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Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG; Eingliederungshilfen; Fortführung durch Erben; Haft in der DDR; Rücknahme; örtliche Zuständigkeit der Ausstellungsbehörde; Ausschlussgründe; Verstoß gegen Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit; Vorschubleisten; BStU-Unterlagen; MfS; IM/IMV; langjährige Tätigkeit; Auszeichnungen; Berichte über Westkontakte; Berichte über Privatleben; Gefährdungseignung; Freiwilligkeit; Aufkündigung der Zusammenarbeit in Haft


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 05.11.2013
Aktenzeichen OVG 3 B 9.12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 48 VwVfG, § 2 Abs 1 HHG, § 9a HHG, § 9b HHG, § 9c HHG, § 10 Abs 4 HHG, § 10 Abs 7 HHG

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger führen als Erben des am 28. Januar 2012 verstorbenen Prof. Dr. (B) dessen Verwaltungsrechtsstreit gegen die Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes (HHG) und die Rückforderung nach diesem Gesetz gewährter Eingliederungshilfen fort.

B wurde im Jahr 1932 in B... geboren und studierte dort an der Humboldt-Universität Humanmedizin. Im Anschluss an das 1955 bestandene Staatsexamen war er als Arzt tätig, mit Unterbrechungen durch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten wegen fahrlässiger Tötung (Verkehrsunfall) im Juni 1957 sowie, anknüpfend an Äußerungen in der Haftzeit gegenüber Mitgefangenen, im Februar 1958 zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten wegen Staatsverleumdung, die nach Verbüßung von fünf Monaten zur Bewährung ausgesetzt wurde. Seit Anfang 1960 war B in F... als Leiter der Arbeitssanitätsinspektion und Bezirkssportarzt tätig; daneben arbeitete er seit 1961 auf Honorarbasis mit der damaligen sportärztlichen Abteilung im Ministerium für Gesundheitswesen zusammen. Von 1963 bis 1968 arbeitete er als Oberarzt in der Hauptberatungsstelle des Sportmedizinischen Dienstes in B.... Im gleichen Zeitraum war er ehrenamtlich als Mannschaftsarzt für die Nationalmannschaft der Gewichtheber tätig. 1968 wechselte er an die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) in L..., wo er im Juni 1970 zum Hochschuldozenten ernannt wurde. Im Jahr 1975 verlieh ihm die Universität L... den Grad des Dr. sc. med.

Als Inhaber einer seit etwa 1930 bestehenden familiären Kunstsammlung, zu deren weiterem Ausbau er Kunstgegenstände kaufte und verkaufte bzw. tauschte, wurde B im April 1976 verhaftet und im selben Jahr wegen Steuerverkürzung, Urkundenfälschung, ungenehmigter Warenein- und -ausfuhr, ungenehmigten Devisenumlaufs und -besitzes zu sechs Jahren Freiheitsstrafe und 100.000 Mark Geldstrafe verurteilt. Nach seiner Haftentlassung im Dezember 1979 war B in B... als Arzt im Städtischen Krankenhaus tätig und bemühte sich vergeblich um die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der DDR. Im Juli 1981 wurde B erneut verhaftet. Durch Urteil des Stadtbezirksgerichts B... vom 5. August 1982 wurde er wegen Steuerverkürzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe von 40.000 Mark verurteilt. Zur Begleichung der von den DDR-Behörden festgesetzten Steuernachzahlung und der Geldstrafe wurden die Kunstsammlung des B und sein Hausrat eingezogen und, zum Teil durch Übergabe an den Staatlichen Kunsthandel, verwertet.. Das Urteil von 1976 wurde durch Beschluss des Bezirksgerichts Potsdam vom 21. April 1993, das Urteil von 1982 durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Juli 2005 für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben.

Am 16. September 1982 wurde B aus der Haft und in die Bundesrepublik entlassen, wo er zunächst in Berlin wohnte. Dort beantragte er am 23. September 1982 die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG sowie die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 9a Abs. 1, § 9b Abs. 1 und 3 HHG. In diesem Zusammenhang unterzeichnete er am selben Tag eine formularmäßige Erklärung folgenden Inhalts: „Ich versichere, dass ich als Antragsteller von den Ausschließungsgründen des § 2 HHG nicht betroffen werde. Auch ist ein Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen mich nicht anhängig. Außerdem erkläre ich, dass ich mich weder mündlich noch schriftlich dem Staatssicherheitsdienst oder ähnlichen Organen zur Mitarbeit verpflichtet und zu keiner Zeit für eine dieser Organisationen gearbeitet habe.“ Am 29. März 1983 erteilte ihm der Senator für Gesundheit, Soziales und Familie die beantragte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG darüber, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG nicht gegeben sind. Mit Bewilligungsbescheid des Senators für Gesundheit, Soziales und Familie vom selben Tag wurden B für die Haftzeiten 1957/58, 1976 bis 1979 und 1981/82 Eingliederungshilfen, zusätzliche Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen in Höhe von insgesamt 16.780,- DM bewilligt.

Im Mai 1999 stellte der zwischenzeitlich nach M... umgezogene B beim Landesamt für Gesundheit und Soziales des Beklagten einen Antrag auf Rehabilitierung. Dieses stellte mit Rehabilitierungsbescheinigung vom 14. Oktober 1999 fest, dass B bezogen auf die Zeit vom 29. Juli 1981 bis 16. September 1982 politisch Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) sei und keine Ausschlussgründe nach § 4 BerRehaG vorlägen. Hinsichtlich der weiteren Haftzeiten 1957/58 und 1976 bis 1979 werde der Vorgang an die insoweit zuständige Rehabilitierungsbehörde des Landes Brandenburg abgegeben.

Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg teilte dem Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Schreiben vom 11. Juni 2001 mit, bei der Bearbeitung des Antrags hätten Ermittlungen beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstens der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) ergeben, dass zu B Ausschlussgründe nach § 2 VwRehaG und § 4 BerRehaG vorlägen; der Antrag werde daher abgelehnt. Im Hinblick auf die Rehabilitierungsbescheinigung vom 14. Oktober 1999 werde um Prüfung der Ausschließungsgründe gebeten. Die daraufhin unter dem 18. Juni 2001 bei der BStU gestellte Anfrage beantwortete diese mit undatiertem, beim Landesamt für Gesundheit und Soziales am 23. Januar 2002 eingegangenem Schreiben, in dem sie mitteilte, dass sich aus den Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) Hinweise auf eine Zusammenarbeit des B mit dem MfS ergeben hätten. Nach den vorhandenen Unterlagen sei B vom MfS am 28. Juni 1963 als Inoffizieller Mitarbeiter (IM), Kategorie GM (Geheimer Mitarbeiter/IM mit „Feindkontakten“) der MfS-Bezirksverwaltung F... mit dem Decknamen “Sulky“ geworben worden. Es liege eine vom 28. Juni 1963 datierte Verpflichtungserklärung mit der Unterschrift „F...“ vor. Im Dezember 1965 sei der IM zum IMV (IM mit Verbindungen zu im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen) umregistriert worden. Den Unterlagen nach hätten im Zeitraum von 1963 bis 1976 ca. 110 Treffen des MfS mit dem IM „Sulky“ stattgefunden. Die Unterlagen enthielten Treffberichte von 1963 bis 1965 sowie vereinzelt aus dem Jahr 1975; von 1966 an nahezu ausnahmslos Abschriften des MfS der vom IM auf Tonband gesprochenen Berichte. Der IM habe dem MfS teils in umfangreicher Form über Personen aus seinem beruflichen und privaten Umfeld berichtet, vorwiegend über Mediziner, Künstler, Funktionäre und Sportler; die Berichte enthielten zum Teil ausführliche Beschreibungen der Lebenssituation von Personen sowie Verweise des IM auf die Nutzbarkeit von Personen durch das MfS. Darüber hinaus enthielten die Berichte Angaben über den Handel mit Antiquitäten und darin involvierte Personen; mehrfach seien Berichte über die geplante oder vollendete Flucht von Personen aus der DDR enthalten. Der IM habe für seine Tätigkeit Auslagenerstattungen, Präsente und andere materielle Vorteile sowie Auszeichnungen erhalten. Es lägen auch mehrere Einschätzungen der Tätigkeit des IM durch das MfS vor, aus denen u.a. hervorgehe, dass der IM zur Lösung von Teilaufgaben bei Operativen Vorgängen des MfS eingesetzt gewesen sei, die vom MfS in drei Fällen mit der Inhaftierung der betreffenden Person abgeschlossen worden seien, wobei eine Person zum Tode verurteilt und dem MfS zufolge auch hingerichtet worden sei. Dem Schreiben waren Kopien aus den MfS-Unterlagen als Anlage beigefügt.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales wies B mit Schreiben vom 28. März 2002 auf die Mitteilung der BStU hin und gab ihm Gelegenheit, zu der beabsichtigten Einziehung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und Rückforderung der gewährten Leistungen Stellung zu nehmen. Daraufhin meldete sich zunächst im Mai 2002 B persönlich, am 4. Juni 2002 dann der Prozessbevollmächtigte der Kläger für B, der wunschgemäß Akteneinsicht erhielt und eine ausführliche Stellungnahme ankündigte, die er unter dem 28. Februar 2003 übermittelte.

Mit Rücknahmebescheid vom 17. April 2003 hob das Landesamt für Gesundheit und Soziales den am 29. März 1983 erteilten Bewilligungsbescheid zur Gewährung der Eingliederungshilfen gemäß § 9a Abs. 1 HHG und der zusätzlichen Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen gemäß § 9b Abs. 1 und 3 HHG auf, zog die am gleichen Tage ausgestellte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ein, erklärte sie für ungültig und forderte B auf, diese Bescheinigung zurückzureichen und die ihm gewährten Eingliederungshilfen in Höhe von 16.780 DM bzw. 8.579,48 EUR zurückzuzahlen. Aus den Unterlagen der BStU ergebe sich, dass B entgegen seinen Angaben aus dem Jahr 1982 für das MfS tätig gewesen sei. Nach Art und Umfang seiner Tätigkeit habe er dem in der ehemaligen DDR herrschenden System erheblich Vorschub geleistet, so dass der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG erfüllt sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2003 zurück. Intensität und des Ausmaß der hier zu beurteilenden Mitarbeit beim MfS stellten gleichzeitig einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit dar, so dass auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG gegeben seien.

Daraufhin hat B am 8. Januar 2004 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorgetragen hat, das Landesamt für Gesundheit und Soziales des Beklagten sei örtlich unzuständig. Zuständig sei vielmehr die Behörde, in deren Bezirk er nunmehr wohne. Dies habe im Parallelverfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz auch der Beklagte so gesehen und den Vorgang entsprechend abgegeben. In der Sache sei es zwar richtig, dass er beim MfS als IM „Sulky“ geführt worden sei, es habe sich jedoch nicht um eine freiwillige Verpflichtung zu konspirativer Zusammenarbeit mit dem MfS gehandelt. Er sei vielmehr in seiner beruflichen Funktion als Mitarbeiter des Staatsapparats, nämlich als Leiter des Arbeitssanitätsinspektion und Bezirkssportarzt des Bezirkes F... und beratender Honorararzt des Ministeriums für Gesundheitswesen der DDR, verpflichtet gewesen, mit anderen staatlichen Organen zusammenzuarbeiten; er sei zugleich automatisch Geheimnisträger gewesen. Andererseits sei er ledig und aktiver Katholik gewesen, habe aus einer kapitalistischen Familie mit erheblichem Vermögen gestammt; neben einer umfangreichen Kunst- und Antiquitätensammlung habe er auch einen kleinen Produktionsbetrieb besessen. Seine gesamte Verwandtschaft ersten Grades habe sich bereits in der Bundesrepublik befunden. Er habe daher hinsichtlich der von ihm bekleideten Position ein enormes Sicherheitsrisiko dargestellt, das das MfS auszuräumen versucht habe, indem es ihn zu der Verpflichtung einer Zusammenarbeit gezwungen habe. Seine Kooperation mit dem MfS sei also nicht freiwillig erfolgt, sondern habe auf Erpressung beruht. Er sei wegen seiner Homosexualität unter Druck gesetzt worden. Er hätte auch eine Anklage wegen staatsfeindlicher Verbindungen zu erwarten gehabt; die Verbindung zu seiner Familie in der Bundesrepublik sei ihm nur unter der Bedingung der Zusammenarbeit gestattet worden. Wegen der 1957/58 verbüßten Haftstrafe habe er sehr genau gewusst, was für ihn auf dem Spiel gestanden habe. Seine Berichterstattung sei für das MfS zudem wenig hilfreich und im Wesentlichen unbrauchbar gewesen; er habe nichts berichtet, was das MfS nicht schon gewusst hätte. Zwar habe er, um den Schein zu wahren, eine Vielzahl von Berichten abgeliefert, die jedoch überwiegend nichtssagend und hinhaltend gewesen seien. Dass seine Berichte dem MfS nicht von besonderem Nutzen gewesen seien, ergebe sich schon aus dem Umstand seiner Verhaftung und Verurteilung im Jahre 1976, die vom MfS verhindert worden wäre, wenn man ihn als wertvollen und vielversprechenden Spitzel angesehen hätte. Er habe auch selbst unter Beobachtung gestanden, wie sich aus Berichten einer Vielzahl von IMs ergebe. Dritte seien auf Grund der von ihm gelieferten Informationen nicht zu Schaden gekommen. Bei der zum Tode verurteilten Person, zu deren Verurteilung er beigetragen haben solle, habe es sich um einen ehemaligen KZ-Arzt gehandelt, den er im Rahmen eines dienstlichen Berichtsauftrags interviewt habe; diese Interviews seien später ohne seine Kenntnis durch das MfS ausgewertet worden. Über eine weitere Person und deren Pläne, in den Westen zu fliehen, habe er erst berichtet, als sie bereits inhaftiert gewesen sei, wovon er - anders als im Auskunftsbericht des MfS vom 18. November 1964 vermerkt - zum Zeitpunkt seines Berichts auch Kenntnis gehabt habe. Er habe zudem erreicht, dass der Kunsthändler F aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, und habe das MfS wider besseres Wissen davon überzeugen können, dass sein Mitarbeiter P nicht mehr beabsichtige, die Republik zu verlassen. Prämien oder Honorare habe er - B - niemals erhalten, es seien lediglich Aufwandsentschädigungen gezahlt worden. Im Übrigen genieße er hinsichtlich des zurückgenommenen Verwaltungsakts Vertrauensschutz. Zum Zeitpunkt der Ausreise aus der DDR habe er seit über fünf Jahren keinen Kontakt mehr mit dem MfS gehabt und sich aktiv gegen eine weitere Zusammenarbeit gewehrt, wofür er Beruf, Freiheit und sein Vermögen - die im Rahmen des Steuerstrafverfahrens 1982 von DDR-Behörden verkaufte Kunstsammlung - geopfert habe. Schließlich sei die Jahresfrist für die Rücknahme überschritten, da die Behörde bereits am 23. Januar 2002 Kenntnis von den BStU-Unterlagen gehabt, aber erst am 17. April 2003 die Rücknahme verfügt habe. Ergänzend würden Verjährung und Verwirkung geltend gemacht.

Das Verwaltungsgericht hat mit am 28. März 2008 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hat B sich im Wesentlichen auf sein erstinstanzliches Vorbringen bezogen. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe die Häufigkeit der Kontakte und deren Quantität überschlägig eingestanden, müsse aber mangels Erinnerung an Details der Gespräche die Authentizität von Aktenvorgängen und Richtigkeit ihrer Inhalte, soweit er sie nicht schriftlich bestätigt habe, mit Nichtwissen bestreiten. Den Dokumenten sei zumindest mit kritischer Skepsis zu begegnen. Unbeschadet der Quantität der Interviews fehle seinen damaligen Angaben jedenfalls die hinreichende Qualität und Substanz im Sinne der Ausschlussgründe des § 2 Abs. 1 HHG, für die der Beklagte die materielle Feststellungslast trage. Zudem handele es sich um Vorgänge vor seinen willkürlichen Inhaftierungen, für die die nunmehr zurückgeforderte Haftentschädigung geleistet worden sei. Bei deren Beantragung sei es ihm - auch angesichts ungeklärter Todesumstände seines schon während seiner ersten Haftzeit verstorbenen Bruders, der sich zuvor für ihn eingesetzt habe - jedenfalls gegenüber sozialstaatlichen westlichen Behörden nicht opportun erschienen, sich als ehemaliger IM aktenkundig zu machen und dadurch eventuell in Lebensgefahr zu bringen. Er könne sich insoweit auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen bzw. (übergesetzlichen) Notstand berufen.

Am 28. Januar 2012 ist B verstorben. Er ist von den Klägern beerbt worden.

Sie sind der Auffassung, die Bescheide seien schon deshalb aufzuheben, weil B nach seinem Tode der statusgebende Ausweis als Flüchtling und Opfer des DDR-Regimes nicht mehr entzogen werden könne und weil wegen dessen fortbestehender Tatbestandswirkung auch die (von B schon damals verbrauchte) Entschädigung nicht mehr zurückverlangt werden könne. Im Übrigen beziehen sie sich auf das bisherige Vorbringen und machen erneut geltend, der Beklagte sei für die Rücknahme nicht zuständig gewesen. Zudem würden der Einwand der Verwirkung und die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. März 2008 zu ändern und den Rücknahmebescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Ergänzend trägt er vor, das Bestreiten von Gegenständen der eigenen Wahrnehmung bzw. des eigenen Handelns „mit Nichtwissen“ sei unzulässig. Unbeachtlich sei der Hinweis des B auf das ihm in der DDR mit den Verhaftungen angetane Unrecht, denn nach dem HHG finde eine Aufrechnung des Unrechts nicht statt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (fünf Bände nebst drei Mappen BStU-Kopien) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Heft Verwaltungsvorgang zum HHG, ein Heft Widerspruchsvorgang, ein Heft Verwaltungsvorgang zum BerRehaG) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Kläger, die den Rechtsstreit als Erben des ursprünglichen Klägers B fortführen (§ 173 VwGO i.V.m. § 239 Abs. 1, § 246 Abs. 1 ZPO), ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist weiterhin zulässig, insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis fort. Der streitige Bescheid des Landesamts für Gesundheit und Soziales vom 17. April 2003 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2003), mit dem die B im Jahr 1983 ausgestellte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG eingezogen und die Bewilligung von Eingliederungshilfen, ergänzenden Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen zurückgenommen wurde, hat sich durch den Tod seines Adressaten B nicht erledigt. Die hierin ausgesprochenen Rechtsfolgen sind im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf die Kläger als Erben des B übergegangen, denn es handelt sich nicht um höchstpersönliche, nicht übergangsfähige Rechtspositionen. Für die Gewährung von (Geld-)Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz verdeutlicht § 1 Abs. 1 Nr. 3 HHG, wonach die Gewährung von Leistungen nicht nur an frühere Häftlinge selbst, sondern auch an deren Hinterbliebene in Betracht kommt, denen gegenüber gemäß § 2 Abs. 4 HHG bei dem Häftling vorliegende Ausschlussgründe wirksam sind, dass es sich nicht um eine höchstpersönliche, nicht vererbbare Rechtsposition handelt. Entsprechendes gilt nicht nur für die Rücknahme der Bewilligung und Rückforderung derartiger Geldleistungen, sondern auch für die Einziehung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG. Diese dient der Erbringung des Nachweises darüber, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HHG vorliegen und dass Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HHG weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 HHG gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam sind, soweit zugleich ein Anspruch nach §§ 9a bis 9c HHG besteht. Die letztgenannten Vorschriften regeln die Voraussetzungen der Gewährung von Eingliederungshilfen (§ 9a HHG), zusätzlichen Eingliederungshilfen (sowie, nach § 9b HHG in der in den Jahren 1982/83 geltenden Fassung des Gesetzes vom 29. Juli 1971, BGBl. I S. 1173, Ausgleichsleistungen) und weiteren Eingliederungshilfen (§ 9c HHG). Nur soweit hiernach ein Anspruch besteht, wird nach § 10 Abs. 4 Satz 1 HHG eine solche Bescheinigung ausgestellt; im Übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt (§ 10 Abs. 4 Satz 2 HHG). Nach § 10 Abs. 7 HHG ist die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Abs. 4 für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind (Satz 1); hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung zuständige Stelle beantragen (Satz 2). Funktion der Bescheinigung ist es also, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz (oder nach anderen Gesetzen, soweit die Gewährung vom Vorliegen dieser Voraussetzungen abhängt) mit Wirkung auch gegenüber anderen für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen zuständigen Behörden zu bestätigen. Sie ist damit ebenso fähig, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Leistungsempfängers überzugehen wie die Leistung - soweit noch vorhanden - selbst, und - in gleicher Weise - deren Aufhebung und Rückforderung.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Rücknahmebescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Landesamt für Gesundheit und Soziales des Beklagten durfte nach § 1 Abs. 1 BlnVwVfG i.V.m. § 48 VwVfG die am 29. März 1983 ausgestellte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG einziehen und die am gleichen Tag erfolgte Bewilligung der gewährten Eingliederungshilfen, zusätzlichen Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen aufheben.

Es war hierfür als Ausstellungsbehörde, nämlich als die mit den Angelegenheiten nach dem Häftlingshilfegesetz betraute Behörde des Beklagten, nach spezialgesetzlicher Regelung in § 10 Abs. 7 HHG zuständig, obwohl mit dem Umzug des B nach M... im Kreis N... die allgemeine örtliche Zuständigkeit der dortigen Behörden für ihn nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) VwVfG begründet worden war. Allerdings enthielt § 10 Abs. 7 HHG zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch nicht den durch Art. 2 des Achten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1694) geschaffenen Satz 3, wonach die Ausstellungsbehörde über Rücknahme und Widerruf einer Bescheinigung nach Absatz 4 entscheidet. In der zur Zeit des Erlasses von Rücknahme- und Widerspruchsbescheid geltenden Fassung des Art. 6 Nr. 4 Buchstabe c) des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2094) regelte § 10 Abs. 7 HHG seinem Wortlaut nach nur die entsprechende Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), die in der Fassung des Art. 1 Nr. 15 des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes die Entscheidung über die Ausstellung der (Spätaussiedler-)Bescheinigung für alle für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen (als Spätaussiedler) zuständigen Behörden und Stellen für verbindlich erklärten (Satz 2), bestimmten, dass eine Behörde oder Stelle, die die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt hält, nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die Ausstellungsbehörde beantragen kann (Satz 3), sowie die Entscheidungskompetenz einer zentralen Stelle im Streitfall regelten (Satz 4). Die Kompetenz der Ausstellungsbehörde zur Entscheidung über Rücknahme und Widerruf einer Bescheinigung war demgegenüber in § 15 Abs. 3 BVFG geregelt. Auch wenn § 10 Abs. 7 HHG in der bei Erlass des streitigen Bescheides geltenden Fassung auf diese Bestimmung nicht ausdrücklich verwies, war sie jedenfalls analog anwendbar, denn dem Sinn und Zweck der Bezugnahme auf § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BVFG, auch für die Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz die Entscheidungskompetenz bei einer Behörde - der Ausstellungsbehörde - zu konzentrieren, liefe es zuwider, wenn nicht auch die Zuständigkeit für Rücknahme und Widerruf (ausschließlich) bei der Ausstellungsbehörde läge, sondern sich ggf. abweichend nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG bestimmen würde. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber, der durch Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Aufhebung der Heimkehrerstiftung und zur Finanzierung der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge vom 10. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2830) § 10 Abs. 7 HHG um den Verweis (auch) auf § 15 Abs. 3 BVFG ergänzt hat, davon ausgegangen, dass die Nichterwähnung des § 15 Abs. 3 BVFG in § 10 Abs. 7 HHG offensichtlich auf einem redaktionellen Versehen im Zuge der Neufassung des Bundesvertriebenengesetzes durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz beruhte; diese planwidrige Regelungslücke werde nunmehr durch die Ergänzung des § 10 Abs. 7 HHG geschlossen (Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 16/6956, S. 7). Die sich hiernach aus § 10 Abs. 7 HHG ergebende Zuständigkeit der Ausstellungsbehörde für die Entscheidung über Rücknahme und Widerruf der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG knüpft allein an die Ausstellung des Ausweises durch diese Behörde - im vorliegenden Fall der Senator für Gesundheit, Soziales und Familie, dessen Aufgaben im Bereich des Häftlingshilfegesetzes nunmehr vom Landesamt für Gesundheit und Soziales wahrgenommen werden - an und überlagert damit (auch) die allgemeine Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) VwVfG zur örtlichen Zuständigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1975 - VIII C 78.74 - BVerwGE 49, 197 ff., zit. nach juris, Rn. 11 ff.; a.A. VG Göttingen, Urteil vom 13. Juli 2011 - 2 A 371/10 - juris, Rn. 31 f.).

Die Häftlingshilfebescheinigung und die Leistungsbewilligung vom 29. März 1983 waren rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG). Zwar geht auch der Beklagte weiterhin davon aus, dass die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG im Hinblick auf die von B in den Jahren 1957/58, 1976 bis 1979 und 1981/82 in der DDR erlittene Haft vorlagen. B hat jedoch Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 HHG erfüllt, so dass sowohl die Gewährung der Eingliederungshilfen, ergänzenden Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen als auch die Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG rechtswidrig waren.

Nach § 2 Abs. 1 HHG werden Leistungen nach diesem Gesetz nicht gewährt an Personen, die in den Gewahrsamsgebieten dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben (Nr. 1), oder die dort durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben (Nr. 2). Der letztgenannten Regelung liegt der allgemeine Gedanke zu Grunde, dass in den Genuss der für die unschuldigen Opfer einer Gewaltherrschaft bestimmten Vergünstigungen nicht auch jene kommen sollen, die ein Schicksal erfuhren, das sie selbst unter dem Schutz der Gewaltherrschaft anderen zugefügt haben (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2006 - 3 C 11.05 -, juris, Rn. 17; zu § 16 Abs. 2 StrRehaG, unter ausdrücklichem Hinweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG und das hierzu ergangene Urteil des BVerwG vom 9. September 1959 - VIII C 281.59 -, BVerwGE 9, 132, 141). An den Grundsätzen der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit hat sich vergangen, wer freiwillig und gezielt, insbesondere auch durch Eindringen in die Privatsphäre anderer und Missbrauch persönlichen Vertrauens, Informationen über Mitbürger gesammelt, an den auch in der DDR für seine repressive und menschenverachtende Tätigkeit bekannten Staatssicherheitsdienst weitergegeben und dabei jedenfalls in Kauf genommen hat, dass diese Informationen zum Nachteil der denunzierten Personen, namentlich zur Unterdrückung ihrer Menschen- und Freiheitsrechte, benutzt würden (BVerwG, Urteil vom 8. März 2002 - 3 C 23.01 -, BVerwGE 116, 100 ff., zit. nach juris, Rn. 17 ff., unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 14. März 1994 - AnwZ (B) 6/93 - NJW 1994, 1730 = juris, Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2006, a.a.O., Rn. 21; BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 3 PKH 15.05 (3 B 138.05) - juris, Rn. 4; s.a. OVG Berlin, Urteil vom 1. Dezember 2004 - OVG 6 B 1.04 -, juris, Rn. 33). Dabei muss die Spitzeltätigkeit nicht „zur Stützung des Systems“ erfolgt sein, sondern es genügt, wenn sie etwa finanzieller oder beruflicher Vorteile wegen ausgeübt worden ist (BVerwG, Urteil vom 8. März 2002, a.a.O., Rn. 19; Urteil vom 19. Januar 2006, a.a.O., Rn. 21). Dementsprechend begründet eine Spitzeltätigkeit für die Staatssicherheit unter Inkaufnahme einer Drittschädigung im Regelfall einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit (Urteil vom 19. Januar 2006, a.a.O., Rn. 21 a.E.). Die Annahme einer Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit setzt insbesondere nicht den Nachweis voraus, dass die IM-Berichte konkrete Repressionen und Sanktionen gegenüber Dritten etwa durch Schäden an Leib oder Leben zur Folge hatten. Es reicht der Nachweis, dass die gelieferten Informationen geeignet waren, den Denunzierten ernsthaft in Gefahr zu bringen. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Ausschlussgrundes unter Berücksichtigung der Funktionsweise des MfS. Durch Berichte eines Inoffiziellen Mitarbeiters wurde das MfS in die Lage versetzt, sogar belanglose und unverfängliche Informationen zu nutzen, diese mit eigenen Erkenntnissen zu verknüpfen und mit anderen ihm bekannt gewordenen Sachverhalten zu bewerten. Dementsprechend lässt sich die Frage der Kausalität häufig nicht zuverlässig beantworten. Angesichts der Strukturen des Staatssicherheitsdienstes und des übrigen Machtapparats der DDR ist daher der zur Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit gehörende Verletzungserfolg schon dann zu bejahen, wenn die Berichte des IM geeignet waren, für die Bespitzelten eine beachtliche Gefahrenlage zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2006, a.a.O., Rn. 22; OVG Berlin, Urteil vom 1. Dezember 2004, a.a.O., Rn. 35 ff.; anders noch KG, Beschluss vom 2. Januar 2001 - 4 Ws 212/00 REHA -, VIZ 2002, 184; s.a. OLG Dresden, Beschluss vom 28. September 1995 - 2 Ws 6/95 -, VIZ 1996, 110).

In subjektiver Hinsicht setzt der Verstoß gegen den Grundsatz der Menschlichkeit ein zurechenbares, vorwerfbares Verhalten voraus. Deshalb ist allein in der schriftlichen Verpflichtung zum Spitzeldienst „unter dem Druck der Haft“ kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit zu sehen. Von einem die Freiwilligkeit ausschließenden Druck kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn er für den Betroffenen unerträglich war, d.h. wenn von ihm auch unter Berücksichtigung des durch die Spitzeltätigkeit mutmaßlich angerichteten Schadens nicht erwartet oder verlangt werden konnte, sich der angetragenen Mitarbeit zu widersetzen oder zu entziehen (BVerwG, Urteil vom 8. März 2002, a.a.O., Rn. 22; Urteil vom 19. Januar 2006, a.a.O., Rn. 25), wobei von einer stabilen, in gesicherten Verhältnissen lebenden Persönlichkeit mehr Widerstand erwartet werden kann als von einem „am Rande der Gesellschaft angesiedelten psychisch kranken Menschen“ (BVerwG, Urteil vom 8. März 2002, a.a.O., Rn. 23 f.).

Der Ausschlussgrund des „erheblichen Vorschubleistens“ nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG ist nicht schon bei einem lediglich beiläufigen, gelegentlichen Verhalten gegeben, sondern erst dann erfüllt, wenn der politische Häftling bewusst und mit einer gewissen Stetigkeit Handlungen vorgenommen hat, die dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der SED und das von ihr getragene System zu festigen, auszudehnen oder den Widerstand gegen dieses System zu unterdrücken, es sei denn, er hat seine Stellung dazu genutzt, diese Ziele zu unterlaufen (OVG Berlin, Urteil vom 15. Januar 1992 - 7 B 10.90 - juris, Rn. 18; s.a. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1987 . 3 C 12.87 -, juris, Rn. 29, zur vergleichbaren Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BVFG).

Hieran gemessen hat B die Ausschlussgründe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HHG erfüllt. Er hat sich, wie von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auch geschildert, durch handschriftliche Erklärung vom 28. Juni 1963 verpflichtet, „das MfS in seiner Arbeit zum Schutze unsere Staates aktiv zu unterstützen“, und sich dafür den Decknamen „Sulky“ gewählt. Unter diesem Namen ist er in der Folgezeit bis zur Aufkündigung seiner Zusammenarbeit nach seiner Verurteilung im Jahre 1976 für das MfS tätig gewesen, hat sich mit Führungsoffizieren konspirativ getroffen und zahlreiche Berichte abgegeben. Dies ergibt sich aus den dem Gericht von der BStU vorgelegten Unterlagen aus der bei der Bezirksverwaltung F... geführten, nach der Auskunft der BStU aus insgesamt neun Bänden (Personalakte: Teil I, Bände I und II; Nebenakte: Teil III Band I; Arbeitsakte: Teil II Bände I bis VI) bestehenden Akte AIM 1602/77, die nach Angaben der BStU ca. 110 Berichte des MfS über Treffen mit dem IM bzw. über dessen Informationslieferung im Zeitraum von Juli 1963 bis März 1976 enthalten, ab 1966 nahezu ausnahmslos als Abschriften der vom IM auf Tonband gesprochenen Informationen. Die von der BStU in Kopie vorgelegten Unterlagen umfassen neben der genannten handschriftlichen Verpflichtungserklärung (Teil I Band I, BStU S. 236), Auskunftsberichten des MfS über den IM „Sulky“ (vom 18. November 1964, Teil I Band I, BStU S. 202 ff.; vom 8. Januar 1976, Teil I Band I, BStU S. 35 ff.) und Unterlagen etwa über die Auszeichnung des B für „hervorragende Verdienste im Kampf gegen die Feinde der Deutschen Demokratischen Republik“ mit der Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee in Bronze (Befehl Nr. 629 vom 19. April 1966, Teil I Band II, BStU S. 7), aber auch über die Bemühungen um die Beschaffung einer Einfuhrgenehmigung für einen Mercedes-Motor „zur Unterstützung eines IM unserer Diensteinheit (vom 1. April 1975, Teil I Band II, BStU S. 33), vor allem eine Vielzahl von Berichten des IM „Sulky“, überwiegend in Form von Tonbandabschriften. Dass diese Berichte von ihm stammen, hat B nicht bestritten, sondern, wie es in der Berufungsbegründung heißt, „die Kontakte und deren Quantität überschlägig eingestanden“, was auch für „etwaige Gegenzeichnungen von Belegen und Unterschriften unter Protokollen“ gelte, „welche vermutlich den wesentlichen Inhalt der Gespräche wiedergaben“.

Inhaltlich erstrecken sich die Berichte des IM „Sulky“ auf eine Vielzahl von Bereichen und Themen, die nur teilweise in innerem Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgabenbereichen des B - als Leiter der Arbeitssanitätsinspektion und Bezirkssportarzt in F..., in der Hauptberatungsstelle des Sportmedizinischen Dienstes in B..., als (ehrenamtlicher) Mannschaftsarzt für die Nationalmannschaft der G..., als Dozent an der Deutsche Hochschule für Körperkultur in L... - stehen. Die langjährige Tätigkeit des B für das MfS kann daher unbeschadet seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, er sei bei Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung von einer Beschränkung auf dienstliche Dinge ausgegangen, wie auch der von B bei der Werbung dem Bericht seines Führungsoffiziers vom 2. Juli 1963 (Teil I Band I, BStU S. 116 ff., 119) zufolge abgegebenen Erklärung, er sei nicht bereit, über jede Person zu berichten, die einen „politischen Witz“ erzähle, nicht als lediglich dienstliche Zusammenarbeit angesehen werden. Bei den Berichten finden sich in großem Umfang Schilderungen von privaten Kontakten, teilweise unter Bezugnahme auf einen dem IM erteilten Auftrag zur erneuten Kontaktaufnahme (Bericht vom 10. März 1965, Anlage 5/10 des BStU-Schreibens an das Landesamt für Gesundheit und Soziales, BStU S. 198) bzw. zur Fortsetzung der Kontakte (Bericht vom 25. Oktober 1966, Teil II Band IV, BStU S. 157; Bericht vom 29. Januar 1972, Teil II Band VI, BStU S. 21).

Einen Schwerpunkt der Informationstätigkeit des B bilden Berichte über Westkontakte und Fluchtmöglichkeiten. Bereits am 5. September 1963 berichtete IM „Sulky“, er habe bei seinem Besuch auf der Leipziger Messe gesprächsweise erfahren, dass eine Gastwirtin aus Westberlin versuche, ihren „im demokratischen Sektor Berlins wohnenden Sohn (geschwärzt) nach Westberlin über eine Studentenorganisation, durch einen neu zu bauenden Tunnel, rüberzuschleusen“ (Teil II Band I, BStU S. 40). Dieser Bericht des B war zwar nicht ursächlich für die - einem MfS-internen Schreiben zufolge bereits am 8. August 1963 erfolgte - Festnahme des Betreffenden wegen des Verdachts der Fluchtvorbereitung (Schreiben vom 15. Oktober 1963, Teil II Band I, BStU S. 42), hat aber - unabhängig davon, ob B, wie behauptet, von dieser Festnahme bei seinem Bericht bereits Kenntnis hatte - die Fluchtabsicht bestätigt und zudem weitere Angaben zur Organisation der geplanten Flucht gemacht, die geeignet waren, den Verhafteten zusätzlich zu belasten. Auch im weiteren Verlauf bildete die Berichterstattung über Westkontakte, Überlegungen zum Verlassen der DDR und auch Kontakte zu möglichen Fluchthelfern einen Schwerpunkt der Tätigkeit des IM „Sulky“. In seinem Bericht vom 16. November 1964 (Teil II Band II, BStU S. 61 ff.) bezeichnete er „die Überprüfung von illegalen Kontakten zwischen den beiden Teilen Berlins“ als einen „meiner wesentlichen Aufträge in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des MfS“ und nannte in diesem Zusammenhang die Kontaktaufnahme mit einem Bühnenbildner, „von dem angenommen werden mußte, daß er sich mit Vorbereitungen zur Republikflucht beschäftigte“; leider sei hier aber nichts Genaues in Erfahrung zu bringen gewesen, da der Betreffende sich nach Heirat von dem „ursprünglichen Vorhaben“ zurückgezogen habe. Im weiteren Verlauf des Berichts schilderte B, dass sein (im Westteil Berlins lebender) Bruder ihm mitgeteilt habe, dass er über eine - namentlich bezeichnete - Frau „in Kontakt mit einer Westberliner Gruppe gekommen sei, die ständig Menschentransporte bzw. einzelne Personen über die Grenze schleusen würde“ (a.a.O., S. 61); es folgte die Schilderung von Einzelheiten der geplanten Flucht: Er sei per Telegramm gebeten worden, um 17.00 Uhr abends am Kontrollpunkt H...Straße zu sein; das Kennwort sei die Unterschrift des Telegramms gewesen; der Transport über die Grenze sei in einem Auto geplant gewesen; der Bruder sei nach seiner Statur gefragt worden (a.a.O., S. 63). In dem genannten Bericht schließen sich Ausführungen des B. zu seiner „unguten persönlichen und beruflichen Situation“ an, die in den Vorschlag münden, „illegal nach Westdeutschland zu gehen“, um dort „an Probleme heranzukommen, die von Staatsinteresse im Sinne der DDR wären“ (a.a.O., S. 65, 66, 67). An die im Bericht vom 16. November 1964 erwähnte Kontaktaufnahme mit einem Bühnenbildner knüpft der bereits erwähnte Bericht vom 10. März 1965 an, in dem B entsprechend seinem Auftrag, „erneut Kontakt aufzunehmen, um noch weitere Angaben über die Vorbereitungen zur ehemals geplanten Republikflucht vor der Hochzeit zu erfahren“, von einem privaten Wochenendbesuch des Betreffenden und seiner Frau berichtete, bei dem er „sich diesmal unvermittelt relativ konkret“ geäußert habe: Er habe eine Gruppe von Menschen in einer (namentlich genannten) Gaststätte kennengelernt, der er eine erhebliche Geldsumme gezahlt habe, der Kontakt sei über eine - mit Vornamen bezeichnete - ehemalige Toilettenfrau einer anderen (namentlich genannten) Gaststätte geschlossen worden. Außerdem wird über eine andere mit Namen genannte Frau berichtet, die den Betreffenden zu einem Autobahnhof habe fahren sollen; diese scheine zwar „ganz offensichtlich … nicht die Hauptperson in dem ganzen Unternehmen zu sein“, aber auf die Frage, ob sie „nicht in der Lage sei, mir dieses oder jenes nach drüben zu bringen, wurde mir das ohne weiteres bejaht“ (a.a.O., BStU S. 199). Auch der Bericht vom 25. Oktober 1966 (Abschrift vom 27. Oktober) über L nimmt Bezug auf einen B erteilten Auftrag zur „weiteren Kontakterhaltung“ und „Erkundung einer Adresse, die L… für das Arrangement seiner Republikflucht in Prag erhalten hatte“ (Teil II Band IV, BStU S. 157 ff.). In diesem Bericht heißt es über L unter anderem, er habe „die Absicht, die Republik zu verlassen mit Hilfe einer antroposophischen Gesellschaft“ und habe berichtet, dass „man ihm in der Zwischenzeit eine Adresse in Prag gegeben hätte und zwar ein gewisser Dr. (geschwärzt) in Prag, ich glaube es war (offengelassen) 8“, bei dem L sich melden solle. Ferner enthält der Bericht die Schilderung, B habe L seinerseits eine (im Bericht genannte) Adresse in Prag gegeben, um an dessen Kontaktadresse zu gelangen; L habe sich diese Adresse - etwas abgewandelt, so dass sie wie eine polnische aussehe - notiert, „und solche Notiz könnte also in seinen Notizbüchern gefunden werden“ (a.a.O., S. 161). Ein Bericht vom 29. Januar 1972 (Teil II Band VI, BStU S. 21 ff.) über Prof. Dr. I bezieht sich ebenfalls auf den Auftrag zur „Fortsetzung der Kontakte, insbesondere bei der Information über weiterhin bestehende Republikfluchtabsichten“. Dem Bericht zufolge bestehe bei I nach wie vor „der Wunsch, lieber heute als morgen zu gehen“ und die Vorstellung, „über die jugoslawische Grenze … respektive über die Route Ungarn nach Jugoslawien“ zu gelangen (a.a.O., S. 22); nach Schilderung diverser privater Dinge (Kontakte, Freundinnen, Geld) äußert der IM indessen die Einschätzung, dass „die Gefahr einer akuten Republikflucht nicht sehr hoch“ sei und zudem wohl dadurch vermindert werden könnte, dass „man ihm ein vernünftiges Aufgabengebiet gibt, indem er wirksam werden kann, und indem er persönlich auch Freude und Befriedigung finden würde“ (a.a.O., S. 24).

Wie bereits aus den angeführten Berichten ersichtlich, schilderte B häufig und umfangreich Details aus dem Privatleben seiner Kontaktpersonen. So geht es in einem Bericht vom 15. Oktober 1963 um private Beziehungen einer Sportlehrerin (Teil II Band I, BStU S. 57 ff.), einschließlich der Auskunft, dass sie zahlreiche Besuche, auch aus Westberlin, empfange; der Bericht vom 2. Juli 1964 (Niederschrift 3. Juli, Teil II Band I, BStU S. 228 ff.) schildert Wohnungseinrichtung, Beziehungen und sonstige Kontakte und Interessen (Briefmarken) eines Bühnenbildners. Ein Bericht vom 16. Dezember 1963 (Abschrift vom 18. Dezember; Teil II Band I, BStU S. 104 ff.) befasst sich mit dem Privatleben eines praktischen Arztes, der „mit seiner Frau in keinen guten ehelichen Verhältnissen“ lebe, längere Zeit ein Verhältnis mit einer Gemeindeschwester und nachfolgend „verschiedene Verhältnisse“ gehabt habe, der sich auch beruflich als „außerordentlich schwieriger und aufsässiger“ Mensch gezeigt und vor dem Mauerbau überlegt habe, die DDR zu verlassen. Dem ebenfalls zahlreiche Details aus dem Privatleben enthaltenden Bericht vom 22. Mai 1965 (Niederschrift 24. Mai, Teil II Band II, BStU S. 256 ff.) über eine Zusammenkunft mit L ist ein handschriftlicher Vermerk des Führungsoffiziers des B beigefügt, in dem es heißt, L scheine „als IM-Kandidat geeignet, er wird weiter aufgeklärt“ (a.a.O., S. 261).

Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeit des B bilden Berichte über Kunstsammler. Bereits im August 1965 (Berichtsabschrift vom 12. August 1965, Teil II Band II, BStU S. 48 ff.) berichtete er über einen Museumsleiter, bei dem er Möbel und Bilder gekauft habe, unter Schilderung in dessen Wohnung befindlicher Kunstgegenstände. Der Bericht enthielt den Hinweis, alte Fotografien des Museums zeigten, dass die von B gekauften Möbel damals dort im Schloss gestanden hätten. B schilderte auch, er habe den Museumsleiter, „um zu testen, inwieweit seine Grenzen in Bezug auf das Museumseigentum gehen, … gebeten, mir doch 2 Miniaturen, die das Museum besitzt, zu überlassen“ (a.a.O., S. 53), und sei gespannt, welche Angebote kommen würden. Weitere Berichte über Kunstsammler betreffen einen Dr. L (Bericht vom 21. Juni 1969, Teil II Band V, BStU S. 122 ff.), der als „sehr haltloser bzw. pathologisch veranlagter Mensch“ geschildert wird, der „etwa 4-5 Flaschen Wein täglich“ trinke (a.a.O., S. 124), und der ein großer Sammler mit einem gewaltigen Handelsumsatz sei, sowie Dr. G (Bericht vom 6. Mai 1973, Teil II Band VI, BStU S. 106 ff.), dessen „lediglich mit Antiquitäten und alten Bildern“ eingerichtete Wohnung „eine der schönsten und geschlossensten Sammlungen in der DDR“ darstelle (a.a.O., S. 107), und dessen Schwiegermutter in Westberlin zu wohnen scheine. Jedenfalls sei auffällig, dass er „ständig über Westspirituosen“ und andere Dinge verfüge, die im Intershop nicht erhältlich seien; irgendwelche Kontakte zu „westlichen Organen“ seien aber nicht zu vermuten (a.a.O., S. 109). Dr. L und Dr. G waren auch Gegenstand des Berichts vom 1. Juni 1971 „über Machenschaften in Kreisen Berliner Kunstsammler“ (Abschrift 4. Juni, Teil II Band V, BStU S. 290 ff.). Ausgehend von der Feststellung, dass „neben dem offiziellen Kunsthandel in den Geschäften ein sehr umfangreicher inoffizieller Kunsthandel stattfindet, der von Sammlern aber auch ausgesprochenen Spekulanten vollzogen wird“, und dass Berlin „eines der Eldorados der Spekulantenzentren“ sei, werden vier Gruppierungen skizziert: Die erste um Dr. G, der mit einem bekannten Restaurator befreundet sei, welcher auch mit Fälschungen (von Signaturen) in Verbindung gebracht werde, eine zweite Gruppe um ein Arztehepaar, von dem es im Bericht heißt, sie seien „allgemein in Berlin wegen ihrer Sammlerleidenschaft bekannt“ und würden das Sammeln von Kunstgegenständen und Briefmarken zu „spekulativen Zwecken“ betreiben, wobei „relativ unlautere Mittel“, etwa das „Umfrisieren alter Postwertzeichen“ benutzt würden. Dem dritten Kreis stehe ebenfalls ein Mediziner vor (Dr. L), der nur halbtags arbeite, obwohl er nach Ansicht des berichtenden IM „Sulky“ „ganz ohne Zweifel nicht so krank ist, als daß er nicht voll arbeiten könnte“, der aber außerordentlich viel Zeit für seine „Sammelwut“ benötige. Er fahre „durch die ganze Republik, um aufzukaufen“, und zwar „vom Schmuck bis zum Möbel bis zum Bild alles“, habe „verschiedentlich aus alten Möbeln wiederum alte, aber in der Qualität verbesserte, gemacht“, nach Einschätzung des Berichtenden ein „Fälschungsprozeß“, der „in die betrügerischen Sphären“ gehe. Ein vierter Sammlerkreis schließlich bestehe um einen Dramaturgen und einen Schriftsteller, die ihr Einkommen dadurch aufbesserten, dass sie - unter Inanspruchnahme von Dienstwagen und angeblich für Museen - Möbel in thüringischen Ortschaften einkauften und sie dann dem Kunsthandel übergäben, auch das „nahezu betrügerische(n) Machenschaften“. Abschließend heißt es, bis auf die Bilderfälschungen und die Möbelfälschungen könne allerdings „im Moment“ nichts bewiesen werden; es handele sich um Gerüchte, die aber „dem sonstigen Benehmen der hier Genannten entsprechen“.

Die dargestellten Berichte zeigen auf, dass sich die Zusammenarbeit des B mit dem MfS weder auf den dienstlichen Bereich noch auf eine nichtssagende, inhaltsleere Berichterstattung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1969 - VIII C 80.65 -, Buchholz 412.6 § 2 HHG Nr. 2) beschränkte. Die von B erstatteten Berichte waren ihrem Inhalt nach auch geeignet, anderen zu schaden. Dies gilt nicht nur für die Berichte über Fluchtvorbereitungen und Kontakte zu Schleusergruppen, sondern für alle Auskünfte über das Privatleben, namentlich soweit (Liebes-)Beziehungen, Alkoholprobleme oder - wie im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Kunstsammler und Kunstverkäufe - Fälschungen, Aneignung von Kunstgegenständen etc. im Raum stehen. Zwar ist einigen Berichten das Bemühen anzumerken, zu Gunsten des Betroffenen zu wirken, so etwa im angeführten Fall des Prof. Dr. I, in dem B die Einschätzung äußert, die Gefahr der Republikflucht sei dadurch zu vermindern, dass man ihm „ein vernünftiges Aufgabengebiet“ gebe (Bericht vom 29. Januar 1972, a.a.O., BStU S. 24). Eine MfS-interne Beurteilung des IMV „Sulky“ vermerkt denn auch dessen Tendenzen, hinsichtlich der Berichterstattung etwas zu zögern, wenn es um Personen aus dem unmittelbaren Bekanntenkreis ging (Auszug aus dem Auskunftsbericht vom 31. Juli 1975, Teil I Band II, BStU S. 121). Unabhängig hiervon haben die von B gegebenen Auskünfte über seine Kontaktpersonen, auch soweit sie den Betroffenen nicht der Strafverfolgung oder - wie im geschilderten Fall L (Bericht vom 22. Mai 1965, a.a.O., BStU S. 261) - Anwerbeversuchen aussetzten, mit ihren Details aus dem Privatleben in erheblichem Maße zur Überwachungstätigkeit des MfS beigetragen.

Anders als die Kläger meinen, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das MfS die Zusammenarbeit mit B als wenig nutzbringend einschätzt hätte. Der Umstand, dass die Personalakte des B auch Berichte anderer Mitarbeiter über ihn enthielt (u.a. Bericht des GM „Hannelore Ludwig“ vom 2. März 1964, Teil I Band I, BStU S. 169 ff.; Bericht „Nina“ vom 24. November 1964, Teil I Band I, BStU S. 197 ff; Bericht vom 28. März 1969, Teil I Band II, BStU S. 9, über „offensichtlich eindeutige abendliche Herrenbesuche“; Operative Information Nr. 650/75 vom 3. April 1975, Teil I Band II, BStU S. 30, wonach B unter seiner Berliner Anschrift ständig westliche Besucher, stets junge Männer, empfange, Antiquitäten und andere Kunstgegenstände in größeren Mengen kaufe), entsprach der umfassenden, sich auch auf informelle Mitarbeiter erstreckenden Überwachungs- und Kontrollpraxis des MfS. Die von den Klägern hervorgehobene „Einschätzung der von Ihnen übersandten Berichte des GM ‚Sulky‘“ der Hauptabteilung XX/6/I vom 30. November 1964, in der es heißt, die von diesem gegebenen Berichte seien „in den meisten Fällen in ihrem Inhalt z. Teil unrichtig, nicht objektiv bzw. aus dem Zusammenhang dargelegt“, der GM trete an der Sportmedizinischen Hauptberatungsstelle „als Intrigant und ständiger Nörgler“ auf, werde seitens des Sportmedizinischen Dienstes „wegen seines Intrigantentums und seiner unklaren politischen Haltung für unzuverlässig gehalten“ und seine Berichte seien „für die HA XX/6 aus diesem Grunde teilweise wertlos“, bezieht sich inhaltlich auf die in dem Schreiben genannten, sich offensichtlich kritisch mit der Arbeit (u.a.) der Hauptberatungsstelle auseinandersetzenden Berichte des B und setzt diesen die hiervon abweichende Einschätzung der HA XX/6 entgegen, kann also nicht verallgemeinert werden. In den ihn betreffenden Berichten der Bezirksverwaltung Frankfurt (Oder) wird die Tätigkeit des B insgesamt positiv gewertet. Der Auskunftsbericht vom 8. Januar 1976 (Teil I Band II, BStU S. 35 ff.) hält unter „Wesentliche Ergebnisse der Zusammenarbeit“ fest, der IM sei ausgehend von seiner Vielseitigkeit, seiner Kontaktfreudigkeit und seiner Beweglichkeit „vielfältig zur op. Aufklärung und op. Bearbeitung verdächtiger Personen eingesetzt“ worden (a.a.O., BStU S. 43); exemplarisch werden drei Fälle genannt, in denen B zur Lösung von Teilaufgaben bei „Operativ-Vorgängen“ eingesetzt worden sei, die mit Inhaftierungen abgeschlossen wurden (wegen staatsfeindlicher Hetze, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit nachfolgendem Todesurteil, wegen Spionagetätigkeit, a.a.O., BStU S. 43 f.). Unabhängig von einer Bewertung der genannten Einzelfälle belegt die zum Abschluss des Berichts aufgezeigte „Perspektive“ des IMV - u.a. Informationsbeschaffung über Personen aus der medizinischen Intelligenz, „die sich mit Absichten des ungesetzlichen Verlassens der DDR tragen bzw. sich in Konfliktsituationen befinden, die dazu führen können“, zielgerichteter Einsatz zur Aufklärung von Personen und Sachverhalten an der DHfK, „Aufklärung und Kontaktierung von bevorrechteten Personen aus dem kap. Ausland, die Antiquitäten sammeln“ - dass eine weitere Zusammenarbeit mit B beabsichtigt war. Zwar wird B auch kritisch gesehen; so heißt es im Treffbericht vom 20. April 1967 (Teil II Band IV, BStU S. 266 f.), er zeige mit zunehmendem beruflichem Erfolg weniger Einsatz für das MfS, vor allem versuche er materielle Vorteile zu erlangen. Auch in den Auskunftsberichten wird zur persönlichen Einschätzung des B ausgeführt, er habe „vom ersten Tag seines Kontaktes zum MfS seine Informationen mit persönlichen Wünschen“ verbunden, etwa Beschaffung eines Passierscheines für seine im Westen lebende Mutter, Unterstützung seiner beruflichen Entwicklung, Teilnahme an Sportveranstaltungen im „kapitalistischen Ausland“, aber auch die Beschaffung eines Kontingents für Koks zum Beheizen seiner Wohnung oder die Beschaffung von Pkws (Auskunftsbericht vom 18. November 1964, Teil I Band I, BStU S. 202 ff., 205; Auskunftsbericht vom 8. Januar 1976, Teil I Band II, BStU S. 35 ff., 40 f.); hieraus sei ersichtlich, dass die Erlangung von Vorteilen einer seiner Beweggründe für die Zusammenarbeit sei. Ungeachtet dessen sei seine Berichterstattung zwar teilweise „subjektiv gefärbt“, soweit sie sich auf Personen und Sachverhalte aus dem Bereich seiner bisherigen Arbeitsstellen beziehe, insgesamt aber weitestgehend objektiv erfolgt (Auskunftsbericht vom 8. Januar 1976, a.a.O., BStU S. 44 f.). Dass B trotz der geschilderten Kritik vom MfS als wertvoller Mitarbeiter eingeschätzt wurde, ergibt sich - neben der erwähnten Auszeichnung mit der Verdienstmedaille der NVA in Bronze und Bemühungen, ihm die erwünschten Vorteile zu verschaffen (Heizgaskontingent für Berlin, Schreiben vom 19. und 30. September 1963, Teil I Band I, BStU S. 155 ff.; Genehmigung für die Einfuhr eines Mercedes-Motors, Schreiben vom 1. April 1975, Teil I Band II, BStU S. 33) - letztlich auch daraus, dass zwar nicht die Durchführung des Strafverfahrens gegen B im Jahre 1976 verhindert wurde, man sich aber noch im Gefängnis um eine weitere Zusammenarbeit mit B bemühte. Das in diesem Zusammenhang von den Klägern angeführte Schreiben vom 16. Februar 1976 an den Minister für Staatssicherheit, von diesem mit dem Zusatz „einverstanden“ abgezeichnet, sah zunächst die Klärung des „operativen Sachverhalt“ durch Befragung des B vor. In „Abhängigkeit von der Ehrlichkeit, den Verdiensten in der operativen Arbeit und der weiteren Verwendbarkeit“ des B sei „über die strafrechtlichen Maßnahmen zu entscheiden“; im Ergebnis des Steuerverfahrens sei zu sichern, das der „hinterzogene Steuerbetrag“ abgeführt und künftiges gesetzwidriges Handeln unterbunden werde, sowie dass die Reisesperre des B für westliche Staaten aufrechterhalten bleibe und er aus der DHfK ausgeschlossen werde. Nach der Verurteilung des B wurde zunächst am 6. Januar 1977 mit ihm ein Gespräch geführt mit dem Ziel, „seine Bereitschaft zur weiteren inoffiziellen Zusammenarbeit zu prüfen“ (Bericht vom 7. Januar 1977, Teil I Band II, BStU S. 108); in einem weiteren, mit B am 6. Juli 1977 geführten Gespräch habe dieser eine weitere Zusammenarbeit abgelehnt (Bericht vom 8. Juli 1977, Teil I Band II, BStU S. 112 ff). (Erst) am 27. Dezember 1977 wurde dann der IM-Vorgang abgeschlossen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zusammenarbeit mit dem MfS unter Zwang erfolgt wäre, bestehen nicht. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass B sich sogar in der Strafhaft in der Lage sah, eine weitere Zusammenarbeit zu verweigern, dafür, dass vorher erst recht keine entsprechende Zwangslage bestand. Eine solche konnte zunächst nicht aus der Haftstrafe wegen Staatsverleumdung im Jahr 1958 abgeleitet werden. In seinem Bericht vom 16. November 1964 (a.a.O., BStU S. 65) hatte B selbst erklärt, diese sei längst getilgt, und lediglich den Verdacht geäußert, diese Strafe werde ihm inoffiziell noch zur Last gelegt, was einer der Gründe dafür sei, dass er in seinem beruflichen Fortkommen gehindert werde. Die weiteren von ihm in diesem Zusammenhang angeführten Gründe - seine Familie im Westen und seine in den Berichten teils verklausuliert angesprochene Homosexualität - sind ebenfalls keine hinreichenden Gründe für die Annahme, B sei nur unter Zwang für das MfS tätig geworden. Die Homosexualität des B war dem MfS zwar vor Anwerbung bekannt (Vorschlag zur Anwerbung vom 18. Juni 1962, Teil I Band I, BStU S. 73 ff., 77), es wurde aber Abstand davon genommen, ihn auf der Grundlage kompromittierenden Materials zu werben, und stattdessen empfohlen, die Werbung auf der Basis der Überzeugung durchzuführen (Aktenvermerk vom 30. August 1962, Teil I Band I, BStU S. 79; Vorschlag zur Kontaktaufnahme vom 9. November 1962, Teil I Band I, BStU S. 97). Für eine Drohung mit der Einleitung eines Strafverfahrens wegen homosexueller Kontakte ist nichts ersichtlich. Dafür, dass B im Hinblick auf seine Familie im Westen erpresst worden wäre, bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte. B mag in Sorge gewesen sein, ob er Kontakte zu seiner Familie werde aufrechterhalten können, und sich insoweit erpressbar gefühlt haben. Insoweit teilte er das Schicksal anderer DDR-Bürger mit Familienangehörigen im Westen. Dass ihm konkret mit einer Unterbindung des Kontakts zu seinen Verwandten gedroht worden wäre, hat er aber selbst nicht vorgetragen. Gegen eine Erpressbarkeit des B mit Blick auf seine Familienangehörigen spricht zudem gerade der Umstand, dass sie im Westen, und damit nicht im direkten Einwirkungsbereich des MfS, lebten. Soweit die Kläger geltend machen, das MfS habe auf die Schwester und den Bruder des B eingewirkt, ist der hierzu vorgelegten Information A/1732/4/77 lediglich zu entnehmen, dass im Jahr 1977, nach der Verurteilung des B und Einstellung seiner Tätigkeit für das MfS, vorgesehen war, seinen Bruder „von eventuellen Veröffentlichungen im ‚Spiegel‘ oder anderen Massenmedien abzubringen“, indem man ihm deutlich mache, dass „sich solche Aktivitäten für den Inhaftierten lediglich nachteilig auswirken könnten“. Für die von den Klägern geäußerte Vermutung, das MfS habe bei dem Tod des Bruders durch Sturz vom Balkon bei seinem Urlaub in Portugal im Jahre 1978 die Hand im Spiel gehabt, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt; im Übrigen lag dieser Vorfall zwei Jahre nach dem Ende der Tätigkeit des B für das MfS und konnte daher einen Zwang zur Aufnahme und Fortführung dieser Tätigkeit nicht begründen. Dass B sich von der Zusammenarbeit mit dem MfS Vorteile, gerade in Bezug auf sein berufliches Fortkommen, aber auch auf die von ihm angesprochene Möglichkeit einer Ausreise in die Bundesrepublik (zumindest vorgeblich zum Zwecke der Spionage, s. Bericht vom 16. November 1964, a.a.O., BStU S. 66 ff.) erhofft haben mag, macht seine Tätigkeit ebenfalls nicht zu einer unfreiwilligen.

Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG für die Rücknahme der hiernach rechtswidrigen Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und Bewilligung von Eingliederungshilfen, zusätzlichen Eingliederungshilfen und Ausgleichsleistungen vom 29. März 1983 liegen auch im Übrigen vor. Auf Vertrauensschutz können die Kläger sich nicht berufen, weil B die Erteilung der Häftlingshilfebescheinigung durch unrichtige Angaben, nämlich die wahrheitswidrige Verneinung der Tätigkeit für das MfS in seiner Erklärung vom 23. September 1982, erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG). Auf seine damaligen Beweggründe für diese unrichtigen Angaben kommt es nicht an.

Die in § 48 Abs. 5 VwVfG geregelte Jahresfrist für die Rücknahme ist eingehalten. Sie beginnt zu laufen, wenn die sachlich zuständige Behörde (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 ff., zit nach juris, Rn. 22) die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999, a.a.O., Rn.21; BVerwG, Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 - GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356 ff., zit. nach juris, Rn. 17 ff.). Erforderlich ist positive Kenntnis des für die Rücknahmeentscheidung zuständigen Amtswalters, nachdem eine ggf. erforderliche Sachaufklärung - auch durch Anhörung - zur Entscheidungsreife geführt hat. Danach hat der Fristlauf vorliegend noch nicht mit Eingang der Mitteilung des brandenburgischen Innenministeriums vom 11. Juni 2001 beim Landesamt für Gesundheit und Soziales begonnen, denn diese enthielt lediglich einen - die Erforderlichkeit weiterer Sachaufklärung begründenden - Hinweis auf dort vorliegende BStU-Erkenntnisse und deren Bewertung durch das Ministerium. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales holte daraufhin seinerseits ein Gutachten der BStU ein, das am 23. Januar 2002 bei ihm einging, und hörte B mit Schreiben vom 28. März 2002 zur beabsichtigten Einziehung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und Rückforderung der gewährten Leistungen an. Dieser kündigte mit Schreiben vom 14. Mai 2002 eine Stellungnahme an, die sein damaliger Bevollmächtigter (und jetziger Bevollmächtigter der Kläger) nach mehrfachen Fristverlängerungen mit Schriftsatz vom 28. Februar 2003 überreichte. Erst zu diesem Zeitpunkt begann die Jahresfrist nach § 48 Abs. 5 VwVfG zu laufen, die durch den nach knapp zwei Monaten, am 17. April 2003, erlassenen Rücknahmebescheid gewahrt wurde. Angesichts dieses zeitlichen Ablaufs spricht auch nichts für eine Verwirkung des Rücknahmerechts. Die Behörde hat nach Eingang des Hinweises des brandenburgischen Ministeriums des Innern zügig ermittelt und auch im Anschluss keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass eine Rücknahme beabsichtigt sei. Aus welcher Vorschrift sich die geltend gemachte Verjährung ergeben soll, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Klägern nicht vorgetragen.

Die Rücknahmeentscheidung ist schließlich frei von Ermessensfehlern. Gründe für die Annahme eines atypischen, eine Abweichung von der Regel des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG rechtfertigenden Falls sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass sowohl die Bewilligung der Häftlingshilfeleistungen als auch die vorherige Verwirklichung der Ausschlussgründe weit in der Vergangenheit liegen, ist für den Regelungsbereich des Häftlingshilfegesetzes gerade typisch.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.