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AVItech und AVIwiss; Industrieökonom; Gleichstellung mit einem Ingenieur(ökonom); wissenschaftliche Mitarbeiterin; Gleichstellung mit Personenkreis in § 2 Abs c VO-AVIwiss; erweiternde Auslegung; Analogieverbot


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 21.04.2010
Aktenzeichen L 3 R 1650/05 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 AAÜG, § 5 AAÜG, § 8 AAÜG

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Februar 1967 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit der Klägerin zu einem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Die 1943 geborene Klägerin legte im Dezember 1966 an der Fachschule für Ökonomie R die staatliche Prüfung in der Fachrichtung Planung/Finanzökonomik ab und war laut Urkunde vom 31. Januar 1967 berechtigt, die Berufsbezeichnung Industrieökonom zu führen. Am 30. Juni 1972 schloss sie erfolgreich einen von der VVB Energieversorgung durchgeführten Weiterbildungslehrgang „Technologie der Energiewirtschaft“ ab. Die Klägerin war bereits ab dem 01. Januar 1967 bei der VVB Energieversorgung Berlin als Organisator Datenverarbeitung, ab dem 01. April 1967 als Finanzplaner und ab dem 01. April 1970 als Ingenieur-Ökonom für Erzeugnisplanung tätig. Nach Auflösung der VVB Energieversorgung setzte sie das Arbeitsverhältnis am 01. Oktober 1980 bei dem Institut für Energetik/Zentralstelle für rationelle Energieanwendung als wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung und Entwicklung mit der Arbeitsaufgabe „Planung territoriale Energieversorgung“ fort. Ab dem 01. Januar 1987 war sie bei dem VEB Energiekombinat Berlin als Industriekaufmann/Finanzplaner und ab dem 01. Januar 1989 als Gruppenleiter Finanzplanung tätig. Ab dem 01. November 1990 übte sie eine Tätigkeit als Mitarbeiter Betriebsrechnung bei der Energieversorgung B AG aus.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01. Januar 1967 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG mangels Vorliegens der Voraussetzungen ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch, mit dem die Klägerin auf ihre Ausbildung und ingenieurtechnische Arbeit verwies, wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2003 zurückgewiesen. Die Klägerin sei als Industrieökonomin nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen.

Zur Begründung der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe zwar keinen Hochschulabschluss, sondern 1966 an der Fachschule in R einen Fachschulabschluss erworben. Diese Qualifikation schließe aber eine Zusatzversorgung nicht aus. Als sie dieses Studium abgeschlossen habe, habe es auf der Fachschulebene keinen Ingenieurökonom wie im Universitäts- und Hochschulbereich gegeben. Hier habe innerhalb der Ökonomiefachbereiche der Industrieökonom inhaltlich funktionell dem Ingenieurökonom entsprochen. Demzufolge sei dem Industrieökonom auch der Status eines Ingenieurs zuzubilligen. Ihre Aufgaben vor dem Abschluss des Ingenieurzusatzstudiums und alle sich daran anschließenden Arbeitsaufgaben seien ausschließlich ingenieurtechnische Aufgaben und ausschließlich von Ingenieuren zu bewältigen gewesen. Durch den Abschluss des Ingenieurzusatzstudiums auf der Betriebsakademie der Energieversorgung am 30. Juni 1972 sei sie über den Industrieökonom hinaus einem Ingenieur gleichgestellt und branchenspezifisch wie ein Ingenieurökonom auf den Energiebereich spezialisiert gewesen. Es habe keinen Zwang oder Hinweise gegeben, sich formal die Berufsbezeichnung Ingenieur oder Techniker mit einem Papier bestätigen zu lassen. Auch sei zu berücksichtigen, dass sie ab dem 04. September 1970 ausschließlich nach den Ingenieurtarifen J bzw. HF mit der Tätigkeitsbezeichnung Ingenieurökonom eingestuft und bezahlt worden sei. Ab dem 01. Oktober 1980 sei sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung und Entwicklung in Instituten und auch in Leitungsfunktionen tätig gewesen.

Durch Urteil vom 14. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin, die weder eine bindende Einbeziehungszusage oder Rehabilitierungsentscheidung erhalten habe, habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit und der versorgungsspezifischen Daten. Denn das AAÜG finde keine Anwendung auf sie, auch nicht aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Sie sei nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs oder Technikers zu führen. Dies sei jedoch nach der Rechtsprechung des BSG ein maßgebliches Kriterium für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech). Die Klägerin sei als Industrieökonomin nach der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ vom 12. April 1962 (Ing-VO) unter keinem Gesichtspunkt berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend macht sie geltend, wegen der Regelung in § 3 der Ing-VO am 17. Oktober 2005 beim zuständigen Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Referat Hochschulrecht einen Antrag auf Nachdiplomierung gestellt zu haben. Außerdem sei die Zeit der Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung und Entwicklung am Institut für Energetik/Zentralstelle für rationelle Energieanwendung vom 01. Oktober 1980 bis zum 31. Dezember 1986 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVIwiss) anzuerkennen. Zwar habe sie nur einen Fachschulabschluss, nach § 2 Absatz c der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951 (VO-AVIwiss) würden aber sogar besonders qualifizierte Meister, Präparatoren, Inspektoren u. a. in die Zusatzversorgung einbezogen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juli 2005 und den Bescheid vom 31. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. Februar 1967 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz, hilfsweise die Zeit vom 01. Oktober 1980 bis zum 31. Dezember 1986 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus, die Klägerin habe als Industrieökonomin weder den akademischen Grad eines Ingenieurs noch ein entsprechendes Diplom einer Hochschule oder Universität zuerkannt bekommen noch könne sie ein abgeschlossenes technisches Studium bzw. eine erfolgreich abgelegte Prüfung durch ein entsprechendes Zeugnis nachweisen. Maßgebend sei aber, dass sie am 30. Juni 1990 berechtigt gewesen wäre, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Dies ergebe sich aus § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (2. DB-VO-AVItech). Regelungen, die eine bewertende oder Ermessensentscheidung eines Betriebs, Direktors, einer staatlichen Stelle der DDR usw. vorsähen, seien nicht Bundesrecht geworden, weil die dafür erforderlichen Entscheidungen nur auf der Grundlage des von der SED-Ideologie geprägten Systems getroffen werden könnten. Es sei im Bundesrecht jedoch ausgeschlossen, dies nachzuholen. Eine Anerkennung von Zeiten nach der AVIwiss komme nicht in Betracht, denn dies setze eine abgeschlossene Hochschulausbildung voraus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung durch Urteil entscheiden, denn die Klägerin ist in der Terminsmitteilung auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 01. Februar 1967 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 des AAÜG und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von der Klägerin begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn diese dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob sie Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

In Betracht kommen hier nur die Zusatzversorgungssysteme der AVItech für den gesamten geltend gemachten Zeitraum, hilfsweise der AVIwiss für die Zeit der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin vom 01. Oktober 1980 bis zum 31. Dezember 1986. Die Klägerin hat dies allein geltend gemacht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).

Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt; er hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem einbezogen und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Sie war aber zu keinem Zeitpunkt auf Grund eines staatlichen Akts oder einer einzelvertraglichen Zusage in ein Versorgungssystem einbezogen worden.

Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte die Klägerin daher nur unterfallen, wenn sie eine fiktive Versorgungsanwartschaft i. S. der vom BSG vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG vom 10. Februar 2005 - B 4 RA 48/04 R - m. w. N., zitiert nach juris) auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem Inkrafttreten des AAÜG, an. Dies folge aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrags (EV). So untersage der EV primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Neueinbeziehungen ab dem 03. Oktober 1990. Darüber hinaus ordne der EV in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab dem 01. Juli 1990 untersagt habe (§ 22 Abs. 1 S. 1 RAnglG-DDR). Da letztlich auf Grund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab dem 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig gewesen seien, sei darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen „Anspruch“ auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

Bei dieser Bewertung sei auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der VO-AVItech (Gbl. S. 844) und der 2. DB-VO-AVItech (Gbl. S. 487) bzw. der VO-AVIwiss vom 12. Juli 1951 (GBl. S. 675) ergäben.

Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hänge ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell sei gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich

1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar
3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Maßgeblich sei hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. zu Vorstehendem BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 1).

Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei der Klägerin zum Stichtag, also am 30. Juni 1990, nicht vollständig vorgelegen. Der Senat kann deshalb ausdrücklich offen lassen, ob er der oben zitierten Rechtsprechung des BSG folgt. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (- 1 BvR 1921/04 -, - 1 BvR 203/05 -, - 1 BvR 445/05 - und - 1 BvR 1144/05 - vom 26. Oktober 2005, veröffentlicht in SozR 4- 8560 § 22 Nr. 1) ist die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich nicht geboten.

Am Stichtag, dem 30. Juni 1990, war die Klägerin bei dem VEB Energiekombinat Berlin als Gruppenleiter Finanzplanung tätig. Dabei handelte es sich um einen Energieversorgungsbetrieb, der gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB-VO-AVItech den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt ist.

Damit ist zwar die betriebliche Voraussetzung erfüllt, der geltend gemachte Anspruch scheitert jedoch an der persönlichen Voraussetzung. Denn die Klägerin ist kein Ingenieur, sondern schloss am 31. Januar 1967 ihre Fachschulausbildung als Industrieökonom ab. Der Industrieökonom ist in der Aufzählung der Versorgungsberechtigten in § 1 Abs. 1 2. DB-VO-AVItech nicht genannt. Die Frage, wie der Begriff „Ingenieur“ in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, hat das BSG in mehreren Entscheidungen konkretisiert (vgl. BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 9) Während die VO-AVItech vor allem den allgemeinen Rahmen für die Einbeziehung in die Zusatzversorgung vorgibt, erfolgt die konkrete Ausgestaltung der Versorgungsordnung in der 2. DB-VO-AVItech. Insoweit macht § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB-VO-AVItech deutlich, dass die technische Intelligenz nicht insgesamt erfasst wird, sondern innerhalb dieser Gruppe nur ganz bestimmte Professionen. Insoweit verdeutlicht § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB-VO-AVItech, dass als Ingenieure nur solche Personen einbezogen wurden, die berechtigt waren, den Titel Ingenieur zu führen. Zur Beantwortung der Frage, was unter der Berufsbezeichnung Ingenieur nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme zu verstehen ist, hat das BSG wiederholt die Ing-VO als faktisches Indiz herangezogen und gefordert, dass die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung durch einen entsprechenden staatlichen Akt der DDR verliehen worden sein musste (z. B. BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 8)

§ 1 Ing-VO unterschied mehrere Fallgruppen nach Art und/oder Qualität des Ausbildungsgangs und der erworbenen Abschlüsse. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Buchst a und b Ing-VO stellten die Texte auf eine Ausbildung an Hochschulen, Universitäten oder Akademien und auf die Verleihung entsprechender akademischer Grade ab. Nach Buchst a war erforderlich, dass der akademische Grad eines Dr.-Ing. und Dr.-Ing. habil. vor 1945 von einer deutschen Hochschule oder Universität oder danach von den Hochschulen, Universitäten und Akademien der DDR verliehen, also in einem staatlichen Akt zuerkannt worden war. Nach Buchst b war erforderlich, dass die entsprechenden Personen den Nachweis eines abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder danach an den Hochschulen bzw. Universitäten der DDR erbringen konnten und denen das entsprechende Diplom verliehen worden war. Nach § 1 Abs. 1 Buchst c Ing-VO waren auch Personen zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur berechtigt, die den Nachweis eines abgeschlossenen Studiums bzw. einer erfolgreich abgelegten Prüfung durch das Ingenieurzeugnis einer staatlich anerkannten deutschen Fachschule vor 1945 oder danach einer Fachschule der DDR erbringen konnten (vgl. BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 14).

Der Klägerin ist jedoch ein den Anforderungen des § 1 Ing-VO i. V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB-VO-AVItech entsprechendes Diplom nicht verliehen worden, denn sie hat nicht durch ein akademisches Studium in einem (ingenieur-)technischen Studiengang einen Studienabschluss an einer Universität, Hochschule oder Fachschule als Dr. Ing., Dipl.-Ing., Ingenieur oder Ingenieurökonom erworben. Sie hat zwar ein Studium absolviert, nach dessen erfolgreichem Abschluss ihr der Grad eines Industrieökonoms verliehen wurde. Außerdem schloss sie am 30. Juni 1972 einen zehnmonatigen Weiterbildungslehrgang erfolgreich ab. Aufgrund dessen war sie aber nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur zu führen. Über ein entsprechendes Ingenieurzeugnis einer Fachschule hat die Klägerin ebenfalls nicht verfügt. Auch die weiteren Tatbestände der Ing-VO, die zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur berechtigen, sind nicht erfüllt. Ihr war nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen (der DDR) eine solche Berufsbezeichnung zuerkannt worden (§ 1 Abs. 1 Buchst d Ing-VO). Sie verfügt auch nicht über Zeugnisse mittlerer oder höherer technischer Schulen anderer Staaten, die den Urkunden i. S. des § 1 Buchst a bis c Ing-VO gleichgesetzt wurden (§ 2 Buchst a Ing-VO). Sie fällt schließlich nicht unter die Kriegsfolgenregelung des § 2 Buchst b Ing-VO und hat auch keine Zuerkennung nach § 3 Ing-VO erhalten, die sie aufgrund ihres Lebensalters im Juni 1990 auch nicht hätte erhalten können. Nach alledem kommt eine Gleichstellung der Klägerin mit einem versorgungsberechtigten Ingenieur allein wegen einer vergleichbaren Aufgabenerfüllung und Entlohnung nicht in Betracht.

Die Klägerin war zudem keine Technikerin und hat in dem Zeitraum vom 01. Februar 1967 bis zum 30. Juni 1990 auch keine technischen Arbeiten verrichtet.

Eine Gleichstellung mit Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers hatten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausübten und auf Antrag des Werkdirektors in die AVItech eingereiht werden konnten (§ 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB-VO-AVItech), ist nicht erfolgt.

Ob die Klägerin eine solche Mitarbeiterin gewesen ist und deshalb hätte einbezogen werden müssen, kann dahinstehen, denn jedenfalls bedurfte es für die Auslegung des Merkmals „bedeutender Einfluss“ eines Beurteilungsspielraums durch den Verantwortlichen. Diese Entscheidung kann aber heute nach Schließung der Zusatzversorgungssysteme nicht mehr nachgeholt werden, ohne dass die Gefahr bestünde, dass eine in der ehemaligen DDR im Wege einer Instrumentalisierung von Versorgungszusagen zu politischen Zwecken praktizierte Willkür über die Wiedervereinigung hinaus Bestand hat. Eine derartige Entscheidung kann - nach Bundesrecht - als Anknüpfung nicht in Betracht kommen, weil im Hinblick auf eingeräumte Entscheidungsspielräume insoweit auf eine gegebenenfalls willkürliche gleichheitswidrige Verwaltungspraxis der DDR zurückgegriffen werden müsste (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002, – B 4 RA 25/01 R -, zitiert nach juris).

Eine Einbeziehung in die AVIwiss für den Zeitraum vom 01. Oktober 1980 bis zum 31. Dezember 1986 scheidet bereits deshalb aus, weil die geltend gemachte wissenschaftliche Tätigkeit am 30. Juni 1990 nicht mehr verrichtet wurde, sondern bereits am 31. Dezember 1986, und damit lange vor dem Stichtag, endete. Darüber hinaus liegen auch die Einbeziehungsvoraussetzungen nach der VO-AVIwiss nicht vor. Es kann dahin stehen, ob es sich bei dem Institut für Energetik überhaupt um eine wissenschaftliche Einrichtung i. S. von § 6 VO-AVIwiss handelte. Jedenfalls gehörte die Klägerin nicht zur wissenschaftlich tätigen Intelligenz, denn sie war weder hauptberuflich tätiger Hochschullehrer, Leiter und hauptberuflich tätiger Wissenschaftler, Verlagsleiter, Chefredakteur, Cheflektor noch Verwaltungsdirektor an den genannten Einrichtungen oder Herstellungsleiter in bedeutenden volkseigenen Verlagen (§ 2 Abs. a und b VO-AVIwiss). Sie war auch nicht – ohne dass es auf die Frage der besonderen Qualifikation ankommt – Feinmechanikmeister, Mechanikermeister, Präparator, Garteninspektor oder Gartenmeister an Universitäts- und Hochschulinstituten sowie an bedeutenden wissenschaftlichen Einrichtungen (§ 2 Abs. c VO-AVIwiss).

Eine erweiternde Auslegung, wie sie der Klägerin, die meint, sie sei zumindest diesem Personenkreis gleichzustellen, vorschwebt, kommt angesichts des bereits oben dargelegten Neueinbeziehungsverbots nach dem 30. Juni 1990 nicht in Betracht. Einer erweiternden Auslegung steht außerdem das Analogieverbot entgegen (vgl. BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 11), das die Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts strikt am Wortlaut gebietet.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.