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Eingruppierung nach den Entgeltgruppen E2 - E4 des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004; Tätigkeit an Doppelpressen


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer Entscheidungsdatum 07.03.2012
Aktenzeichen 15 Sa 1659/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Juni 2011 - 8 Ca 1555/10 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.254,00 € brutto (vierhundertsechsundfünfzig 00/100) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit dem 23. Juli 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben bei einem Gerichtskostenstreitwert von 13.469,00 € der Kläger 91 % und die Beklagte 9 % zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben bei einem Gerichtskostenstreitwert von 2.255,00 € der Kläger 44 % und die Beklagte 56 % zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für die Zeit von Dezember 2009 bis Oktober 2010 eine höhere Vergütung deswegen zu zahlen ist, weil der Kläger höher einzugruppieren ist.

Der 1964 geborene Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Schlosser. Er ist seit dem 1. Juli 2002 bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Gemäß arbeitsvertraglicher Verweisung gelten im Betrieb die derzeitigen tariflichen Regelungen der Chemischen Industrie Niedersachsen in ihrer jeweiligen Fassung. Die Beklagte vergütet den Kläger durchgängig auf Basis der Entgeltgruppe E1 des entsprechenden Entgelttarifvertrages (BETV).

Der Kläger ist bei der Beklagten als Maschinenbediener im Bereich Pressen beschäftigt. Er ist überwiegend an einer Doppelpresse tätig. Hinsichtlich einer ähnlichen Maschine wird auf das Bild Bl. 198 d. A. verwiesen. Der Kläger muss die Maschinen einrichten und bedienen. Hierzu gehört das Feststellen des korrekten Pressmaßes und der richtigen Pressbacken. Die dazu notwendigen Daten entnimmt er einer Pressmaßtabelle. Die ermittelten Pressbacken werden in die Maschine durch Einklicken eingebraut. Das Pressmaß gibt er entweder über einen Drehpotenzometer oder digital über ein Bedienpult in die Maschine ein. Dem Kläger werden die benötigten Armaturen, Schläuche, notwendigen Verpackungen sowie Schutzkappen durch eine andere Abteilung zur Verfügung gestellt. Er legt sich eine Zeichnung und - soweit vorhanden - ein Muster bereit. Er stellt den Verdrehwinkel mit einer Winkelmessuhr ein oder benutzt die Musterleitung des Kunden. Er überprüft die Länge des Schlauchs und die korrekte Signierung der Fassung. Zuerst stellt der Kläger ein Einstellmuster her, wobei er die richtige Länge der Pressposition und des Pressmaßes mit einer digitalen Schiebelehre überprüft. Nachdem das Einstellmuster gefertigt wurde, trägt er die entsprechenden Werte über SAP im SPC ein. Danach wird der Auftrag nach dem Einstellmuster gefertigt, die Leitungen werden in die entsprechende Verpackung gelegt und jede 25. Leitung wird nach Länge, Pressmaß und Pressposition kontrolliert. Nach Beendigung des Auftrages wird das Einstellmusterband entfernt, die notwendigen Daten werden in einer Fehlersammelkarte (Beispiel Kopie Bl. 100 d. A.) eingetragen. Auf einem entsprechenden Zettel (Kopie Bl. 47 d. A.) bestätigt der Kläger, dass er die Lieferung bzgl. der Menge und Güte geprüft habe. Anschließend werden die gefertigten Schläuche zum Versand gebracht. Jeweils freitags schmiert der Kläger die Maschine mit entsprechendem Fett ab. Kleinstreparaturen führt der Kläger selbst durch. So wird durch ihn z. B. ein abgebrochener Stift der Pressbacken ersetzt.

Im Bereich der Beklagten existiert eine Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22. Februar 1996. Danach wird das Einrichten und Bedienen einer Presse Finn-Power mit einer Anlernzeit von fünf Monaten und eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E3 angegeben. Für das Einrichten und Bedienen einer Presse (Doppel) wird von einer Anlernzeit von vier Wochen und eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe E2 ausgegangen.

Erstinstanzlich hat der Kläger eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E5 (Differenz monatlich 374,-- €) begehrt. Hinsichtlich des übrigen Vorbringens des Klägers wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Nachdem das Arbeitsgericht im ersten Kammertermin die Klage für unschlüssig hielt, hat es dem Kläger weitere Auflagen erteilt. Nach Eingang eines weiteren Schriftsatzes des Klägers wurden der Beklagten keinerlei Auflagen erteilt. Auf Basis des Vortrages des Klägers hat das Arbeitsgericht Frankfurt/Oder am 16. Juni 2011 den Beklagten verurteilt, an den Kläger 2.255,-- € brutto zu zahlen. Es hat hierbei angenommen, dass der Kläger in die Entgeltgruppe E4 einzugruppieren ist. Insofern hat das Arbeitsgericht für ausreichend erachtet, dass der Kläger über eine Berufsausbildung als Industrieschlosser verfügt. Er erfülle damit das erste tarifliche Vergütungsmerkmal der Ersten Alternative der E4 des Bundesentgelttarifvertrages (BETV). Die in der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse seien auch für die Tätigkeit, die der Kläger verrichte, erforderlich. Der Kläger müsse zum Pressen der Schläuche in der Lage sein, den entsprechenden Drehwinkel einzustellen. Er müsse Zeichnungen und Muster lesen können, müsse verschiedene Messtechniken anwenden können und Kenntnisse von Werkstoffen, deren Eigenschaften und deren Veränderungen haben. Aufgrund seiner erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, wie man Maschinen und Systeme einrichte und warte, sei er in der Lage, gerade die von der Beklagten geforderten Arbeiten an der Fertigungsmaschine auszuüben. Die zu verrichtenden Tätigkeiten werden vom Kläger in der Regel nach „eingehenden Anweisungen“ ausgeführt. Insofern reiche es aus, dass der Kläger zur Erfüllung seiner Aufgaben in der Regel Zeichnungen als so genannte Anweisungen erhalte. Weitere Anweisungen betreffen z. B. das Erstellen eines Musters und die Intervallkontrolle. Die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E5 BETV seien jedoch nicht gegeben.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 15. Juli 2011 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 8. August 2011 erhobene Berufung. Nach Verlängerung bis zum 15. Oktober 2011 hat die Beklagte ihre Berufung am 14. Dezember 2011 begründet.

Die Beklagte verweist darauf, dass in ihrem Betrieb - im Gegensatz zur Annahme des Arbeitsgerichts - keine einzige CNC-Maschine vorhanden sei. Auch sei übersehen worden, dass die Pressbacken nur eingeklickt und das Pressmaß nur eingetippt werden müsse. Der Verdrehwinkel werde in 90 - 95 % der Fälle per Lehre oder Adapter eingestellt. Auf das Lesen einer Zeichnung komme es nur in Ausnahmefällen an. Der Kläger müsse in der Regel nur die Länge des Schlauches und den Verdrehwinkel ablesen können. Er arbeite fast immer nach Mustern und Lehren. Er stelle keine selbst geschaffenen Aufbauten her. Er befestige allenfalls Adapter am Arbeitstisch. Der Kläger arbeite nach „genauen“ Arbeitsanweisungen, die sich auf jeden Handlungsvorgang beziehen. Er arbeite an sechs baugleichen Maschinen. Zu den Aufgaben des Klägers gehöre es nicht, Leiharbeitnehmer einzuarbeiten. Die Gesamtbetriebsvereinbarung habe sich längst überlebt. Sie betreffe auch nur den Maschinenpark in Karden. Infolge dessen könne eine Zuständigkeit des GBR nicht angenommen werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt/Oder - 8 Ca 1055/10 - abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger behauptet, dass er mit Hilfe von Unterlegblechen die Pressbacken korrigieren müsse, um die Rundheit zum Pressdurchmesser zu gewährleisten. Wenn keine Lehren und Musterleitungen vorhanden seien, fertige er einen Musteraufbau. Er mache die Lieferung versandfertig. Der Versand brauche nur noch die Unterlagen beilegen. Er müsse Zeichnungen lesen, Konstruktionen fertigen und weitere Maschinentypen bedienen können. Er könne und müsse die in der Abteilung stehenden Doppelpressen 1 und 2 sowie OPR 1 bis OPR 4, HM 3 und HM 370 handhaben. Er müsse Leiharbeitnehmer anlernen und ihnen die technologischen Abläufe erklären. Der Kläger bezieht sich auf das Berufsbild des Maschinen-Anlagenführers, für den eine zweijährige Ausbildungsdauer vorausgesetzt wird. Seiner Ansicht nach werden dort Lerninhalte vermittelt, die sich im Wesentlichen mit dem tatsächlichen Aufgaben- und Tätigkeitsgebiet decken, das er zu verrichten habe. Er sei nicht mit einem Leiharbeitnehmer zu vergleichen. Bei diesen müsste zu jedem neuen Auftrag eine gesonderte Einweisung erfolgen. Da er an der Presse Finn-Power arbeite, stehe ihm nach der GBR eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E3 zu. Für die Fertigungs- und Endabnahme in der Abteilung Wareneingang werde eine Facharbeiterausbildung vorausgesetzt (E6). Im Bereich Reparatur, Werkzeug- und Leitungsbau werde für das Herstellen von Leitungen nach Zeichnungen eine Anlernzeit von 18 Wochen und ebenfalls eine Eingruppierung in die E3 vorgesehen. Das Herstellen eines Erstmusters erfordere eine Anlernzeit von 24 Monaten (E4). Alle Anlernzeiten für die von ihm ausgeübten Tätigkeiten lägen somit über der für die Entgeltgruppe E2 erforderlichen Berufspraxis von 13 Wochen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg. Dem Kläger steht nur eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E2 zu.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet. Da der Vortrag des Klägers nur eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E2 BETV rechtfertigt, ist die Beklagte verpflichtet, an den Kläger die Differenz von 114,-- € für elf Monate in Höhe von insgesamt 1.254,-- € brutto nebst Zinsen zu zahlen. In diesem Umfang ist die Berufung zurückzuweisen. Soweit das Arbeitsgericht Frankfurt/Oder den Beklagten zur Zahlung eines höheren Betrages verurteilt hat, ist die Berufung begründet. In diesem Umfang ist das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Eine höhere Vergütung als die der Entgeltgruppe E2 kann der Kläger nicht verlangen.

1. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Regelungen zur Eingruppierung und der Eingruppierungsmerkmale wird auf die Seiten 6 - 9 des angefochtenen Urteils verwiesen. Darüber hinaus ist aus dem BETV relevant:

§ 3

4. Übt ein Arbeitnehmer innerhalb seines Arbeitsbereiches ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten aus, auf die verschiedene Entgeltgruppen zutreffen, so ist er in die Entgeltgruppe einzugruppieren, deren Anforderungen den Charakter seines Arbeitsbereiches im Wesentlichen bestimmen. Für solche Tätigkeiten, die bzgl. ihrer Anforderungen zu höheren Entgeltgruppen gehören und durch die Eingruppierung gemäß Satz 1 noch nicht abgegolten werden konnten, ist eine angemessene Vergütung als Ausgleich zu gewähren.

5. Übt ein in die Entgeltgruppe E1 - E6 eingruppierter Arbeitnehmer auf Anordnung des Vorgesetzten vorübergehend (mindestens eine volle Schicht) vollwertig eine Tätigkeit aus, die nicht zu seinem persönlichen Arbeitsbereich gehört und die der Voraussetzung einer höheren Entgeltgruppe entspricht, ist ihm für diese Zeit das Tarifentgelt der höheren Entgeltgruppe zu zahlen.“

2. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger 1.254,-- € brutto nebst Zinsen zu zahlen. Dies entspricht der Vergütungsdifferenz zwischen der tatsächlich gezahlten Vergütung nach der Vergütungsgruppe E1 und der dem Kläger zustehenden Vergütung nach der Vergütungsgruppe E2 BETV.

Der Kläger ist im Arbeitsbereich Pressen überwiegend an Doppelpressen tätig. Dies entspricht dem Vortrag der Beklagten im Termin vom 7. März 2012 und der Darstellung des Klägers auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 18. November 2011. Die Beklagte räumt selbst ein, dass für diese Tätigkeit eine Einarbeitungszeit von fünf Wochen notwendig ist. Dies entspricht damit nicht einer „kurzen Einweisung“ im Sinne der Entgeltgruppe E1 und einer Tätigkeit, die „jederzeit durch andere Arbeitnehmer verrichtet werden“ könnte. Hierunter können nur Tätigkeiten gefasst werden, die allenfalls eine Einweisung von wenigen Tagen erforderlich machen. Daher ist der Kläger zutreffend in die Vergütungsgruppe E2 einzugruppieren. Insofern verrichtet er Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine angemessene Berufspraxis von in der Regel bis zu 13 Wochen erworben werden.

3. Der Kläger ist nicht in die Entgeltgruppe E3 einzugruppieren. Insofern kann er keine höhere Vergütung als die zugesprochenen 1.254,-- € verlangen.

Eine Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe setzt voraus, dass der Kläger Tätigkeiten verrichtet, „für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine Berufspraxis von in der Regel 6 - 12 Monaten erworben werden“.

3.1 Der Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22. Februar 1996.

a) Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass diese Gesamtbetriebsvereinbarung wirksam ist. § 2 BETV enthält eine Öffnungsklausel, wonach Arbeitgeber und Betriebsrat unter Berücksichtigung der tariflichen Mindestbestimmungen ergänzend zu diesem Tarifvertrag Betriebsvereinbarungen unter Beachtung des § 76 Abs. 6 BetrVG abschließen können. Für diese Vereinbarung wäre auch der GBR nach § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig. Wendet ein Unternehmen in sämtlichen seiner Betriebe den gleichen Entlohnungsgrundsatz an, ist der Gesamtbetriebsrat für eine Änderung der bestehenden Entlohnungsgrundsätze im Unternehmen zuständig (LAG Berlin, 16.02.1989 - 14 TaBV 2/88, 14 TaBV 3/88; ZTR 1989, 289). Auch nach der Rechtsprechung des BAG ist eine Zuständigkeit des GBR immer dann gegeben, wenn die Vergütung zentral für das gesamte Unternehmen geregelt werden soll (06.12.1988 - 1 ABR 44/87 - NZA 1989, 479, juris Rn. 48). Vorliegend dürfte von einer Entscheidung der Beklagten auszugehen sein, die Vergütung zentral zu regeln. Die Beklagte wendet den BETV nicht nur in den Regionen an, die nach § 1 BETV i. V. m. § 1 MTV räumlich vom Geltungsbereich erfasst werden. Neben den elf alten Bundesländern wird dieser Tarifvertrag mindestens auch in Brandenburg zur Anwendung gebracht.

Zu Gunsten des Klägers soll auch unterstellt werden, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung nicht nur auf den Maschinenpark in Karden zugeschnitten worden war, sondern für alle Betrieb des Unternehmens der Beklagten gegolten hat.

b) Die GBV sieht vor, dass das Einrichten und Bedienen einer Doppelpresse eine Anlernzeit von vier Wochen benötigt, so dass eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E2 vorliegt. Da der Kläger überwiegend an einer oder mehreren Doppelpressen tätig war, wird hierdurch seine Tätigkeit im Wesentlichen bestimmt, so dass nach § 3 Ziff. 2, 4, 5 BETV eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E2 zu erfolgen hat.

c) Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass das Einrichten und Bedienen einer Presse Finn-Power in der GBV mit einer Anlernzeit von fünf Monaten (E3) angegeben wird, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis.

Sollte der Kläger auf Anordnung eines Vorgesetzten „vorübergehend“ diese Tätigkeit ausgeübt haben, stünde ihm nach § 3 Ziff. 5 BETV allenfalls für die jeweilige Schicht eine höhere Vergütung zu. Geht man davon aus, dass der Kläger innerhalb seines Arbeitsbereiches, also der Abteilung Pressen, „ständig wiederkehrend mehrere Tätigkeiten“ ausübt, so ist er nach § 3 Ziff. 4 BETV in die Entgeltgruppe einzugruppieren, „deren Anforderungen den Charakter seines Arbeitsbereiches im Wesentlichen bestimmen“. Da der Kläger überwiegend an Doppelpressen arbeitet, wird hierdurch der Charakter seines Arbeitsbereiches im Wesentlichen bestimmt. Der Kläger könnte allenfalls nach dieser Norm „eine angemessene Vergütung als Ausgleich“ verlangen. Hierzu fehlt jedoch der erforderliche Vortrag, denn es kann nicht einmal festgestellt werden, in welchem Umfang der Kläger auch an dieser Presse tätig gewesen sein soll.

d) Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers rechtfertigen auch die weiteren Tätigkeiten keine andere Eingruppierung nach der GBV.

Der Kläger verweist insofern darauf, dass im Bereich Wareneingang, Lager und Warenausgang die Fertigungs-Endabnahme eine Ausbildung voraussetzt, so dass eine Eingruppierung in die E6 zu erfolgen habe. Der Kläger übersieht insofern schon, dass es sich hierbei um Tätigkeiten im Bereich des Warenein- und -ausgangs handelt. In diesem Arbeitsbereich ist der Kläger nicht tätig. Er ist auch nicht für die Fertigungsendabnahme einer gesamten Produktion zuständig. Seine Tätigkeit wird geprägt durch das Pressen von Schläuchen. Die Qualitätskontrolle bemisst sich nach eigenem Vortrag darauf, jede 25. Leitung nach Länge, Pressmaß und Pressposition zu kontrollieren. Dies ist eine untergeordnete Zusammenhangstätigkeit, wobei die Prüfung mit einer digitalen Schiebelehre nach Darstellung des Klägers erfolgt. Die entsprechenden Werte müssen somit nur abgelesen und mit den vorgegebenen Werten verglichen werden. Insofern handelt es sich um eine einfache Tätigkeit. Der Kläger trägt jedenfalls nichts dazu vor, warum für die Handhabung dieses Kontrollinstrumentes mehr als eine nur kurzzeitige Anlernphase notwendig sein soll.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass er freitags die Maschine abschmiert, ist ebenfalls nicht ersichtlich, warum dies über eine einfachste Tätigkeit hinausgehen soll. Gleiches gilt für die von ihm vorgetragene Durchführung von Kleinstreparaturen.

Der Kläger bezieht sich ferner darauf, dass nach der Gesamtbetriebsvereinbarung die selbständige Herstellung von Erstmustern im Bereich Reparatur, Werkzeugbau und Leitungsbau eine Anlernzeit von 24 Monaten und somit die Eingruppierung in die E4 vorsieht. Entsprechend der dortigen Regelung geht es nicht um die Anfertigung irgendwelcher Erstmuster, sondern um die Herstellung eines Erstmusters für Werkzeuge, was sich so auch aus der entsprechenden Zeile ergibt, die zuvor aufgelistet ist. Der Kläger erstellt unstreitig keine Erstmuster für Werkzeuge, die dazu dienen, von diesem Muster weitere Werkzeuge zu erstellen. Nach dem Vortrag des Klägers auf Seite 4 der Klageschrift erstellt er ein „Einstellmuster“. Dies ist nichts anderes als das erste produzierte Stück, was besonders gekennzeichnet wird und dessen Werte dann in die EDV eingegeben werden. Dies gehört zur normalen Tätigkeit der Bedienung einer Doppelpresse. Eine Besonderheit ist allenfalls dadurch gegeben, dass nach Darstellung des Klägers die richtige Länge etc. über eine digitale Schiebelehre ermittelt wird.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass im Arbeitsbereich Reparatur, Werkzeugbau und Leitungsbau das Herstellen von Leitungen nach Zeichnungen eine Anlernzeit von 18 Wochen (E3) erfordert. Hierbei geht es z. B. um das Erstellen einzeln konstruierter Leitungen nach entsprechender Zeichnung in Hallen. Dies mag andere Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern als das stark standardisierte Pressen von Schläuchen. Im Übrigen ist er in diesem Bereich nicht tätig.

Zu Gunsten des Klägers soll auch unterstellt werden, dass er Leiharbeiter anlernt. Auch hieraus kann sich keine höhere Eingruppierung ergeben. Er kann nur die Fähigkeiten und Kenntnisse weitervermitteln, die er selbst für seine Tätigkeit braucht.

3.2 Aus den Regelungen des BETV ergibt sich zu Gunsten des Klägers ebenfalls keine höhere Eingruppierung. Dem Vortrag des Klägers kann nicht entnommen werden, dass er Tätigkeiten zu verrichten hat, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine Berufspraxis von in der Regel 6 - 12 Monaten erworben werden.

Insofern gilt das Vorstehende hier entsprechend. Der Charakter des Arbeitsbereichs des Klägers wird im Wesentlichen durch die Tätigkeit an den Doppelpressen bestimmt. Diese sind stark standardisiert. Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass praktisch für jeden Auftrag eine technische Zeichnung vorgegeben ist, rechtfertigt dies allein keine höhere Eingruppierung. Die Beklagte hat insofern darauf hingewiesen, dass der Kläger aus diesen Zeichnungen regelmäßig nur die Längen und Verdrehwinkel abzulesen hat. Das Ablesen einer Länge aus einer Zeichnung ist für jeden ungelernten Arbeitnehmer mit geringem handwerklichem Geschick problemlos möglich. Der Kläger trägt auf Seite 4 der Klageschrift vor, dass er den Verdrehwinkel mit einer Regulus-Winkelmessuhr einstellt, soweit er nicht die Musterleitung des Kunden benutzt. Auch hier erklärt der Kläger nicht, warum die Benutzung der Messuhr besonders kompliziert sein soll. Gleiches gilt für die Überprüfung der Teilenummern der Armaturen mit den vorgegebenen Nummern des Auftrags. Soweit der Kläger nach seiner Darstellung beachten muss, dass der Schlauch und die Armatur weder zu weit noch zu wenig in die Maschine gesteckt werden, mag hierzu eine gewisse Anlernzeit notwendig sein. Warum dies nicht innerhalb der von der Beklagten zugestandenen 5 Wochen erlernbar sein soll, ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt für das Eintippen der Werte über SAP.

Es kann offen bleiben, ob der Kläger Aufbauten selbständig herstellt oder nur entsprechend Adapter an seinem Arbeitstisch befestigt. Auch hier ist nicht ersichtlich, inwiefern der Charakter des Arbeitsbereichs des Klägers im Wesentlichen durch diese Tätigkeit bestimmt wird. Auch fehlt ein detaillierter Vortrag dahingehend, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Erstellung eines entsprechenden Aufbaus erforderlich sind und in welcher Zeit derartige Kenntnisse erworben werden können.

Die vom Kläger durchgeführten Kleinreparaturen und Wartungen sind ebenfalls nur von untergeordneter Bedeutung und erhöhen die angemessene Berufspraxis genauso wenig in relevantem Umfang wie die vom Kläger vorgenommenen Qualitätskontrollen.

Hinsichtlich der vom Kläger zuletzt behaupteten Tätigkeit an der Presse Finn-Power ist ebenfalls nicht ersichtlich, in welchem Umfang der Kläger diese Tätigkeit tatsächlich ausübt. Daher kann offen bleiben, in welchem Umfang für diese Tätigkeit eine Berufspraxis erforderlich ist.

Die Kenntnisse zum Einstellen der Maschine lassen ebenfalls nicht auf eine Berufspraxis schließen, die in der Regel über 13 Wochen hinausgeht. Die entsprechenden Werte werden vom Kläger im Wesentlichen abgelesen. Die Pressbacken werden durch den Auftrag vorgegeben. Sie werden in die Maschine nur eingeklickt. Soweit der Kläger nach seinen Angaben bei Erstellung des Erstmusters nach dem ersten Pressversuch zur Korrektur noch Unterlegbleche positionieren muss, ist auch dies nicht besonders kompliziert. Der Kläger kontrolliert nach eigenen Angaben mit einem Mess-Schieber die Abweichung von der Norm und korrigiert diese durch die entsprechenden Unterlegbleche. Auch hier ist nicht mehr verlangt, als ein Nachmessen und Überprüfen anhand vorgegebener Werte. Schon mit der zweiten Pressung wird nach Angabe des Klägers dann festgestellt, dass das Pressmaß und die Pressposition im Gebiet der Toleranz liegen,

4. Der Vortrag des Klägers rechtfertigt auch keine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E4. Nach der ersten Alternative dieses Eingruppierungsmerkmals ist insofern u. a. eine abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung erforderlich. Dieses Merkmal wird erfüllt „durch den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung z. B. zum Chemiebetriebswerker, Chemielaborwerker, Elektroanlageninstallateur, Teilezeichner oder Handelsfachpacker“. Durch diese beispielsweise Aufzählung stellen die Tarifvertragsparteien klar, dass es sich um eine einschlägige Berufsausbildung handeln muss. Über eine solche Berufsausbildung verfügt der Kläger nicht. Soweit er sich auf die Berufsausbildung als „Maschinen- und Anlagenführer/in“ beruft, verfügt er auch über diese Ausbildung nicht. Die vom Kläger absolvierte dreijährige Berufsausbildung zum Schlosser ist hiermit nicht identisch. Die Ausbildung als Schlosser ist für die Chemiebranche gerade nicht einschlägig. Sie wäre es allenfalls dann, wenn der Kläger in Tätigkeiten z. B. der Reparatur oder des Werkzeugbaus eingesetzt werden würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Kläger ist nicht Instandhaltungsbeschäftigter.

Der Kläger kann sich auch nicht auf die zweite Alternative berufen. Hierunter fallen Arbeitnehmer ohne eine derartige planmäßige Ausbildung, die aufgrund einer längeren Berufspraxis auf einem Arbeitsplatz der Entgeltgruppe E3 eine entsprechende Tätigkeit wie nach Abs. 1 ausüben. Dies setzt voraus, dass der Kläger aufgrund einer längeren Berufspraxis auf einem Arbeitsplatz der Entgeltgruppe E3 mindestens tätig war. Eine solche Tätigkeit kann nach II. 3. des hiesigen Urteils jedoch gerade nicht festgestellt werden.

Der Kläger kann sich auch nicht auf die dritte Alternative berufen. Hierunter fallen Hilfshandwerker und Arbeitnehmer, die gleich zu bewertende Tätigkeiten verrichten. Es müsste sich insofern also um Tätigkeiten handeln, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung oder aufgrund einer längeren Berufspraxis auf einem Arbeitsplatz der Entgeltgruppe 3 und einer entsprechenden Tätigkeit erworben werden. Beides kann jedoch nicht festgestellt werden. Nach dem Vortrag des Klägers ist nicht einmal ersichtlich, dass für die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten eine angemessene Berufspraxis von in der Regel mehr als 13 Wochen erforderlich ist.

Der Anspruch des Klägers kann auch nicht darauf gestützt werden, dass ein angeführtes Richtbeispiel durch seine Tätigkeit erfüllt wird. In Betracht käme insofern das Beispiel „Bedienen von Betriebs- oder Produktionseinrichtungen mit den entsprechenden Fachkenntnissen des oben genannten Personenkreises“. Das Bedienen von Betriebs- oder Produktionseinrichtungen reicht hiernach nicht aus. Es müssen zusätzlich „entsprechende Fachkenntnisse“ vorliegen. Diese Fachkenntnisse müssen für die zu verrichtende Tätigkeit erforderlich sein. Gerade Letzteres kann jedoch nicht festgestellt werden.

5. Das hier gefundene Ergebnis der Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe E2 deckt sich auch mit der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg in dem den Parteien bekannten Parallelverfahren (08.02.2012 - 4 Sa 1927/11). In einem Zustimmungsersetzungsverfahren zur Herabgruppierung hat das Landesarbeitsgericht Hamm (20.01.2006 - 13 TaBV 116/04 - juris) ebenfalls festgestellt, dass ein seit über 30 Jahren mit der Armierung von Schläuchen betrauter Arbeitnehmer nicht in die Entgeltgruppe E4, sondern in die Entgeltgruppe E2 BETV einzugruppieren sei.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Streitwertes war zu berücksichtigen, dass der Kläger ursprünglich eine Eingruppierungsfeststellungsklage hinsichtlich der Entgeltgruppe E5 anhängig gemacht hatte. Die monatliche Vergütungsdifferenz von 374,-- € war somit auf drei Jahre hochzurechnen, was einen Streitwert von 13.464,-- € ergibt. Gemessen an diesem Streitwert hat der Kläger nur im Umfang von 9 % obsiegt. Der Streitwert für die II. Instanz bemisst sich nach den erstinstanzlich zugesprochenen 2.255,-- €. Das Obsiegen des Klägers beträgt somit 56 %. In dieser Höhe hat die Beklagte jeweils die Kosten zu tragen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen.