Missbrauch von Kindern), § 223 StGB (Körperverletzung) und § 185 StGB (Beleidigung) erfolgt sei. Ausdrücklich bezieht es sich auch auf die Würdigung der Sachverständigen auf S. 12 der weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 4. April 2011, wonach die von den Zeuginnen angegebenen Berührungen Handlungen darstellen, die sowohl nach der Definition der WHO für familiären Missbrauch als auch nach dem von Sexualmedizinern der Charitè aufgestellten Merksatz und nach der juristischen Terminologie sexuell übergriffige Handlungen bzw. die Verletzung der Intimsphäre der Kinder darstellten. Zu eigen macht sich das beklagte Land besonders außerdem das Resümee der Sachverständigen auf S. 14 der gutachterlichen Stellungnahme vom 4. April 2011, wonach die sich aus den Aussagen der zitierten Zeuginnen ergebenden Gesichtspunkte insgesamt den Schluss zulassen, dass dem von den fünf Zeuginnen dargestellten grenzüberschreitenden Verhalten seitens des Klägers eine sexuelle Motivation zugrunde lag. Wegen der Einzelheiten der Beweiswürdigung durch das beklagte Land wird Bezug genommen auf dessen Schriftsatz vom 10. Mai 2011.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung des Sachverständigengutachtens zur Glaubhaftigkeit der außergerichtlich abgegebenen Erklärungen der fünf Schülerinnen und durch Vernehmung von zwölf Jungen aus der Klasse, der der Kläger zuletzt als Klassenlehrer zugewiesen worden war. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 17. bis 24. Januar 2011 (Bl. 474 bis 848 dA.) sowie auf das Sachverständigengutachten (Bl. 929 bis 1283 dA.) einschließlich der dort aufgeführten Aussagen der vernommenen Schülerinnen und das Protokoll der Sitzung vom 28. Juni 2011.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird außerdem Bezug genommen auf deren Schriftsätze vom 13. Juli, 30. August, 28. September, 17. und 25. November, 16. und 30. Dezember 2010 sowie vom 10. und 19. Mai und vom 9. Juni 2011. Außerdem wird insoweit Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2010, vom 17. bis 24. Januar sowie vom 21. Juli 2011.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden.

II. Die Berufung ist aber unbegründet, da die Klage auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens unbegründet ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist mit Zugang der außerordentlichen Kündigungen des beklagten Landes am 5. September 2009 aufgelöst worden. Das Arbeitsverhältnis endete durch die außerordentliche Tatkündigung des beklagten Landes. Auch die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der dem Kläger zeitgleich zugegangenen außerordentlichen Verdachtskündigung sind erfüllt.

1) Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt vor. Der Kläger hat durch sein Verhalten die ihm als Lehrer obliegenden Pflichten erheblich verletzt. Davon geht die Kammer im Ergebnis der Beweiswürdigung aus. Eine Abmahnung war entbehrlich, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar. Die Interessenabwägung führt zu einem Überwiegen der Interessen des beklagten Landes an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt worden. Das beklagte Land hat auch die übrigen Formerfordernisse gewahrt.

a) Das dem Kläger durch das beklagte Land vorgeworfene und sein im Rahmen der Beweisaufnahme festgestelltes Verhalten gegenüber Grundschülerinnen und Grundschülern ist an sich als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB geeignet. An sich geeignet für eine außerordentliche Kündigung ist das Anfassen des Schamhügels einer Schülerin. An sich geeignet ist als solches auch das Anfassen und Streicheln der Oberschenkel von Schülerinnen. An sich geeignet ist darüber hinaus auch das Anfassen des Pos der Mädchen. Das Verhalten, insbesondere das Umarmen und Heranziehen der Mädchen, obwohl ihnen das – für den Kläger erkennbar – unangenehm war, sein Verhalten gegenüber der Schülerin F. durch Abkürzung ihres Namens (Ficki, Fic), aber auch gegenüber dem Schüler R. (Hochheben und heftiges Schütteln in der Luft) verstärken die Eignung des festgestellten Sachverhalts, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger diese Pflichtverletzungen begangen. Auf die Frage, ob und ggf. welche Straftatbestände durch diese Verhaltensweisen erfüllt worden sind, kam es insoweit nicht an.

aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - NZA 2011, 571 = EzA-SD 2011, Nr. 9, 3, Rn. 16).

bb) Nach dem in der Berufungsinstanz unstreitigen zusammen mit dem im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalt liegen die Schwelle zum wichtigen Grund überschreitende Pflichtverletzungen des Klägers vor. Insoweit kommt die Kammer bereits zur Wirksamkeit der Tatkündigung. Es wird davon ausgegangen, dass das beklagte Land an der Tatkündigung festhält, auch wenn es sich in der Berufungsinstanz zur Rechtfertigung der Kündigung zunächst nicht mehr ausdrücklich auf Taten, sondern nur noch auf entsprechende Verdächtigungen beruft. Im Ergebnis käme es hierauf allerdings auch nicht an. Die Kammer konnte auch die Wirksamkeit der außerordentlichen Verdachtskündigung wegen erwiesener Pflichtverletzungen feststellen (dazu unten zu II 2a).

(1) Aufgabe des Klägers als Lehrer war es, die Kinder dabei zu unterstützen, sich Bildung bzw. Ausbildung anzueignen und ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Dem Lehrer werden dazu die Kinder durch die Schulverwaltung, insbesondere aber auch durch die Eltern anvertraut. Die Erfüllung des Erziehungsauftrags durch die Schule und durch das damit beauftrage Lehrpersonal ist regelmäßig für die Eltern von sehr großer Bedeutung. Sie spielt für das ganze Leben ihrer Kinder eine herausragende Rolle. Das kontinuierliche Bemühen um die physische und psychische Integrität der Kinder ist dabei ein grundlegender und ganz wesentlicher Faktor. Die Schule ist nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz - BbgSchulG) zum Schutz der seelischen und körperlichen Unversehrtheit, der geistigen Freiheit und der Entfaltungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler verpflichtet. Die körperliche Züchtigung sowie andere entwürdigende Maßnahmen sind nach § 63 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG verboten. Angesichts des besonders sensiblen Bereichs der sexuellen Selbstbestimmung müssen Lehrer außerdem nicht nur von jeglicher Übergrifflichkeit absehen, was selbstverständlich ist, sondern durch ein ihrem Auftrag angepasstes Verhalten auch den Eindruck einer solchen und insbesondere einer sexuellen Motivation verhindern. Jeglicher Anschein sexuell motivierten Verhaltens gegenüber den einem Lehrer anvertrauten Kindern muss zwangsläufig Ängste bei den betroffenen Eltern und den Kindern hervorrufen, die strikt zu vermeiden sind. Dazu ist insbesondere die Intimsphäre der Kinder uneingeschränkt zu wahren.

(2) Dies war dem Kläger auch bewusst. Er vermied es sogar, Klassenfahrten durchzuführen, weil er wusste, mit welchen Risiken solche in dieser Hinsicht verbunden sein können. In der Sitzung vom 17. Januar 2011 ließ er sich im Übrigen dahin ein, dass das Fassen auf Po und Beine von Schülerinnen eines Lehrers nicht angemessen sei. Das sei „ja nicht normal so was“.

(3) Der Kläger ist diesem Anspruch durch sein Verhalten nicht gerecht geworden. Insoweit betrifft der Kündigungsvorwurf nicht die auch durch Kinder und Eltern teilweise bemängelte Unterrichtsführung, sondern das unmittelbar gegen die körperliche Integrität der Kinder und deren sexuelle Selbstbestimmung gerichtete Verhalten des Klägers anlässlich seines Unterrichts.

Die Kammer geht im Ergebnis der Beweisaufnahme und des unstreitigen Vortrags in der Berufungsinstanz sowie der erstinstanzlich erhobenen Beweise davon aus, dass der Kläger Schülerinnen – für ihn erkennbar – gegen deren Willen während des Unterrichts seitlich an sich herangezogen und mit einem Arm umarmt hat sowie bei dieser Gelegenheit teilweise auch das Gesäß der Mädchen angefasst hat. Die Kammer geht auch davon aus, dass der Kläger der Schülerin L.-M. E. ab der dritten Klasse nicht nur zufällig öfter und sich in der Häufigkeit steigernd auf den Schamhügel gefasst hat, während sie neben ihm stand. Außerdem kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Kläger Namen einzelner Kinder – für ihn erkennbar – in einer für die Kinder unangenehmen Form abgekürzt hat, so zB. den Namen F. durch „Fic“ und „Ficki“, den Namen K. durch „Klo“. Darüber hinaus geht die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger zumindest einer Schülerin, während diese auf einem Stuhl neben ihm gesessen hat, an den Oberschenkel gefasst hat. Außerdem hat der Kläger den Schüler F. R. körperlich gezüchtigt, indem er ihn an beiden Armen von seinem Platz hochhob und kräftig schüttelte. Das Ergebnis der Beweisaufnahme spricht dafür, dass der Kläger den Körperkontakt zu den Mädchen (mit hoher Wahrscheinlichkeit) bewusst gesucht hat. Eine sexuelle Motivation kann nicht ausgeschlossen werden, ist nach dem eingeholten Sachverständigengutachten sogar wahrscheinlich.

(a) Der Kläger hat die Schülerin L.-M. E. regelmäßig seitlich umfasst und an sich herangezogen, wenn sie neben ihm stand, obwohl dieser das – für den Kläger erkennbar – zunehmend unangenehm war. Außerdem hat er ihr bei solchen Gelegenheiten auf Bauch und Schamhügel gefasst. Davon geht die Kammer mit der erforderlichen Sicherheit im Ergebnis der Beweisaufnahme aus.

(aa) Das führte die Schülerin zunächst im Rahmen ihrer Anhörung am 23. Juli 2009 im Schulamt in Brandenburg a. d. H. gegenüber dem vernehmenden Mitarbeiter der Schulverwaltung in Gegenwart einer Schulpsychologin, Frau Dr. B., aus. Unter den Parteien ist nicht streitig, dass die Schülerin diese Aussage gemacht hat. Streitig ist auch nicht die Art der Vorgehensweise. Die Fragestellungen waren vor der Vernehmung am 23. Juli 2009 zwischen Herrn L. und Frau Dr. B. besprochen worden. Der Schülerin ist zunächst Gelegenheit gegeben worden, den Sachverhalt von sich aus zu erläutern. Sodann sind sog. offene Fragen gestellt worden. Frau Dr. B. war während der gesamten Vernehmung anwesend. Sie kam im Rahmen der Bewertung der Aussage zu dem Ergebnis, dass die Aussage der Schülerin glaubhaft sei. Wie und warum sie zu diesem Ergebnis gelangt ist, hat sie im Rahmen der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme eingehend erörtert. Hierauf wird Bezug genommen. Der Kläger hat dies inhaltlich konkret nicht in Frage gestellt. Er hat sich darauf beschränkt, ua. den Suggestionsvorwurf zu erheben. Jedenfalls hat die Kammer keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit der erstinstanzlich vernommenen Zeuginnen und Zeugen.

Streitig ist, ob die Angaben der Mädchen der Wahrheit entsprechen. Das Gutachten, auf dessen Inhalt sich das beklagte Land zum Beweis für seine Behauptungen in der Berufungsinstanz ausdrücklich berufen hat, stellt eine weitere Urkunde dar, insbesondere auch im Hinblick auf die darin wiedergegebene Aussage der Schülerin. Auch insoweit ist unter den Parteien nicht streitig, dass die Zeugin die in dem Gutachten (S. 15 bis 33) nach einem Wortprotokoll (digital aufgezeichnet) wiedergegebene Aussage gemacht hat. Streitig ist auch nicht, dass die Sachverständige die im Gutachten festgehaltenen Feststellungen tatsächlich getroffen hat. Umstritten ist, ob die Sachverständige die durch die Rechtsprechung hierzu entwickelten Verfahrensgrundsätze in vollem Umfang berücksichtigt hat.

(bb) Durch die Urkunden wird belegt, dass die Aussagen – wie protokolliert – erfolgt sind. Kein Beweis wird für die inhaltliche Richtigkeit bewirkt. Von der inhaltlichen Richtigkeit der Aussage konnte die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung ausgehen, da jedenfalls das Verfahren zur Gewinnung der gegenüber der Sachverständigen abgegebenen Erklärung entgegen der Auffassung des Klägers wissenschaftlich anerkannten Grundsätzen genügt und das Gutachten belegt, warum und inwieweit davon ausgegangen werden kann, dass das Mädchen auch erlebt hat, was es schildert.

Danach hat die Schülerin das Wiedergegebene nicht erfunden, sondern tatsächlich erlebt. Die Sachverständige ist nach eingehender Untersuchung der Schülerin am 13. Januar 2011 zu folgendem Ergebnis gelangt:

In Übereinstimmung mit den vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 30. Juli 1999 gemachten Vorgaben („Wissenschaftliche Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtung“) wurde im Rahmen der vorliegenden Begutachtung der Versuch unternommen, die Angaben der Zeugin als unvereinbar mit wissenschaftlichen Kriterien zur Bestimmung der Glaubhaftigkeit einer Aussage auszuweisen. Dabei lag das Hauptgewicht der Betrachtung auf der im Rahmen der Begutachtung vorgenommenen Befragung zur Sache. Die Konstanzanalyse hat ergeben, dass die Herrn S. vorgeworfenen Handlungen im Kern übereinstimmend dargestellt werden. Die Aussage erweist sich somit über die beiden Vernehmungen hinweg als konstant. Die kriterienorientierte Analyse der im Rahmen der Begutachtung getätigten Aussage weist im Ergebnis deutliche Kennzeichen einer erlebnisbezogenen Darstellung auf. Die Persönlichkeitsdiagnostik zeigt, dass bei L.-M. Persönlichkeitsauffälligkeiten (etwa im Sinne histrionischer, geltungsbedürftiger Strebungen) nicht vorliegen. Es finden sich in L.-M.s Aussage zudem Einzelheiten (hier: anfängliche Einwände gegen die Richtigkeit ihrer eigenen Wahrnehmungen in Bezug auf die behaupteten Übergriffe), ein Sachverhalt, der im Falle einer bewussten Falschbeschuldigung eher unwahrscheinlich ist, L.-M. erwies sich nicht als suggestibel und zeigte generell keinen besonderen Belastungseifer.

Ich komme zu der Schlussfolgerung:

Die von der Zeugin L.-M. vor Vertretern des Staatlichen Schulamts B. an der H. vom 23. Juli 2009 gemachte Aussage und die im Rahmen der vorliegenden Begutachtung vom 13. Januar 2011 gemachte Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubwürdig.

(cc) Das Gutachten genügt den durch die Rechtsprechung für Glaubhaftigkeitsbeurteilungen entwickelten Grundsätzen.

(aaa) Bei der Würdigung des Gutachtens ist das Gericht von folgenden Grundsätzen ausgegangen, die der BGH in seiner Entscheidung vom 30. Juli 1999 (1 StR 618/98 - NJW 1999, 2746) wie folgt zusammengefasst hat:

- Gegenstand einer aussagepsychologischen Begutachtung ist nicht die Frage nach einer allgemeinen Glaubwürdigkeit des Untersuchten im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft. Es geht vielmehr um die Beurteilung, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh. einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen. Das methodische Grundprinzip besteht darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der Sachverständige nimmt daher bei der Begutachtung zunächst an, die Aussage sei unwahr (sog. Nullhypothese). Zur Prüfung dieser Annahme hat er weitere Hypothesen zu bilden. Ergibt seine Prüfstrategie, dass die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt dann die Alternativhypothese, dass es sich um eine wahre Aussage handelt. So hängt die Auswahl der für die Begutachtung in Frage kommenden Test- und Untersuchungsverfahren davon ab, welche Möglichkeiten als Erklärung für eine – unterstellt – unwahre Aussage in Betracht zu ziehen sind (sog. hypothesengeleitete Diagnostik). Dazu können neben einer bewussten Falschaussage etwa auto- oder (bewusst) fremdsuggerierte Angaben gehören. Speziell bei kindlichen Zeugen besteht die Gefahr, dass diese ihre Angaben unbewusst ihrer eigenen Erinnerung zuwider verändern, um den von ihnen angenommenen Erwartungen eines Erwachsenen, der sie befragt, zu entsprechen oder um sich an dessen vermuteter größerer Kompetenz auszurichten. Zu berücksichtigen sind allerdings nicht alle denkbaren, sondern nur die im konkreten Fall nach dem Stand der Ermittlungen realistisch erscheinenden Erklärungsmöglichkeiten.

- Bei der Begutachtung hat sich ein Sachverständiger ausschließlich methodischer Mittel zu bedienen, die dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht werden. Die eingesetzten Test- und Untersuchungsverfahren müssen zudem durch die gebildeten Hypothesen indiziert, dh. geeignet sein, zu deren Überprüfung beizutragen. Existieren mehrere anerkannte und indizierte Testverfahren, so steht deren Auswahl allerdings in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dass der Sachverständige einen bestimmten Test, der ihm zur Verfügung steht, nicht anwendet, weil er ihn nicht für erforderlich hält, zeigt daher grundsätzlich nicht, dass seine Sachkunde zweifelhaft ist. Vielmehr bleibt es dem Sachverständigen überlassen, auf welchem Weg und auf welchen Grundlagen er sein Gutachten erarbeitet.

- Bei einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung sind regelmäßig die – vor allem bei der Exploration zur Sache gegenüber dem Sachverständigen gemachten – Angaben auf ihre inhaltliche Konsistenz zu überprüfen. Diesem aussagebezogenen Ansatz liegt die durch empirische Befunde gestützte Annahme zugrunde, dass zwischen der Schilderung eines wahren und der eines bewusst unwahren Geschehens ein grundlegender Unterschied bezüglich der jeweils zu erbringenden geistigen Leistung des Aussagenden besteht.

- Zur Durchführung der Analyse der Aussagequalität sind auf der Basis der dargestellten Annahmen Merkmale zusammenzustellen, denen indizielle Bedeutung für die Entscheidung zukommen kann, ob die Angaben der untersuchten Person auf tatsächlichem Erleben beruhen. Es handelt sich um aussageimmanente Qualitätsmerkmale (z. B. logische Konsistenz, quantitativer Detailreichtum, raum-zeitliche Verknüpfungen, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, Entlastung des Beschuldigten, deliktsspezifische Aussageelemente), deren Auftreten in einer Aussage als Hinweis auf die Glaubhaftigkeit der Angaben gilt. Diese sog. Realkennzeichen können als grundsätzlich empirisch überprüft angesehen werden. Zwar handelt es sich um Indikatoren mit jeweils für sich genommen nur geringer Validität, dh. mit durchschnittlich nur wenig über dem Zufallsniveau liegender Bedeutung. Eine gutachterliche Schlussfolgerung kann aber eine beträchtlich höhere Aussagekraft und damit Indizwert für die Glaubhaftigkeit zu beurteilender Angaben erlangen, wenn sie aus der Gesamtheit aller Indikatoren abgeleitet wird. Denn durch das Zusammenwirken der Indikatoren werden deren Fehleranteile insgesamt gesenkt.

- Unabhängig davon dürfen die Realkennzeichen jedenfalls nicht schematisch angewandt werden. Nur im Einzelfall können auch einzelne Realkennzeichen ausreichen, um den Erlebnisbezug einer Aussage anzunehmen. Darüber hinaus ist stets zu beachten, dass die Realkennzeichen ungeeignet sind, zur Unterscheidung zwischen einer wahren und einer suggerierten Aussage beizutragen. Denn bei durch Suggestion verursachten Angaben bestehen die bereits dargelegten Gründe nicht, die eine unterschiedliche Qualität zwischen wahren und bewusst unwahren Aussagen verursachen können, da die aussagende Person sich weder als besonders glaubwürdig darstellen noch sich auf von ihr erdachte Umstände konzentrieren muss. Beispielsweise wird ein Kind seine Angaben, die objektiv nicht zutreffen, weil es sie unbewusst auf die Erwartungen des vernehmenden Erwachsenen ausgerichtet hat, subjektiv für wahr halten. Dementsprechend gibt es keine empirischen Belege dafür, dass sich erlebnisbasierte und suggerierte Aussagen in ihrer Qualität unterscheiden.

- Während die Inhaltsanalyse sich mit der Qualität lediglich einer Aussage befasst, geht es bei der Konstanzanalyse um das von einer Person gezeigte Aussageverhalten insgesamt. Die Konstanzanalyse bezieht sich insbesondere auf aussageübergreifende Qualitätsmerkmale, die sich aus dem Vergleich von Angaben über denselben Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergeben. Falls etwa ein Zeuge mehrfach vernommen worden ist, ist ein Aussagevergleich im Hinblick auf Übereinstimmungen, Widersprüche, Ergänzungen und Auslassungen vorzunehmen. Dabei stellt allerdings nicht jede Inkonstanz einen Hinweis auf mangelnde Glaubhaftigkeit der Angaben insgesamt dar. Vielmehr können vor allem Gedächtnisunsicherheiten eine hinreichende Erklärung für festgestellte Abweichungen darstellen.

- Das mit den dargelegten Methoden der Aussageanalyse gefundene Ergebnis gewinnt – schon wegen des nicht exakt bestimmbaren Wertes der einzelnen verwendeten Realkennzeichen – für die Glaubhaftigkeitsuntersuchung jedoch erst Bedeutung unter Berücksichtigung vor allem der spezifischen Kompetenzen und Erfahrungen der untersuchten Person sowie der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Aussage. Speziell das Vorhandensein einzelner bei der Inhaltsanalyse verwendeter Realkennzeichen hängt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch von Merkmalen der untersuchten Person ab. Das erzielte Ergebnis ist deshalb insbesondere mit den Mitteln der Fehlerquellen- sowie der Kompetenzanalyse auf seinen Aussagewert dahingehend zu prüfen, ob eine – ggf. qualitativ hochwertige und infolgedessen einen Erlebnisbezug indizierende – Aussage nach aussagepsychologischen Kriterien als zuverlässig eingestuft werden kann.

- Im Rahmen der Fehlerquellenanalyse ist es in Fällen, in denen – wie hier – (auch unbewusst) fremdsuggestive Einflüsse in Erwägung zu ziehen sind, in aller Regel erforderlich, die Entstehung und Entwicklung der Aussage aufzuklären. Hinzu kann die sog. Motivationsanalyse treten. Die Feststellung der Aussagegenese stellt insofern einen zentralen Analyseschritt dar. Besonders dann, wenn es sich bei dem möglichen Tatopfer um ein (jüngeres) Kind handelt, sind zu diesem Zweck die Angaben der Personen, denen gegenüber es sich zu den Tatvorwürfen geäußert hat (z. B. Eltern, Lehrer), zu berücksichtigen. Einer derartigen fremdanamnestischen Befragung Dritter kann darüber hinaus – wenigstens bei Kindern im Vor- und Grundschulalter – auch zur biographischen Rekonstruktion Bedeutung zukommen.

- Die Motivationsanalyse zielt vor allem auf die Feststellung möglicher Motive für eine unzutreffende Belastung des Beschuldigten durch einen Zeugen ab. Wesentliche Anhaltspunkte für potentielle Belastungsmotive können etwa der Untersuchung der Beziehung zwischen dem Zeugen und dem von ihm Beschuldigten entnommen werden. Besondere Bedeutung kann auch der Frage zukommen, welche Konsequenzen der erhobene Vorwurf für die Beteiligten oder für Dritte nach sich ziehen kann. Jedoch kann aus einer festgestellten Belastungsmotivation beim Zeugen nicht zwingend auf das Vorliegen einer Falschaussage geschlossen werden.

- Im Wege der Kompetenzanalyse ist zu prüfen, ob eine so gefundene Aussagequalität namentlich durch sog. Parallelerlebnisse oder reine Erfindung erklärbar sein könnte. Dazu bedarf es der Beurteilung der persönlichen Kompetenz der aussagenden Person, insbesondere seiner allgemeinen und sprachlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit sowie seiner Kenntnisse in Bezug auf den Bereich, dem der erhobene Tatvorwurf zuzurechnen ist (z. B. Sexualdelikte). Die daher unter Berücksichtigung des konkreten Tatvorwurfs vorzunehmende Prüfung dieser Fähigkeiten einschließlich eventueller aussagerelevanter Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung des Untersuchten (etwa Selbstwertprobleme, gesteigertes Geltungsbedürfnis) erfolgt üblicherweise mit den allgemeinen Methoden psychologischer Diagnostik (z. B. Befragung, Beobachtung, Tests, Fragebögen). Deren Auswahl fällt – wie erläutert – zwar grundsätzlich in die Zuständigkeit des Sachverständigen, sodass im Einzelfall auch der Einsatz sog. projektiver Verfahren hinzunehmen sein mag. Der Sachverständige hat aber dabei stets den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu beachten.

- Im Bereich der Sexualdelikte bestehen Besonderheiten. Grundsätzlich wird die Durchführung einer Sexualanamnese in Betracht zu ziehen sein. Eine Sexualanamnese ist zwar nicht generell bei jeder Glaubhaftigkeitsbegutachtung bedeutsam. Vielmehr handelt es sich auch bei ihr um eine Untersuchungsmethode, deren Anwendung im pflichtgemäßen Ermessen des Sachverständigen steht. Geht es aber um die Frage, ob ein Zeuge den Vorwurf an ihm begangener Sexualdelikte zutreffend erhebt, ist regelmäßig die Einschätzung seiner sexualbezogenen Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Dies gilt zumindest bei Zeugen, bei denen – etwa aufgrund ihres Alters – entsprechendes Wissen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.

- Hinsichtlich der Darstellung der Begutachtung kommt es darauf an, dass die diagnostischen Schlussfolgerungen vom Sachverständigen nach Möglichkeit für alle Verfahrensbeteiligten nachvollziehbar dargestellt werden, namentlich durch Benennung und Beschreibung der Anknüpfungs- und Befundtatsachen. Andererseits muss durch die Parteien – zumindest aber durch andere Sachverständige – überprüfbar sein, auf welchem Weg der Sachverständige zu den von ihm gefundenen Ergebnissen gelangt ist. Die der Begutachtung vom Sachverständigen zugrunde gelegten Hypothesen sind im Gutachten im Einzelnen zu bezeichnen. Die jeweils verwendeten Untersuchungsmethoden und Testverfahren sind zu benennen und zu den gebildeten Hypothesen in Bezug zu setzen, d. h. es muss deutlich gemacht werden, welche Fragestellung mit welchen Verfahren bearbeitet wurde und warum diese Verfahren methodisch indiziert waren. Bei anerkannten psychologischen Diagnoseverfahren (z. B. Befragung, Beobachtung, Standardtests und -fragebögen) bedarf es allerdings regelmäßig keiner ausführlichen Erläuterung ihrer Konzeption und Methodik, da deren Überprüfbarkeit bereits durch allgemeine psychologische Quellen wie Testmanuale und Sekundärliteratur gewährleistet ist. Andere Verfahren müssen im Unterschied dazu im Gutachten dargestellt werden, um dem Nachvollziehbarkeits- und Transparenzgebot zu entsprechen. In diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, dass die – infolge der fehlenden Beschreibung der Verfahren nicht bekannte – zeitliche Länge eines Tests für dessen Ergebnisse relevant sein kann und daher ebenfalls benannt werden sollte.

- Entsprechende Maßstäbe gelten für die Mitschriften und die – mit dem Einverständnis des Untersuchten – im Interesse einer besseren Dokumentation in der Regel zu erstellenden Audio- und ggf. Videoaufnahmen der Exploration zur Sache, die zur Vermeidung von Erinnerungsverfälschungen bei der Analyse und Bewertung der Bekundungen anzufertigen sind, weil jedenfalls die Durchführung der Aussageanalyse bei komplexen Sachverhalten ohne verwendbare Aufzeichnung des Ablaufs der Exploration als nicht möglich erscheint. Das bedeutet aber nicht, dass das Explorationsgespräch im Gutachten unbedingt vollständig wiederzugeben ist. Im Übrigen sind die bezeichneten Materialien – wenigstens bis zur Rechtskraft des Urteils, im Hinblick auf eine eventuelle Wiederaufnahme des Verfahrens besser darüber hinaus – aufzubewahren und bei Bedarf in der Verhandlung nach den Maßstäben der gerichtlichen Aufklärungspflicht vorzulegen.

Dem Sachverständigen ist es erlaubt, tatsächliche Angaben zu sammeln, soweit er diese als Material für sein Gutachten für erforderlich hält. Er darf insoweit ua. Urkunden einsehen und Personen befragen (Stein-Jonas/Leipold vor § 402 Rn. 18). Der Grundsatz der Unmittelbarkeit steht solchen Ermittlungen des Sachverständigen nicht entgegen, weil es sich nicht um eine gerichtliche Beweisaufnahme und auch nicht um einen Ersatz dafür handelt. Erst aus der Sachkunde des Sachverständigen und aus seinen Überlegungen ergibt sich regelmäßig, auf welche Umstände es ankommt. Dadurch dürfen die prozessualen Rechte der Parteien nicht beschnitten werden. Stützt der Sachverständige seine Feststellungen auf auch dem Laien mögliche Feststellungen und bestreitet eine Partei deren Richtigkeit, steht es ihr frei, darüber eine Beweisaufnahme zu beantragen (Stein-Jonas/Leipold vor § 402 Rn. 18). Bestreiten reicht nicht, wenn nicht zugleich die Vernehmung von Zeugen usw. beantragt wird (BGH 30. Januar 1957 - V ZR 186/55 - BGHZ 23, 207).

(bbb) Diesen Anforderungen genügt das Gutachten hinsichtlich der Schülerin L.-M. E.. Die Sachverständige macht im Rahmen des Gutachtens zunächst ihre Vorgehensweise anhand der Wiedergabe dieser Grundsätze deutlich. Sie geht von der Nullhypothese aus. Dann überprüft sie, ob die Unwahrhypothese mit den gesammelten Fakten vereinbar ist. Im Rahmen der hypothesengeleiteten Diagnostik legt sie die Alternativhypothesen (Konfabulationshypothese und Wahrnehmungsübertragungshypothese) fest. In diesem Zusammenhang erläutert sie für alle Gutachtenteile in dem Gutachtenteil bezüglich L. E. (dort Seiten 43 f.) die beiden Komponenten der sog. „Undeutsch-Hypothese“ (kognitive Komponente und motivationale Komponente), auf deren Grundlage die neunzehn Realkennzeichen zusammengestellt sind, die den neueren Studien zur inhaltsorientierten Glaubhaftigkeitsbeurteilung zugrunde liegen. Dabei unterscheidet sie nach allgemeinen Merkmalen (Realkennzeichen: logische Konsistenz, ungeordnete Reproduktionsweise und Detaillierung), anhand der die Mindestanforderungen geprüft werden, um den Erlebnisbezug einer Aussage überhaupt belegen zu können, und den speziellen Merkmalen, durch die die Aussage eine höhere Qualifizierung erfährt.

Die Konfabulationshypothese lautet: Der Aussageinhalt beruht auf Konfabulation und Erfindung des Geschehens. Die Wahrnehmungsübertragungshypothese lautet: Die Aussage der Zeugin resultiert aus der Übernahme von Informationen und Darstellungen, die aus den Schilderungen ihrer älteren Schwester L. E. bezogen wurden und die auf den Beschuldigten „angewandt“ werden. Damit hat sie die nach dem Sachverhalt realistisch erscheinenden Erklärungsmöglichkeiten einbezogen.

Im Rahmen der inhaltlichen Aussageanalyse überprüft sie anhand von Indikatoren bzw. Realkennzeichen die Hypothese, „dass die inhaltliche Gestaltung der Aussage jene Kennzeichen vermissen lässt, die im speziellen Fall für die Glaubhaftigkeit der Aussage sprechen“ (S. 34 des Gutachtens). So ermittelte sie, ob die Schülerin sich im Rahmen der aussagepsychologischen Sachverhaltsexploration in der Lage zeigte, ihre Bekundungen stimmig zu ergänzen und zu präzisieren. Sie bejaht dies im Ergebnis einer sehr detaillierten und gut nachvollziehbaren Untersuchung. Als weiteres Realkennzeichen führt sie die „Beschreibung eigener psychischer Vorgänge“ an. Eine besondere Qualifizierung stellt sie insoweit angesichts der Schilderung eines psychischen Entwicklungsverlaufs fest, der einerseits in logischer Konsistenz zu der sich nach der Darstellung der Schülerin steigernden Schwere der körperlichen Übergriffe stehe und andererseits bezüglich des Realkriteriums „kontextuelle Einbettung“ in zeitlicher Hinsicht logisch stimmig verknüpft sei. Logisch konsistent sei insoweit auch die ausgedrückte eigene Verunsicherung sowie die Begründung für die als befremdlich erlebten angeblichen Übergriffe. Durch die Schilderung des Prozesshaften, auch der Darstellung der ursprünglichen Annahme einer Einbildung bis zur Gewissheit der Übergrifflichkeiten/Grenzüberschreitungen und durch die Verflechtung der Realkennzeichen werde die Qualität der Aussage wesentlich erhöht. Die Schilderungen würden so hohe Anforderungen an einen intentional falsch aussagenden Zeugen darstellen, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllbar seien. Insoweit komme hinzu, dass die Aussagen auf inhaltsleere Fragen spontan und im Antwortverhalten prompt und zügig vorgebracht worden seien (S. 39 des Gutachtens). Stimmig sei auch die dargestellte Interaktion mit Mitschülerinnen. Außerdem seien die ergänzenden Angaben der Schülerin mit dem Realkennzeichen „deliktspezifische Inhalte“ in stimmiger Weise verknüpft. Der Inhalt ihrer Darstellung weise im Übrigen ein „dem Delikttypus entsprechendes Gepräge“ auf. Ihre Darstellung entspreche empirisch nachgewiesenen bestimmten Konstellationen individueller Verhaltensmuster, die von „Tätern“ und „Opfern“ unter den spezifischen Bedingungen des relevanten Deliktgeschehens (hier: angebliche Übergriffe im Rahmen eines zwischen dem Kind und dem Beschuldigten bestehenden Abhängigkeits- bzw. Autoritätsverhältnisses) auch überindividuell mit hoher Auftretenswahrscheinlichkeit zu erwarten seien. Charakteristisch seien dabei die Einbettung des zentralen Handelns in einen völlig beiläufig herbeigeführten, selbstverständlichen und unauffälligen Rahmen und die damit verbundene kognitive Verunsicherung bei den Kindern. Das rufe nicht selten die durch die Schülerin L.-M. geschilderten dissoziativen Reaktionen hervor (Schilderung, sie habe sich anfänglich gefragt, ob sie sich das nur einbilde). Es sei typisch, dass die Kinder Zweifel an ihrer eigenen Wahrnehmung hätten. Typisch sei auch das zaghafte Abwehrverhalten und die Annahme, man könne gegen einen Lehrer sowieso nichts ausrichten, „außer ein bisschen wegzurücken“. Von einem psychologischen Laien, insbesondere einem Kind im Alter von L.-M., könnten diese Phänomene nicht reflektiert werden (Gutachten Seite 40). Logische Konsistenz weist die Sachverständige auch in der Darstellung zu den sich in den Angaben widerspiegelnden, anfänglich von wohlwollend-freundlichen Gefühlen geprägtem affektiven Verhältnis zu dem Kläger und dessen Veränderung infolge der angeblichen Übergriffe nach.

Im Rahmen der Motivationsanalyse führt sie Aussageninhalte an, die bei falsch aussagenden Zeugen nicht zu beobachten sind. Das betrifft das Zugeben eigener Erinnerungslücken und die Hinterfragung der Richtigkeit der eigenen Aussage (beides Realkennzeichen).

Bei der Konstanzanalyse stellt die Sachverständige die Erstaussage im Schulamt am 23. Juli 2009 und die Aussage im Rahmen der Vernehmung durch sie gegenüber. Insoweit kommt sie zu dem Ergebnis, dass die als Kerngeschehen identifizierten Situationen übereinstimmend geschildert werden. Allerdings seien die Realkennzeichen zum Kerngeschehen in der Erstvernehmung lediglich andeutungsweise, in der aussagenpsychologischen Exploration jedoch als sehr gut ausgeprägt zu klassifizieren.

Angesichts der Genese der Aussage erscheint der Sachverständigen zutreffend eine fälschliche Belastung aus unsachlichen Motiven zutreffend hypothetisch denkbar. Die Schülerin L.-M. hatte Kenntnis von belastenden Äußerungen ihrer Schwester L. und anderer Kinder. Dem steht nach den Feststellungen der Sachverständigen jedoch bereits das bisherige Ergebnis des Gutachtens entgegen, wonach sie in hohem Maße fähig war, ihre früheren, sehr knappen Angaben nachträglich auf unerwartete Fragen rasch zu ergänzen.

Im Hinblick auf die festgestellten Kompetenzen von L.-M. kommt sie zu dem Ergebnis, dass die überdurchschnittlich begabte Schülerin zuverlässig zwischen Vorgestelltem und Realem unterscheiden könne. Sie habe sich nicht als suggestibel erwiesen.

Anhand der im Rahmen der Aussagenanalyse gefundenen Ergebnisse weist sie die Hypothese, dass die Aussage der Zeugin auf Konfabulation beruhe, zurück. Eine Aussage von so hoher Qualität, wie sie L.-M. geliefert habe, hätte – wenn sie ein Phantasieprodukt wäre – nicht nur sehr hohe kognitive Leistungen, sondern auch Einfühlungsfähigkeit in nicht selbst erlebte psychische Vorgänge sowie Kenntnisse in Bezug auf die eine Aussage qualifizierende Merkmale erfordert. Angesichts der im Rahmen der Kompetenzanalyse getroffenen Feststellungen kommt sie zu dem Ergebnis, dass L.-M. hierzu nicht in der Lage gewesen wäre.

Auch die Wahrnehmungsübertragungshypothese weist sie zurück. L.-M. sei nicht in der Lage, allein auf der Basis gehörter Inhalte eine Aussage von der vorgefundenen inhaltlichen Qualität zu konstruieren.

Bei der Auswahl der herangezogenen Verfahren hat die Sachverständige den aktuellen wissenschaftlichen Standard beachtet und in diesem Zusammenhang ihre sexualbezogenen Kenntnisse und Erfahrungen berücksichtigt. Sie hat anerkannte Untersuchungsverfahren eingesetzt. So hat sie zur Untersuchung der Schülerin z.B. die Verfahren PFK 9-14, den Rosenzweig-Picture-Frustration-Test für Kinder und den Satzergänzungstest (nach Rotter) herangezogen und auch erläutert.

Auch die Darstellung entspricht den durch die Rechtsprechung gestellten Anforderungen. Dem Gutachten ist die über 30jährige Berufserfahrung der Gutachterin bezüglich der Erstellung einschlägiger Gutachten deutlich anzusehen. Die Hypothesen sind bezeichnet, die durchgeführten Untersuchungen dargestellt und beschrieben, Untersuchungs- und Testverfahren benannt und zu den Hypothesen in Bezug gesetzt. Die zeitliche Länge der Tests hat die Sachverständige auf Nachfrage des Klägers im Rahmen der Anhörung dargestellt. Die Dauer der mündlichen Exploration zur Sache ergibt sich aus den Protokollen zu den Anhörungen der Mädchen vom 13. bis 15. Januar 2011. Da sie durchweg anerkannte psychologische Diagnoseverfahren anwendet, hätte es an sich keiner ausführlicheren Erläuterung ihrer Konzeption und Methodik bedurft. Sie hat sie dennoch in dem Gutachten „L. E.“ anschaulich dargestellt.

(ccc) Die Angriffe des Klägers gegen das Gutachten sind im Wesentlichen schon durch dieses selbst widerlegt. Jedenfalls konnte die Sachverständige diesen auch auf die klägerischen Fragen so begegnen, dass an der Ordungsmäßigkeit ihres Vorgehens und der Validität der Ergebnisse keine Zweifel bestehen. Soweit der Kläger auf die Beeinflussung des Kindes durch ihre Schwester abzielt, hat sich die Sachverständige mit dieser Problematik – wie zusammengefasst dargestellt – eingehend in dem Gutachten auseinandergesetzt. Soweit er der Sachverständigen vorwirft, sie habe die Aussagen so gelenkt, dass sie letztlich zu dem Ergebnis der Gutachterin geführt hätten, ist dies durch das im Gutachten wiedergegebene Wortprotokoll widerlegt. Wenn die Sachverständige der Zeugin ausnahmsweise Vorhaltungen machte, entsprachen diese den eigenen vorangegangenen Erklärungen des Mädchens, die die Sachverständige aufgriff, um den Vortrag ergänzen zu lassen. Auch die übrigen Angriffe widerlegt bereits das Gutachten.

(ddd) Die Bekundungen der durch den Kläger gegenbeweislich benannten zwölf Jungen waren insoweit unergiebig. Die Jungen gingen damals in eine andere Klasse als L.-M. E.. Auch die übrigen Beweisantritte des Klägers betreffen im Wesentlichen nicht den durch diese Zeugin geschilderten Sachverhalt. Soweit der Kläger behauptet, der Schulleiter habe in der damaligen dritten Klasse nach ähnlichen Vorkommnissen gefragt, ohne dass vergleichbare Vorwürfe erhoben worden seien, ist das beklagte Land dem nicht entgegen getreten. Diese damit unstreitige Tatsache steht dem gewonnenen Ergebnis nicht entgegen. Der Umstand, dass eine Reaktion auf die Anfrage nicht erfolgte, lässt nicht den Schluss darauf zu, dass es weitere Vorkommnisse in der Klasse nicht gegeben hat. Es ist gerade typisch – wie sich auch bei den Versuchen des Schulamtes, aussagebereite Kinder in der höheren Klasse zu finden, gezeigt hat -, dass entsprechende Bereitschaft zu einer Aussage oft nicht besteht. Es kommt hinzu, dass die Eltern oft aus Scham durch die Kinder gar nicht informiert werden und die Kinder sich auf eine Anfrage des Schulleiters im Zweifel nicht öffnen. Soweit der Kläger N. A. zuletzt noch dafür benannt hat, dass die Schülerinnen ihren Stuhl nicht hätten mit nach vorne bringen müssen, ist das für die Beurteilung der Aussage der L.-M. ohne Bedeutung. Der Beweisantritt bezieht sich auf ein Geschehen in einer anderen Klasse. Die Beweisantritte hinsichtlich der Zeugin G. auf Seite 2 des klägerischen Schriftsatzes vom 19. Mai 2011 beziehen sich ebenfalls auf eine andere Klasse und sind an dieser Stelle unerheblich. Dass Frau G. auch in der Klasse der L.-M. hospitiert hätte, ist durch den Kläger nicht vorgetragen worden. Soweit die Sachverständige auf Seite 3 desselben Schriftsatzes benannt worden ist, hatte der Kläger Gelegenheit, ihr seine Fragen selbst zu stellen. Die Sachverständige hat sie beantwortet. Der ebenfalls auf Seite 3 des Schriftsatzes zu findende Beweisantritt, das Gericht möge durch eine Befragung der Frau H. (der Mutter zweier vernommener Jungen) feststellen, wann, durch wen und wie das Verfahren durch einige Eltern angezettelt worden sei, ist zu unkonkret. Aus ihm wird nicht deutlich, was der Kläger unter Beweis stellen will. Eine entsprechende Beweisaufnahme hätte einen reinen Ausforschungsbeweis dargestellt. Bereits der Beweisantritt macht deutlich, dass der Kläger gar nicht wusste, was konkret er unter Beweis stellen sollte. Dem Hinweis der Mutter lassen sich insbesondere auch keine Anhaltspunkte für irgendwelche Beeinflussungen der Kinder durch die Eltern entnehmen. Dass sich einzelne Eltern ua. wegen des Unterrichts des Klägers an Schulleitung und Schulverwaltung gewandt hatten, ist dem unstreitigen Sachverhalt der Parteien zu entnehmen. Daraus lässt sich nicht auf ein Komplott gegen den Kläger schließen. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, für seine Annahme Tatsachen vorzutragen. Die Behauptung, es habe Elternzusammenkünfte gegeben, bei denen entsprechende Absprachen getroffen worden seien, geht angesichts der im Satz zuvor beantragten Ausforschung ins Blaue. Insbesondere ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, um welche Absprachen es dabei gegangen sein soll. Es wäre wohl kaum etwas dagegen einzuwenden, wenn sich die Eltern nach Bekanntwerden der ihm vorgeworfenen Übergrifflichkeiten zu diesem Thema getroffen und besprochen hätten. Dafür, dass die Eltern der Schülerin L.-M. E. auf diese eingewirkt hätten, sie solle gegenüber dem Schulamt und der Sachverständigen unwahr aussagen, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte. Im Übrigen hat sich die Sachverständige mit der Frage der Suggestibilität der Zeugin beschäftigt und diese verneint. Sie besitzt nach dem Gutachten auch gar nicht die Fähigkeit, eine qualitativ so hochwertige Aussage zu erfinden und das durchzuhalten.

(eee) Bedenken gegen das Gutachten lassen sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht daraus ableiten, dass diesem die ausgefüllten „Rosenzweig PF-Tests“ nicht beilagen, Zweifel an der wissenschaftlichen Exaktheit der Ausführung der Befragung sich daher nicht hätten ausräumen lassen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Sachverständige im Gutachten nicht alle Inhalte und Ergebnisse der von ihr durchgeführten "diagnostischen Maßnahmen" im Einzelnen angeführt hat. Allerdings kann es im Einzelfall notwendig sein, alle vom Untersuchten erzielten Testergebnisse den Prozessbeteiligten mitzuteilen, um ihnen so die Überprüfung der vom Sachverständigen aus diesen Befunden gezogenen Schlussfolgerungen zu ermöglichen. In der Regel genügt es aber, die wesentlichen Ergebnisse zu benennen und zu interpretieren, nämlich diejenigen, die sich bei Durchführung der Begutachtung für die Erfüllung des Gutachtenauftrags als wichtig erwiesen haben. Wählt die Sachverständige diese Darstellungsweise, ist dies daher grundsätzlich nicht zu beanstanden. Sie muss in diesem Fall – entsprechend dem wissenschaftlichen Transparenzgebot – aber sonstige Testergebnisse angeben und belegen können, sofern sich insoweit Aufklärungsbedarf ergibt.

Die Kammer hat bereits keine Zweifel an der wissenschaftlichen Exaktheit der Ausführung der Befragung, die durch die Unterlagen hätten ausgeräumt werden können oder müssen. Der Kläger hat hierauf bezogen auch keinen konkreten Zweifel vorgetragen. Der Kläger trägt weder vor, welche Schlussfolgerungen der Sachverständigen – bezogen auf das Ergebnis der „Rosenzweig PF-Tests“ – angezweifelt werden sollen, noch wie sich das auf das Ergebnis der Beweisaufnahme hätte auswirken können. Das Gutachten hat er insoweit nicht beanstandet. Für die Kammer wären die ausgefüllten Tests ohne jede Bedeutung gewesen, weil sie daraus keine Schlüsse hätte ziehen können. Dem insoweit erstmals im letzten Termin der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers, die Unterlagen für einen etwaigen weiteren Verlauf des Verfahrens zur Akte zu nehmen, um diese zu sichern, ist Rechnung getragen.

(dd) Die Berührungen der Schülerin (L.-M.) im oberen Schambereich sind als solche bereits an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Entsprechende Berührungen werden regelmäßig einem sexuell motivierten Hintergrund zugeschrieben. Einem Lehrer muss bewusst sein, welche Ängste und Befürchtungen ein solches Verhalten bei Eltern und Kindern hervorrufen wird. Die nachgewiesene Pflichtverletzung besteht darin, dass der Kläger L.-M. entsprechend berührt und dadurch den Verdacht sexuell motivierten Handelns hervorgerufen hat. Im Übrigen hat er dadurch Auswirkungen bei dem Kind hervorgerufen, die seinem Erziehungsauftrag nicht nur abträglich sind, sondern eindeutig zuwider laufen. So erlebte das Kind die Berührungen durch den Kläger als sehr unangenehm. Das betraf bereits die unerwünschten Umarmungen. Im Übrigen fand sie es „ekelig, dass er überhaupt versucht hat, da unten anzufassen“. Distanzbemühungen wurden ignoriert. Eine Verbalisierung durch das Kind unterblieb nur aus Respekt vor der Lehrerstellung.

Insbesondere konnte auch in der konkreten Konstellation nicht ausgeschlossen werden, dass das Verhalten des Klägers sexuell motiviert war. So ergab sich nicht aus den Gesamtumständen, dass der Kläger durch die zu den Kindern gesuchte Nähe einfach nur nett mit den Kindern umgehen wollte. Die hierzu auf Anregung des Klägers ergänzend beauftragte Sachverständige hat das Gegenteil festgestellt. Die Verhaltensweisen des Klägers seien als für Sexualdelikte deliktspezifisch einzuordnen. Das ist hier letztlich ausschlaggebend. Auf eine tatsächlich bestehende sexuelle Motivation des Klägers kommt es nicht an, da er jedenfalls durch sein Verhalten und seine Vorgehensweise einen entsprechenden Anschein gesetzt hat. Er hat die Schülerin in deliktspezifischer Weise (bezogen auf Sexualdelikte) zunächst zögerlich, später nahezu ständig auf dem Schamhügel angefasst. Auch die durch die Schülerin geschilderte Wahrnehmung entsprach derjenigen von Opfern von Sexualdelikten. Das hat die Sachverständige im Zusammenhang mit dem Realkennzeichen „Deliktspezifische Aussageelemente“ sorgfältig geprüft und festgestellt. So sei es typisch, dass der Kläger die Handlungen in das Unterrichtsgeschehen eingebettet habe. Typisch sei auch, dass zunächst Vertrauen hergestellt und das durch seine Stellung als Lehrer zudem ausgenutzt worden sei (Na ja, ich wollte eigentlich Abstand halten, sozusagen, und wollte dann auch ein bisschen wegrücken, aber dann hat er auch immer gesagt: „Ach sei doch nicht so schüchtern, L..“, und na ja ich wollte dann schon weg sozusagen… Also ich bin ein bisschen weggerückt. Es ist halt ein Lehrer gewesen, und – so richtig wehren – na ja… Na ja, ich bin weggerückt und so, aber na ja, wenn man so’n Lehrer das so richtig so sagt, man kann ja nicht so viel dagegen machen, weil der würde ja wahrscheinlich sagen: ‚Das bildest du dir nur ein.’, und da kann man auch nichts gegen machen. Außer versuchen wegzurücken.). Als typisch ist auch die Wahrnehmung der Schülerin festgestellt worden (Na ja, also die ersten Tage, da war es noch nicht so schlimm. Da hat er nur so rumgelegt… Aber da habe ich noch gesagt: ’O.k. Es ist ja o.K.’, aber dann hat er auch an Stellen angefasst, die mir langsam unangenehm wurden und dann hab’ ich irgendwie auch gedacht, was will der denn jetzt von mir … am Anfang habe ich gedacht, ja o.k. das ist noch o.k. Das ist halt ein Lehrer, der besonders zärtlich ist. Aber denn wurde es halt so, dass ich schon dachte, ja was will der denn von mir, und das war dann schon ziemlich komisch für mich, weil – na ja – Lehrer spielen sonst nicht so auf mir… Na ja, ich empfand das halt auch ekelig, dass er es überhaupt versucht, da unten anzufassen…), insbesondere auch, dass ihr erst zunehmend bewusst geworden ist, was eigentlich mit ihr geschah (Na ja, das ist ja schon ein bisschen sehr seltsam und am Anfang glaubte ich auch nicht so richtig, selbst nicht so richtig dran. Ganz am Anfang glaubte ich, dass ich mir das richtig eingebildet hatte, aber dann hat es einfach nicht aufgehört, und dann habe ich das halt meiner Schwester auch noch erzählt… Also erstens, dass es nicht aufhört, das kann ja nicht sein irgendwie, dass ich das träume und so, eigentlich ist das unlogisch. Und dann das, dass meine Schwester das auch durchmacht.). Die Sachverständige ergänzt dies – gut nachvollziehbar – im Rahmen ihrer zusätzlichen Stellungnahme vom 4. April 2011, auf die insoweit Bezug genommen wird. Sie führt dafür neben der kontextuellen Einbettung in das Unterrichtsgeschehen und der Prozesshaftigkeit des Vorgehens auch die Darstellung gegenüber Mitschülerinnen an. In ihrer Stellungnahme weist sie – zutreffend – darauf hin, dass ihre Aufgabe nicht darin bestand, den Sachverhalt unter juristische Begriffe zu subsumieren. Ihre Aufgabe bestand darin, der Kammer aufzuschlüsseln, ob das Verhalten des Klägers – bezogen auf Sexualdelikte – delikttypisch war oder ob es sich um Verhaltensweisen handelt, die keinen Schluss auf einen solchen Hintergrund zulassen. Dem ist die Sachverständige mit deutlichem – und angesichts der eingehenden Begründung ebenfalls gut nachvollziehbarem – Ergebnis nachgekommen.

(ee) Die Kammer konnte mit der erforderlichen Sicherheit zu diesem Ergebnis gelangen, obwohl die konkreten Zeitpunkte der Übergriffe durch den Kläger nicht mehr feststellbar waren. Insoweit ist es jedenfalls ausreichend, wenn – wie hier – ein typischer Geschehensablauf ermittelt worden ist und aufgrund der im Rahmen eines Glaubhaftigkeitsgutachtens getroffenen Feststellungen angesichts des dabei eingehaltenen Verfahrens von der Richtigkeit der Angaben der Betroffenen ausgegangen werden kann, zB. weil nach dem Ergebnis des Gutachtens feststeht, dass sich das Kind den konkret vorgetragenen Sachverhalt gar nicht hätte ausdenken und über mehrere Vernehmungen aufrecht erhalten bzw. – wie geschehen – fortschreiben können. Gerade bei Kindern im hier relevanten Alter ist es typisch, dass ihnen zunächst gar nicht bewusst wird, was mit ihnen geschieht. Zudem gehen sie sodann auch noch von Selbsttäuschungen aus. Oft können sie sich zudem erst zu einem Zeitpunkt öffnen, zu dem konkrete Zeitangaben nicht mehr rekonstruierbar sind. Zugleich sind sie aber – wie hier – auch regelmäßig (noch) nicht in der Lage, einen Sachverhalt zu erfinden sowie fortzuschreiben und dabei genau das Muster zu treffen, welches die hier maßgeblichen Schlüsse zulässt. Hinzu kommt, dass es sich nicht um einmaliges Geschehen handelt, sondern um kontinuierliches. Jedenfalls dadurch werden die Vorwürfe auch einlassungsfähig.

(b) Zu den Pflichtverletzungen gegenüber der Schülerin L.-M. E. kommen bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt weitere erhebliche Pflichtverletzungen, die jedenfalls geeignet sind, ergänzend das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu stützen. Die körperliche Züchtigung des Schülers R. war ebenfalls mit dem Erziehungsauftrag des Klägers nicht zu vereinbaren. Es stellt einen eindeutigen Verstoß gegen das Züchtigungsverbot nach § 63 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG dar. Der Sachverhalt ist dem kündigungsberechtigten Schulamtsleiter in vollem Umfang erst im Zusammenhang mit den übrigen Vorwürfen bekannt geworden. Gleiches gilt für die Respektlosigkeiten im Zusammenhang mit den Namensabkürzungen, die der Kläger teilweise einräumt. Seine Erklärung dafür (Durchgehen der Klassenliste unter Abkürzung der Namen) zeigt im Übrigen auch, dass dieses Vorgehen wohl eher der Normalität entsprach. Pflichtwidrig war es auch, die Mädchen immer wieder zu umarmen, obwohl diese – was der Kläger nicht bestritten hat – durch ihr Verhalten (bewusst Abstand gehalten) zu erkennen gegeben hatten, dass sie die Umarmungen als unangenehm empfanden. Die den Aussagen der Mädchen durchweg zu entnehmende unstreitige Aufforderung durch den Kläger, wonach sie „doch keine Angst zu haben brauchten“, zeigt, dass der Kläger selbst wohl davon ausging, dass sie solche hätten. Ansonsten wäre diese Formulierung nicht verständlich. Er muss also den Widerwillen wahrgenommen haben.

(c) Der Kläger hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weitere schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen. Zu diesem Ergebnis gelangt die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung mit der erforderlichen Sicherheit. Das betrifft neben dem Umarmen gegen den erkennbaren Widerwillen der Schülerinnen das Anfassen ihres Gesäßes, die Abkürzung des Namens der Schülerin F., wobei die Kammer davon ausgeht, dass dies regelmäßig erfolgte. Darüber hinaus geht die Kammer auch davon aus, dass der Kläger zumindest einer Schülerin auf den Oberschenkel gefasst hat, während sie neben ihm saß. Die Kammer kann sich insoweit den Ausführungen der Sachverständigen in dem Gutachten anschließen. Das Gutachten ist auch hinsichtlich der Aussagen der übrigen Mädchen unter Beachtung der dargestellten durch die Rechtsprechung bestätigten Grundsätze erstellt worden. Die insoweit nur teilweise ergiebigen Bekundungen der zwölf vernommenen Jungen waren im Rahmen der Beweiswürdigung nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen.

(aa) Nach den durch das beklagte Land vorgelegten Urkunden und dem Inhalt des Sachverständigengutachtens hat der Kläger die Schülerin L. E. nicht nur während des Unterrichtsgeschehens seitlich umfasst und an sich herangezogen, obwohl ihm aufgrund des Verhaltens der Schülerin bewusst gewesen sein musste, dass ihr dies unangenehm war. Er hat danach darüber hinaus der Schülerin jedenfalls gelegentlich auch an den Po gefasst. Das gut nachvollziehbare Gutachten genügt ebenfalls den durch die Rechtsprechung gestellten Anforderungen.

(aaa) Auch insoweit kam bereits der protokollierten Aussage der Schülerin vom 23. Juli 2009 ein gewisser Beweiswert zu. Dieser ist durch das seitens des Klägers beantragte Glaubhaftigkeitsgutachten der Sachverständigen nicht entkräftet, sondern deutlich erhöht worden. Die Sachverständige ist mit sehr gut nachvollziehbarer Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass Realkennzeichen in L.s Aussage zum Kerngeschehen zu beobachten sind, welche in der Erstvernehmung ansatzweise und in der aussagenpsychologischen Exploration als gut ausgeprägt zu klassifizieren sind. Aussagevalidität ist durch sie bejaht worden, Konfabulations- und Suggestionshypothese hat sie zurückgewiesen. Die Kammer hat das Gutachten der Sachverständigen anhand der oben aufgeführten, durch die Rechtsprechung aufgestellten Kriterien überprüft. Die Sachverständige hat sie zugrunde gelegt und zutreffend angewendet. Ihre Ausführungen entsprechen den dargelegten Anforderungen. Sie ist wiederum von der sog. Null-Hypothese ausgegangen. Sie hat zwei alternative Hypothesen herangezogen (Konfabulationshypothese und Wahrnehmungsübertragungsthese). Bei der Wahrnehmungsübertragungsthese stellt sie nun auf die Schilderungen der Klassenkameradinnen ab. Hinsichtlich der psychodiagnostischen Maßnahmen geht sie vor wie bei L.-M. E.. Sie stellt insbesondere die Testbefunde dar. Im Rahmen der Aussagenanalyse unterscheidet die Sachverständige im Rahmen der Begutachtung der Aussage von L. E. vier Kerngeschehen (Seite 42 des Gutachtens). Bei der Überprüfung der allgemeinen Merkmale (Realkennzeichen) stellt sie ein hohes quantitatives Detaillierungsniveau und logische Konsistenz der Darstellungen der Schülerin fest, was sie ausführlich und gut nachvollziehbar begründet. Auf die Seiten 46 bis 48 des Gutachtens wird verwiesen. Im Übrigen weist sie die Unstrukturiertheit und Unmittelbarkeit ihres inneren Erlebens nach (Seite 48 des Gutachtens). Ihr Aussageverhalten setze eine inhaltliche Vorbehaltlosigkeit voraus. Im Rahmen der speziellen Realkennzeichen zieht sie das Realkennzeichen 19 (Deliktspezifische Elemente) heran. Hier stellt sie wiederum auf die delikttypische Einbettung in das Unterrichtsgeschehen ab, was einen guten Rahmen für ein getarntes beiläufiges Vorgehen schaffe. Auch lasse dieses Vorgehen das Kind unsicher sein, ob das Handeln möglicherweise zufällig geschehen sein könnte (Grenzbereich zwischen Absicht und Zufall), was meist – wie hier – zum Erdulden der Handlung bzw. einem mehr oder weniger verschämten Ignorieren führe. Typisch sei auch das dadurch gebremste Abwehrverhalten des Kindes angesichts des Autoritätsverhältnisses und das Fehlen verbaler Abwehrmaßnahmen. Das Annäherungsmuster sei typisch für das Vorgehen bei Sexualdelikten. Auch ein zeitweiliges Verharren in bestimmten Konstellationen entspreche dem Deliktsverhalten und die damit einhergehende Wahrnehmung (Er hätte vielleicht ein bisschen aufgehört, aber dann hinterher weiter so gemacht, weil er es so gewohnt war.). Eine solche Darstellung von Abläufen finde sich nur höchst selten in nicht erlebnisfundierten Aussagen (Seite 53 des Gutachtens). Darüber hinaus weist sie das Merkmal „Interaktionsschilderung“ nach. Auch seien bei Falschaussagen Schilderungen von Gedanken und Reflektionen sowie Körperempfindungen, wie sie die Aussage von L. beinhalten, eher unüblich. Gegen motivationsbezogene, für einen Belastungseifer sprechende Inhalte führt sie die Realkennzeichen „Zugeben von Erinnerungslücken“, „Einwände gegen die Richtigkeit der eigenen Aussage“ und „Entlastung des Beschuldigten“ an, welche sie nachvollziehbar belegt. Die objektive Aussagehaltung zeige sich auch in der klaren Abgrenzung zu dem Aussageverhalten ihrer Schwester (Gutachten Seite 56). Als aussageübergreifende Qualitätsmerkmale weist die Sachverständige „Präzisierbarkeit“ und „Aussagekonstanz“ nach (Seite 57 ff. des Gutachtens). In diesem Zusammenhang setzt sie sich auch damit auseinander, dass das gelegentliche Anfassen des Po’s nun nach der Darstellung im Rahmen der Untersuchung als uU. zufällig bzw. unbeabsichtigt dargestellt wird. Gegen die Möglichkeit einer intentionalen Mehrbelastung im Rahmen der früheren Aussage spreche die mehrfache Äußerung, die Berührungen gespürt zu haben und die beobachteten heftigen körperlichen Reaktionen, aber auch die Ausführungen zu den motivationalen Realkennzeichen.

Die Aussage ist danach auch valide. Soweit Schwächen in der exakten zeitlichen Zuordnung festgestellt worden sind, führen diese nicht zu Bedenken hinsichtlich der Glaubhaftigkeit des Geschilderten. Das begründet die Sachverständige ab Seite 60 ihres Gutachtens anschaulich. Eine Neigung der Schülerin, den Kläger zu diffamieren, ist nicht festzustellen. Die Konfabulationshypothese weist die Sachverständige nachvollziehbar zurück. Auch hier verweist sie auf die in höherem Maße qualifizierte Aussage, die L. nicht in der Lage wäre zu konstruieren (Seite 63 des Gutachtens). Die Suggestionshypothese konnte ebenfalls zurückgewiesen werden. Insoweit befasst sich die Sachverständige mit der Entstehungsgeschichte der Aussage. Insbesondere überprüft sie, ob etwa ein Konformitätsruck anlässlich des Geschehens am 1. Juli 2009 L. dazu veranlasst haben könnte, sich mit einer falschen Aussage an die Aussagen der anderen Mädchen „anzuhängen“. Diese Möglichkeit räumt die Sachverständige angesichts der Persönlichkeitsstruktur der Zeugin aus, da sie nicht in der Lage gewesen wäre, ein nur global vorgegebenes und dann der eigenen Ausgestaltung vorbehaltenes Geschehen wie vorgefunden darzustellen.

Weitere Ausführungen zur Entstehungsgeschichte finden sich in der Ergänzung vom 4. April 2011 auf Seite 13. Danach ergibt sich weder aus den Aussagen der begutachteten Schülerinnen, noch aus der der Lehrerin G., die sie selbst zur Genese der Aussagen vernommen hat, dass im Vorfeld oder auch später eine Beeinflussung stattgefunden habe, eher neutrale Verhaltensweisen in sexuell motivierte Verhaltensweisen umzudeuten. Ausschlaggebend für die Mitteilung des Geschehens sei vielmehr affektiver Erlebnisdruck, ausgelöst durch die Mitteilung, der Kläger werde möglicherweise im nächsten Schuljahr wieder seinen Dienst aufnehmen. Dies belegt sie nachvollziehbar. Auch die Angaben der durch die Sachverständige befragten Frau K. und des ebenfalls durch die Sachverständige angehörten Herrn O. erbrachten keine Hinweise dafür, dass die Thematik sexuell missbräuchlicher Handlungen in der Klasse zuvor Erörterung gefunden hatte. Dass die Sachverständige in diesem Zusammenhang nicht auf das Ergebnis ihrer – parteiöffentlichen – Vernehmung der Frau M. eingegangen ist, ist insoweit unschädlich. Deren Erklärung war unergiebig.

Mit der Frage, ob dem Verhalten des Klägers eine sexuelle Motivation zugrunde lag, befasst sich die Sachverständige ebenfalls in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 4. April 2011. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Begutachtung vom L.-M. E. Bezug genommen werden.

(bbb) Die Einwendungen des Klägers stehen dem aus den gleichen Gründen nicht entgegen wie oben erörtert. Insbesondere bestätigen sich auch insoweit die Anwürfe des Klägers nicht, wonach die Sachverständige den Kindern so lange Suggestivfragen gestellt habe, bis sie das gewünschte Ergebnis erzielt habe. Dieser Einwand findet in den aufgezeichneten protokollierten Gesprächsverläufen auch bezüglich der Mädchen der höheren Klasse keine Grundlage. Wegen der Motivation des Klägers kann auf die Ausführungen oben unter (dd) zum Gutachtenteil L.-M. E. verwiesen werden, die im Wesentlichen auch hier zutreffen.

(bb) Nach den durch das beklagte Land vorgelegten Urkunden und dem Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens hat der Kläger auch die Schülerin E. N. während des Unterrichtsgeschehens seitlich umfasst und an sich herangezogen, obwohl ihm aufgrund des Verhaltens der Schülerin bewusst gewesen sein musste, dass ihr dies unangenehm war. Danach hat der Kläger der Schülerin jedenfalls gelegentlich auch an den Po gefasst. Das gut nachvollziehbare Gutachten genügt auch insoweit den durch die Rechtsprechung insoweit entwickelten Anforderungen.

(aaa) Auch E. N. schilderte im Rahmen der vorgerichtlichen Untersuchung, dass sie – wie die anderen Mädchen – versucht habe, „sich so’n bisschen weiter rüberzuschieben“ und dass der Kläger ihr an den Po gefasst habe. Das Heranziehen habe er auch während eines Lobes für gute Leistungen vor der Klasse praktiziert. Auch bestätigt sie die Angaben der übrigen Kinder zu der regelmäßigen Abkürzung des Namens F. („Ficki“) durch den Kläger. Außerdem beschreibt sie das Herüberbeugen des Klägers über die Schüler während des Unterrichtsgeschehens.

(bbb) Die Sachverständige ist im Wesentlichen vorgegangen wie bei den anderen Mädchen. Sie hat hier mehrere Inhaltsbereiche identifiziert, die Wahrnehmungsübertragungshyothese allerdings nicht bezüglich sämtlicher Bereiche zurückweisen können. Sie stellt die Aussagen im Rahmen der Konstanzanalyse zur besseren Veranschaulichung gegenüber. Teilweise ermittelt sie Unterschiede in den Aussagen der Schülerin. Insoweit weist sie allerdings darauf hin, dass angesichts der hier durch die Vernehmperson zusammengefassten Ausgangsprotokolle mit aussagepsychologischen Mitteln nur schwer festzustellen sei, ob Erinnerungsfehler – evtl. auch der ursprünglich befragenden Personen – für die unterschiedliche Darstellung ausschlaggebend sind. Unterschiede stellt sie zB. hinsichtlich des Streichens über den Rücken und hinsichtlich der Angaben zur Handablage auf dem Oberschenkel der Schülerin J. Z. fest. Im Rahmen der Inhaltsanalyse überprüft sie die Hypothese, dass die inhaltliche Gestaltung der Aussage jene Kennzeichen vermissen lässt, die im speziellen Fall für die Glaubhaftigkeit der Aussage sprechen. Sie ermittelt logische Konsistenz der Aussage in Bezug auf das Heranziehen, die Handablage auf dem Po und das Hinüberbeugen über das am Arbeitsplatz sitzende Kind. Auf Seiten 60 ff. des Gutachtens wird verwiesen. Auch bei E. N. stellt sie deliktspezifische Aussageelemente bzw. victimotypisches Verhalten von Betroffenen fest und beiläufige (bzw. unauffällige) im Rahmen der Bewertung einer zuvor gestellten Unterrichtsanforderung herbeigeführten Handlung. Logische Konsistenz ermittelt sie auch hinsichtlich des Herüberbeugens über das am Arbeitsplatz sitzende Kind und – nach sehr eingehender Prüfung – im Zusammenhang mit der Aussage, sie habe sich teilweise krank gestellt, um nicht zur Schule zu müssen. Hintergrund sei ihre Befürchtung gewesen, von dem Kläger wieder angefasst zu werden. Sie stellt die Wiedergabe von Gesprächen im Zusammenhang mit dem Kerngeschehen und originellen Details fest sowie (Seite 67 des Gutachtens) die Schilderung eigen- und fremdseelischer Details. Als aussageübergreifendes Qualitätsmerkmal erkennt sie die vielen Präzisierungen der vorherigen Darstellungen (Gutachten Seite 69). Außerdem wertet sie die eingeräumten Erinnerungslücken und explizite Entlastungen. Im Rahmen der Überprüfung der Aussagevalidität ermittelt sie ua., dass die Schülerin uneingeschränkt aussagetüchtig ist und über gut ausgebildete kognitive Fähigkeiten verfügt. Hinsichtlich der Aussagemotivation stellt die Sachverständige eine ambivalente Einstellung zu dem Kläger fest, jedoch keine direkt diffamierende Haltung. Im Rahmen der Überprüfung der Konfabulationshypothese gelingt es ihr auch bei E. N. nicht nachzuweisen, dass die Angaben der Schülerin keine Erlebnisgrundlage haben, sondern Fantasieprodukte sind (Seite 71 des Gutachtens). Sie stellt allerdings fest, dass zwar die allgemeinen Aussagemerkmale (Realkennzeichen) erfüllt sind, sich aber teilweise ein Mangel in der Konstanz findet. Außerdem stellt sie fest, dass die Aussagemerkmale quantitativ, insbesondere aber qualitativ nicht sehr hoch ausgeprägt sind. Sie weist aber darauf hin, dass es sich bei den Realkennzeichen um Positivmerkmale handelt. Daher ließen diese bei ihrem Vorliegen einen Schluss auf die Erlebnisbegründetheit der Aussage zu, der Umkehrschluss sei aber nicht möglich. Bei niedriger Aussagequalität sei der Schwerpunkt daher auf die Persönlichkeits- und Motivationsanalyse zu legen. Konsequent untersucht sie daher besonders die intellektuellen und sprachlichen Kompetenzen, die sexualbezogenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie das deliktspezifische Wissen. Angesichts der Kenntnisse der Schülerin, den sexuellen Bereich wie auch den sexuellen Missbrauch betreffend, überprüft sie, ob die Aussage anhand von Schemawissen fälschlich konstruiert worden sein kann. Dies verneint sie im Ergebnis mit nachvollziehbarer Begründung (Gutachten Seite 73). Auch E. N. räumt Erinnerungslücken ein und bringt tendenziell entlastende Gesichtspunkte vor. Bezüglich der inhaltlichen Aussagequalität unterscheidet die Sachverständige – in der Konsequenz gut nachvollziehbar – hinsichtlich der einzelnen Kerngeschehen. Gute Qualität stellt sie im Hinblick auf das Umfassen und das Fassen an den Po fest, weniger gute Qualität und Komplexität bei geschilderten Beobachtungen, was aber nachvollziehbar ist, da die Betroffenheit des eigenen Körpers zu detäillierteren Erinnerungen führt. Was selbst gespürt wurde, bleibt besser im Gedächtnis. Im Ergebnis weist sie nachvollziehbar die Konfabulationshypothese zurück. Die Wahrnehmungsübertragungshypothese weist sie hingegen nur hinsichtlich des Umfassens und Anfassens am Po trotz des durch die Mädchen gesuchten Abstandes und in Bezug auf das Herüberbeugen über die Kinder anlässlich des Unterrichtsgeschehens zurück. Insoweit sei das Aussageverhalten von Unmittelbarkeit und Spontanität gekennzeichnet gewesen. Auch sei sie insoweit in der Lage gewesen, ihre Angaben zu präzisieren. Nicht mit der für forensische Zwecke gebotenen Güte kann sie die Wahrnehmungsübertragungshypothese bezüglich der Vorkommnisse „Heraufstreichen vom Po bis zur Schulter, Kopfablage auf dem Oberarm von J. B. und Vorfall beim Schulfest, J. Z. betreffend“ zurückweisen. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass E. lediglich Gehörtes als von ihr selbst Beobachtetes wiedergegeben hat.

(ccc) Hinsichtlich der Angriffe des Klägers kann zT. auf die Ausführungen oben verwiesen werden. Soweit der Kläger die Qualität des Gutachtens dadurch in Frage stellen möchte, dass der Zeuge S. ein Schlagen mit dem Buch auf den Kopf selbst verneint hat, findet sich eine entgegenstehende Feststellung im Gutachten bereits nicht. Soweit auf Seite 77 des Gutachtens auch der Name M. S. genannt wird, geht es offenbar um die Beleidigungen. Der Name wird im Zusammenhang mit dem von J. F. erwähnt. Im Übrigen spricht einiges dafür, dass sich E. nur mit dem Schüler vertan hat. Insoweit ist die Erklärung der Sachverständigen im Rahmen der Anhörung nachvollziehbar, wonach es sich auch nicht um eine Lüge der Schülerin handeln muss. Es kann eine falsche Erinnerung sein. Die Sachverständige hatte keine Veranlassung, sich mit diesem Komplex weiter zu befassen, da das beklagte Land den Vorwurf ausdrücklich nicht aufrecht erhalten hat, nachdem der Schüler sich selbst an einen entsprechenden Vorgang nicht erinnern konnte.

Den Einwand des Klägers, die Sachverständige hätte hinsichtlich der Schülerin N. die Glaubhaftigkeit der gesamten Aussage verneinen müssen, weil sie die Glaubhaftigkeit der Aussage zu dem Anfassen des Oberschenkels der Schülerin J. Z. nicht habe feststellen können, hat die Sachverständige bereits in dem Gutachten beantwortet und widerlegt. Sie hat dies auch nochmals im Rahmen der Anhörung erläutert. Die Sachverständige konnte insoweit nur mit ihren Mitteln nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, ob E. N. den ursprünglich geschilderten Vorfall (Anfassen des Oberschenkels der Mitschülerin J.) wirklich erlebt hat. Das heißt nicht, dass es nicht tatsächlich so gewesen ist. Angesichts des Ergebnisses des Gutachtens „A.“ ist es nicht auszuschließen, dass der Kläger auch der Schülerin Z. an den Oberschenkel gefasst hat. Der übrigen Aussage der Zeugin N. steht das jedenfalls nicht entgegen. Auf die entsprechenden Ausführungen der Sachverständigen in ihrem Gutachten und in der Anhörung vom 20. Juli 2011 wird Bezug genommen. Hinsichtlich der Motivation des Klägers wird auf die Ausführungen zur Begutachtung der L.-M. (dort unter (dd) verwiesen.

(cc) Nach den durch das beklagte Land vorgelegten Urkunden und dem Inhalt des Sachverständigengutachtens hat der Kläger auch die Schülerin N. A. ungeachtet wahrnehmbaren Abwehrverhaltens umfasst und ihr auch auf den Po gefasst. Danach hat der Kläger der Schülerin darüber hinaus während sie vorn neben ihm saß auf den Oberschenkel gefasst und diesen dabei manchmal auch gestreichelt. Diesen schwerwiegenden Gesichtspunkt, der als solcher allein geeignet gewesen wäre eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, hat das beklagte Land allerdings zunächst lediglich als Indiz für die Richtigkeit der Aussage der E. N. genannt, der Kläger habe einer anderen Schülerin während einer Veranstaltung unter dem Tisch auf den Oberschenkel gefasst. Zuletzt hat sich das beklagte Land allerdings uneingeschränkt zur Begründung der Kündigung auf die Ergebnisse des Gutachtens gestützt. Die Kammer geht davon aus, dass der Kündigungsvorwurf des beklagten Landes jedenfalls zuletzt so zu verstehen ist, dass der Kläger Schülerinnen auf den Oberschenkel gefasst habe und es den Angriff auf die Schülerin Z. als ein Beispiel für diese Tatsache aufgeführt hat. Im Ergebnis kommt es darauf letztlich nicht an, da bereits die übrigen Ergebnisse der Beweisaufnahme die Kündigungen rechtfertigen. Außerdem hat sich der Kläger nach den vorgelegten Urkunden und Sachverständigengutachten während des Unterrichtsgeschehens mit Körperkontakt über die Schülerin gebeugt.

(aaa) Die Sachverständige belegt in dem Gutachten bezüglich der Schülerin mit großer Sorgfalt unter Berücksichtigung der dargestellten Anforderungen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu den Vorwürfen. Dabei geht sie in der im Rahmen der anderen Überprüfungen geschilderten Art und Weise vor. Bezüglich der allgemeinen Aussagemerkmale hebt sie insoweit das hohe quantitative Detaillierungsniveau und die Strukturgleichheit hervor. Auch das Merkmal der logischen Konsistenz weist sie nach. Dies bezieht sich auch auf die Angaben zu Verhaltensweisen des Klägers gegenüber Mitschülerinnen. Auf die Ausführungen auf den Seiten 44 ff. des Gutachtens wird Bezug genommen. Auch N. A. schildert die zunehmende Intensität der Übergriffe des Klägers und das immer mehr als befremdlich wahrgenommene Verhalten des Klägers. Sie beschreibt auch, wie sie die Übergrifflichkeit erst gar nicht wahrgenommen habe und ihr diese – wie bei den übrigen Mädchen – erst im Laufe der Zeit bewusst geworden sei. Außerdem stellt sie dar, wie sich die Ereignisse in ihr psychisches Erleben eingeprägt haben (Also ich glaub’ niemand aus unserer Klasse – jetzt von den Mädchen – hat das vergessen. Also ich glaub’ irgendwie, das ist schon so’n bisschen irgendwie in die Seele reingegangen auch, wie er sich verhalten hat). Als besondere Merkmale weist sie auch hier eine Reihe von deliktspezifischen Elementen nach (Seiten 51 f des Gutachtens). Hinzu kommen Interaktionsschilderungen und motivationsbezogene Inhalte wie das Zugeben von Erinnerungslücken (Seite 53 des Gutachtens). Sie stellt außerdem auch hier das aussageübergreifende Qualitätsmerkmal der Präzisierbarkeit fest. Bei der Konstanzanalyse macht sie nur Einschränkungen im Hinblick auf das Wegdrücken der Brust. Insoweit konnte sie nicht feststellen, ob die Schülerin dies nur gehört oder tatsächlich erlebt hat. Im Rahmen der Prüfung der Aussagevalidität stellt die Sachverständige die Aussagetüchtigkeit der Schülerin und eine gut ausgebildete Wahrnehmungs- und Differenzierungsfähigkeit fest. Es sei keinerlei Neigung erkennbar, den Kläger diffamieren zu wollen. Die Konfabulationshypothese weist sie zurück. Die Schülerin sei nicht in der Lage, eine Aussage dieser Qualität lediglich zu konstruieren, ohne dass sie dafür eine Erlebnisgrundlage hätte. Die Wahrnehmungsübertragungshypothese weist die Sachverständige im Wesentlichen zurück. Einschränkungen macht sie hinsichtlich der angeblichen Brustberührung, wobei sie die Wahrscheinlichkeit für die Gültigkeit der Wahrnehmungsübertragungshypothese nachvollziehbar als eher gering einschätzt.

(bbb) Soweit der Kläger insoweit nun bestreitet, dass die Kinder ihre Stühle regelmäßig mit hätten nach vorne bringen müssen, steht das den festgestellten Berührungen nicht entgegen. Auf die Frage, wo der Stuhl jeweils herkam, auf dem die Kinder neben ihm gesessen haben, kommt es ersichtlich nicht an. Dass die Schülerinnen zeitweise im Rahmen des Unterrichtsgeschehens auch neben ihm saßen, ist durch den Kläger zu keinem Zeitpunkt im Rahmen des Verfahrens bestritten worden. Er benennt die Schülerin auch nicht dafür, dass er sie nicht angefasst habe. In diesem Fall hätte die Kammer die Schülerin allerdings vernehmen müssen, wenn es aus ihrer Sicht ungeachtet der übrigen Pflichtverletzungen auf diesen Umstand noch angekommen wäre. Zur Frage der sexuellen Motivation, die sich angesichts der Übergriffe des Klägers durch das Anfassen und Streicheln des Oberschenkels hier noch mehr aufdrängt, wird wieder auf die Ausführungen zu der Schülerin L.-M. E. Bezug genommen. Gleiches gilt hinsichtlich der übrigen Angriffe des Klägers.

(dd) Nach den durch das beklagte Land vorgelegten Urkunden und dem Inhalt des Sachverständigengutachtens ist die Schülerin A. F. ebenfalls durch den Kläger umarmt worden. Er hat ihr danach auch auf den Po gefasst.

Im Rahmen der Exploration durch die Sachverständige erfolgte insoweit eine deutlich umfangreichere Darstellung als im Rahmen der Ausgangsaussage gegenüber der Schulverwaltung. Die Sachverständige bejaht die allgemeinen Aussagemerkmale (Realkennzeichen). Auch stellt sie zahlreiche deliktspezifische Elemente fest und die Wiedergabe von Gesprächen sowie das Schildern eigenpsychischen Erlebens. Auch hier erkennt sie als aussageübergreifendes Qualitätsmerkmal die Präzisierbarkeit (Seite 64 des Gutachtens). Sie weist besonders auf die Vielzahl der aufzufindenden Realkennzeichen hin (Seite 65 des Gutachtens). Intentionale Bestrebungen, andere von der Richtigkeit ihrer Aussage unbedingt überzeugen zu wollen, sind danach nicht zu erkennen. Im Rahmen der Überprüfung der Aussagevalidität stellt sie ua. die uneingeschränkte Aussagetüchtigkeit der Schülerin fest. Eine negative oder diffamierende Haltung und Einstellung gegenüber dem Kläger konnte sie nicht erkennen. Die Konfabulationshypothese weist sie zurück. Angesichts der qualitativ und quantitativ gut ausgeprägten Realkennzeichen und der damit hohen Qualität könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Schülerin in der Lage gewesen wäre, dies zu konstruieren, wenn sie dafür keine Ergebnisgrundlage gehabt hätte. Die Sachverständige weist die Wahrnehmungsübertragungshypothese zwar nicht uneingeschränkt zurück. Sie sieht die Wahrscheinlichkeit für ihre Gültigkeit aber auch hier als eher gering an, was sie nachvollziehbar begründet. Sie kommt auch insoweit zu dem Ergebnis, dass die Aussage mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisbegründet ist.

(ee) Die Bekundungen der durch das Gericht vernommenen Jungen waren nicht geeignet, diese Ergebnisse zu erschüttern. Zum Teil wurden die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens durch die Jungen ausdrücklich bestätigt. Zum Teil waren die Aussagen unergiebig. Soweit die Jungen die streitgegenständlichen Berührungen am Po der Mädchen nicht wahrgenommen haben, spricht das insbesondere nicht notwendig dagegen, dass es zu solchen Berührungen gekommen ist, zumal sich die Kinder auch an die durch den Kläger zugestandenen Berührungen weitgehend nicht erinnert haben. Soweit einzelne Jungen ausdrücklich bekundet haben, sie hätten die Berührungen durch den Kläger nicht wahrgenommen bzw. etwas gesehen, wenn etwas Besonderes gewesen wäre, war das teilweis das Ergebnis suggestiver Befragung durch den Klägervertreter. Teilweise konnte die Kammer den kindlichen Zeugen auch keinen Glauben schenken.

(aaa) Die Vernehmung der Jungen ist unter Berücksichtigung der zuvor eingeholten konkreten Hinweise der Sachverständigen erfolgt, um den Wert der Aussagen zu erhöhen und insbesondere Suggestionen zu verhindern, aber auch zum Schutz der Kinder vor Überforderung. Vor jeder Beweisaufnahme fand ein kurzes Gespräch mit den Eltern in Anwesenheit des Vorsitzenden und der Sachverständigen statt. Das Beweisthema wurde nicht angesprochen. Die Eltern waren durchweg mit der Vernehmung der Jungen in ihrer Abwesenheit einverstanden. Die Sachverständige führte vor jeder Beweisaufnahme durch die Kammer zudem mit den Jungen ein etwa halbstündiges Gespräch, in dem sie den Beweisgegenstand ebenfalls nicht ansprach. Die Kammer versicherte sich dessen, indem sie in der nachfolgenden Vernehmung ausdrücklich danach fragte, was besprochen worden sei, auch um die notwendige Transparenz herzustellen. Dieses Vorgehen sollte den Kindern zudem die Anspannung nehmen und ihnen helfen, sich zu öffnen. Im Rahmen der Beweisaufnahme blieben sie neben der Sachverständigen sitzen. Das beabsichtigte Vorgehen war im Vorfeld mit den Parteien abgesprochen worden. Die Vernehmungen wurden vollständig digital aufgezeichnet. Im Rahmen der Vernehmung ist der Sachverständigen Gelegenheit zur ergänzenden Fragestellung gegeben worden.

(bbb) Z.T. haben Jungen ausdrücklich bekundet gesehen zu haben, dass der Kläger die Mädchen gegen deren erkennbaren Willen an sich herangezogen habe. So hat der Zeuge B. einen Vorfall geschildert, bei dem sich die Schülerin J. Z. ausdrücklich dagegen gewehrt habe, durch den Kläger angefasst zu werden. Der Kläger sei empört gewesen und habe darauf gesagt: „Ja wenn ich nicht mehr mal nett zu euch sein darf, was soll ich denn überhaupt hier.“ Daraufhin habe er zwar nicht mehr J. Z., die anderen Mädchen aber weiterhin umarmt. Der Zeuge A. konnte sich nur noch an eine Auseinandersetzung zwischen J. Z. und dem Kläger erinnern, nicht aber mehr an den konkreten Hintergrund. Der Zeuge S. hat bekundet, die Mädchen hätten „sich so wegbewegt“, als er sie umarmt habe. Der Zeuge Ch. H. hat das Umfassen bemerkt und nach seiner Bekundung „als komisch empfunden“, „aber mehr wisse er echt nicht“. Sie seien es halt so gewohnt gewesen.

Z.T. haben die durch den Kläger benannten Jungen auch ausdrücklich bekundet, dass der Kläger Mädchen an den Po gefasst habe, so zB. M. S. und M. B., wobei Letzterer allerdings bekundete, dass er den weiter entwickelten Mädchen über den Po gestreichelt habe, wie zB. J. Z., nicht L.. Die Aussagen der übrigen Jungen waren insoweit wenig ergiebig. Meist lag keine Erinnerung vor. Der Zeuge N. R. konnte sich noch an das Heranziehen erinnern und daran, dass der Kläger den Mädchen auf den Po gehauen habe, wenn sie mit einer Aufgabe fertig gewesen seien. Aber „was anderes sei da nicht gewesen“. Daran konnte sich der Zeuge auch erst erinnern, nachdem das Gericht ihm vorgehalten hatte, dass der Kläger die Umarmungen selbst zugestanden habe. Zuvor konnte er sich insoweit an nichts erinnern. Jedenfalls konnte er nach entsprechendem Vorhalt des Klägervertreters aber bekunden, dass es sich erinnert hätte, wenn der Kläger zB. der Schülerin L. E. über den Po oder den Rücken gestreichelt hätte (Seite 35 des Protokolls vom 20. Januar 2011). Das hat diese Schülerin aber selbst auch nie behauptet. Der Zeuge saß im Übrigen hinten mittig. Der Zeuge H. glaubte nicht, dass der Kläger bei den Mädchen „was Schlimmes“ gemacht habe. Er konnte sich allerdings auch nicht daran erinnern, dass der Kläger die Mädchen überhaupt in den Arm genommen hat. So auch der Zeuge P. K. (Seite 50, 61 des Protokolls vom 19. Januar 2011). Welche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass der Zeuge, als er sich dann wohl doch noch an eine Situation erinnern konnte, in der die Mädchen vorn neben dem Kläger standen, unbewusst den Arm hob und mit der Hand eine streichelnde Bewegung andeutete (Seite 65 des Protokolls vom 19. Januar 2011), kann im Ergebnis daher dahinstehen. Auf entsprechenden Vorhalt hatte der Zeuge dann jedenfalls „überhaupt keinen Plan gerade so“. Auch der Zeuge T. T. konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, dass der Kläger die Mädchen umarmt hat (Seite 15, 16 des Protokolls vom 21. Januar 2011). Soweit die Kinder auf den Vorhalt des Klägervertreters, sie würden sich doch bestimmt daran erinnern, wenn etwas „Besonderes“ vorgefallen sei, mit „ja“ geantwortet haben, war diese Erklärung als solche aussagelos. Die Frage war zu unklar, um der Antwort einen konkreten Inhalt beimessen zu können. Es wurde aber sehr deutlich, wie die Kinder auf Suggestionen reagieren. So hatte zB. der Zeuge A. zunächst bekundet, er könne sich nicht daran erinnern, dass einmal ein Kind neben dem Kläger gestanden habe. Auf die Frage des Gerichts, womit das zusammenhängen könne, bekundete er, dass er immer so in seine Arbeit vertieft gewesen sei. Auf die Frage, ob er nicht manchmal auch in Richtung Lehrerpult gesehen habe, meinte er, dass das manchmal schon der Fall gewesen sei, ihm dabei aber nichts aufgefallen sei. Auf die direkte Frage des Gerichts, ob er mal gesehen habe, dass der Kläger ein Mädchen seitlich in den Arm genommen habe, antwortete er zunächst mit „ja“, hatte dann auf weitere Nachfrage aber keine Situation mehr in Erinnerung, bis er schließlich sagte, er wisse es einfach nicht mehr. Sodann fragte der Klägervertreter: „Du hast ja vorne gesessen hast du gesagt. Außergewöhnliches ist dir dabei nicht aufgefallen. Wenn es außergewöhnlich wäre, denke ich schon, wäre es dir aufgefallen.“ Der Zeuge antwortete darauf: „Genau.“ Auf den Vorhalt des Klägervertreters wenige Minuten später, er habe auch nicht gesehen, dass der Kläger L. E. über den Rücken oder Po gestreichelt habe, antwortete er spontan mit „nee, nee“, um wenige Sekunden später zu bekunden, dass er schon mal so über den Kopf oder Rücken gestreichelt habe. Dass der Kläger der Zeugin L. E. nicht über den Po gestreichelt hat, ist allerdings auch nicht streitig. Die übrigen Jungen hatte insoweit keine Erinnerung. Soweit sie sich noch daran erinnern konnten, dass der Kläger Mädchen in den Arm genommen hat, haben sie ihrerseits allerdings einen sexuellen Bezug nicht hergestellt.

Dieses Ergebnis widerspricht den Bekundungen der Schülerin L. E. und den Feststellungen der Sachverständigen nicht. Kein Junge hat ausdrücklich bekundet, ausschließen zu können, dass der Kläger den Mädchen an den Po gefasst hat. Dass die Jungen sich im Gegensatz zu den Mädchen daran eher nicht erinnern können, ist auch leicht nachvollziehbar. Selbst den Mädchen ist nach ihren Bekundungen erst im Laufe der Zeit bewusst geworden, was mit ihnen geschah. Außerdem bleiben Berührungen ganz anders in Erinnerung als Beobachtungen, zumal wenn ein Verhalten in das normale tägliche Geschehen eingebettet wird, wie die Sachverständige ausführlich erläutert hat. Deshalb ist es auch erklärlich, dass sich die Jungen an den Klaps auf den Hintern erinnern konnten, den sie durch den Kläger – unstreitig – erhielten, wenn sie an der Tafel eine Aufgabe gelöst hatten und sich wieder setzen durften.

Die Abkürzung des Namens F. haben mehrere Jungen wahrgenommen und entsprechend bekundet. Der Zeuge M. bekundete, dass das sehr auffällig gewesen sei und auch schon darüber geredet worden sei, „dass das bei ihm irgendwie nicht sein könne.“ Der Kläger habe die Klassenliste zum Teil ganz plötzlich aus heiterem Himmel aufgerufen. Der Zeuge A. bekundete, dass er es schon verstehen könne, dass J. F. es als beleidigend empfunden habe, dass er immer „Ficki“ zu ihr gesagt habe. Nachdem J. das dem Kläger einmal gesagt habe, habe dieser damit zwar zunächst aufgehört, später aber nach seiner Erinnerung wieder damit angefangen. Er persönlich habe die ganze Aufregung allerdings nicht verstanden. Er habe nicht das Gefühl, dass der Kläger es beleidigend gemeint habe. Die Aussage von E. S., der Kläger habe diese Abkürzung nicht verwandt, erscheint insoweit wenig glaubwürdig, zumal der Kläger unstreitig gestellt hat, dass er die Namen beim Durchgehen der Klassenliste mit den ersten drei Buchstaben abgekürzt und gelegentlich auch „Ficki“ zu J. F. gesagt habe. Gleiches gilt für die Aussage von T. T., der nach sehr langem Zögern erklärte: „Nee, glaube ich nicht.“ und später dann ergänzte, es könne doch einmal versehentlich vorgekommen sein, verbunden mit einer Entschuldigung. Das hat sonst kein Kind bekundet. Dieses spricht hier eher für eine Entlastungsmotivation seitens des Kindes. Auch insoweit sind also die Aussagen der Mädchen eher noch bekräftigt worden.

Kein Junge hat bestätigt, dass der Kläger Schülerinnen auf den Oberschenkel gefasst habe. Das spricht aber ebenfalls nicht gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme, da kaum anzunehmen ist, dass der Kläger dies vor den Augen der übrigen Kinder gemacht hat. Hinsichtlich J. Z. soll es unter dem Tisch geschehen sein, im Übrigen ist davon auszugehen, dass sich diese Vorgänge hinter dem Lehrertisch abgespielt haben, die Jungen sie also gar nicht wahrnehmen konnten.

(ff) Der Schlussfolgerung des Klägers, wenn er sich – so das Ergebnis der Beweisaufnahme – regelmäßig entsprechend gegenüber den Schülerinnen verhalten hätte, müsse das notwendig auch die zeitweise zwecks Hospitation anwesende Zeugin G. mitbekommen haben, teilt die Kammer nicht. Die Zeugin hospitierte nicht während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums bei dem Kläger. Außerdem war sie nicht während des gesamten Unterrichts des Klägers anwesend. Es verblieben genügend Unterrichtszeiten, die ein von der Lehrerin unbeobachtetes Verhalten des Klägers zuließen. Eine Unterbrechung während der Anwesenheitszeiten der Zeugin G. stand der Wahrnehmung seines Verhaltens durch die Kinder als regelmäßig nicht entgegen. Die Kammer konnte dementsprechend unterstellen, dass er die Mädchen während der Anwesenheit der Zeugin nicht gegen deren Widerstand umarmt und auf den Po oder das Bein gefasst und die Kinder auch nicht beleidigt hat, sodass es einer Vernehmung der Zeugin zu diesem Punkt nicht mehr bedurfte.

(d) Entgegen der zuletzt durch den Kläger vertretenen Ansicht liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme vor. Richtig ist allerdings, dass die Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht zu erfolgen hat. Das ist hier aber auch geschehen. Das beklagte Land war zur Führung des Beweises nicht auf die Benennung von Zeuginnen beschränkt. Es hatte ursprünglich zum Beweis für die streitigen Tatsachen Urkunden und Zeuginnen angeboten. Geführt hat es den Beweis im Ergebnis durch die Urkunden – zunächst die Protokolle der Anhörungen des Schulamtes, später auch das Gutachten der Sachverständigen – und im Ergebnis durch die Feststellungen der Sachverständigen, aus denen sich ergibt, dass und inwieweit die darin niedergelegten Tatsachen durch die aussagenden Mädchen nicht nur angegeben, sondern auch erlebt worden sind. Der Umstand, dass die Kinder die Aussagen – wie in den durch das Schulamt erstellten Protokollen und in dem Gutachten der Sachverständigen niedergelegt – tatsächlich gemacht haben, ist unter den Parteien zu keinem Zeitpunkt streitig gewesen. Im Rahmen des Gutachtens hat die Sachverständige Feststellungen getroffen, anhand derer die Kammer zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass und ggf. inwieweit die Mädchen die geschilderten Begebenheiten tatsächlich erlebt haben. Die Sachverständige hatte nicht festzustellen, ob die unter den Parteien streitigen Tatsachen sich so zugetragen haben. Es ging vielmehr um die Feststellung, ob die Mädchen das, was sie unstreitig zu Protokoll gegeben haben, auch tatsächlich erlebt hatten. Im Übrigen war das beabsichtigte Vorgehen den Parteien zuvor mitgeteilt worden, ohne dass diese hiergegen Einwände erhoben haben. Nur im Rahmen eines Zeugenbeweises hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, auf eine Vernehmung der Mädchen zu bestehen. Einen solchen hat die Kammer aber bezüglich der Mädchen nicht durchgeführt. Der Kläger hatte während des Verfahrens jederzeit die Möglichkeit, die begutachteten Mädchen als Zeuginnen zu benennen und dadurch deren Vernehmung zu erzwingen, wenn er das tatsächlich gewollt hätte. Davon hat er abgesehen und sich darauf beschränkt, die fehlende Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu rügen, ohne eine Vernehmung der Mädchen zu den konkreten Vorwürfen überhaupt zu beantragen.

Ein Grundsatz der „materiellen“ Unmittelbarkeit (wonach nur diejenigen Beweismittel zulässig sind, die ihrem Inhalt nach der erheblichen Tatsache am nächsten stehen) ist weder dem Arbeitsgerichtsgesetz noch der Zivilprozessordnung zu entnehmen. Es steht den Parteien frei, auch bei vorhandenen unmittelbaren Beweismitteln sich auf die Benennung mittelbarer Beweismittel zu beschränken. Ein ggf. geringerer Beweiswert mittelbarer Beweismittel ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (Stein/Jonas-Berger § 355 Rn. 29). Hier hat sich das beklagte Land ausdrücklich auf mittelbare Beweismittel beschränkt. Die Kammer geht davon aus, dass dieses Einverständnis für den Fall erklärt worden ist, dass das Gericht bereits aufgrund dieser Beweismittel zu dem Ergebnis gelangt, dass seine Behauptungen bewiesen sind. Das beklagte Land hat damit einer Anregung des Gerichts entsprochen, die vor dem Hintergrund des Schutzes der Kinder, aber auch vor dem des hier ausnahmsweise sogar eher höheren Beweiswertes der verbliebenen Beweismittel erfolgt ist. Es entspricht heute anerkannten Grundsätzen, dass der Beweiswert kindlicher Aussagen mit der steigenden Anzahl der anwesenden Personen eher abnimmt. Für den Beweiswert kindlicher Vernehmungen ist die Anwesenheit der Eltern, aber auch sonstiger Prozessbeteiligter (des Gerichts, der Prozessvertreter) eher abträglich. Die entsprechenden Hinweise der Sachverständigen sind vorab mit den Parteien besprochen worden.

b) Die außerordentliche Kündigung ist auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Streitfalls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien gerechtfertigt.

aa) Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (vgl. BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7, Rn. 45). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - AP Nr. 229 zu § 626 BGB = NZA 2010, 1227 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32, Rn. 32 ff.).

bb) Eine Abmahnung war nach den Umständen des Falls entbehrlich. Zur Klarstellung der vertraglichen Pflichten bedurfte es ihrer nicht. Die Vertragsverletzung war für den Kläger erkennbar. Soweit es um das Fassen auf den Po geht, brachte er das selbst in der Sitzung vom 17. Januar 2011 klar zum Ausdruck (Seite 3 des Protokolls). Bei dem Fassen auf den Schamhügel und den Oberschenkel ist die Erkennbarkeit selbstverständlich. Aber auch bei dem Umfassen der Kinder gegen deren Widerstand muss dem Kläger die Pflichtwidrigkeit seines Handelns bewusst gewesen sein. Einem derart erfahrenen Lehrer wie dem Kläger muss es bekannt sein, dass ein Umarmen und Festhalten von Kindern, obwohl diesen das erkennbar unangenehm ist, mit seinem Erziehungsauftrag nicht vereinbar ist. Eine Abmahnung war auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich. Das Verhalten des Klägers hat das Vertrauen des beklagten Landes in eine künftig ordnungsgemäße Vertragserfüllung nachhaltig beeinträchtigt. Der Kläger hat das Vertrauen des beklagten Landes in ein die physische und psychische Integrität der Kinder wahrendes Verhalten missbraucht. Das Gewicht der Pflichtverletzung wird noch dadurch verstärkt, dass er seine Vertrauensstellung im Verhältnis zu den Kindern und deren Glauben an die Ordnungsmäßigkeit seines Handelns ausgenutzt hat. Die Folgen für das Ansehen der Schule und ihres Schulträgers lagen auf der Hand. Der Kläger hat bewusst gegen Vorgaben verstoßen, zu deren Beachtung er im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer verpflichtet war. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger die geringen Kontrollmöglichkeiten und das Vertrauen der Kinder ausgenutzt hat. Bei einem solchen, durch die Einbettung in das Unterrichtsgeschehen schwer kontrollierbaren und zudem durch das Ausnutzen des Schamgefühls der Kinder ermöglichten Verhalten ist dem beklagten Land – für den Kläger erkennbar – die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, und sei es nach Erteilung einer Abmahnung, nicht zuzumuten. Auch der Kontrollverlust gegenüber dem Schüler R. wirkte sich zulasten des Klägers aus. Hierauf kam es aber der Kammer angesichts der übrigen gravierenden Pflichtverletzungen nicht mehr entscheidend an, auch nicht darauf, dass es sich u. U. nicht um einen Einzelfall gehandelt hat, wie sich im Rahmen der Vernehmung des Zeugen A. H. herausstellte. Jedenfalls bekundete der Zeuge, dass der Kläger ihm einmal auf die Hand geschlagen habe, weil er zu einer Therapiesitzung gehen wollte, die er damals im Zusammenhang mit seinem ADH-Syndrom besuchte. Bereits das Anfassen des Schamhügels der Schülerin L.-M. E. hätte aus den aufgeführten Gründen eine Abmahnung entbehrlich gemacht. Gleiches gilt für das Anfassen und Streicheln des Oberschenkels der Schülerin N. A.. Die übrigen festgestellten Pflichtverletzungen haben dieses Ergebnis bestärkt und bestätigt.

cc) Die fristlose Kündigung ist auch unter Einbeziehung der Interessen beider Vertragsteile gerechtfertigt. Dem beklagten Land war die Einhaltung der siebenmonatigen Kündigungsfrist unzumutbar. In den Abwägungsprozess einzubeziehen war zugunsten des Klägers insbesondere dessen langjährige Dienstzugehörigkeit. Auch hat das beklagte Land Dienstpflichtverletzungen vor seinem Wechsel an die Grundschule nicht vorgetragen. Demgegenüber handelte es sich bei den streitgegenständlichen Pflichtverletzungen nicht um einmalige, sondern sich über einen langen Zeitraum hinziehende und in der Häufigkeit steigernde Verhaltensweisen. Angesichts des Gewichts der in Rede stehenden Pflichtverletzungen, der Stellung des Klägers als Lehrer, der damit verbundenen Außenwirkung und der Tatsache, dass eine Tätigkeit als Lehrer die Fortführung der bisherigen Verhaltensweisen im Wesentlichen unkontrollierbar ermöglicht, überwogen die Interessen des beklagten Landes deutlich. Selbst einzelne Vorfälle der in Rede stehenden Art, wie das Fassen auf den Schamhügel der acht bzw. neunjährigen L.-M. oder das Fassen auf den Oberschenkel einer anderen Schülerin anlässlich des Unterrichtsgeschehens, aber auch das Umarmen und Heranziehen gegen den wahrnehmbaren Willen der Kinder oder auch das Fassen auf den Po der Mädchen lassen die lange Dienstzugehörigkeit in den Hintergrund treten. Hinzu kommt die Respektlosigkeit gegenüber einzelnen Schülerinnen durch die Abwandlungen der Namen in Richtungen, die den betroffenen Kindern ersichtlich unangenehm sein mussten und der Kontrollverlust gegenüber dem Schüler R., woraus sich jedenfalls ergibt, dass das Arbeitsverhältnis in den letzten Jahren vor Ausspruch der Kündigung nicht frei von Pflichtverletzungen verlaufen ist. Auch insoweit führt aus den genannten Gründen allein das Anfassen des Schamhügels der Schülerin L.-M. E. im Rahmen der Interessenabwägung auch gegenüber einer 40jährigen Dienstzeit zu einem Überwiegen der Interessen des beklagten Landes. Das Kind wird den dabei empfundenen Ekel uU. sein ganzes Leben nicht vergessen. Gleiches gilt für das Anfassen und gelegentlichen Streicheln des Oberschenkels der Schülerin A. und das Fassen auf den Po der Mädchen. Die unstreitigen, dem Kläger vorgeworfenen Verhaltensweisen sowie die weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme verstärken das Interesse des beklagten Landes jeweils zusätzlich.

c) Die Kündigungen vom 4. September 2009 sind nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Die Beklagte hat die gesetzliche Frist zur Erklärung der Kündigungen gewahrt.

aa) Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Solange er die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen durchführt, läuft die Ausschlussfrist nicht an. Um den Lauf der Frist nicht länger als notwendig hinauszuschieben, muss eine Anhörung allerdings innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Die Frist darf im Allgemeinen, und ohne dass besondere Umstände vorlägen, nicht mehr als eine Woche betragen (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - NZA 2011, 798 = EzA-SD 2011, Nr. 13, 3, Rn. 15). Der Arbeitgeber hat nicht nur zwei Möglichkeiten, dem sich mit der Zeit entwickelnden Zuwachs an Erkenntnissen durch eine außerordentliche Kündigung zu begegnen. Es gibt nicht lediglich zwei objektiv genau bestimmbare Zeitpunkte, zu denen die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begönne: einen Zeitpunkt für den Ausspruch einer Verdachts-, einen weiteren für den Ausspruch einer Tatkündigung. Im Laufe des Aufklärungszeitraums kann es vielmehr mehrere Zeitpunkte geben. Dabei steht dem Kündigungsberechtigten ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 – aaO., Rn. 18). Ist vor Ausspruch der Kündigung ein innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ein personalvertretungsrechtliches Verfahren durchzuführen, genügt der Ausspruch der Kündigung nach Ablauf der Frist, da vom Arbeitgeber nicht Unmögliches verlangt werden kann. Er muss dann aber in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 5 SGB IX unverzüglich nach Abschluss des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens erfolgen (vgl. BAG 8. Juni 2000 - 2 AZR 375/99 - AP Nr. 164 zu § 626 BGB = NZA 2001, 212 = EzBAT § 54 BAT Mitbestimmung des Personalrats Nr. 1, Rn. 11 f.; RGRK/Corts 12. Aufl. § 626 BGB Rn. 226; Kapproth/Eylert § 68 PersVG Brandenburg Rn. 70; Germelmann/Binkert PersVG Berlin 3. Aufl. § 87 Rn. 104).

bb) Nach diesen Maßstäben hat das beklagte Land mit Ausspruch der Kündigungen am 4. und Zugang am 5. September 2009 die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Die Ausschlussfrist begann hier jedenfalls nicht vor dem 19. August 2009 zu laufen. Die Stellungnahme der Lehrerin G. lag dem Leiter des Schulamtes am 16. Juli 2009 vor. Dieser leitete unmittelbar eine Untersuchung ein. Bereits mit Schreiben vom 22. Juli 2009 gab das beklagte Land dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Obwohl gerade die Ferien begonnen hatten, führte es schon am 23. Juli 2009 die ersten Vernehmungen durch. Das beklagte Land ging auch in der Folgezeit mit der gebotenen Eile vor. Es trieb die Untersuchung kontinuierlich weiter. Dem Kläger wurde angesichts seines Akteneinsichtsgesuchs die Frist von einer Woche zur Stellungnahme ab Akteneinsicht gewährt. Der Kläger nahm – nach am 6. August 2009 gewährter Akteneinsicht – mit Schreiben vom 13. August 2009 Stellung, welches in der Dienststelle am 13. August 2009 nach Dienstschluss per Fax einging. Dass dem Kläger insgesamt mehr als eine Woche Zeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde, ist unerheblich. Das war dem noch laufenden Ermittlungsverfahren geschuldet. Dem Kläger sind auch in der Folgezeit die Ergebnisse des noch laufenden Verfahrens zu Händen seines Prozessbevollmächtigten zur Stellungnahme übermittelt worden. Aufgrund der Ferienzeit und der erheblichen Zurückhaltung vieler Eltern stand am 19. August 2009 fest, dass kurzfristig eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht zu erwarten war. Mehrere Eltern hatten inzwischen eine Anhörung ihrer Kinder mit der Begründung abgelehnt, diese nicht noch weiteren Belastungen aussetzen zu wollen. Sie wiesen ihrerseits auf Schilderungen ihrer Töchter zu Übergriffen durch den Kläger hin, die diese aktuell noch sehr belasteten. Das beklagte Land leitete sodann unmittelbar, also innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB, das personalvertretungsrechtliche Mitwirkungsverfahren ein. Die außerordentliche Kündigung unterliegt nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG Brandenburg der Mitwirkung. Nach § 67 Abs. 1 Satz 2 PersVG Brandenburg kann sich der Personalrat innerhalb von zehn Arbeitstagen äußern. Andernfalls gilt die Maßnahme als gebilligt. Das beklagte Land leitete am 20. August 2009 die Anhörung des Personalrats ein, der am 3. September tagte und keine Stellungnahme abgab. Am 5. September 2009 erhielt der Kläger die außerordentliche Tatkündigung und die außerordentliche Verdachtskündigung, beide vom 4. September 2009.

d) Gegen die Ordnungsmäßigkeit der Personalratsanhörung bestehen keine Bedenken. Die Rüge unterbliebener bzw. nicht ordungsgemäßer Personalratsanhörung hat der Kläger nach Vorlage der Unterlagen durch das beklagte Land nicht weiter verfolgt. Hiervon ist bereits das Arbeitsgericht ausgegangen. Mit der Berufung greift der Kläger die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit nicht an, auch nicht nach einem entsprechenden Hinweis des beklagten Landes.

e) Angesichts dieser Ergebnisse konnte es dahinstehen, ob der Kläger sich den Kindern auch bei weiteren Gelegenheiten in unangemessener Art und Weise genähert und sie berührt hat, z.B. im Rahmen des Werkunterrichts oder anlässlich des sonstigen Geschehens durch ein Körperberührungen erzwingendes Verhalten. Dahinstehen konnte auch, ob der Kläger der Schülerin H. in unangemessener Form in Gegenwart der Zeugin G. über das T-Shirt gestrichen hat. Die durch den Kläger insoweit vorgetragenen Gesichtspunkte sprechen allerdings nicht gegen den Wahrheitsgehalt der Aussage der Zeugin.

f) Der Inhalt der auf Anregung der Parteien beigezogenen Strafakte ist den Parteien durch – mit der Staatsanwaltschaft vorab besprochener – Bewilligung von Akteneinsicht zur Verfügung gestellt worden. Die Kammer hat sich darauf beschränkt, im Rahmen der Gesamtwertung das zu würdigen, was die Parteien während des Verfahrens insoweit vorgetragen haben.

2) Auch die Verdachtskündigung des beklagten Landes war wirksam. Insoweit konnte die Kammer deren Wirksamkeit schon wegen erwiesenen Tatvorwurfs feststellen. Die Kündigung kann mit Erfolg aber auch auf den Verdacht der Begehung der dargestellten Pflichtverletzungen gestützt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht jedenfalls auch der dringende Tatverdacht, dass der Kläger die Mädchen in der oben festgestellten Art und Weise angefasst hat. Zudem besteht auch der dringende Verdacht sexuellen Missbrauchs. Es bedurfte auch insoweit keiner Abmahnung. Auch die Interessenabwägung führt nicht zu einem für den Kläger günstigen Ergebnis. Die Ausschlussfirst des § 626 Abs. 2 BGB ist ebenfalls gewahrt. Gegen die Ordnungsmäßigkeit der Personalratsbeteiligung hat der Kläger auch insoweit Einwendungen nicht mehr erhoben. Das beklagte Land hat auch die zusätzlichen Anforderungen an eine Verdachtskündigung erfüllt.

a) Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Er muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Auch der Verdacht einer nicht strafbaren, gleichwohl erheblichen Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein (vgl. BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - DB 2011, 880 = EzA-SD 2011, Nr. 7, 3, Rn. 17). Vor Ausspruch der Kündigung ist der Arbeitnehmer zu den Vorwürfen durch den Arbeitgeber anzuhören. Bei der Überprüfung einer Verdachtskündigung haben die Gerichte dem Vorbringen des Arbeitnehmers, mit dem er sich von dem ihm gegenüber vorgebrachten Verdacht reinigen will, durch eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts nachzugehen (vgl. BAG 18. November 1999 – 2 AZR 743/98 - AP Nr. 32 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = NZA 2000, 418 = EzA § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9, Rn. 17). Der Verdacht kann im Laufe des Kündigungsschutzprozesses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz verstärkt oder ausgeräumt werden (vgl. BAG 14. September 1994 - 2 AZR 164/94 - AP Nr. 24 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = NZA 1995, 269 = EzA § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5, Rn 27; Küttner/Eisemann Personalbuch Stichwort: Verdachtskündigung Rn. 13 mwN.)

Obwohl der Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens gegenüber dem Tatvorwurf einen eigenständigen Kündigungsgrund darstellt, stehen beide Gründe nicht beziehungslos nebeneinander. Wird die Kündigung mit dem Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens begründet, steht indessen zur Überzeugung des Gerichts die Pflichtwidrigkeit tatsächlich fest, lässt dies die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung unberührt. Maßgebend ist allein der objektive Sachverhalt, wie er sich dem Gericht nach Parteivorbringen und ggf. Beweisaufnahme darstellt. Ergibt sich nach tatrichterlicher Würdigung das tatsächliche Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit, ist das Gericht nicht gehindert, dies seiner Entscheidung zugrunde zu legen; es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber sich während des Prozesses darauf berufen hat, er stütze die Kündigung auch auf die erwiesene Tat (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - NJW 2011, 2231 = EzA-SD 2011, Nr. 13, 3, Rn. 26).

b) Diesen Anforderungen ist hier genügt.

aa) Aus den dargestellten Gründen ist auch die Verdachtskündigung bereits im Hinblick auf den festgestellten Tatvorwurf wirksam, da zur Überzeugung der Kammer die Pflichtwidrigkeit tatsächlich feststeht.

bb) Die Kündigung ist aber auch durch ausreichende Verdachtsmomente gerechtfertigt, die geeignet waren, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit bestand zunächst ua. der Verdacht, dass der Kläger ihm anvertraute Mädchen ua. an Po und Schamhügel gefasst hat und es sich bei den Handlungen uU. um sexuellen Missbrauch gehandelt haben könnte. Anknüpfungstatsachen waren insbesondere die Aussagen der durch das Schulamt im Rahmen eines bestimmten Verfahrens vernommenen Mädchen sowie die der Lehrerin G., aber auch die durch den Kläger nicht bestrittenen Erklärungen der Eltern, insbesondere auch die der Eltern der nicht vernommenen Mädchen, zB. C. H. und J. Z.. Dieser Verdacht hat sich im Rahmen des Verfahrens nicht verringert. Dem Kläger ist insoweit Gelegenheit gegeben worden, ihn durch ein Sachverständigengutachten und zahlreiche Zeugen zu entkräften. Es war nicht auszuschließen, dass dies gelingen könnte, was zu der umfangreichen Beweisaufnahme geführt hat. Im Ergebnis ist der Verdacht nicht entkräftet, sondern deutlich – nach Ansicht der Kammer sogar bis zu einem Grad, bei dem vernünftigen Zweifeln Einhalt geboten war – verstärkt worden.

Daneben hat sich aufgrund der als erwiesen angesehenen Handlungen des Klägers der Verdacht des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener erhärtet. Anknüpfungstatsachen sind insoweit die festgestellten Tathandlungen selbst. Diese Tatsachen lagen sämtlich vor Ausspruch der Kündigung vor. Es schadet nicht, dass sie zum Teil erst nach deren Ausspruch ermittelt worden sind. Das gilt insbesondere auch für den festgestellten Verlauf des Vorgehens des Klägers (anfänglich zurückhaltend, später regelmäßig). Die Sachverständige hat bezüglich sämtlicher Schülerinnen insoweit gut nachvollziehbar deliktspezifisches Verhalten des Klägers und entsprechende Wahrnehmungen der Mädchen aufgezeigt. Hierauf wird Bezug genommen.

cc) Das beklagte Land hat auch das Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen. Der Kläger ist zu den einzelnen Vorwürfen vor Ausspruch der Kündigung angehört worden. Soweit das beklagte Land Gesichtspunkte nachgeschoben hat, ist dem Kläger jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Im Übrigen hatte der Kläger Gelegenheit, hierzu im Rahmen des Rechtsstreits Stellung zu nehmen, was bei nachgeschobenen Gesichtspunkten an sich ausreichend ist. Die Kündigung hätte seine Stellungnahme nicht mehr verhindern können. Der Kläger hat sich darauf beschränkt, die Vorwürfe zu bestreiten. Das beklagte Land hat die Kündigung erst ausgesprochen, als bereits erhebliche Verdachtsmomente vorlagen und als es davon ausging, dass eine weitere Aufklärung durch die Vernehmung anderer Mädchen nicht mehr zeitnah zu realisieren war. Es hatte zwei Schülerinnen befragt, die den Kläger erheblich belastet hatten, außerdem den Schulleiter und die Lehrerin G., also Personen, die zu dem Verdacht als Auskunftspersonen Stellung nehmen konnten. Darüber hinaus waren bereits zahlreiche Eltern befragt worden, die aber auch eher belastende Gesichtspunkte vorgetragen hatten, soweit sie sich überhaupt geäußert hatten. Entgegen der Auffassung des Klägers, das Land hätte weitere Schüler zu seiner Entlastung befragen müssen, drängte sich dies aus damaliger Sicht eher nicht auf. Zunächst hat er insoweit selbst nicht zur Aufklärung beigetragen bzw. eine solche angeregt. Das beklagte Land musste damals auch nicht davon ausgehen, dass nicht betroffene Kinder hierzu hätten Aussagen machen und den Kläger entlasten können. Bei lebensnaher Betrachtungsweise war nicht zu erwarten, dass der Kläger L.-M. E. für alle anderen Schüler sichtbar auf den Schamhügel oder Mädchen auf den Po gefasst hat, sodass es auch den Jungen hätte auffallen müssen. Insoweit ist es dem beklagten Land im damaligen Stadium des Verfahrens nicht vorzuwerfen, wenn es davon ausgegangen ist, dass die anderen Kinder allenfalls weitere belastende und nicht auch entlastende Gesichtspunkte hätten beitragen können. Diese Einschätzung hat sich im Ergebnis der Vernehmung der Jungen der Klasse, in der der Kläger als Klassenlehrer eingesetzt war, auch als zutreffend herausgestellt. Insoweit war es ausreichend, dass im Rahmen des Rechtsstreits allen relevanten und für eine Entlastung in Betracht kommen Gesichtspunkten nachgegangen worden ist. Dem Kläger ist durch Einholung eines Sachverständigengutachtens die Gelegenheit gegeben worden, sich von den Vorwürfen „reinzuwaschen“. Im Ergebnis ist der bereits nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts vorhandene erhebliche Verdacht nicht ausgeräumt, sondern im Rahmen des Verfahrens gerade im Hinblick auf den dringenden Verdacht sexuellen Missbrauchs durch den Inhalt des eingeholten Gutachtens noch deutlich verstärkt worden. Dem Kläger ist auch durch die Vernehmung der durch ihn benannten Jungen Entlastungsmöglichkeit eingeräumt worden, allerdings ebenfalls nicht mit dem durch ihn erstrebten Erfolg.

dd) Einer Abmahnung bedurfte es auch im Hinblick auf die Verdachtskündigung schon aus den oben unter II 1 b bb dargelegten Gründen nicht.

ee) Auch hinsichtlich der Interessenabwägung kann auf die oben unter II 1 b cc aufgeführten Gesichtspunkte verwiesen werden.

ff) Das Beklagte Land hat aus den oben unter II 1 c genannten Gründen auch hinsichtlich der Verdachtskündigung die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

gg) Der Personalrat ist zur Verdachtskündigung ebenfalls angehört worden. Auch insoweit erhebt der Kläger nach Vorlage der Unterlagen keine Einwendungen mehr.

3) Nachdem das Arbeitsverhältnis damit bereits vor Ausspruch der ordentlichen Kündigungen beendet war, kam es auf deren Wirksamkeit nicht mehr an. Aus den dargelegten Gründen wären allerdings sowohl die ordentliche Verdachts- als auch die ordentliche Tatkündigung wirksam gewesen. Das beklagte Land hat die Kündigungsfrist eingehalten.

4) Aus den Gründen zu 1) und 2) blieben auch die Anträge zu 2) und 3) erfolglos.

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Kammer ist zu dem Ergebnis nach umfassender, auf den Einzelfall bezogener Beweiswürdigung gelangt, bei der sie die Grundsätze zugrunde gelegt hat, die die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu entwickelt hat.