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(Unterhaltszahlungen des Unterhaltsverpflichteten sind grundsätzlich als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen)


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Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 27.01.2010
Aktenzeichen OVG 6 B 10.09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 3 Nr 1 UhVorschG, § 5 Abs 1 Nr 2 UhVorschG, § 7 Abs 1 S 1 UhVorschG, RegelBetrV

Leitsatz

1. Unterhaltszahlungen des Unterhaltsverpflichteten sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG als Einkünfte des Berechtigten auf bewilligten Unterhaltsvorschuss stets in voller Höhe anzurechnen. Dies gilt nicht nur unabhängig davon, ob der Unterhaltsverpflichtete rückständigen Unterhalt begleichen oder laufenden Unterhalt leisten will, sondern auch unabhängig davon, ob der Berechtigte über einen Unterhaltstitel verfügt, der ihm Unterhaltsansprüche gegen den Unterhaltsverpflichteten zuspricht, die über die Leistungen nach dem UVG hinausgehen.

2. Die Zahlungspflichten nach § 5 UVG und nach § 7 UVG können grundsätzlich selbstständig nebeneinander bestehen. Ein Rangverhältnis zwischen beiden Nor-men, insbesondere in dem Sinne, dass Zahlungsverpflichtungen nach § 5 UVG gegenüber denen nach § 7 UVG nachrangig seien, lässt sich dem Gesetz nicht ent-nehmen (wie BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 5 B 42/06 -).

Tenor

Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28./30. Juni 2006 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam geändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 4/5 und der Beklagte 1/5. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Klägerin 9/10 und der Beklagte 1/10.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Ersatzzahlungsbescheid des Beklagten für Unterhaltsvorschussleistungen ihrer Kinder.

Auf ihren Antrag bewilligte der Beklagte mit Bescheiden vom 15. Oktober 1998 ihren 1990 und 1992 geborenen Kindern Unterhaltsvorschussleistungen ab dem 1. September 1998. Bei Antragstellung unterschrieb sie eine schriftliche Erklärung, wonach sie sich verpflichte, erhaltene Leistungen entsprechend dem Unterhaltsvorschussgesetz zurückzuzahlen, wenn für einen bestimmten Zeitraum gleichzeitig Leistungen durch den Unterhaltspflichtigen oder andere Personen/Institutionen eingegangen seien. In der Folgezeit wurden die Unterhaltsvorschussleistungen der Höhe nach durch entsprechende Bescheide mehrfach angepasst. Zuletzt setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 20. Dezember 2001 die Leistungen je Kind auf 134 Euro ab 1. Januar 2002 fest.

Nachdem der Beklagte vom Vater der Kinder erfahren hatte, dass dieser am 2. und am 25. Januar 2002 jeweils 276,10 Euro, am 28. Februar 2002 296,00 Euro sowie am 25. März 2002 286,05 Euro an Unterhaltsleistungen für die beiden Kinder an die Klägerin überwiesen hatte, stellte er mit an die Klägerin adressierten Bescheiden vom 13. Mai 2002 die Unterhaltsvorschussleistungen für beide Kinder zum 1. Mai 2002 ein und forderte die Klägerin zugleich auf, die für die Zeit von Januar bis April 2002 gezahlten Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von insgesamt 1.072 Euro (viermal 134 Euro je Kind), gemäß § 5 UVG zu erstatten.

Gegen die Ersatzzahlungsforderung in den Bescheiden legte die Klägerin am 27. Mai 2002 Widerspruch ein. Mit den im Zeitraum von Januar bis April 2002 geleisteten Zahlungen habe der Vater der Kinder lediglich aufgelaufene Unterhaltsrückstände beglichen, nicht aber laufenden Unterhalt gezahlt. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf ein rechtskräftiges Versäumnisurteil des Amtsgerichts Potsdam - Familiengericht - vom 12. Dezember 2001 - 46 F 267/01 -, in dem der Vater der Kinder u.a. verurteilt worden war, an die beiden Kinder der Klägerin jeweils einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Nennbetrages der jeweiligen Altersstufe nach § 2 der jeweiligen Regelbetragsverordnung zu zahlen, beginnend mit dem Monat, der auf den Monat folgt, in dem die letzte mündliche Verhandlung liegt. Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen habe daher bis einschließlich April 2002 bestanden. Die Voraussetzungen für eine Ersatzzahlung nach § 5 UVG lägen nicht vor.

Die Widersprüche wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2002 mit der Begründung zurück, Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen bestehe nicht, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil in Höhe der gewährten Leistungen seinen Unterhaltspflichten nachkomme. Ob er mit den Zahlungen Unterhaltsrückstände begleichen oder laufenden Unterhalt leisten wolle, sei unerheblich.

Auf die am 10. Juli 2002 erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides insoweit auf, als darin ein Betrag von insgesamt mehr als 518,25 Euro zurückgefordert wurde. Im Übrigen (also in Höhe von 553,75 Euro) wies es die Klage ab. Der Beklagte könne Ersatzzahlung nach § 5 Abs. 1 UVG nur verlangen, wenn Unterhaltsvorschuss zu Unrecht gezahlt worden sei. Hier hätten die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistungen in den streitbefangenen Kalendermonaten nur teilweise nicht vorgelegen. Zwar hätten hier die Kinder der Klägerin als Berechtigte nach Stellung des Antrages Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 3 UVG erzielt, das bei der Bewilligung der Unterhaltsvorschussleistungen nicht berücksichtigt worden sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei hinsichtlich der Frage der Anrechenbarkeit auch nicht auf eine mögliche Zweckbestimmung des Dritten abzustellen, denn der Wille des Schuldners auf Unterhaltsrückstände zahlen zu wollen, sei unerheblich. Gleichwohl seien die in den Monaten Januar 2002 bis einschließlich April 2002 auf dem Konto der Klägerin eingegangenen Zahlungen des Vaters der Kinder nur teilweise berücksichtigungsfähig. Die Rückforderung staatlicher Leistungen könne nämlich nicht isoliert ohne Rücksicht auf die bestehenden schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen erfolgen. Vorliegend sei der von den berechtigten Kindern erstrittene Unterhaltstitel zu berücksichtigen. Es entspreche nicht dem Zweck der §§ 5, 7 und 2 Abs. 3 UVG, einem Kind in jedem Fall die vollständige Realisierbarkeit des ihm aufgrund eines wirksamen Titels zustehenden Unterhaltsanspruchs zu nehmen. Den Kindern der Klägerin hätte danach jeweils ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 100 % des Regelbetrages für die jeweilige Altersgruppe nach § 2 der Regelbetragsverordnung, d.h. insgesamt ein Betrag von 422 Euro (zweimal 211 Euro) zugestanden. Es sei im Ergebnis davon auszugehen, dass die in dem genannten Zeitraum erfolgten Zahlungen des Vaters jedenfalls in Höhe dieses Betrages auf den Unterhaltstitel erfolgt seien. Die Klägerin sei als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder auch berechtigt, den die Unterhaltsvorschussleistungen übersteigenden Teilbetrag des bestehenden Unterhaltstitels zu beanspruchen, denn gemäß § 7 Abs. 1 UVG gehe der Anspruch der Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten nur in Höhe der nach diesem Gesetz gewährten Unterhaltsleistungen auf das Land über, so dass bezüglich eines darüber hinausgehenden Anspruchs das Kind weiterhin Anspruchsinhaber sei. Dem Beklagten hätte es oblegen, seinerseits den ihm nach § 7 Abs. 1 UVG in Höhe der gezahlten Unterhaltsvorschussleistungen gegen den Vater der Kinder zustehenden Zahlungsanspruch geltend zu machen, was im Hinblick auf den Zeitraum in der Vergangenheit bis zum 31. Dezember 2001 im Übrigen auch geschehen sei. Im Rahmen des § 5 UVG habe jedoch bei einer am Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes orientierten Interessenabwägung das öffentliche Interesse am Rückerhalt der staatlichen Unterhaltsvorschussleistungen gegenüber dem Interesse des Kindes an der vollständigen Durchsetzung seines Unterhaltsanspruches zurückzutreten. Anderenfalls würden die schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen in einem bestehenden Dreiecksverhältnis und der von § 7 Abs. 1 UVG nur begrenzt - nämlich nur im Umfang der Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen - angeordnete Forderungsübergang sowie dessen rechtliche Folgen in nicht vertretbarer Weise außer Kraft gesetzt. Da danach im Ergebnis die erfolgten Unterhaltszahlungen nicht mehr rückwirkend bis zur Höhe des den Kindern aufgrund des wirksamen Unterhaltstitels zustehenden Unterhaltsanspruches wieder abgeschöpft werden dürften, könne der Beklagte vorliegend nur darüber hinausgehende Zahlungen zurückfordern, wobei auch die nötige Sorgfaltspflichtverletzung vorliege. Der Klägerin sei fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, da sie die auf ihrem Konto ab Januar 2002 eingegangenen Unterhaltszahlungen nicht angezeigt habe. Bei der Frage der vorwerfbaren Sorgfaltspflichtverletzung sei jedoch zu berücksichtigen, zu welchem Zeitpunkt die Unterhaltszahlungen während des jeweiligen Monats eingegangen seien. Da der Unterhaltsvorschuss als staatliche Vorauszahlung geleistet werde, könnten Unterhaltszahlungen des Dritten nur dann auf den laufenden Monat angerechnet werden, wenn sie zu Beginn des Monats gezahlt worden seien und daher erkennbar den Unterhaltsbedarf des laufenden Monats abdecken sollten. Vorliegend sei daher für den Monat Januar nur die zu Monatsbeginn, das heißt, die am 2. Januar 2002 eingegangene Zahlung anzurechnen. Die Unterhaltsleistungen betrügen insgesamt 544,10 Euro, so dass ein Differenzbetrag von 122,10 Euro zu dem Unterhaltsanspruch von 422 Euro bestehe. Der am 25. Januar 2002 auf dem Konto der Klägerin gutgeschriebene Betrag in Höhe von ebenfalls 276,10 Euro müsse als Zahlung für den folgenden Monat angesehen werden, da die Klägerin diese Unterhaltsleistungen nur als Leistung für den Monat Februar 2002 habe ansehen können. Im Ergebnis sei für den Monat Februar 2002 ebenfalls ein Betrag von 122,10 Euro zurückzuzahlen. Die am 28. Februar 2002 (muss heißen: 1. März 2002) eingegangene Gutschrift von 296 Euro sei ebenfalls auf den Folgemonat März 2002 zu beziehen. Hier ergebe sich ein den Unterhaltsanspruch der Berechtigten überschießender Betrag in Höhe von 142 Euro (564 Euro abzüglich 422 Euro). Im Monat April hätte nur die zu Beginn des Monats erfolgte Zahlung in Höhe von 286,05 Euro angegeben werden müssen, so dass sich hier ein Betrag von 132,05 Euro (554,05 Euro abzüglich 422 Euro) als Differenz ergebe. Im Ergebnis sei der Beklagte daher berechtigt, insgesamt einen Betrag in Höhe von 518,25 Euro von der Klägerin als gesetzlicher Vertreterin der Berechtigten zu fordern.

Mit der auf Antrag des Beklagten vom Senat mit Beschluss vom 22. Juni 2009 - OVG 6 N 55.06 - zugelassenen Berufung wendet sich der Beklagte gegen den stattgebenden Teil des Urteils. Allerdings seien Unterhaltsleistungen als Einkünfte nach § 2 Abs. 3 UVG nur anzurechnen, wenn sie in demselben Monat erzielt worden seien. Es komme daher auf den Zeitpunkt des Zahlungseingangs an. Da die am 28. Februar 2002 vorgenommene Zahlung des Vaters der Kinder in Höhe von 296 Euro dem Konto der Klägerin erst am 1. März 2002 gutgeschrieben worden sei, hätte für Februar 2002 keine Ersatzzahlung gefordert werden dürfen. Danach ergebe sich ein Ersatzzahlungsbetrag in Höhe von insgesamt nur noch 804 Euro (dreimal 134 Euro pro Kind). Im Übrigen tritt er der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegen, wonach § 5 Abs. 1 UVG nur die Ersatzzahlung von Leistungen gestatte, die dem Berechtigten den aufgrund eines Unterhaltstitels gezahlten Regelunterhalt belasse. Er könne daher nicht nur den vom Verwaltungsgericht für rechtens erachteten Betrag von 518,25 Euro, sondern darüber hinaus den Differenzbetrag zu 804 Euro, nämlich weitere 285,75 Euro von der Klägerin verlangen.

Hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Forderung für den Monat Februar 2002 hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klarstellend die angefochtenen Bescheide aufgehoben; die Beteiligten haben den Rechtsstreit sodann insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

das am 28./30. Juni 2006 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt. Sie hat die Klage hinsichtlich der noch ausstehenden Forderung in Höhe von 285,75 Euro zurückgenommen, weil sie die Auffassung des Verwaltungsgerichts ebenfalls für unzutreffend hält. Der Beklagte hat der Rücknahme aber nicht zugestimmt, da er zu der vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassung eine Entscheidung des Senats begehrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

2. Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage, soweit über sie infolge der teilweisen Hauptsachenerledigung noch zu entscheiden ist, zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Klage war insgesamt abzuweisen. Dabei war der Senat nicht durch die teilweise Rücknahme der Klage durch die Klägerin an einer Sachentscheidung gehindert. Die Klagerücknahme hätte zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Beklagten (§ 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO) bedurft, woran es fehlt.

Als Rechtsgrundlage für die Ersatzzahlungspflicht, auf die die Klägerin in Anspruch genommen wird, kommt allein § 5 Abs. 1 UVG in Betracht. Danach gilt: Haben die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen, so hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, oder der gesetzliche Vertreter des Berechtigten den geleisteten Betrag insoweit zu ersetzen, als er die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 UVG unterlassen hat (Nr. 1) oder gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren (Nr. 2).

a) Die Voraussetzungen für die Zahlung eines Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz haben in den hier noch streitbefangenen Monaten (Januar, März und April 2002) wegen Erzielung anrechenbarer Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG durch die Kinder der Klägerin insgesamt nicht vorgelegen. Nach dieser Vorschrift werden auf die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in demselben Monat geleistete Unterhaltszahlungen des Elternteils, bei dem der Berechtigte nicht lebt, als Einkünfte des Berechtigten angerechnet. Die Unterhaltsvorschussleistungen betrugen monatlich 268 Euro für beide Kinder zusammen. Die Zahlungen des Vaters der Kinder in den drei noch streitigen Monaten überstiegen diesen Betrag jeweils. Sie sind entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift in voller Höhe anzurechnen.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach für die Ersatzzahlung der von den Berechtigten gegenüber ihrem Vater erwirkte Unterhaltstitel in der Weise zu berücksichtigen sei, dass die Unterhaltszahlungen des Vaters der Kinder nur insoweit als Einkünfte der Kinder der Klägerin anzurechnen seien, als sie den Regelunterhalt übersteigen, findet keine Stütze im Gesetz. Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, es entspreche nicht dem Ziel der §§ 5, 7 und 2 Abs. 3 UVG, einem Kind in jedem Fall die vollständige Realisierbarkeit des ihm aufgrund eines wirksamen Titels zustehenden Unterhaltsanspruchs zu nehmen, lässt sich dies weder anhand des Wortlauts noch des Zwecks der genannten Vorschriften belegen.

aa) Der klare und insoweit eindeutige Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG gibt für die vom Verwaltungsgericht angenommene Differenzierung nichts her. Vielmehr ist danach zwingend jegliche Unterhaltszahlung des Unterhaltspflichtigen als Einkommen des Berechtigten anzurechnen und zwar - wovon auch das Verwaltungsgericht im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung ausgeht - unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige laufenden oder rückständigen Unterhalt zahlen will. Der von dem Vater der Kinder gezahlte Betrag hat diesen tatsächlich zur Verfügung gestanden. Der gleichzeitige Bezug (rückständiger) Unterhaltsleistungen aufgrund eines Unterhaltstitels neben Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz würde Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG widersprechen, die Nachrangigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind nur dann zu gewähren, wenn der Berechtigte keine anderweitige Möglichkeit hat, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (VGH München, Urteil vom 15. Januar 2008 - 12 BV 06.80 -, BayVBl. 2008 S. 314 f., Rn. 24 bei juris).

bb) Gestützt wird dieser Befund durch die Gesetzeshistorie. Der Wortlaut der Vorschrift wurde durch Änderungsgesetz vom 20. Dezember 1996 geändert. Zuvor wurden „für“ denselben Monat erzielte Einkünfte angerechnet. Das „für“ wurde durch „in“ ersetzt. Der Gesetzgeber führte Klarstellungsgründe für diese Änderung an. In Literatur und Rechtsprechung sei mit Blick auf die vorherige Fassung umstritten gewesen, ob auch Unterhaltsrückstände nach § 2 Abs. 3 UVG anzurechnen seien, die das Kind regelmäßig erhalte. Aufgrund einer an der Zielsetzung des Gesetzes orientierten Auslegung („aktuelle Unterhaltssicherung“) seien aber auch laufend gezahlte Unterhaltsrückstände, die zur Vermeidung der Verjährung für einen früheren Zeitraum bestimmt seien, auf den aktuellen Unterhaltsvorschuss anzurechnen. Sonst käme es zu dem nicht gewünschten Ergebnis, dass ein Kind, das aus einem Unterhaltstitel vollstrecke und laufende Unterhaltszahlungen (Rückstände) erhalte, zusätzlich die öffentliche Unterhaltsleistung erhalte. Die Änderung stelle nunmehr klar, dass diese Zahlungen anzurechnen seien (BT-Drucks. 13/5925, S. 58 f.). Diese Ausführungen verdeutlichen, dass der Gesetzgeber eine Anrechnung von Unterhaltszahlungen als Einkommen nicht nur unabhängig davon erreichen wollte, ob laufende oder rückständige Unterhaltsforderungen beglichen werden, sondern darüber hinaus Unterhaltsansprüche des berechtigten Kindes von der Anrechnung als Einkommen auch dann nicht ausnehmen wollte, wenn diese aufgrund eines wirksamen Unterhaltstitels geleistet werden.

cc) Die Auffassung des Verwaltungsgerichts ist schließlich auch nicht im Hinblick auf den in § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG geregelten Forderungsübergang gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift gilt Folgendes: Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach dem UVG gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt, oder einen Anspruch auf eine sonstige Leistung, die bei rechtzeitiger Gewährung nach § 2 Abs. 3 als Einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser Anspruch in Höhe der Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf das Land über.

Die Norm bezweckt, der öffentlichen Hand die Möglichkeit zu geben, sich bis zur Höhe der von ihr im Einzelfall erbrachten Leistung bei dem zahlungspflichtigen Elternteil schadlos zu halten. Sie bezweckt dagegen nicht, den Berechtigten von Rückzahlungspflichten nach § 5 Abs. 2 UVG oder den Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, von Ersatzzahlungspflichten nach § 5 Abs. 1 UVG freizustellen. Beide Zahlungspflichten, also diejenigen nach § 5 UVG einerseits und diejenige nach § 7 UVG andererseits können vielmehr grundsätzlich selbstständig nebeneinander bestehen (VGH München, a.a.O., Rn. 25 bei juris; Grube, UVG, 2009, § 2 Rn. 30 und § 5 Rn. 3; a.A. VG Ansbach, Urteil vom 25. Januar 2007 - AN 14 K 06.00041 -, Rn. 42 bei juris; VG Lüneburg, Urteil vom 27. Juli 2004 - 4 A 160/02 -, Rn. 25 bei juris). Ein „Rangverhältnis“ zwischen beiden Normen, insbesondere in dem Sinne, dass Zahlungsverpflichtungen nach § 5 UVG gegenüber denen nach § 7 UVG nachrangig seien, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Beide Regelungen unterscheiden sich nach Zweckrichtung, Voraussetzungen und Rechtsfolgen in einem Maße, dass für ein „Rangverhältnis“ bei der Geltendmachung weder Raum noch Anlass besteht. Allerdings dürfte die Ersatzleistung nach § 5 Abs. 1 UVG zwar nicht die Tatsache der Leistungsgewährung und den Bestand des Bewilligungsbescheides (rückwirkend) entfallen lassen, wohl aber den rechtfertigenden Grund für den gesetzlichen Anspruchsübergang nach § 7 Abs. 1 UVG (BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 5 B 42/06 -, Rn. 5 bei juris). Demnach mag sich der Beklagte gegenüber dem Vater der Kinder für die hier streitbefangenen drei Monate (Januar, März und April 2002) nicht mehr auf einen Forderungsübergang nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG berufen können, das ändert aber nichts am Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG.

b) Auch die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG liegen vor. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin entsprechend dem Erfordernis in § 5 Abs. 1 Nr. 1 die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistungen durch eine unterlassene Anzeige der erfolgten Zahlungen des Vaters der Kinder nach § 6 UVG „herbeigeführt“ hat. Jedenfalls hat sie im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG gewusst oder zumindest infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistungen nicht erfüllt waren. Die Klägerin war bei Beantragung der Leistungen darüber belehrt worden, dass eine Ersatzzahlungspflicht besteht, wenn für einen bestimmten Zeitraum der Leistungsgewährung gleichzeitig Leistungen durch den Unterhaltspflichtigen eingehen und ihr war jedenfalls bekannt, dass ihre Kinder gleichzeitig Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und Unterhaltsleistungen vom Vater erhalten haben. Maßgeblich ist insoweit allein, dass wegen der Unterhaltsleistungen des Vaters kein Rechtsanspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bestand.

3. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Berufungsverfahrens folgt für den streitig entschiedenen Teil aus § 154 Abs. 1 VwGO; soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist Grundlage der Kostenentscheidung § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist im Falle der übereinstimmenden Hauptsachenerledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Billigem Ermessen entsprach es, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da er den angefochtenen Ersatzzahlungsbescheid insoweit ohne Änderung der Sach- und Rechtslage aufgehoben hat. Die Kostenentscheidung für das Verfahren erster Instanz beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kosten waren insoweit zu teilen, weil das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Ersatzzahlung für den Monat Februar 2002 zu Recht von einer (teilweisen) Rechtswidrigkeit ausgegangen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.