Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 16.03.2015 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 A 7.15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 47 Abs 2 VwGO, § 47 Abs 5 S 1 VwGO, § 173 S 1 VwGO, § 62 ZPO, § 66 ZPO, BekanntmV |
Der Normenkontrollantrag wird verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 44/2011 „Trainingsanlage Trabrennsport Eichstädt“ der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan am 23. Februar 2012 als Satzung beschlossen und den Satzungsbeschluss in ihrem Amtsblatt vom 17. Juli 2012 bekannt gemacht.
Der Antragsteller hat mit am 19. Juli 2013 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag in der den Bebauungsplan betreffenden Normenkontrollsache OVG 2 A 8.13 seinen „Beitritt auf Antragstellerseite“ erklärt.
Er beantragt sinngemäß,
den Bebauungsplan Nr. 44/2011 „Trainingsanlage Trabrennsport Eichstädt“ im Ortsteil Eichstädt vom 23. Februar 2012, bekannt gemacht im Amtsblatt für die Gemeinde Oberkrämer vom 17. Juli 2012, S. 3, für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das Verfahren ist mit Beschluss vom 23. Januar 2015 von dem Normenkontrollverfahren OVG 2 A 8.13 abgetrennt worden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakten, auch der Normenkontrollsache OVG 2 A 8.13, sowie die beigezogenen Aufstellungsvorgänge des Bebauungsplans verwiesen.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, da der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise angehört worden.
Der Antragsteller hat mit dem Schriftsatz vom 19. Juli 2013, in dem er ausdrücklich den für die Antragsteller im Verfahren OVG 2 A 8.13 gestellten Normenkontrollantrag für sich wiederholt hat, einen eigenen Normenkontrollantrag gestellt. Der Senat hat den Antragsteller mit Schreiben vom 8. September 2014 darauf hingewiesen, dass es die Beteiligungsform des Nebenintervenienten (vgl. § 66 ZPO) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gibt. Wegen der abschließenden Regelung in § 63 VwGO kommt eine Anwendung des § 66 ZPO über § 173 Satz 1 VwGO und damit ein unselbständiger Beitritt auf Antragstellerseite nicht in Betracht (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 18. Dezember 2009 – 7 D 124/07.NE, 7 D 128/08.NE –, juris Rn. 34 ff., BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2005 – 8 C 2.05 –, juris). Der Antragsteller hat daraufhin selbst die Ansicht geäußert, in dem Schriftsatz vom 19. Juli 2013 sei auch ein selbständiger Normenkontrollantrag zu sehen.
Der am 19. Juli 2013 gestellte Normenkontrollantrag ist verfristet. Da der Satzungsbeschluss am 17. Juli 2012 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht wurde, endete die einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) mit dem 17. Juli 2013. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die die Bekanntmachung enthaltende Ausgabe des Amtsblattes der Antragsgegnerin (Jahrgang 11, Nr. 4) vom 17. Juli 2012 am selben Tage ausgegeben wurde. Mit der hierdurch bewirkten Bekanntmachung (vgl. § 6 Abs. 1 BekanntmV) wurde die einjährige Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Gang gesetzt.
Zwar enthalten die von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten keinen förmlichen Nachweis (vgl. § 6 Abs. 2 BekanntmV) über die Ausgabe des Amtsblattes. Zudem war der Umstand, dass das Amtsblatt den Abdruck einer vom 17. Juli 2012 datierenden Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters der Antragsgegnerin enthält, zunächst geeignet, Zweifel an der Ausgabe des Amtsblattes am selben Tag zu wecken. Die insoweit bestehenden Bedenken sind jedoch zur Überzeugung des Senats durch die vom Antragsgegner eingeholten Auskünfte und die dazu vorgelegten Unterlagen ausgeräumt. Der Antragsgegner hat die Arbeitsschritte zur Erstellung eines Amtsblattes sowohl im Allgemeinen als auch in Bezug auf das konkret in Rede stehende Amtsblatt dargelegt. Danach sei die Druckvorlage für das Amtsblatt von der Gemeinde erstellt und auf einem Datenstick gespeichert worden, der der Druckerei am 10. Juli 2012 übergeben worden sei. Die fertiggestellten Exemplare des Amtsblatts und eine pdf-Datei zur Veröffentlichung des Amtsblatts im Internet seien am 17. Juli 2012 von der Druckerei abgeholt worden. Das Amtsblatt sei am selben Tag in der Gemeindeverwaltung ausgelegt worden. Eine Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 17. Juli 2012 existiere nicht. Die Verwaltung sei wohl davon ausgegangen, dass ausgehend von der am 12. Juli 2012 erfolgten Ausfertigung der Satzung durch den Bürgermeister eine „Bekanntmachungsanordnung“ mit den Angaben „Oberkrämer, 17.07.12“ und „gez. P_____L_____“ erfolgen könne, weil dies der Tag der Auslage gewesen sei. Zum Beleg ihrer Angaben hat die Antragsgegnerin Fahrtenbuchauszüge – sowohl für die Anlieferung als auch für die Abholung der Unterlagen von der Druckerei –, einen Lieferschein der Druckerei, eine von der zuständigen Sachbearbeiterin erstellte Übersicht über die Arbeitsschritte bei der Erstellung eines Amtsblattes und einen Ausdruck der seinerzeit an die Druckerei übergebenen Unterlagen vorgelegt. Die Angaben des Antragsgegners sind insgesamt detailliert, substanziiert und stimmig. Die Unstimmigkeit, die sich aus dem Abdruck einer vermeintlichen, vom selben Tag stammenden Bekanntmachungsanordnung ergab, wird ebenfalls erklärt. Angesichts der sich hier allein stellenden tatsächlichen Frage, wann das Amtsblatt ausgegeben wurde, kann unentschieden bleiben, wie der Abdruck einer nicht vorliegenden Bekanntmachungsanordnung rechtlich, insbesondere in Bezug auf die formelle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bebauungsplanes, zu bewerten ist.
Entgegen der Annahme des Antragstellers kann er sich nicht auf die rechtzeitige Stellung des Normenkontrollantrags durch die Antragsteller des Verfahrens OVG 2 A 8.13 berufen. Die Vertretungsfiktion des § 62 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 VwGO greift nicht ein, da eine notwendige Streitgenossenschaft nicht vorliegt (vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 19. Januar 2009 – 4 D 2/06, juris Rn. 54 f.). Für eine allein in Betracht kommende sog. uneigentliche (prozessuale) notwendige Streitgenossenschaft der Antragsteller eines Normenkontrollverfahrens fehlt es an der Besonderheit, dass die Entscheidung gegenüber dem einen Streitgenossen wegen einer Rechtskraftwirkung oder Gestaltungswirkung präjudiziell für die Entscheidung gegenüber dem anderen Streitgenossen ist, unterschiedliche Entscheidungen somit vermieden werden müssen, „damit nicht ein Urteil das andere wieder aufhebt“ (vgl. Bier in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2014, § 64 Rn. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 64 Rn. 6). Zu einer derartigen Kollision kann es bei divergierenden Normenkontrollurteilen wegen der Allgemeinverbindlichkeit eines stattgebenden Urteils (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht kommen. Selbst wenn man eine notwendige Streitgenossenschaft annähme, würde die Vertretungsfiktion zudem erst greifen, wenn ein Prozessrechtsverhältnis und damit eine Streitgenossenschaft entstanden ist. Sie kann mithin nicht bereits für die Rechtzeitigkeit der Klageerhebung in Anspruch genommen werden, durch die das Prozessrechtsverhältnis erst entsteht (so Bier, a.a.O., Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1969 – VII C 86.67 –, str.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 7 GKG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.