Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 27.01.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 N 45.09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 191 AO, § 128 HGB, UmwG |
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 29. April 2009 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 17 745,67 € festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen. Ausgangspunkt der Prüfung, ob Berufungszulassungsgründe vorliegen (§ 124 Abs. 2 VwGO), sind allein die fristgerechten Darlegungen der Rechtsmittelführer (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Darlegungen der Rechtsmittelführer wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtsmittelführer haben keinen tragenden Rechtssatz oder keine erhebliche Tatsachenfeststellung in der Weise schlüssig angegriffen, dass ein Erfolg der Berufung wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dies gilt zum einen für die Überprüfungen der Ermessenserwägungen (1), des Weiteren für die Ausführungen zur Bekanntgabe insbesondere der Steuermessbescheide (2).
1. Zunächst rügen die Rechtsmittelführer, das Verwaltungsgericht habe die im Widerspruchsbescheid des Beklagten angestellten Ermessenserwägungen hinsichtlich der Auswahl der Haftungsschuldner nicht in dem gebotenen Umfang auf Ermessensfehler hin überprüft. Insbesondere habe das Verwaltungsgericht eine Prüfung dahingehend unterlassen, ob der Beklagte in ausreichendem Umfang die Rechtsmittelführer entlastende Umstände im Rahmen seiner Ermessenserwägungen berücksichtigt hat. So seien im Widerspruchsbescheid und im erstinstanzlichen Urteil keine Ausführungen über bereits erfolgte Zahlungen des Rechtsvorgängers der Rechtsmittelführer oder über interne Absprachen zwischen den Gesellschaftern der vormaligen GbR noch über deren Verschuldensanteil an der Nichtbegleichung der Steuerschuld enthalten.
Entgegen diesen Ausführungen erweist sich die Überprüfung des Ermessens seitens des Verwaltungsgerichts als nicht rechtsfehlerhaft. Der Beklagte hat nicht verkannt, dass der Rechtsvorgänger der Rechtsmittelführer bereits bestimmte Zahlungen geleistet hat, sondern nimmt die Rechtsmittelführer wegen weiterer Forderungen in Haftung. Insoweit wird im Urteil zu Recht darauf verwiesen, es reiche hin, wenn der Steuergläubiger die Befriedigung seiner noch offenstehenden Forderungen unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu erreichen suche, also danach entscheide, wie der Anspruch am schnellsten und effektivsten durchzusetzen sei. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, auf die hier wegen der Geltung der Vorschriften der Abgabenordnung für Haftungsschulden bei der Gewerbesteuer Bezug genommen werden kann, ergibt sich nichts anderes. Das gilt insbesondere für den von den Rechtsmittelführern zitierten Beschluss vom 7. Oktober 2004 (VII B 46/04, BFH/NV 2005, 827). In diesem Beschluss wird - im Gegenteil - darauf hingewiesen, dass es regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft sei, mehrere Personen, die aus dem gleichen Rechtsgrund für eine Steuerschuld hafteten, nebeneinander auf die Haftungssumme in Anspruch zu nehmen. Soweit der Beschluss eine Ausnahme von dieser Regel für den Fall erwähnt, dass bei mehreren Geschäftsführern durch eine klare und eindeutige schriftliche Vereinbarung ein Geschäftsführer im Innenverhältnis von seiner steuerlichen Verantwortung freigestellt gewesen sei, bedeutet dies nicht, dass auch einzelne Gesellschafter einer GbR wegen bestehender interner Abreden steuerlich überhaupt nicht oder nur nachrangig in Haftung genommen werden dürften oder dass interne Abreden auch nur gesondert zu würdigen wären. Die in dem Beschluss erwähnte Ausnahme beruht darauf, dass die Geschäftsführerhaftung für Steuerschulden an ein Verschulden anknüpft und dass ein entsprechendes Verschulden wegen bestehender interner Abreden fehlen kann; die verschuldensunabhängige Haftung von GbR-Gesellschaftern analog § 128 HGB wird indessen durch interne Absprachen nicht berührt (vgl. hierzu auch BFH v. 11. Dezember 2007 – VII B 346/06, BFH/NV 2008, 733).
Übertragen auf die vorliegend zu entscheidende Frage bedeutet dies, dass im Rahmen der Ermessenserwägungen maßgeblich auf die im Außenverhältnis zwischen den Gesellschaftern bestehende gesamtschuldnerische Haftung abgestellt werden durfte. Die gesetzliche Anordnung der Gesamtschuld trägt dem Umstand Rechnung, dass im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts jeder Gesellschafter gleichmäßig für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften soll. Auf Verursachungs- oder Verschuldensbeiträge soll es gerade nicht ankommen. Dies führt dazu, dass der Widerspruchsbescheid keine näheren die interne Vereinbarung würdigenden Erwägungen enthalten musste. Vielmehr durfte sich der Bescheid maßgeblich von Effektivitätsgesichtspunkten leiten lassen, denn diese finden ihren Grund in den hier geltenden Bestimmungen über die Gesamtschuld. Folglich musste auch das Verwaltungsgericht keine weiteren Überprüfungen vornehmen.
2. Auch die vorgebrachten Zweifel hinsichtlich etwaiger Bekanntgabemängel bei den Steuermessbescheiden greifen nicht durch. In der Antragsbegründung wird hierzu ausgeführt, es bestünden Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, weil das Verwaltungsgericht die ordnungsgemäße Bekanntgabe der Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheide nicht hinreichend problematisiert habe. Insbesondere seien nämlich die Gewerbesteuermessbescheide aus dem Jahr 2002 für das Streitjahr 2000 noch an die Firma Z. GbR gerichtet gewesen, obwohl in diesem Zeitpunkt bereits eine Umwandlung zur Z. mbH vorgelegen habe. Die Bekanntgabe an den Rechtsvorgänger führe zur Unwirksamkeit der Steuermessbescheide und zur Aufhebbarkeit der darauf fußenden Gewerbesteuerbescheide.
Entgegen dieser Darlegungen war das Verwaltungsgericht im Ergebnis nicht gehalten, hier nähere Ausführungen zu machen und vertiefte Überlegungen anzustellen. Die Gewerbesteuermessbescheide und die darauf fußende Gewerbesteuerfestsetzung sind wirksam und können daher gemäß § 191 Abs. 5 AO Grundlage der Haftung der Rechtsmittelführer sein.
Zunächst ist festzustellen, dass weder hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide aus dem Jahre 2002 noch hinsichtlich des als Haftungsgrundlage herangezogenen Gewerbesteuerbescheids vom 4. März 2003 aufhebende Entscheidungen der Finanzbehörden vorliegen. Damit ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids an das Vorliegen dieser Bescheide gebunden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer von den Rechtsmittelführern behaupteten Nichtigkeit oder Unwirksamkeit der Gewerbesteuermessbescheide aus dem Jahre 2002. Wären diese nichtig oder nicht wirksam geworden, so fehlte es in der Tat an einem Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuerbescheid vom 4. März 2003. Dieser wäre, da eine Nachholung des Erlasses eines Gewerbesteuermessbescheids für das Jahr 2000 nicht mehr möglich wäre, entsprechend § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO aufzuheben (Loose in Tipke/Kruse, AO, § 175, Rz. 9).
Eine Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der Gewerbesteuermessbescheide aus dem Jahre 2002 ist indes nicht anzunehmen. Zwar trifft es zu, dass als Inhaltsadressat jeweils die Firma Z. GbR angegeben ist. Dies hindert eine ordnungsgemäße Bekanntgabe der Bescheide indes nicht. Zunächst ist festzuhalten, dass die Bescheide an die „F. – Steuerberater“ adressiert waren, die zur Vertretung des Steuerschuldners befugt und damit zulässiger Bekanntgabeempfänger im Sinne von § 122 Abs. 1 Satz 3 AO war. Aber auch die Bezeichnung des Steuerschuldners als Firma Z. GbR führte nicht zur Unwirksamkeit oder Nichtigkeit der Bescheide.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Wirksamkeit von Bescheiden im Zusammenhang mit Umwandlungsvorgängen, der sich die Finanzgerichte und Oberverwaltungsgerichte weitgehend angeschlossen haben (vgl. etwa FG Baden-Württemberg v. 9. Dezember 2008 – 4 K 1236/07, EFG 2009, 894), ist zwischen formwechselnden und nicht formwechselnden Umwandlungen zu differenzieren. Liegt eine nicht bloß formwechselnde Umwandlung vor, so sind die Rechtsvorgängerin und die nun bestehende Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin verschiedene Rechtspersonen, was zur Folge hat, dass eine Bekanntgabe nur noch an die Gesamtrechtsnachfolgerin erfolgen kann (BFH v. 21. Oktober 1985 – GrS 4/84, BStBl. II 1986, 230). Eine gleichwohl erfolgte Bekanntgabe an die Rechtsvorgängerin wäre nicht wirksam erfolgt. Hingegen bleibt bei einer bloß formwechselnden Umwandlung die Rechtsperson in Gestalt der neuen Rechtsform erhalten (vgl. § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Hier ist eine Bekanntgabe an die Rechtsvorgängerin nicht von vornherein unwirksam (FG Baden-Württemberg v. 9. Dezember 2008 – 4 K 1236/07, EFG 2009, 894).
Eine solche bloß formwechselnde Umwandlung ist vorliegend auch nach dem Vorbringen der Rechtmittelführer gegeben. In einem solchen Fall muss der Bescheid lediglich die Anforderungen an eine hinreichend bestimmte Bezeichnung des Steuerschuldners erfüllen, um nicht an einem offenkundigen, besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne von § 125 Abs. 1 AO zu leiden. Insbesondere muss sich die Identität des Inhaltsadressaten anhand des Verwaltungsakts zweifelsfrei bestimmen lassen und aus dem Verwaltungsakt selbst hervorgehen. Entscheidend ist, ob der Inhaltsadressat durch Auslegung anhand der den Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann (vgl. BFH v. 25. September 1990 – IX R 84/88, BStBl. II 1991, 120; v. 17. November 2005 – III R 8/03, BStBl. II 2006, 287).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe waren die Gewerbesteuermessbescheide aus dem Jahre 2002 nicht unbestimmt. Der steuerliche Vertreter der Steuerschuldnerin hatte die Gewerbesteuererklärung für 2000 selbst für die „Firma Z. GbR“ abgegeben. Zudem findet sich in den Akten eine Prüfungsanordnung vom 8. April 2002, die die Rechtsnachfolgeverhältnisse zutreffend wiedergibt. Daraus lässt sich ableiten, dass den Beteiligten klar war, wer für wessen Steuerschuld als Rechtsnachfolger einzustehen hatte und für wen die Bescheide bestimmt waren. Es kam ersichtlich nur die Nachfolge-GmbH in Betracht, weil andere Rechtsträger nicht ersichtlich und den Beteiligten nicht bekannt waren. Nach alledem ist eine ordnungsgemäße Bekanntgabe der im Streit befindlichen Bescheide anzunehmen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich auch in diesem Punkt als fehlerfrei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3 und 1, § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 3 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nach § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO nunmehr rechtskräftig.