Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung VK 35/10


Metadaten

Gericht Vergabekammer Potsdam Entscheidungsdatum 06.07.2010
Aktenzeichen VK 35/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.

3. Die Gebühr wird auf X.XXX,XX EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.

Gründe

I.

Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom ... 2010 die Vergabe von Postdienstleistungen im Offenen Verfahren europaweit aus. Die Aufteilung erfolgte in Lose. Der Auftrag umfasst in Los 1 den Postversand von Briefen/Postkarten und Zusatzleistungen in der Stadt … einschließlich der Ortsteile (pro Jahr XXX.XXX Stück +/- XX %), in Los 2 den bundesweiten (ohne Stadt …) Postversand von Briefen/Postkarten (pro Jahr XXX.XXX +/- XX %), in Los 3 den bundesweiten Postversand von Postzustellungsaufträgen und Einschreiben (pro Jahr XX.XXX Stück +/- XX % ZU und X.XXX Stück +/- XX % Einschreiben verschiedener Art) sowie in Los 4 den bundesweiten Postversand von Paketen/Päckchen (pro Jahr XXX Stück +/- XX %).

Für die Durchführung des Auftrages vorgesehen ist der Zeitraum vom ... 2010 bis ... 2013, Ziffer II.3) der Bekanntmachung.

Zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit forderte die Auftraggeberin u.a. drei qualifizierte Referenzen aus den letzten drei Jahren, die mit der zu vergebenden Leistung in Art und Umfang vergleichbar sind, Ziffer III.2.2) der Bekanntmachung.

Als Zuschlagskriterien benannte sie den Preis (Gewichtung 80), das Qualitäts- und Konfliktmanagement (Gewichtung 12) und die Organisation (Gewichtung 8).

Nach den Bewerbungsbedingungen der Auftraggeberin, Ziffer 1.6, waren durch die Bieter drei qualifizierte Referenzen einzureichen, und zwar solche „vergleichbarer Art zur vorliegenden Leistungsbeschreibung bestehend aus aussagekräftigen Daten (Referenzgeber, Ansprechpartner, Kommunikationsdaten, Umfang und Datum der Leistungserbringung), zu den in den letzten drei Jahren erbrachten Leistungen mit vergleichbarem Rechnungswert und/oder vergleichbarer Vertragslaufzeit zum ausgeschriebenen Leistungsgegenstand“.

Gemäß Ziffer 1.10 der Angebots- und Vertragsbedingungen erwarte der Auftraggeber einen Nachweis umfassender Erfahrungen bei der Ausführung der in der Leistungsbeschreibung geforderten Dienstleistungen. Zum Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit würden von den Bietern drei qualifizierte Referenzen vergleichbarer Art und Umfang zur vorliegenden Leistungsbeschreibung, bestehend aus aussagekräftigen Daten zu den in den letzten drei Jahren erbrachten Leistungen mit vergleichbarem Rechnungswert und/oder vergleichbarer Vertragslaufzeit zum ausgeschriebenen Leistungsgegenstand je Los verlangt.

Die Antragstellerin reichte ein Angebot für die Lose 1 – 4 ein. Mit ihrem Angebot überreichte sie eine Referenzliste mit drei Referenzen, gekennzeichnet nach Referenzkunde, Anschrift, Ansprechpartner, Leistungszeitraum und Leistungsbeschreibung. Leistungszeitraum und Leistungsbeschreibung wurden je Referenzkunde dabei wie folgt erläutert:

Referenzkunde

Leistungszeitraum

Leistungsbeschreibung

Stadtverwaltung …

seit … 2000

Postdienstleistung aller Art

- Zustellung aller Sendungen, auch PZA´s

- Zählung

- Frankierung

- Kuvertierung

- PSF-Leerung etc.

Landkreis

seit … 2000

Postdienstleistung aller Art

- Zustellung aller Sendungen, auch PZA´s

- Zählung

- Frankierung

etc.

seit … 2003

Postdienstleistung aller Art

- Zustellung aller Sendungen, auch PZA´s

- Zählung

- Frankierung

etc.

Durch telefonische Kontaktaufnahme mit den benannten Ansprechpartnern stellte die Auftraggeberin Folgendes fest:

Für die Stadtverwaltung … würden die Postzustellungsurkunden über die … zugestellt. Die „normale Post“ werde über die Antragstellerin abgeholt, frankiert und zugestellt, mit Hilfe von Kooperationspartnern teilweise auch bundesweit. Das monatliche Postvolumen betrage ca. X.XXX Stück.

Für den Landkreis … erfolge die Nutzung für die „normale Post“ in den Zustellbezirken der Antragstellerin, Postzustellungsaufträge erfolgten generell über die …

Für das … werde die gesamte Post inklusive Postzustellungsurkunden bearbeitet. Die Antragstellerin habe sich mit sechs anderen Firmen zusammengeschlossen und verteile so die Post im Land ... Bundesweit gebe sie die Post über die … weiter.

Im Ergebnis der Prüfung der fachlichen Eignung, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Bieter stellte die Auftraggeberin fest, dass die Antragstellerin in ihren Unterlagen keinen Nachunterauftragnehmer angegeben habe, sodass sie bundesweit die Post allein zustellen müsse. Zu diesem Zeitpunkt könne dies nach Aussage der … nur die ... Auf Nachfrage bei den Referenzkunden ließen zwei der Referenzkunden generell die Postzustellungsaufträge über die … zustellen. Der Bieter bearbeite nur die normale Post und stelle diese zu. Die angegebenen Referenzen seien in Art und Umfang mit der ausgeschriebenen Leistung nicht vergleichbar. Die Antragstellerin habe keine Angaben dazu gemacht, wie sie speziell den ausgeschriebenen Auftrag bearbeiten wolle. Auch habe sie weder Kooperationspartner angegeben, die nach Aussage von Referenzkunden vorhanden seien, noch Zustellbezirke. Es gebe keinen Hinweis im Angebot, dass die Antragstellerin Teile der Ausgangspost an die … zur Zustellung weitergebe. Das Postvolumen des Referenzkunden Stadt … liege bei monatlich X.XXX Stück, bei der Auftraggeberin bei XX.XXX Stück.

Im Vergabevermerk fixierte die Auftraggeberin im Ergebnis der Überprüfung der Eignung der Antragstellerin, dass diese keinen Nachweis erbracht habe, wie sie den Bereich der Postzustellung in den Losen 1 - 4 absichern wolle. Sie habe keine Angaben zu Kooperationspartnern gemacht; es gebe keinen Hinweis, dass sie mit Firmen zusammenarbeite. Die Antragstellerin habe ihre Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit für die ausgeschriebene Leistung der Lose 1 - 4 nicht belegen können.

Über die Absicht, den Zuschlag für die Lose 1, 2 und 4 auf das Angebot der … sowie für das Los 3 auf das Angebot der … GmbH zu erteilen, informierte die Auftraggeberin mit Telefaxschreiben vom … 2010. Sie habe die Angebote der Antragstellerin aufgrund begründeter Zweifel an der Eignung im Hinblick auf die Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigen können. Die Angaben bzw. nicht gemachten Angaben in ihrem Angebot und die gewonnenen Erkenntnisse aus den Abfragen der Referenzkunden hätten zu dem Ergebnis geführt, dass die Antragstellerin für die Erfüllung des Auftrages nicht geeignet sei. Eine einwandfreie Ausführung des Auftrages könne nicht erwartet werden.

Gegen diese Entscheidung der Auftraggeberin wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom … 2010. Sie rüge einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungs- und Diskriminierungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB und § 2 Nr. 3 VOL/A sowie gegen § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A. Sie habe sämtliche geforderte Eignungsnachweise erbracht und mit ihrem Angebot den Nachweis geführt, dass sie die erforderliche Fachkunde besitze, leistungsfähig und zuverlässig sei. Sie habe alle Angaben gemacht, die von den Bietern abgefragt wurden – im Übrigen auch Referenzen von Kunden benannt, die zum Teil seit vielen Jahren ihre Kunden seien und bei denen es sich um Großkunden mit einem großen Sendungsvolumen handele. Sie bitte um Mitteilung der Angaben der Referenzkunden und welche Angaben zu einer „negativen Beurteilung“ geführt hätten.

Die Auftraggeberin erwiderte mit Schreiben vom … 2010 und erörterte im Einzelnen die Gründe für den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am … 2010 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie die Vorgehensweise der Auftraggeberin weiter beanstandet. Sie hat zunächst sämtliche ausgeschriebene Lose zum Gegenstand ihres Nachprüfungsantrages gemacht.

Ergänzend führt sie aus, sie führe für vergleichbare Auftraggeber seit vielen Jahren umfangreiche Postdienstleistungen durch. Diese seien mit den ausgeschriebenen Dienstleistungen vergleichbar; es handle sich im Hinblick auf die benannten Auftraggeber um vergleichbare Referenzen. Soweit die Auftraggeberin behaupte, aus dem Abfragen der Referenzkunden Erkenntnisse gewonnen zu haben, die für sie zu dem Ergebnis geführt hätten, dass das Unternehmen der Antragstellerin nicht geeignet sei, sei dies unzutreffend und falsch. Dass durch die Antragstellerin Angaben nicht gemacht worden seien, sei ebenfalls unzutreffend. Die von ihr vorgelegte Referenzliste erfülle die Vorgaben laut Ziffer 1.10 der Leistungsbeschreibung. Eine Angabe zu Wert und Umfang der Leistungen sei ausdrücklich nicht verlangt worden, sondern lediglich die Angabe von Referenzen mit vergleichbarem Rechnungswert oder vergleichbarer Vertragslaufzeit. Die … sei überdies nicht als Nachunternehmerin anzugeben. Selbst wenn die Antragstellerin ihre bundesweiten Briefsendungen bei der … einliefere, ergebe sich hieraus nicht die mangelnde Eignung für das Los 1.

Die Auftraggeberin trägt in ihrem Schriftsatz vom … 2010 ergänzend vor, es sei nicht unproblematisch, dass der Bieter 1 und die Antragstellerin die gleiche Versicherungsbescheinigung für die Haftpflichtversicherung eingereicht hätten. Beide seien zur identischen Betriebs-Haftpflichtversicherung-Nummer bei der … versichert, wobei der Bieter 1 über die Antragstellerin bei deren Versicherung mitversichert sei. Dies mache deutlich, dass zwischen diesen Bietern eine außergewöhnlich enge Beziehung zu bestehen scheine, die Anlass sei, über einen Ausschluss beider Bieter nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A nachzudenken. Ferner habe die Auftraggeberin festgestellt, dass die Geschäftsführerin des Bieters 1 und der Geschäftsführer der Antragstellerin dieselbe Wohnanschrift angegeben hätten und die Antragstellerin ihre gesamten Anlagen zum Angebot an den Bieter 1 im Rahmen der Subunternehmererklärung übergeben habe. Diese Unterlagen enthielten in erheblichem Umfang betriebliche Geheimnisse, die einem fremden Dritten nicht offenbart worden wären.

Mit weiterem Schriftsatz vom … 2010 erwidert die Antragstellerin auf den Schriftsatz der Auftraggeberin. Hinsichtlich des Loses 1 erbringe sie die Dienstleistung ausschließlich durch eigene Zustellerinnen und Zusteller und bediene sich für die Durchführung der Dienstleistung dieses Loses keinerlei Nachunternehmen.

Durch Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom … 2010 wurde die Entscheidungsfrist nach § 113 Abs. 1 GWB bis zum … 2010 verlängert.

Der Antragstellerin wurde mit Schreiben der Vergabekammer vom … 2010 unter Beachtung von Geschäftsgeheimnissen Akteneinsicht gewährt.

In der mündlichen Verhandlung am 1. Juli 2010 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen.

Die Antragstellerin hat hier erklärt, sie beschränke ihren Nachprüfungsantrag auf die Lose 1 und 2.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr,

1. die Auftraggeberin wird verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin für die Lose 1 und 2 vom … 2010 nicht gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A in dem Vergabeverfahren „Postdienstleistungen“ gemäß der Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2010 (Az.: …) auf Grundlage ihrer Vorabmitteilung vom … 2010 auszuschließen,
2. die Auftraggeberin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren „Postdienstleistungen“ gemäß der Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2010 (Az.: …) hinsichtlich der Lose 1 und 2 in den Stand vor Durchführung der Eignungsprüfung der Bieter nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zurückzuversetzen und die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer und unter Einbeziehung des Angebotes der Antragstellerin vom … 2010 zu wiederholen,
3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,
4. der Auftraggeberin die Kosten des Verfahren, einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Auftraggeberin beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
2. der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens nach § 128 GWB aufzugeben.

Auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Die Vergabekammer des Landes Brandenburg ist für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zuständig. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag, der dem Land Brandenburg zuzurechnen ist und der den maßgeblichen Schwellenwert übersteigt (§§ 104 Abs. 1, 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i.V.m. § 2 Nr. 2 VgV).

Die Stadt … ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat sich mit einem Angebot auch für die Lose 1 und 2 an dem ausgeschriebenen Auftrag beteiligt. Die Antragstellerin trägt auch die Möglichkeit einer Rechtsverletzung sowie eines ihr deshalb drohenden Schadens vor, indem die Auftraggeberin unter Verstoß gegen § 97 Abs. 2 GWB und § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ihr Angebot für die Lose 1 und 2 von der weiteren Wertung ausgeschlossen habe.

Die Antragstellerin ist ihrer Rügeverpflichtung nach § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB mit Schreiben vom … 2010 rechtzeitig nachgekommen.

Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten aus §§ 97 Abs. 2, Abs. 7 GWB i.V.m. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A verletzt.

Ein Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 lit. f) VOL/A ist allerdings nicht gerechtfertigt.

Voraussetzung für einen Angebotsausschluss als Folge einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung ist der gesicherte Nachweis, dass eine derartige Abrede in Bezug auf die konkrete Vergabe im Sinne und mit dem Zweck einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung getroffen worden ist. Reine Vermutungen auf getroffene Abreden erfüllen diesen Tatbestand nicht. Die Anforderungen sind anerkanntermaßen hoch (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 2. Juli 2009 – 1 Verg 2/09).

Aus dem Umstand einer Mitversicherung des Bieters 1 bei der Haftpflichtversicherung der Antragstellerin und einer identischen Wohnanschrift der Geschäftsführer des Bieters 1 und der Antragstellerin kann für eine solche Abrede und damit für einen Ausschlussgrund nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 lit. f) VOL/A nichts hergeleitet werden. Die mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes geforderten Eignungsnachweise und Erklärungen waren gemäß Ziffer 1.12 der Angebots- und Vertragsbedingungen auch vonseiten der Nachunternehmer mit dem Angebot vorzulegen.

Die Entscheidung der Auftraggeberin, die Eignung der Antragstellerin zu verneinen und das Angebot gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von der weiteren Wertung auszuschließen, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

In § 7 Nr. 4 VOL/A ist festgelegt, dass von den Bewerbern zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit entsprechende Angaben gefordert werden dürfen. Die Auftraggeberin hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in der Vergabebekanntmachung mit Angebotsabgabe die Vorlage von drei qualifizierten Referenzen aus den letzten drei Jahren gefordert, die mit der zu vergebenden Leistung in Art und Umfang vergleichbar sind. Die Antragstellerin hat mit ihrem Angebot drei Referenzprojekte benannt.

Der Auftraggeber hat eine Prognoseentscheidung in Bezug auf den konkreten Auftrag zu treffen, um die im Falle der Beauftragung entstehenden Risiken aus einer nicht anforderungsgerechten Fachkunde oder technischen Leistungsfähigkeit zu minimieren. Ihm kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der nur daraufhin überprüft werden darf, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist, ob die selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt worden ist und ob keine sachwidrigen oder gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt worden sind (OLG Schleswig, Beschluss vom 20. März 2008 – 1 Verg 6/07).

Die Auftraggeberin hat bei der Bewertung der Leistungsfähigkeit der Antragstellerin ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten und ihre negative Prognoseentscheidung frei von Ermessensfehlern getroffen.

Referenzen sollen den Auftraggeber in die Lage versetzen, Erfahrungen und Einschätzungen früherer Auftraggeber zu vermitteln. Sie dienen dazu, nachzuweisen, dass der Bieter über die notwendigen praktischen Erfahrungen verfügt, um den ausgeschriebenen Auftrag zur Zufriedenheit des Auftraggebers auszuführen.

Erforderlich, aber auch ausreichend, ist die Vorlage solcher Referenzen, die den hinreichend sicheren Schluss zulassen, dass der betreffende Bieter über die für eine ordnungsgemäße Durchführung des ausgeschriebenen Auftrages erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt. Alle Referenzen, die diese Anforderung erfüllen, sind Referenzen zu vergleichbaren Aufträgen im Sinne der Referenzanforderung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 2003 – Verg 58/02). Vergleichbarkeit bedeutet dabei nicht Gleichheit, sondern dass ein Bieter bereits Aufgaben ausgeführt hat, die im technischen Bereich und hinsichtlich der Organisation der nachgefragten Leistung einen etwa gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen müssen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2008 – VII-Verg 54/08).

Der mit dem Angebot eingereichten Referenzliste mangelte es im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit dem ausgeschriebenen Auftrag an der nötigen auftragsbezogenen Aussagekraft, da bereits der räumliche Tätigkeitsbereich der Antragstellerin (regional/begrenzt auf bestimmte Zustellbezirke/bundesweit) sowie der Umfang der Leistung und damit korrespondierend die Zuordnung zu den einzelnen Losen nicht erkennbar waren. Zu Recht hat die Auftraggeberin daher die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin infrage gestellt und einer Überprüfung unterzogen. Telefonische Nachfragen sind insoweit ein zulässiges Mittel, um sich Gewissheit von der Leistungsfähigkeit eines Bieters zu verschaffen (VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. April 2009 – VK 9/09).

Zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit forderte die Auftraggeberin bereits in der Bekanntmachung u.a. drei qualifizierte Referenzen aus den letzten drei Jahren, die mit der zu vergebenden Leistung in Art und Umfang vergleichbar sind. Vergleichbarer Art können nur Leistungen sein, die bezogen auf die ausgeschriebenen Lose einen regionalen (Los 1) und/oder einen bundesweiten Bezug (Los 2) aufweisen. Die von der Antragstellerin vorgelegte Referenzliste enthält dazu keine Angaben.

Der Umfang der ausgeschriebenen Leistungen liegt ausweislich der Bekanntmachung für Los 1 bei XXX.XXX Stück +/- XX % und bei Los 2 bei XXX.XXX +/- XX % jeweils pro Jahr. Zum Umfang der Leistung weist die Referenzliste der Antragstellerin - auch im Vergleich mit den Referenzlisten der für den Zuschlag vorgesehenen Bieter - bezüglich der Referenzkunden keine Stückzahlen aus. Das von der Auftraggeberin für die Stadt … festgestellte Postvolumen von ca. X.XXX Stück pro Monat wurde von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Es liegt erheblich unter dem zu beauftragenden Volumen des Loses 1; dieses umfasst monatlich rund XX.XXX Zustellungen. Abzüglich der Schwankungsgrenze von XX % liegen die Stückzahlen pro Monat bei rund XX.XXX. Die Erklärung der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, sie stelle werktäglich zwischen X.XXX und XX.XXX Sendungen im Gebiet des Loses 1 zu, ist für den Leistungsumfang bezüglich der von ihr benannten Referenzkunden ohne jeden Aussagewert, da eine Zuordnung der Stückzahlen auf die jeweilige Referenz nicht möglich ist. Unabhängig hiervon hat die Antragstellerin in ihrem Angebot im Rahmen der Abwicklung der Postdienstleistungen weder Nachunternehmer noch andere Unternehmen benannt. Dahingehende Angaben waren aber geboten, weil die auf andere Unternehmen entfallenden Teile der Postdienstleistungen sowohl unter regionalen/bundesweiten als auch mengenmäßigen Gesichtspunkten für die Auftraggeberin von Bedeutung sein konnten. Hinzu kommt, dass die Auftraggeberin ein legitimes Interesse daran hat, wer die geschuldete Leistung tatsächlich erbringen wird: ihr Vertragspartner oder ein Dritter. Diese Information ist auch deswegen erforderlich, weil sie die Grundlage für die Eignungsprüfung ist, zu deren Durchführung sie vergaberechtlich verpflichtet ist. Die im Rahmen der Überprüfung der Referenzen durch die Auftraggeberin zu Tage getretene Zusammenarbeit der Antragstellerin mit Kooperationspartner und der … bei der Erbringung von Postdienstleistungen führte deshalb bei ihr zu berechtigten Zweifeln an der ordnungsgemäßen Auftragsdurchführung durch die Antragstellerin. Die vorgenannten Umstände rechtfertigen nach der Überzeugung der Kammer die negative Prognoseentscheidung der Auftraggeberin.

Die Auftraggeberin war im Hinblick auf den Inhalt des Angebotes der Antragstellerin auch nicht zu einer weitergehenden Aufklärung verpflichtet, um letztlich die Eignung der Antragstellerin bejahen zu können.

Das Angebot der Antragstellerin weist darüber hinaus einen weiteren Mangel auf, der mit dem beabsichtigten Einsatz der … zusammenhängt, Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung war und der den Ausschluss ihres Angebotes von der Wertung abermals trägt.

Gemäß § 7 a Nr. 3 Abs. 6 Satz 2 VOL/A hat ein Bieter, der sich der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedient, dem Auftraggeber nachzuweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrages zur Verfügung stehen. Andere Unternehmen können selbstständige Unternehmen sein. Auf die Art der Verbindung zum Bieterunternehmen kommt es nicht an. Damit der Auftraggeber bereits in der Prüfungsphase die Leistungsfähigkeit der anderen Unternehmen beurteilen kann, hat der Bieter bereits mit dem Angebot von sich aus darzulegen und den Nachweis zu führen, welcher anderen Unternehmen er sich zur Ausführung des Auftrages bedienen wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2004 – Verg 81/04). Diesbezüglich braucht nicht entschieden zu werden, ob die Vorlage einer Verpflichtungserklärung für die von der Antragstellerin an die … weiterzuleitenden Postversandleistungen erforderlich wäre, weil nach dem Inhalt des zu führenden Nachweises zunächst die … gegenüber der Auftraggeberin zu benennen gewesen wäre. Damit der von der Auftraggeberin ausgeschriebene Postversand funktioniert, muss bei der Übertragung von Teilleistungen an andere Unternehmen die Postzustellung reibungslos gewährleistet sein. Dem berechtigten Interesse der Auftraggeberin an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung, das in § 7 a Nr. 3 Abs. 6 VOL/A zum Ausdruck kommt, wird durch den Bieter nur dann entsprochen, wenn sich aus seinem Angebot ergibt, dass ihm die fremden Ressourcen, derer er sich bedienen will, zur richtigen Zeit in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen werden. Demzufolge war die Antragstellerin verpflichtet, die beabsichtigte Zusammenarbeit mit der … in ihrem Angebot anzugeben.

Angebote, in denen die Leistungsfähigkeit nicht belegt ist, sind nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszunehmen. Diese Rechtsfolge steht nicht zur Disposition der Auftraggeberin.

Die Auftraggeberin hat auch den Anforderungen an ihre Dokumentationspflicht entsprochen. Die Transparenz des Vergabeverfahrens erfordert, dass die telefonische Überprüfung der Referenzen zumindest stichwortartig mit Angaben zum Gesprächszeitpunkt, Gesprächspartner und Gesprächsgegenstand schriftlich niedergelegt werden (VK Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juli 2002 – VK-19/2002-L). Die Auftraggeber hat entsprechende kurze schriftliche Telefonnotizen angefertigt und zu den Vergabeunterlagen genommen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.

Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen und personellen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens. Für die wirtschaftliche Bedeutung ist regelmäßig die geprüfte Summe (brutto) im Angebot des Bieters der maßgebliche Gesichtspunkt. Denn diese bildet die Gegenleistung, die der Auftraggeber im Fall des Zuschlages zu erbringen bereit wäre und für die der Bieter seiner objektiven Erklärung zufolge den Auftrag ausführen will (BayObLG, Beschluss vom 13. April 2004 – Verg 5/04). Die Angebotssumme der Antragstellerin für ihr Angebot (Lose 1 und 2) über die Laufzeit des ausgeschriebenen Auftrages liegt unterhalb von XXX.XXX,XXEUR.

Entsprechend der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes vom Dezember 2009, die zur Gewährleistung einer einheitlichen Handhabung und zur Sicherstellung von Transparenz anzuwenden ist, erscheint eine Gebühr in Höhe von X.XXX,XX EUR als angemessen. Die Gebühr wird mit dem eingezahlten Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,00 EUR verrechnet. Die Restgebühr in Höhe von XXX,XX EUR wird mit Bestandskraft des Beschlusses fällig und ist binnen eines Monats nach Zustellung unter Angabe des Aktenzeichens (VK 35/10) und des Verwendungszwecks … auf das Konto … zu überweisen.

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).

Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.