I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 222 Abs. 2; 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache hat die Berufung der Beklagten jedoch nur zu einem Bruchteil Erfolg. Grundsätzlich sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht Potsdam der Eingruppierungsklage der Klägerin in die Vergütungsgruppe V c bzw. Entgeltgruppe 8 TVöD stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg folgt dem Arbeitsgericht Potsdam und sieht von einer nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Nur im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der ersten Instanz sowie den zweitinstanzlichen Vortrag der Parteien wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Bereits nach dem von der Beklagten zur Überprüfung der früheren Tätigkeit der Klägerin mit der Vergütungsgruppe V c gefertigten Gutachten (vgl. das Gutachten betreffend die Klägerin der W., Bl. 43 bis 45 d. A. in Kopie) lagen zu 100 % gründliche und vielseitige Fachkenntnisse der Klägerin vor. Zum Merkmal „selbständige Leistungen“ verhält sich das Gutachten nicht, führt allerdings auch aus, dass bei dem vom Gutachter bewerteten Arbeitsvorgang 1 (inhaltliche Anforderungen der Krankenkasse) sogar eine Steigerung der gründlichen Fachkenntnis von der Klägerin benötigt werde, weil eine ordnungsgemäße Bearbeitung aller Anfragen der Krankenkassen zur Abrechnung von Leistungen der Beklagten nur unter Beobachtung und Zusammenführung vieler verschiedener Informationen aus den Abrechnungssystemen möglich sei, was insofern sogar für eine höhere Eingruppierung der Klägerin als Vergütungsgruppe V c spricht.
2. Anders als das Gutachten und die Beklagte geht die erkennende Kammer allerdings mit dem Arbeitsgericht Potsdam nicht von drei Arbeitsvorgängen der Klägerin (inhaltliche Anfragen der Krankenkassen sowohl bei der Erteilung der KÜ als auch nach der Abrechnung 30 %, Mahnwesen und Schriftwechsel 65 % sowie Fristen 5 %) aus, sondern von einem Arbeitsvorgang.
a)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Kammer folgt, ist ein Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten. Rechtlich zulässig ist es, dass eine gesamte Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmacht. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. etwa zuletzt BAG 23.09.2009 – 4 AZR 309/08 – veröffentlicht in JURIS, Rz. 22 m.w.N.).
b)
Bei der Bestimmung von Arbeitsvorgängen können wiederkehrende gleichartige und gleichwertige Arbeitsleistungen zusammengefasst werden. Bei der Bearbeitung von Anträgen und Widersprüchen bildet nicht jeder einzelne Antrag einen eigenen Arbeitsvorgang, sondern erst die Befassung mit allen Anträgen oder Widersprüchen füllt diesen Rechtsbegriff aus. Nicht zusammengefasst werden können allerdings Bearbeitungen, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein – sei es aufgrund der Schwierigkeit oder anderer Umstände – auseinander gehalten werden können und voneinander zu trennen sind. Alleine die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, ergibt hierfür keinen entscheidenden Anhalt. Es kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzelaufgaben verwaltungstechnisch verschiedenen Angestellten zugewiesen werden könnten, solange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe noch einer Person übertragen sind. Tatsächlich trennbar sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (BAG 23.09.2009, a.a.O., Rz. 26 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
c)
Nach diesen Grundsätzen bildet die Tätigkeit der Klägerin sowohl nach dem von der Beklagten zur Bestätigung ihrer Auffassung eingereichten Gutachten der W. als auch nach ihrem eigenen Vortrag bei der Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Medizincontrolling und Qualitätsmanagement einen Arbeitsvorgang. Grundlage und materieller Kern dieses Arbeitsvorgangs ist dabei der im Gutachten der W. mit 30 % bewertete Tätigkeitsvorgang 1, wonach die Klägerin inhaltliche Anfragen der Krankenkassen bearbeiten musste. Der dazu nachgeordnete Tätigkeitsvorgang 2, der mit Mahnwesen und Schriftwechsel beschrieben ist, ist kein separater Arbeitsvorgang, sondern beweist nur, wie die Klägerin anhand der inhaltlichen Kernfragen ihre Tätigkeiten durchführt, nämlich von der schriftlichen Ablehnung von sinnlosen oder inhaltlich falschen Anfragen an die Krankenkassen/dem medizinischen Dienst der Krankenkassen ohne Heranziehung eines Arztes bei Vermeidung von unnötigen Verwaltungsaufgaben für die Ärzte über die schriftlichen Anforderungen von medizinischen Begründungen durch Ärzte des Klinikums, wenn in strittigen Fällen ausnahmsweise eine eindeutige Stellungnahme des Arztes notwendig sei, über die Kontrolle des MDK-Gutachtens und gegebenenfalls einer Rücksprache mit dem verantwortlichen Arzt bis hin zur schriftlichen Mitteilung an die Kostensicherung mit der Mitteilung des Ergebnisses unter Beifügung aller Originalunterlagen und der Führung einer Datenbank zum Nachweis aller Anfragen. Schließlich ist der im Gutachten als dritter Arbeitsvorgang gewertete Punkt 3 (Fristen) ebenfalls mit in diesem einheitlichen Arbeitsvorgang enthalten, da für die Kostensicherung die noch offenen Fälle mit dem aktuellen Bearbeitungsstand aufbereitet werden.
Auch nach der Änderung der Arbeitsaufgaben der Klägerin hin zu den MDK-Widersprüchen, die qualitativ schwieriger sind als die bisherige Tätigkeit, hat sich ab März 2006 an diesem einheitlichen Arbeitsvorgang nichts geändert.
3. Die Klägerin hat auch „selbständige Leistungen“ im Sinne des Eingruppierungsmerkmals erbracht.
a)
Nach Satz 3 des Klammerzusatzes zur Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a bzw. V c Fallgruppe 1 a und 1 b erfordern selbständige Leistungen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative. Eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Unter selbständigen Leistungen verstehen die Tarifvertragsparteien eine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eine eigene Entscheidung verlangt. Kennzeichnend hierfür können – ohne Bindung an die verwaltungsrechtlichen Fachbegriffe – wie auch immer geartete Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielräume bei der Erarbeitung des Arbeitsergebnisses sein. Vom Angestellten erwartet werden Abwägungsprozesse; er muss unterschiedliche Informationen verknüpfen, gegeneinander abwägen und zu einer Entschließung kommen. Zur Erfüllung der tariflichen Anforderung genügt es allerdings, wenn selbständige Leistungen innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Nicht erforderlich ist, dass die selbständigen Leistungen innerhalb eines Arbeitsvorgangs in dem von § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 und 4 BAT/BAT-O bestimmten Maß anfallen (BAG 23.09.2009, a.a.O., Rz. 33 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
b)
Schon nach dem W.-Gutachten erfüllen die dort genannten Tätigkeiten das Merkmal der „selbständigen Leistungen“. Die Klägerin muss das medizinische Gutachten bzw. die Meinungsäußerung des MDK prüfen. Anschließend muss sie den Prüffall in der Datenbank erfassen. Gleichzeitig muss sie den Verlust ermitteln, der bei Anerkennung des MDK-Gutachtens eintreten würde. Danach fällt die selbständige Entscheidung, ob eine Akteneinsicht notwendig ist oder ob die Informationen des Patientenfalles ausreichen, die die computergesteuerte Patientenfallerfassung zur Verfügung stellt durch Arztbriefe, OP-Berichte, Laborbefunde, Mikrobiologie, Histologie, Röntgenbefunde u.a.. Schließlich muss die Entscheidung gefällt werden, ob ärztliche Fachkompetenz notwendig und herbeizuziehen ist. Wenn es danach möglich ist, muss die Erstellung eines Widerspruchsschreibens durch die Klägerin selbständig durchgeführt werden. Sollte kein Widerspruch möglich sein, muss die Klägerin die Patientendokumentation korrigieren.
Dies ist durchgängig eine „selbständige Leistung“ im Sinne des Klammerzusatzes der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a.
4. Die Klägerin hat, obwohl sie nach Auffassung der Kammer einen durchgehenden Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V c hat bzw. Entgeltgruppe 8 TVöD – unstreitig ist ihr die Vergütung bis März 2006 nach der Vergütungsgruppe V c gezahlt worden – erst ab April 2006 einen durchsetzbaren arbeitsrechtlichen Anspruch, weil im Geltungsschreiben ihres damaligen Rechtsanwalts vom 09. August 2006 (Bl. 10 bis 12 d. A.) eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c erst ab April 2006 gefordert worden ist (Seite 3 des Schreibens, Bl. 12 d. A.).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1; 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG bei einem Streitwert von 7.200,00 EUR (dreijähriger Unterschiedsbetrag von 200,00 EUR).
IV.
Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.