Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 25.04.2013 | |
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Aktenzeichen | L 8 AL 321/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 105 SGG, Art 101 GG, § 144 SGB 3 |
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 17. September 2010 geändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem das Sozialgericht eine Sperrzeit für die Zeit vom 29. Juli 2008 bis 20. Oktober 2008 auf die Zeit bis 5. August 2008 und die Minderung des Restanspruches auf Arbeitslosengeld von einem Viertel der Anspruchsdauer auf acht Tage reduziert hat.
Der 1957 geborene Kläger, der in der Vergangenheit relativ häufig kurze oder längere Zeiten der Arbeitslosigkeit hatte, war in der Zeit vom 1. April 2006 bis 28. Juli 2008 als Steinsetzer bei der Firma N GmbH (im Folgenden: Fa. N) tätig. Diese kündigte ihm am 29. Juli 2008 fristlos zum gleichen Datum. Sie gab an, er habe am 28. Juli 2008 auf der Baustelle S Baustellenmaterial, d. h. Kleingranitpflaster, entwendet und sei durch die Polizei gestellt worden.
Am 29. Juli 2008 meldete sich der Kläger zu diesem Datum arbeitslos und stellte am 12. August 2008 einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld. Ab dem 06. August 2008 (laut Arbeitsvertrag, die Angaben variieren in der Akte zwischen dem 5,. 6. und 7. August) stand der Kläger wieder in einem Beschäftigungsverhältnis, und zwar bei der Firma H.
In ihrer Ergänzung zur Arbeitsbescheinigung gab die Fa. N am 11. August 2008 an, dass vertragswidriges Verhalten Anlass für die fristlose Kündigung des Klägers gewesen sei. Er habe Baustellenmaterial entwendet und sei durch die Polizei gestellt worden.
Am 12. August 2008 teilte der Kläger auf Anfrage der Beklagten zum Anlass der Kündigung mit, dass er sich arbeitsvertragswidrig verhalten habe, und zwar habe er nach Feierabend auf der Baustelle Material gestohlen.
Mit Bescheid vom 12. August 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Sperrzeit vom 29. Juli 2008 – 20. Oktober 2008 eingetreten sei. Er habe die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt durch Entwendung von Baumaterial. Ein wichtiger Grund für sein Verhalten sei nicht erkennbar. Die Sperrzeit betrage zwölf Wochen. Die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld betrage 112 Tage, ein Viertel der Anspruchsdauer.
Mit Eingang bei der Beklagten am 27. August 2008 legte der Kläger gegen den Sperrzeitbescheid Widerspruch ein. Das am Straßenrand abgelegte Baumaterial habe nicht im Eigentum des Arbeitgebers gestanden, sodass dies kein taugliches Objekt für ein Eigentumsdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers sein könne. Die Kündigung entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Es sei eine Kündigungsschutzklage anhängig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2008 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Der Diebstahl auf der Baustelle des eigenen Arbeitgebers stelle eine Verletzung der Treuepflicht dar. Bei diesem Vertrauensverstoß habe der Kläger damit rechnen müssen, den Arbeitsplatz zu verlieren. Er habe die Arbeitslosigkeit damit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Eine besondere Härte sei nicht zu erkennen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe, mindestens um ein Viertel der Anspruchsdauer und betrage damit 112 Tage.
Mit der am 29. September 2008 bei dem Sozialgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Cottbus (Az. 6 Ca 1180/08) mit Vergleich vom 09. September 2008 beendet worden sei. Die außerordentliche Kündigung sei zurückgenommen worden, das Arbeitsverhältnis sei mit Aufhebungsvertrag zum 29. Juli 2008 beendet worden. Die Rücknahme der außerordentlichen Kündigung sei insbesondere aus dem Grund erfolgt, dass die von der Fa. N vorgetragenen Gründe vor Gericht nicht Bestand gehabt hätten. Der Arbeitgeber hätte lediglich eine ordentliche Kündigung (vier Wochen Kündigungsfrist) aussprechen können. Da er jedoch zwischenzeitlich eine andere Arbeitsstelle angenommen habe, seien die Einhaltung der Kündigungsfrist und gleichzeitig die Aufnahme des neuen Arbeitsverhältnisses nicht möglich gewesen. Er verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), Az. B 11a/11 AL 69/04 R, wonach ein wichtiger Grund gegeben sei, wenn ohne Abschluss eines Aufhebungsvertrages die fristgerechte Kündigung drohe. Ein Härtefall liege vor, der eine Sperrzeit ausschließe. Das Verfahren der Staatsanwaltschaft (Ermittlungsverfahren), sei wegen Unbegründetheit des Verdachts eingestellt worden. Die Einlassung des Klägers gegenüber der Beklagten, Baumaterial gestohlen zu haben, beruhe auf seinen mangelnden rechtsspezifischen Kenntnissen.
Das von dem Kläger bei der Firma N eingegangene Beschäftigungsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung am 15. Dezember 2008.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. September 2010 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 12. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2008 insoweit aufgehoben, als er den Eintritt einer Sperrzeit über den 05. August 2008 hinaus und eine Minderung der Dauer des Restanspruchs auf Arbeitslosengeld um mehr als acht Tage festgestellt hatte. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Sperrzeit dem Grunde nach zutreffend festgelegt worden sei. Wenn die außerordentliche Kündigung zurückgenommen worden sei, liege eine grob fahrlässige Verursachung der Arbeitslosigkeit durch den Kläger in der Lösung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag. Der Kläger hätte auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beginn der neuen Tätigkeit drängen müssen, oder aber den Aufhebungsvertrag nicht abschließen dürfen.
Eine zwölfwöchige Sperrzeit sei jedoch nicht gerechtfertigt, sondern nur eine achttägige. § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei verfassungskonform auszulegen. Die Dauer der Sperrzeit stehe nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Zeit der Arbeitslosigkeit.
Gegen den ihr am 27. September 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 15. Oktober 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Dauer der Sperrzeit sei ausdrücklich und abschließend vom Gesetzgeber geregelt worden. Es bestünde keine Möglichkeit, eine andere Dauer festzulegen, auch nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung. Die Minderung der Anspruchsdauer beruhe auf § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 17. September 2010 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus, den er für zutreffend hält. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf dessen Schriftsätze verwiesen.
Auf die Anfrage des Senats an den Prozessbevollmächtigten des Klägers, ob und gegebenenfalls während welcher Zeiten der Kläger nach August 2008 arbeitslos gemeldet war und gegebenenfalls Leistungen bezogen habe, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Arbeitsverträge mit der H- vom 05. August 2008, der b GmbH vom 08. Oktober 2009, mit der O GmbH & Co. KG vom 09. November 2009 und mit der Firma S vom 21. Oktober 2010 eingereicht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. April 2013 hat die Vertreterin der Beklagten erklärt, dass der Kläger wegen der Kürzung der Anspruchsdauer Arbeitslosengeld nur in der Zeit vom 25. Dezember 2009 bis zum 06. Februar 2010 bezogen habe. Durch die streitige Sperrzeit sei der Anspruch damit erschöpft gewesen. Der Kläger hat erklärt, dass er nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes am 06. Februar 2010 noch bis zum 03. Mai 2010 arbeitslos gewesen sei, aber keinerlei Leistungen bezogen habe. Arbeitslosengeld II sei abgelehnt worden.
Der Senat hat die Akte der Staatsanwaltschaft Cottbus (Az. 1521 Js 27141/08) beigezogen. Daraus ergibt sich, dass das Verfahren gegen den Kläger gemäß § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden ist. In dem Schreiben an die Rechtsanwälte des Arbeitgebers (vermutlich) vom 16. Dezember 2008 teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass bei der gegebenen Sachlage die Schuld des Beschuldigten noch als gering anzusehen wäre und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung ausnahmsweise nicht bestünde. Bei der Entscheidung sei insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der angerichtete Schaden verhältnismäßig gering gewesen und der Beschuldigte strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des Arbeitsgerichts Cottbus in dem Verfahren 6 Ca 1180/08 und Kopien aus der Akte der Staatsanwaltschaft Cottbus, Az. 1521 Js 27141/08, haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) Berufung der Beklagten ist zulässig.
Das Sozialgericht (SG) hätte zwar über die Klage nicht durch Gerichtsbescheid des Kammervorsitzenden entscheiden dürfen; dies ist nach § 105 Abs 1 Satz 1 SGG nur erlaubt, wenn die Sache u.a. keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweist. Eine verfassungskonforme Auslegung einer Vorschrift (und zwar entgegen der ganz herrschenden Meinung in der Literatur, wie unten noch auszuführen sein wird) dürfte aber immer „besondere Schwierigkeiten" rechtlicher Art aufweisen, insbesondere, wenn sie - wie hier - höchstrichterlich bisher nicht bestätigt wurde. Damit hat zwar der Kammervorsitzende des SG die Beteiligten entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) ihrem gesetzlichen Richter, nämlich der Kammer in voller Besetzung, entzogen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG – vom 30. August 2001, Az. B 4 RA 87/00 R, juris Rdnr. 20 = SozR 3-5050, § 22b Nr. 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 105 Rdnr. 25 m.w.N). Trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels durfte (und musste) der Senat aber in der Sache selbst entscheiden, weil die Voraussetzungen des § 159 Abs 1 Nrn. 1 und 2 SGG zur Zurückverweisung nicht vorlagen, insbesondere keine aufwändige Beweisaufnahme notwendig wurde.
Auch ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Der Eintritt der Sperrzeit hat sich – über die acht Tage tatsächlicher Sperrzeit hinaus, die das SG bestätigt hat und die der Kläger nicht (mehr) angefochten hat - durch eine Kürzung der Anspruchsdauer ausgewirkt, durch die der Kläger auch tatsächlich für eine kürzere Zeit Arbeitslosengeld bezogen hat, wie sich aus den Erklärungen des Klägers und der Vertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung ergibt.
Die Berufung ist auch begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 17. September 2010 ist insoweit rechtswidrig, als das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2008 insoweit aufgehoben hat, als darin der Eintritt einer Sperrzeit über den 05. August 2008 hinaus und eine Minderung der Dauer des Restanspruchs auf Arbeitslosengeld um mehr als acht Tage festgestellt worden sind. Die Beklagte hat zutreffend eine Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 144 Abs. 1 und Satz 2 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 2005, Bundesgesetzblatt I Seite 3676 (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Diese Vorschrift lautet:
Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
1. der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).
Das Sozialgericht hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit gemäß der eben zitierten Vorschrift gegeben sind. Der Kläger hat das Urteil auch nicht angegriffen, sodass weitere Ausführungen hierzu entbehrlich sind.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Sperrzeit aber nicht im Wege der verfassungskonformen Auslegung auf die Zeit vom 29. Juli 2008 bis 05. August 2008 sowie die Minderung der Dauer des Rechtsanspruchs auf acht Tage zu begrenzen. Die vom Sozialgericht vertretene Auffassung wird, soweit ersichtlich, in Literatur und Rechtsprechung lediglich vereinzelt geteilt (so z. B. Winkler in Gagel, Kommentar zum SGB II und SGB III, § 159 Rdnr. 359 unter Hinweis auf Estelmann, VSSR 1997, 313, 332). Nach der ganz überwiegenden Auffassung gebieten jedoch weder verfassungsrechtliche Erwägungen noch insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes eine Auslegung dahingehend, wie sie das Sozialgericht vorgenommen hat (vgl. Henke in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, § 144 Rdnr. 489 und 494 sowie 497; Valgolio in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, § 159 Rdnr. 455; Karmanski in Brand, Kommentar zum SGB III, 6. Auflage, § 159 Rdnr. 156; Scholz in Mutschler/Schmidt – De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], Kommentar zum SGB III, 5. Auflage, § 159 Rdnr. 187). Diese Auffassung ist auch vom BSG in seinem Urteil vom 05. Februar 2004 – Az. B 11 AL 31/03 R, juris, Rdnr. 15 ff = SozR 4-4300 § 144 Nr. 7, bestätigt worden. Es hat ausgeführt, dass die Rechtsprechung des BSG in dem Urteil vom 09. Februar 1995, Az. 7 RAr 34/94 = SozR 3-4100 § 119 a Nr. 2, nicht mehr aktuell ist. Der Gesetzgeber hat sich nämlich in Kenntnis dieser BSG-Rechtsprechung zu einer anderweitigen Regelung entschlossen. Denn die Entscheidungen des BSG aus dem Jahre 1995 bezogen sich auf § 119 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG), der abweichend von den Regelungen des § 119 AFG verlängerte Sperrzeiten vorsah. In diesem Zusammenhang hatte das BSG die Regelsperrzeit unter Hinweis auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes entsprechend reduziert. Da die neue Rechtsprechung des BSG davon ausgeht, dass es Sinn der Sperrzeitregelung ist, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat (während früher angenommen wurde, dass die Sperrzeit einen pauschalierten Schadensausgleich vornehmen solle), sollen die Rechtsfolgen der Sperrzeit den Arbeitnehmer an der Herbeiführung des Versicherungsfalles hindern, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt.
Die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung des § 144 Abs. 3 SGB III lässt sich auch nicht mit verfassungsrechtlichen Erwägungen begründen. Das BSG hat ausgeführt, dass eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht gegeben ist, da der Gesetzgeber bei Beachtung des der Sperrzeitregelung zugrundeliegenden Zwecks nicht verpflichtet sein kann, für jeden denkbaren Fall, in dem die verursachte Arbeitslosigkeit die Dauer von drei Wochen unterschreitet, eine differenzierende Bestimmung vorzusehen. Der Gesetzgeber darf vielmehr zur Regelung von Massenerscheinungen zu Pauschalierungen greifen. Dabei kommt auch dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität Bedeutung zu, was nicht dadurch in Frage gestellt werden kann, dass mit der Handhabung der Sperrzeitvorschrift für die Arbeitsverwaltung andere (zeitraubendere) Schwierigkeiten verbunden sein mögen. Auch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes gebieten keine andere Entscheidung. Das vom Gesetzgeber gewählte Mittel einer einheitlichen Mindestsperrzeit ist als geeignet und als erforderlich anzusehen, den angestrebten Zweck – Einwirkung auf den Versicherten – zu erreichen (vgl. Urteil des BSG vom 05. Februar 2004, aaO., juris, Rdnr. 20). Der Senat schließt sich dieser Auffassung nach eigener Prüfung an.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass hier nicht, wie in dem zuletzt zitierten Urteil des BSG, eine Sperrzeit von drei Wochen im Raum steht, sondern eine von zwölf Wochen. Die von dem BSG genannten Grundsätze gelten auch für die Sperrzeit von zwölf Wochen. Der Senat kann insbesondere auch deshalb keinen Verstoß gegen das Übermaßverbot darin sehen, weil sich eine Sperrzeit in dem hier vorliegenden Fall, dass eine Arbeit nach relativ kurzer Zeit nach Eintritt des Sperrzeitereignisses wieder aufgenommen wurde, möglicherweise gar nicht auswirkt, bzw. nur dann, wenn diese neue Arbeit auch wieder vor Erwerb eines neuen Arbeitslosengeldanspruches beendet wird. Insoweit wirkt sich eine Sperrzeit dann nur hinsichtlich der Kürzung der Anspruchsdauer aus. Dies ist auch sachgerecht und im Hinblick auf das oben formulierte Ziel der Sperrzeit konsequent, da ohne das versicherungswidrige Verhalten eine Arbeitslosigkeit möglicherweise nicht eingetreten wäre. Eine Reduzierung der Sperrzeit auf sechs Wochen gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 b SGB III kommt nicht in Betracht. Diese Vorschrift lautet:
Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich
1. (…)
2. auf sechs Wochen, wenn
a) (…)
b) eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
Eine solche Härte ist vorliegend nicht gegeben, da sich nach dem Gesetzeswortlaut die Frage, ob sich die Regelsperrzeit auf die Hälfte reduziert, allein nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen beurteilt; es dürfen also nur solche Umstände berücksichtigt werden, die mit dem Eintritt der Sperrzeit im ursächlichen Zusammenhang stehen; außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende sowie nach Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses eintretende Umstände können daher grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Die unmittelbaren Rechtsfolgen der Sperrzeit, vor allem diejenigen, die nach dem SGB III bei allen Betroffenen zeitmäßig eintreten, das Ruhen und die Kürzung des Leistungsanspruchs, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Beurteilung der besonderen Härte keine Rolle spielen (vgl. z. B. Scholz, aaO., § 159 Rdnr. 190 und 191, Henke, aaO., § 144 Rdnr. 508 und 509, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BSG).
Da damit eine Sperrzeit von zwölf Wochen eintritt, mindert sich die Anspruchsdauer des Klägers auf Arbeitslosengeld gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um die Anzahl von Tagen der Sperrzeit in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer. Dies hat die Beklagte in ihren angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die Rechtsfrage durch das oben zitierte Urteil des BSG vom 05. Februar 2004 geklärt ist.