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Entscheidung S 29 R 530/16


Metadaten

Gericht SG Frankfurt (Oder) 29. Kammer Entscheidungsdatum 01.03.2017
Aktenzeichen S 29 R 530/16 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 4 RV/UVAbkPOLVwVbg, Art 18 RV/UVAbkPOLVwVbg, Art 27 RV/UVAbkPOLVwVbg, Art 8 EGV 883/2004, § 66 Abs 2 Nr 2 SGB 6, § 88 Abs 2 SGB 6, § 44 SGB 10

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2016 verpflichtet, den Rentenbescheid der Klägerin vom 8. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2016 abzuändern und die Rente der Klägerin ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung der Anzahl der Entgeltpunkte zu gewähren, die zuletzt bei der Rentengewährung des verstorbenen Versicherten aufgrund der von dem verstorbenen Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt wurden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägerin zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Witwenrente. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Gewährung einer Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin für die bis zum 31. Dezember 1990 in Deutschland zurückgelegten Zeiten in die Versicherungslast der Beklagten oder des polnischen Sozialversicherungsträgers fällt.

Die am ... ... 1949 geborene Klägerin ist die Witwe des am ...... 1935 geborenen und am ...... 2015 verstorbenen Versicherten H. W. K. Die Klägerin besitzt die polnische Staatsangehörigkeit und ist nicht anerkannte Vertriebene oder Spätaussiedlerin im Sinne des Fremdrentengesetzes. Die Klägerin lebte im Zeitraum 1970 bis 1982 in Berlin. Seitdem wohnt die Klägerin durchgehend in Polen.

Der Ehemann der Klägerin ist als anerkannter Vertriebener / Spätaussiedler am 22. August 1966 nach Deutschland eingereist. Seit dem 10. Oktober 1966 hat der Versicherte im Bundesgebiet Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Für den Zeitraum vom 27. Januar 1954 bis 25. November 1963 und vom 1. August 1982 bis 31. August 1984 hat der Versicherte in Polen Beitragszeiten zurückgelegt. Seit dem 1. September 1984 lebte und arbeitete der Versicherte wieder in Deutschland. Im Zeitraum ab November 2004 bis zu seinem Ableben lebte der Versicherte wieder mit seiner Ehefrau in Z. G. in Polen.

Mit Bescheid vom 4. November 2005 berechnete die Beklagte die Altersrente des Versicherten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 1. Dezember 2004 neu. Hierbei berücksichtigte sie insgesamt 26,1833 Entgeltpunkte, wobei für den Zeitraum vom 27. Januar 1954 bis 35. November 1963 auch Zeiten nach den Fremdrentengesetz (FRG) Berücksichtigung fanden.

Auf den Antrag der Klägerin vom 30. September 2015 zur Bewilligung einer Witwenrente bewilligte die Beklagte der Klägerin mit dem Bescheid vom 8. März 2016 eine Witwenrente beginnend ab dem 1. September 2015 in Höhe von monatlich 37,35 Euro. Hierbei berücksichtigte sie nur die in Deutschland nach dem 31. Dezember 1990 zurückgelegten deutschen Versicherungszeiten. Die Rentenleistungen für die davorliegenden Zeiten seien in Anwendung des Deutsch – Polnischen Sozialversicherungsabkommens vom 9. Oktober 1975 (im Weiteren DPSVA 1975) vom polnischen Versicherungsträger zu erbringen, da die Klägerin vor dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnsitz in Polen genommen und diesen seitdem dort beibehalten hat.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. März 2016 legte die Klägerin gegen die vorgenannte Entscheidung der Beklagten Widerspruch ein. Zur Begründung des Widerspruches führte dieser aus, dass das DPSVA vom 9. Oktober 1975 zwar von einem „Berechtigten“ spreche, nach dessen Wohnsitz sich die Anwendung der jeweiligen Vorschriften richten sollten. Dieses widerspreche jedoch dem Charakter der Witwenrente als einen Anspruch des Versicherten. Daher sei auf dessen Wohnsitz abzustellen. Sowohl die Kommentierung als auch die Rechtsprechung behandle den Anspruch auf Leistungen für die Hinterbliebenen als Ansprüche des Verstorbenen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Beklagte behielt ihre Auffassung bei, dass auf die Klägerin mit Rücksicht auf den Umstand, dass sie ihren Wohnsitz vor dem 31. Dezember 1990 in Polen genommen und seitdem dort beibehalten hat, weiterhin das DPSVA von 1975 Anwendung finde. Für die Gewährung der Witwenrente und der weiteren Prüfung der Berücksichtigungsfähigkeit der ausländischen Versicherungszeiten habe die Klägerin für die Zeiten bis zum 31. Dezember 1990 nur einen Rentenanspruch gegenüber dem polnischen Versicherungsträger. Ein Verfahren zur dortigen Berücksichtigung der Zeiten sei bereits eingeleitet worden.

Als Rechtsfolge der zwischenstaatlichen Verträge mit Polen ergebe sich, dass die Klägerin als die nach dem DPSVA von 1975 nicht leistungsberechtigte Witwe keinen beziehungsweise nur einen anteiligen Besitzschutz nach der innerstaatlichen Vorschrift des § 88 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) aus der festgestellten Altersrente des verstorbenen Versicherten habe. Dieser anteilige Besitzschutz liege in Fall der Klägerin unter den für sie ermittelten Persönlichen Entgeltpunkten und komme somit nicht zum Tragen.

Am 5. September 2016 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Überprüfungsantrag bei der Beklagten. Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass die Klägerin zum Entstehen des Rentenanspruches des Versicherten durch die eheliche Gemeinschaft ebenso beigetragen habe wie eine Inländerin. In der Regel seien die Hinterbliebenen der Versicherten auch Frauen. Insofern stelle die Ablehnung der Versicherungsleistung durch die Beklagte eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und einen Verstoß gegen die Art. 3 und 6 des Grundgesetzes dar.

Mit Bescheid vom 14. September 2016 hat die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Berechnung der Witwenrente sei sachgerecht und gesetzeskonform erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 30. September 2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen die vorgenannte Entscheidung Klage erhoben. Zur Begründung führte er aus, dass die Interpretation der Beklagten Witwen von Spätaussiedler benachteilige.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Überprüfungsbescheid vom 14. September 2016 als unbegründet zurück. Eine Ungleichbehandlung könne vorliegend nicht gesehen werden. Das DPSVA 1975 stelle auf den Berechtigten ab. Für Männer wie für Frauen, die nach dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnsitz in Polen beibehalten hätten, gelte das DPSVA unterschiedslos weiter.

Mit Schriftsatz vom 3. November 2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen die vorgenannte Entscheidung der Beklagte vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben. Zur Klagebegründung führte der Prozessbevollmächtigte aus, dass die Klägerin der Auffassung sei, dass unter Anwendung des Deutsch – Polnischen Sozialversicherungsabkommens vom 8. Dezember 1990 (im Weiteren DPSVA 1990) die Beklagte für die gesamten rentenrechtlich relevanten Zeiten zuständig sei und hiernach Leistungen nach § 46 SGB VI zu gewähren habe. Eine andere Auslegung der für derart gemischte Erwerbsbiographien maßgeblichen Vorschriften würde ein Familienmodell ausschließen, in dem in zwei benachbarten Ländern zwei Wohnsitze bestehen, nämlich ein berufsbedingter in Westberlin und ein familiärer in Polen. Damit seien Grenzpendler und deren Familien aus der Anwendung des § 46 SGB VI ausgeschlossen, obwohl die betroffenen Witwen oder Witwer im Fall einer gelebten Ehebeziehung einen vergleichbaren Beitrag zur Erwirtschaftung des rentenrechtlich zu berücksichtigenden Einkommens geleistet hätten wie die Witwe oder der Witwer, die in Deutschland gelebt haben / geblieben sind. Eine grundrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Erteilung eines richterlichen Hinweises unter anderem auf die Rechtsprechung des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Januar 2012, Aktenzeichen S 29 R 211/11, das Klagebegehren dahingehend erläutert, dass die rentenrechtlichen Zeiten des Ehemannes der Klägerin im Jahr 1966 beginnen dürften. Der Prozessbevollmächtigte wies nochmals darauf hin, dass die Hauptlast der Erziehung der gemeinsamen noch in Deutschland geborenen Kinder der Klägerin und des Versicherten sowie der Haushaltsführung bei der Klägerin gelegen habe. Der Versicherte habe nur die Zeit an den Wochenenden, an Feiertagen und während Urlauben bei seiner Familie verbracht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2016 zu verpflichten, den Rentenbescheid der Klägerin vom 8. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2016 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Rente der Klägerin ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung der Anzahl der Entgeltpunkte zu gewähren, die zuletzt bei der Rentengewährung des verstorbenen Versicherten aufgrund der von dem verstorbenen Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt wurden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat auf Nachfrage des Kammervorsitzenden unter anderem den letzten Altersrentenbescheid vom 4. November 2005 zur Gerichtsakte gereicht. Die Beklagte hat erläutert, dass die Vorschriften des DPSVA 1975 nach dessen Rückzug nach Polen im Jahr 2004 auf diesen keine Anwendung mehr fanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Az.: ) und die Gerichtsakte, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht durfte durch eine Kammerentscheidung ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden, weil die Beteiligten sich zuvor mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§ 124 Abs.2 SGG).

I.

Die Klägerin hat die Klage in zulässiger Weise gemäß § 54 Abs.1 und 4 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage und Leistungsklage erhoben, da ihr Begehren darauf gerichtet ist, dass die Beklagte den bestandskräftigen streitgegenständlichen Witwenrentenbescheid abändert und ihr unter Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte eine höhere Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ihres verstorbenen Ehemannes gewährt.

II.

1.

Die Klage ist, in der Gestalt der mit dem Schriftsatz vom 15. Dezember 2016 erfolgten Antragstellung und gleichzeitigen Begrenzung des Klagegegenstandes durch den rechtskundigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin in vollem Umfang begründet.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat das Klagebegehren mit dem vorgenannten Schriftsatz dahingehend begrenzt, dass die Klägerin bei der Berechnung ihrer Witwenrente nur die Entgeltpunkte für diejenigen Zeiten und rentenrechtlich relevanten Sachverhalte begehrt, die der verstorbene Versicherte auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hat. Dieses wird neben dem eindeutigen Wortlaut des Klageantrages auch dadurch deutlich, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorträgt, dass die für dieses Verfahren rentenrechtlich relevanten Zeiten im Jahr 1966 beginnen. Hieraus wird deutlich, dass die Klägerin die Berücksichtigung von Entgeltpunkten für die bis 1966 zurückgelegten Zeiten und für den Zeitraum der Arbeit und des Aufenthalts des Versicherten in Polen im Zeitraum vom 1. August 1982 bis 31. August 1984 weder nach den DPSVA 1975 und 1990 noch nach dem Fremdrentengesetz begehrt. Für diese Zeiten erhält die Klägerin nach dem Klagevortrag eine Witwenrente vom polnischen Sozialversicherungsträger.

In Bezug auf die ab dem Jahr 1966 vom Versicherten in Deutschland zurückgelegten Zeiten ist die Klage begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch nach § 44 Abs.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Aufhebung der streitgegenständlichen Überprüfungsbescheide der Beklagten und Verurteilung der Beklagten, die bestandskräftige Witwenrentenbewilligung abzuändern und ihr eine höhere große Witwenrente nach § 46 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unter zusätzlicher Berücksichtigung der in Deutschland im Zeitraum vom 10. Oktober 1966 bis 31. Dezember 1990 zurückgelegten rentenrechtlich relevanten Zeiten und der sich hieraus ergebenen Entgeltpunkte zu gewähren, da die Erbringung von Hinterbliebenenrentenleistungen für diesen Zeitraum im Fall der Klägerin in die Versicherungslast der Beklagten fällt. Hieraus resultiert ein Anspruch auf Gewährung einer höheren Witwenrente als der bisher gewährten, da in erheblichem Umfang weitere Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Zur Darstellung der Höhe dieser Entgeltpunkte wird auf die Anlage 3 des Altersrentenbescheids des verstorbenen Versicherten vom 4. November 2005 Bezug genommen. Die streitgegenständliche ablehnende Überprüfungsentscheidung verletzt die Klägerin daher in ihren öffentlich – rechtlichen Rechten (vgl. § 54 Abs.2 SGG), so dass sie von der Kammer aufzuheben war.

Die Kammer konnte im Weiteren gemäß § 130 Abs.1 SGG durch Erlass eines Grundurteils entscheiden, da eine Geldleistung im Sinne des § 54 Abs.4 SGG begehrt wird, auf die ein gebundener Rechtsanspruch besteht. Es wurde auch nur ein Grundantrag und kein bezifferter Antrag gestellt.

Das Begehren der Klägerin, eine höhere große Witwenrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten von der Beklagten zu erhalten, ist inhaltlich berechtigt.

Zunächst ist festzustellen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Abs.2 SGB VI für die Erbringung einer großen Witwenrente zu Gunsten der Klägerin erfüllt sind. Die Klägerin ist die Witwe des verstorbenen Versicherten Herbert Werner Kalinowski, der zu Lebzeiten mehr als 60 Monate Pflichtbeitragszeiten zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt und damit die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die im Jahr 1949 geborene Klägerin hatte zum Zeitpunkt des Ablebens des Versicherten im Jahr 2015 bereits das 47. Lebensjahr beendet. Rentenbeginn ist gemäß § 99 Abs.2 SGB VI der erste Tag des Monats nach dem Ableben des Versicherten, wenn dieser wie vorliegend bereits eine Rente von der Beklagten bezogen hatte. Rentenbeginn ist somit in diesem Fall der 1 .September 2015.

Die Beklagte hat der Klägerin mit dem Rentenbescheid der Klägerin vom 8. März 2016 eine große Witwenrente ab dem vorgenannten Zeitpunkt bewilligt. Die Beklagte hat der Klägerin jedoch eine betragsmäßig höhere Witwenrente unter zusätzlicher Berücksichtigung der bis zum 31. Dezember 1990 in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Zeiten des verstorbenen Versicherten zu gewähren. Diese fallen in die Versicherungslast der Beklagten und nicht des polnischen Sozialversicherungsträgers.

Die Höhe des Monatsbetrages von Renten berechnet sich gemäß § 64 SGB VI aus der Vervielfältigung der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, des Rentenartfaktors und des aktuellen Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn beziehungsweise zum jeweiligen Zeitpunkt der Anpassung des aktuellen Rentenwertes. Gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI sind bei einer Witwenrente / Witwerrente die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten die Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte. Es handelt sich insoweit um eine vom verstorbenen Versicherten abgeleitete Rentenleistung deren Zweck es ist, ausgefallenen Unterhalt zu ersetzten und die deshalb - anders als eigene Rentenanwartschaften und -ansprüche - auch nicht dem Schutz des Art 14 Abs. 1 Grundgesetz unterfällt (so zutreffend u.a.: Landessozialgericht Nordrhein – Westfalen, Urteil vom 28. Januar 2014, Aktenzeichen L 18 KN 57/13, Rn 21 m.w.N, zu recherchieren unter www.jurs.de).

Die Feststellung, dass die Beklagte auch für Erbringung der Rentenleistungen für die in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten des Zeitraums vom 10. Oktober 1966 bis zum 31. Dezember 1990 zuständig ist, ergibt sich nach Auffassung der Kammer allerdings nicht bereits aus § 88 Abs.2 S.1 SGB VI (andere Auffassung mit ausführlicher Begründung Landessozialgericht Nordrhein – Westfalen, a.a.O., Rn 22ff).

Nach § 88 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind bei einer Hinterbliebenenrente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten zugrunde zu legen, wenn der verstorbene Versicherte eine Rente aus eigener Versicherung bezogen hat und die Hinterbliebenenrente spätestens 24 Monate nach Bezug dieser Rente beginnt. Diese Voraussetzungen wären vorliegend gegeben, denn der Versicherte bezog bis zu seinem Ableben eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der Beklagten, und die Hinterbliebenenrente der Klägerin begann nahtlos im Anschluss an den Rentenbezug des Versicherten.

Die Norm des § 88 Abs.2 S.1 SGB VI wird im vorliegenden Fall jedoch von den vorrangig zur Anwendung kommenden Regelungen der deutsch – polnischen Sozialversicherungsabkommen verdrängt.

Entgegen der vom Landessozialgericht Nordrhein – Westfalen in der bereits zitierten Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung gibt es in Bezug auf die Berücksichtigung von im Ausland zurückgelegten Beitragszeiten für die keine Beiträge zum deutschen Rentenversicherungssystem entrichtet wurden, mit § 22b Abs.1 S.1 Fremdrentengesetz zumindest bereits eine innerstaatliche Norm, die materiell - rechtlich abweichend von § 88 Abs.2 S.1 SGB VI regelt, dass die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten bei der Hinterbliebenenrente nicht zu berücksichtigen sind, wenn eine Begrenzung der Entgeltpunkte nach § 22b Abs.1 Fremdrentengesetz tatsächlich besteht, die vorhergehende Versichertenrente jedoch tatsächlich nicht begrenzt wurde (vgl. Gürtner in Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 91. Ergänzungslieferung Stand September 2016, zu § 88 SGB VI Rn 13 mit weiteren Nennungen). Sonderregelungen zu § 88 Abs.2 S.1 SGB VI sind dem deutschen Recht daher nicht fremd.

Nach Überzeugung der Kammer begründen auch die durch die Zustimmungsgesetze Bundesrecht gewordenen Regelungen des DPSVA 1990 und des DPSVA 1975 insbesondere durch die dort erfolgten Regelungen zur Verteilung der Versicherungslast zwischen den Sozialversicherungsträgern dem § 88 Abs.2 SGB VI vorgehende Spezial- bzw. Sonderregelungen. Dieses ergibt sich bei nach Art. 59 Abs.2 Grundgesetz (GG) gleichrangigen Regelungen aus dem aus der Präambel des Grundgesetzes, Art. 24 und 59 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, welcher auch den Grundsatz der lex posterior – Regelung beschneidet (vgl. Maunz /Düring, Kommentar zum Grundgesetz, 78. Ergänzungslieferung 2016, zu Art. 25 Grundgesetz, Rn 8ff). Dieses ergibt sich ergänzend auch aus dem nach Art. 24 GG als allgemeiner völkerrechtlicher Grundsatz Teil des deutschen Rechts gewordener Grundsatz der Vertragstreue - „pacta sunt servanda“ (vg. Maunz – Dürig, a.a.O.). Im Fall der Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrages durch Zustimmungsgesetz ist bei einer Kollision der in das deutsche Recht übernommenen Regelung mit einer innerstaatlichen Norm davon auszugehen, dass der durch Zustimmungsgesetz in das innerdeutsche Recht implementierten Norm gegenüber der gleichrangigen innerstaatlichen Norm Vorrang zu gewähren ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn aus der kollidierenden innerstaatlichen Vorschrift oder den Gesetzgebungsmaterialien eindeutig zu erkennen ist, dass der Gesetzgeber sich bewusst vertragswidrig verhalten und die implementierten Regelungen des völkerrechtlichen Vertrages innerstaatlich außer Kraft setzen wollte (vgl. Maunz – Dürig,a.a.O.).

Um Festzustellen, ob das DPSVA 1975 und das DPSVA 1990 von § 88 Abs.2 SGB VI abweichende Sonderregelungen enthalten, sind diese Verträge auszulegen. Zur Auslegung dieser völkerrechtlichen zwischenstaatlichen Verträge sind die Normen zur Vertragsauslegung der Art. 31 bis 33 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (im Folgenden „WVK“), welche im Wesentlichen auch völkerrechtliches Gewohnheitsrecht darstellen, heranzuziehen.

Gemäß Art. 31 Abs.1 WVK ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Hierbei bedeutet gemäß Art. 31 Abs.2 WVK der Zusammenhang für die Auslegung eines Vertrags außer dem Vertragswortlaut samt Präambel und Anlagen auch jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses getroffen wurde sowie jede Urkunde, die von einer oder mehreren Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses abgefasst und von den anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde. Gemäß Art. 31 Abs.3 sind außer dem Zusammenhang jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen, jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht sowie jeder in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbare einschlägige Völkerrechtssatz in gleicher Weise zu berücksichtigen. Eine besondere Bedeutung ist einem Ausdruck beizulegen, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien dies beabsichtigt haben.

Gemäß Art. 33 Abs.1 WVK ist der Text in jeder Sprache in gleicher Weise maßgebend, wenn ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen als authentisch festgelegt worden ist, sofern nicht der Vertrag vorsieht oder die Vertragsparteien vereinbaren, dass bei Abweichungen ein bestimmter Text vorgehen soll. Bezüglich dieser Regelung ist festzustellen, dass sowohl das DPSVA 1975 wie auch das DPSVA 1990 in deutscher als auch in polnischer Sprache als gleichberechtigte Vertragssprachen abgefasst sind. Mit Rücksicht auf die auch für Fachsprache vorhandenen Sprachkenntnisse des Kammervorsitzenden (der Kammervorsitzende ist auch Magister des polnischen Rechts) kann die Kammer beide Vertragstexte in ihre Erwägungen mit einbeziehen.

Das DPSVA 1975 und das DPSVA 1990 treffen zur Überzeugung der Kammer insbesondere in Art. 4 des DPSVA von 1975 und in Art. 17f. des DPSVA 1990 zwischenstaatliche Regelungen zur Lastenverteilung bezüglich der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen den deutschen und dem polnischen Sozialversicherungsträgern. Wesentlicher Gegenstand dieser Regelungen ist, insbesondere in der dieses ausdrücklich anordnenden Norm des Art. 4 Abs.3 des DPSVA 1975, dass für dieselben rentenrechtlichen Zeiten grundsätzlich nicht von beiden Trägern Rentenleistungen erbracht werden. Art. 4 Abs.3 S.2 des DPSVA sieht ausdrücklich vor, dass „ein Rentenempfänger“ nach Feststellung seiner Rechte im Vertragsstaat der gleichzeitig sein Wohnort ist, für die Zeit der Beibehaltung dieses Wohnsitzes keine Ansprüche auf Grund der im anderen Staat zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten gegen diesen hat. Dieses ist Ausfluss des sich für das DPSVA 1975 insbesondere aus Artikel 4 Abs.2 abzuleitenden „Integrationsprinzips“. Leistungen sollten vom Leistungsträger des Wohnorts des jeweiligen „Berechtigten“ erbracht werden. Hierbei musste der Berechtigte nicht unbedingt identisch sein mit dem „Versicherten“, ebenso wie der Wohnort des Berechtigten nicht identisch seien musste mit dem (vormaligen) Wohnort des Versicherten. Denn zu den Berechtigten zählten nach Art. 1 Nr.3 des DPSVA auch die Empfänger von Hinterbliebenenrente. Nach der dortigen Begriffsdefinition werden die in Art. 4ff DPSVA 1975 geltenden Regelungen unter anderem auch für den Bereich der Rentenleistungen wegen Todes vereinbart. Der Begriff des „Berechtigten“ wurde somit von den Vertragsparteien ganz bewusst weiter gezogen als der Begriff des „Versicherten“ und erfasste auch Empfänger und Inhaber von Ansprüchen auf Hinterbliebenenrentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.

Diese auf die Integration des „Berechtigten“ im Wohnortstaat abzielende Regelung des Art. 4 DPSVA ist historisch auch verständlich, da in den Jahren vor 1975 und danach zwar große Migrationsbewegungen von Polen nach Deutschland stattfanden (im Zeitraum 1976 bis 1990 ca. 900.000 Personen, mehrheitlich deutscher Herkunft, vgl. Poletzky / Pflaum, Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 09.10.1975, Nachtrag zur 2. Auflage, Stand 31. Dezember 1998, Vorbemerkung), eine auf hohen Niveau kontinuierlich stattfindende Zusammenarbeit zwischen der damals noch kommunistischen Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland für die Regelung und laufende Abwicklung von Rentenangelegenheiten aber nicht erwünscht bzw. nicht möglich gewesen seien dürfte. Auch ergibt sich aus den Regelungen des Art. 4 des DPSVA 1975 die Absicht der Vertragsparteien, dass Migranten aus den jeweiligen Vertragsparteien grundsätzlich mit einem vor Ort auskömmlichen Renteneinkommen endgültig an ihrem neuen Wohnort integriert werden und keine laufenden Renten aus dem jeweiligen Ursprungsland mehr erhalten sollten.

Vor diesem Hintergrund war es nach Überzeugung der Kammer durchaus nach Art. 4 Abs.2 des DPSVA 1975 von den Vertragsparteien gewollt und auch tatsächlich sinnvoll, dass zum Beispiel in dem Fall, dass ein Ehepartner nach Deutschland (oder Polen) auswanderte, und der andere Ehepartner am ursprünglichen Wohnort zurückblieb und anschließend dort verstarbt, die Hinterbliebenenrente aus allen Zeiten des verstorbenen Versicherten von dem für den Wohnort des Hinterbliebenen zuständigen Träger der Rentenversicherung geleistet wurde, auch wenn der Versicherte im Staat des Wohnorts des Hinterbliebenen möglicherweise überhaupt keine rentenrechtlich relevanten Zeiten zurückgelegt hatte. Um den „effet utile“ also den nützlichen Zweck dieser Regelung –wie auch die des Art. 4 Abs.3 des DPSVA 1975 - nicht völlig ins Leere laufen zu lassen, muss diese Regelung innerstaatlichen Gesetzen wie demjenigen des Art. 88 Abs.2 SGB VI zwingend vorgehen, solange sie noch nach dem Willen der Vertragsparteien zur Anwendung gelangt. Hierbei möchte die Kammer betonen, dass dieses nicht zwingend finanziell „zu Lasten“ des Versicherten zu gehen hatte. Denn auf diesem Wege hatten (ggfs. auch haben) nach Deutschland ausgewanderte Hinterbliebene gegebenenfalls deutlich höhere Ansprüche gegenüber den deutschen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, als dieses unter Anwendung der §§ 66 Abs.2 Nr.2 i.V.m. 88 Abs.2 SGB VI der Fall gewesen wäre, wobei § 88 Abs.2 SGB VI allerdings auch eine Leistung auf Grund höherer Entgeltpunkte durch den Zusatz „mindestens“ ausdrücklich zulässt.

Weiter ist an darauf hinzuweisen, dass es völkerrechtlich wertungsmäßig grundsätzlich keinen Unterschied im Sinne eines „Besitzschutzes“ machen kann, ob Leistungen für Rentenzeiten vom polnischen oder deutschen Sozialversicherungsträger erbracht werden, da Deutschland und Polen gleichberechtigte Völkerrechtssubjekte sind und es zumindest für die Zukunft keineswegs sicher gesagt ist, dass die Leistungserbringung durch den deutschen Sozialversicherungsträger für den Berechtigten günstiger ist, auch wenn dies seit 1975 faktisch tatsächlich so war, was Grundlage für das an diesem Gericht nicht seltene Begehren von Hinterbliebenen ist, dass die Leistungen wenn möglich nicht vom polnischen sondern vom deutschen Sozialversicherungsträger zu erbringen sind. Was auf jeden Fall zu vermeiden ist, ist dass keine der Vertragsparteien sich für die Erbringung von Leistungen der Rentenversicherung als zuständig erachtet.

Würde Art. 4 Abs.2 des DPSVA im Fall der Klägerin, die ihren Wohnort vor dem 31. Dezember 1990 nach Polen zurückverlegt hat, weiterhin zur Anwendung kommen, wäre die Entscheidung der Beklagten der Klägerin entsprechend Art. 4 Abs.3 des DPSVA von 1975 keine Leistungen aus den vom Versicherten bis zum 31. Dezember 1990 in Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten rechtmäßig und die Klage abzuweisen. Denn in diesem Fall wäre gemäß Art. 4 Abs.2 des DPSVA von 1975 der polnische Sozialversicherungsträger für die Leistung der Hinterbliebenenrente der Klägerin allein zuständig. Hierfür spräche der Umkehrschluss aus der Regelung des Art. 27 Abs.1 des DPSVA von 1990. Diese vertragliche Vorschrift, welche unter der Überschrift „Übergangs- und Schlussbestimmungen“ steht, trifft eine Regelung zur Abgrenzung der Anwendbarkeit der Regelungen des DPSVA von 1975 und des (neuen) DPSVA von 1990. Demnach gilt das DPSVA für alle Ansprüche aus Versicherungszeiten nach dem 31. Dezember 1990, die im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates zurückgelegt werden oder eintreten. Ferner gilt das DPSVA von 1990 für Ansprüche von Personen, die nach dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnsitz in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates verlegen, dort neu begründen oder in einem Drittstaat ziehen. Beides ist vorliegend nicht einschlägig, da versicherungsrechtliche Zeiten vor dem 31. Dezember 1990 im Streit stehen und die Klägerin seit 1984 ihren Wohnsitz durchgehend im Vertragsstaat Polen hat. Der Umkehrschluss aus Art. 27 Abs.1 des DPSVA 1990 könnte daher dahingehend verstanden werden, dass dieses auf den Fall der Klägerin nicht zur Anwendung kommt, mit der hieraus folgenden Konsequenz, dass das DPSVA 1975 auf die Klägerin weiterhin Anwendung findet (in diesem Sinne auch Poletzky / Pflaum, a.a.O. Seite 3 für die dort bezeichneten „Mischfälle“). Eine konsequente Anwendung des DPSVA 1975 nicht nur auf Versicherte sondern auch auf Hinterbliebene die Versicherungsleistungen geltend machen und ihren Wohnort vor dem 31. Dezember 1990 in einem Vertragsstaat genommen haben und ihn seitdem dort beibehalten, entspricht auch nach dem Kenntnis- und Erfahrungsstand des Kammervorsitzenden aus den vergangenen sieben Jahren des Kammervorsitzes über die 29. Kammer mit innergerichtlicher ausschließlicher Sonderzuständigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung für alle in Polen wohnhaften Kläger, welche auf Grund des Sitzes der Beklagten nach § 57 Abs.3 SGG in erster Instanz vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) klagen müssen, auch der ständigen tatsächlichen Übung der Beklagten im Sinne des Art. 31 Abs.3 WVK. Bezüglich der einer hiermit tatsächlichen korrespondierenden Erbringung der Leistungen durch den polnischen Sozialversicherungsträger muss die Beklagte in vergleichbaren Fällen jedoch zum Teil über die polnische Verbindungsstelle des Sozialversicherungsträger ZUS in Opole versuchen zu intervenieren, da diese für in Deutschland zurückgelegte Zeiten des verstorbenen Versicherten zumindest von lokalen Stellen der ZUS in den (vergleichbar wenigen) dem Kammervorsitzenden bekannten Fällen zumindest zum Teil nicht ohne Weiteres erfolgt.

Aus Art. 27 Abs.1 DPSVA 1990 den Umkehrschluss zu ziehen, dass dieser auch auf Hinterbliebenenrentenleistungen anzuwenden ist, ist jedoch nicht logisch zwingend. Aus Sicht der Kammer ist es nämlich zumindest fraglich, ob die Vertragsstaaten in Art. 27 Abs.1 DPSVA 1990 eine Regelung für Rentenleistungen für Hinterbliebene treffen wollten. Vorliegend geht die Kammer in Auslegung des Wortlautes des Vertrages unter Berücksichtigung des Zweckes und des Zieles der im Jahr 1990 erfolgten ergänzenden Neureglung der Verteilung der Versicherungslast für die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen davon aus, dass eine eindeutige Fortgeltung der Regelungen des Art. 4 des DPSVA 1975 nach Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 nur für diejenigen Fälle der Leistung von Rentenleistungen wegen Todes bestimmt ist, in denen bereits zum Stichtag des 31. Dezember 1990, bzw. bei Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des Art. 27 Abs.4 DPSVA 1990 der 30. Juni 1991, ein Fall der Berechtigung, also mindestens des „Erwerbs einer Anwartschaft auf eine Hinterbliebenenrentenleistung“ eingetreten war. Denkbar ist in einer Gesamtschau der Regelungen des Art. 27 Abs.1 und Abs.2 DPSVA 1990 eine Fortgeltung der Regelungen des Art. 4 DPSVA 1975 auch für die Fälle anzunehmen, in denen die Rentenleistungen des Versicherten bis zu dessen Ableben unter Berücksichtigung von Zeiten aus dem jeweils anderen Vertragsstaat nach Art. 4 DPSVA 1975 erbracht wurden und der mit dem Versicherten vor dem 31. Dezember 1990 eingereiste Ehepartner seinen Wohnort in dem die Leistung erbringenden Vertragsstaat beibehalten hat (in diesem Sinne bereits SG Frankfurt (Oder), Urteil vom 25. Januar 2012, Aktenzeichen S 29 R 211/11, zu recherchieren unter www.juris.de, Entscheidung rechtskräftig nach Abweisung der Berufung durch das Landessozialgericht Berlin – Brandenburg im Verfahren mit dem dortigen Aktenzeichen L 12 R 259/12. Die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin – Brandenburg wurde nicht veröffentlicht).

Zumindest in Fällen wie dem hier zu entscheidenden, in denen bereits die Rente des Versicherten zu einem nach dem 31. Dezember 1990 / 30. Juni 1991 liegenden Zeitpunkt des Versicherten nicht oder nicht mehr unter Anwendung des DPSVA 1975 berechnet wurde, sieht die Kammer für die Fälle der Erbringung von Hinterbliebenenrentenleistungen jedoch nach dem in dem DPSVA von 1990 erkennbaren Willen der Vertragsparteien keine Rechtsgrundlage mehr für die erneute Anwendbarkeit des DPSVA 1975 auf die Hinterbliebenenrentenleistungen. Für die ab dem 1. Januar 1990 neu eingetretenen Fälle der Ansprüche und Anwartschaften für Hinterbliebenenrenten gilt zur Überzeugung der Kammer in den Fällen, in denen das DPSVA 1975 auf den Versicherten nicht oder nicht mehr anwendbar war, dass auch die Hinterbliebenenrentenleistungen in Übereinstimmung mit der Regelung des Art. 18 Abs.1 bis 3 des DPSVA von jedem Vertragsstaat auf Grundlage und im Verhältnis der rentenrechtlichen Zeiten, die auf seinem Hoheitsgebiet zurückgelegt wurden (so genanntes „Leistungsexportprinzip“) zu erbringen sind. Dieses ergibt sich für die Kammer insbesondere aus der Übergangsvorschrift des Art. 27 Abs.2 des DPSVA 1990.

Diese hat folgenden Wortlaut:

Die vor dem 1. Januar 1991 aufgrund des Abkommens vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (Abkommen von 1975) von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften werden durch dieses Abkommen nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaates beibehalten. Für die Ansprüche dieser Personen in der Renten- und Unfallversicherung gelten die Bestimmungen des Abkommens von 1975; hierbei sind für die Anspruchsvoraussetzungen und Höhe der Leistungen die Rechtsvorschriften maßgebend, die am jeweiligen Wohnort für Versicherungszeiten und Arbeitsunfälle (Berufskrankheiten) gelten, die dort zurückgelegt worden oder eingetreten sind...“

Die vorzitierte Norm trifft eine Besitzstandregelung bzw. eine Regelung des Status quo bezüglich der bis zum 31. Dezember 1990 in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften nach dem DPSVA 1975. Voraussetzung für die Beibehaltung des Status quo für die vorgenannten Ansprüche und Anwartschaften ist, dass die Person, die diese Ansprüche oder Anwartschaften erworben hat, ihren Wohnort im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates beibehält. Die Regelung des Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 wäre überflüssig, wenn die Norm Art. 27 Abs.1 des DPSVA 1990 für alle rentenrechtlich relevanten Fälle als abschließende Regelung im Sinne des vorgenannten Umkehrschlusses betrachten würde, denn dann würde bereits die Regelung des Art. 27 Abs.1 des DPSVA 1990 sicherstellen, dass sich der Status quo von Personen, die ihren Wohnsitz vor dem 31. Dezember 1990 in einem Vertragsstaat genommen und anschließend dort beibehalten haben, nicht verändert wird.

Weiterhin wird aus Art. 27 Abs.2 DPSVA deutlich, für welche Fälle die Vertragsstaaten diese besondere Besitzstandregelung treffen wollten. Gemäß Art. 27 Abs.2 gilt die Besitzstandregelung unter Fortgeltung des DPSVA 1975 nur für „erworbene Ansprüche und Anwartschaften von Personen in einem Vertragsstaat“. Aus dem Wortlaut, der auch bei der Auslegung völkerrechtlicher Regelungen Beginn und gleichzeitig äußerste Grenze der Auslegung ist, „erworbene Ansprüche und Anwartschaften“ werden zwei grundsätzlich Ziele der Vertragsparteien deutlich. Zum einen sollte vermieden werden, dass die Berechtigten auf Grund der Neuregelung eine verfassungsrechtlich (für Deutschland Art. 14 Abs.1 GG) gesicherte Rechtsposition verlieren. Zum anderen sollten nicht hunderttausende von Renten neu berechnet werden, was einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet hätte.

Die Norm des Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 betrifft damit nach ihrem Wortlaut und wohl auch dem Vertragszweck nur einen Teil der Hinterbliebenenrentenleistungen, nämlich diejenigen, bei denen der Leistungsfall im Sinne des Ablebens des Versicherten bei gleichzeitigen Vorliegen der weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 1990 eingetreten ist. Denn erst mit dem Ableben des Versicherten erwirbt die / der Hinterbliebene eine Anwartschaft im Sinne eines „eigentumsgleiches Recht“ im Sinne des Art. 14 GG. Denn während allgemein anerkannt ist, dass der Versicherte selbst spätestens mit Erfüllen der Wartezeit einen durch Art. 14 Abs.1 GG geschützte anwartschaftsrechtliche Rechtsposition erwirbt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27. Februar 2007, Aktenzeichen 1 BvL 10/00, Rn 50 m.w.N., zu recherchieren unter www.juris.de), haben die Familienmitglieder des Versicherten zu dessen Lebzeiten aus dessen Versicherung keine nach Art. 14 Abs.1 GG geschützte Rechtsposition (so zutreffend auch LSG Nordrhein – Westfalen, a.a.O., Rn 21 m.w.N.). Eine verfassungsrechtlich geschützte Anwartschaftsrecht der Witwe entsteht wie bereits ausgeführt erst mit dem Ableben des Versicherten, denn erst ab diesem Moment ist das Entstehen des Anspruches auf Gewährung einer Witwenrente nach § 46 SGB VI nur noch von der Antragstellung der Witwe abhängig und kann weder von der Beklagten noch von einer dritten Person (insbesondere dem Versicherten im Weg der Ehescheidung) verhindert werden (vgl. zumindest in diesem Sinn Landessozialgericht Baden – Württemberg, Urteil vom 9. Dezember 2008, Aktenzeichen L 13 R 2351/08, Rn 25, zu recherchieren unter.www.juris.de). Für die Fälle, an denen der Versicherte am 31. Dezember 1990 (bzw. 30. Juni 1991) noch lebte, waren die (zukünftigen) Hinterbliebenen zu dem vorgenannten Stichtag auch noch keine Berechtigten im Sinne des Art. 4 Abs.2 DPSVA 1975 und erst Recht keine Berechtigten im Sinne des Art. 4 Abs.3 DPSVA 1975.

Im Sinne des Art.33 WKV ist an dieser Stelle auszuführen, dass sich auch aus dem Wortlaut der polnischsprachigen Vertragsfassung der Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 keine andere Bedeutung der Regelung ableiten lässt. Die polnischen Vertragsfassung spricht vom Erhalt der bis zum 31. Dezember 1990 erworbenen „Ansprüche“ (pl. Wortlaut: „roszczenia“) und „Berechtigungen“ („uprawnienia“). Eine Berechtigung im Sinne der polnischen Vertragsfassung kann für einen Hinterbliebenen sicherlich auch erst mit dem Ableben des Versicherten entstehen. Wahrscheinlich ist das polnische Wort „Berechtigung“ im Vergleich zum deutschen Begriff „Anwartschaftsrecht“ in Ermangelung einer im Jahr 1990 adäquaten Übersetzungsmöglichkeit gewählt worden (die wortgetreue Übersetzung des Wortes „Anwartschaftsrecht“ lautet: „ekspektatywa“). Im Verhältnis der Begriffe Berechtigung zum Begriff Anwartschaftsrecht dürfte der Begriff der Berechtigung eher noch enger auszulegen sein, da eine Berechtigung etwas ist, was man bereits einfordern bzw. geltend machen kann.

Zusammenfassend bestand in Bezug auf die Hinterbliebenen deren Anspruch oder Anwartschaft auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erst nach dem 31. Dezember 1990 entstanden ist, weder eine nach Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 beizubehaltende Rechtsposition noch gibt es im Sinne von der Ersparnis von weiterem Verwaltungsaufwand einen nachvollziehbaren Grund, weshalb die Ansprüche dieser Personen nicht nach dem Leistungsexportprinzip berechnet werden sollten. Dieses gilt in jedem Fall dann, wenn die Versichertenrente wie die Rente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin bereits nach den Vorgaben des DPSVA 1990 berechnet wurde und das Integrationsprinzip des DPSVA 1975 bereits nicht mehr zur Anwendung kam. In diesem Fall gibt es keinen Grund und auch keine Rechtsgrundlage, für die Erbringung der Hinterbliebenenrentenleistungen „die Uhr zurückzudrehen“ und die Regeln des DPSVA 1975 auf die Hinterbliebenenrentenleistungen wieder zur Anwendung zu bringen. Einen im Sinne des Integrationsprinzips des DPSVA 1975 schützenswerten Status quo haben solche Hinterbliebenen nicht. Eine Anwendung der Regelungen des DPSVA 1975 entspricht auch nicht dem Rechtsempfinden der Hinterbliebenen wie auch zumindest aller nicht täglich mit der Materie der Deutsch – Polnischen Versicherungsabkommen befassten Dritten. Die erneute Anwendung des DPSVA 1975 bringt für beide Vertragsstaaten in dieser Konstellation einen Verwaltungsmehraufwand, da nicht die bisherigen Rentengewährungen zu Grunde gelegt werden, sondern neu berechnet werden muss. All dieses läuft dem Sinne und Zweck des Art. 27 Abs.1 und des Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 zuwider.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Erbringung der Rentenversicherungsleistungen durch den Staat bei dem die entsprechende Versicherungspflicht bestand und an den die Rentenversicherungsbeiträge abgeführt wurden, auch dem aus Art. 14 Abs.1 GG abzuleitenden Grundsatz der Parallelität von Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung und den hieraus entstehenden Anwartschaften und Ansprüchen gegen die gesetzliche Rentenversicherung entspricht. Das Integrationsprinzip des Art. 4 des DPSVA 1975 ist eine hiervon abweichende, begründungsbedürftige und durch die damaligen politischen Umstände und tatsächlichen Notwendigkeiten zu begründende Ausnahme von dieser Regel. Die weitere Anwendung des Integrationsprinzips anstelle des im DPSVA von 1990 in Art. 18 geregelten Leistungsexportprinzips, mit der Folge und dem Risiko, dass Leistungen aus zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung abgeführten Beiträgen von dem anderen Vertragsstaat, hier vom polnischen Sozialversicherungsträger möglicherweise in nicht adäquater Höhe zu den erfolgten Einzahlungen zu erbringen sind (dasselbe gilt entsprechend für die Erbringung von Leistungen für in Polen zurückgelegte Zeiten durch den deutschen Sozialversicherungsträger), ist daher auch entsprechend begründungsbedürftig und als Ausnahme nur in eindeutigen Fällen anzunehmen. Die historischen Gründe für die im Jahr 1975 erfolgte Implementierung des Integrationsprinzips (Unterschiedliche politische Systeme und daraus resultierend eine schwierige Zusammenarbeit der Verwaltung, Einschränkungen des Kapitalflusses zwischen den Staaten) sind zumindest zu guten Teilen weggefallen.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass das bereits in Art. 18 DPSVA 1990 geregelte Leistungsexportprinzip unter Berücksichtigung der zulässigen Ausnahmeregelungen für minimale Beitragszeiten im Wesentlichen auch dem Recht der Europäischen Union entspricht. So bestimmen Art. 50 Abs.1 und Art. 52 der VO (EG) 883/2004, dass die beantragten Rentenleistungen grundsätzlich entsprechend den Versicherungszeiten im jeweiligen Staat der Leistungserbringungen – unter Berücksichtigung der Zeiten in den weiteren Staaten zum Beispiel für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen – zu erbringen und in den Wohnortsstaat des Versicherten oder Hinterbliebenen zu exportieren sind. Nach Art. 57 Abs.1 der VO (EG) 883/2004 gilt als Ausnahme hierzu, dass ein Mitgliedstaats die Erbringung von Leistungen von Versicherten und Wohnzeiten ablehnen kann, wenn diese Zeiten weniger als 12 Monate betreffen. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

In Bezug auf die Sonderregelungen der Leistungserbringung nach den deutsch – polnischen Sozialversicherungsabkommen sieht die VO (EG) 883/2004 im Weiteren in Anhang II eine abweichende Sondervorschrift vor. Unter der Überschrift Deutschland – Polen heißt es für Bestimmungen von Abkommen die nach der Überschrift des Anhanges II weiter in Kraft bleiben und gegebenenfalls auf die Personen beschränkt sind, für die diese Bestimmungen gelten mit Bezug auf die Ausnahmeregelung des Art. 8 Abs.1 der VO (EG) 883/2004 über die zeitlich begrenzte Fortgeltung einzelner Vorschriften zwischenstaatlicher Sozialversicherungsabkommen, die für die Betroffenen günstiger oder auf besondere historische Umstände zurückzuführen sind unter Punkt a):

„Abkommen vom 9. Oktober 1975 über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind).“

Die Übergangsvorschrift zur weiteren Anwendung des DPSVA 1975 verweist nicht auf Art. 27 Abs.1 des DPSVA 1990. Eine Bezugnahme erfolgt nur auf die in Art. 27 Abs.2 und 4 des DPSVA von 1990 geregelten Bedingungen – im Übrigen gilt somit der Anwendungsvorrang des Europarechts gegenüber den Regeln des nationalen Rechts und auch den DPSVA 1975 und DPSVA 1990. Entsprechend der im Anhang zur VO (EG) 883/2004 erfolgten Erläuterung der zu erhaltenden „Bedingungen“ gilt diese Übergangsvorschrift nur für Personen die auf Grund des DPSVA 1975 bereits einen Rechtsstatus haben und die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polen genommen hatten oder weiterhin dort ansässig sind. Dieses bedeutet aus Sicht der Kammer, dass die Vorschriften des DPSVA von 1975 auf Hinterbliebene bereits nach europarechtlichen Vorgaben nicht oder zumindest nicht mehr anwendbar sind, die nach dem 1. Dezember 1991 ihren Wohnsitz verlegt haben (so bereits im Ergebnis: SG Frankfurt (Oder), a.a.O.). Dieses bestätigt nach Auffassung der Kammer jedoch auch die bereits erfolgte Auslegung, dass die Fortgeltung des DPSVA 1975 nur für Personen unter den in Art. 27 Abs.2 und 4 des DPSVA 1990 beschriebenen Bedingungen in Betracht kommt, dass heißt, die bereits einen Rechtsstatus nach dem DPSVA 1975 zum Stichtag des 31. Dezember 1990 beziehungsweise zum 30. Juni 1991 erworben hatten. Die Klägerin hatte aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten jedoch wie bereits dargelegt zu den fraglichen Stichtagen noch keinen Rechtsstatus erworben, so dass es auch keinen Rechtsstatus im Sinne eines Status quo aus dem DPSVA 1975 gab, der im Fall der Klägerin beibehalten werden konnte.

Nur außerhalb der tragenden Gründe dieser Entscheidung will die Kammer abschließend ausführen, dass eine andere Wertung in Bezug auf Hinterbliebenenrentenleistungen dann denkbar ist, wenn der Versicherte bis zu seinem Ableben unter Berücksichtigung der Regelung des Art. 4 des DPSVA 1975 Rentenleistungen auch aus Zeiten die in dem anderen Vertragsstaat zurückgelegt wurden erhalten hat und auf den Hinterbliebenen selbst zumindest der Zweck der Regelung des Art. 27 Abs.2, nämlich der Erhalt einer zum 31. Dezember 1990 entstandenen schützenswerten Position und der Integration im Land der Einreise, sowie Vermeidung von hohem Verwaltungsaufwand anlässlich der Einführung des Leistungsexportprinzips durch das DPSVA 1990 erfüllt werden kann. Dieses wäre zumindest vertretbar in den Fällen zu bejahen, in denen die Ehepartner gemeinsam im Zeitraum vor dem 31. Dezember 1990 ihren Wohnort in einem Vertragsstaat gewählt und bis zum Tod des Versicherten dort beibehalten haben, solange der Hinterbliebene auch danach in diesem Vertragsstaat verbleibt. Eine solche teleologische Auslegung des Art. 27 Abs.2 DPSVA 1990 würde auch zu einem möglichst geringen Konflikt mit der innerstaatlichen Regelung des § 88 Abs.2 SGB VI führen.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Hauptsacheverfahrens.

3.

Die Revision war gemäß §§ 161 i.V.m. 160 Abs.2 S.1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage, ob Art. 4 des DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 27 Abs.2 und 4 des DPSVA 1990 auf Hinterbliebenenrenten für Witwen / Witwer anzuwenden ist, deren Partner nach dem 31. Dezember 1990 verstorben sind, hat nach wie vor große Bedeutung, ebenso wie die Frage, ob die Regelungen der DPSVA von 1975 und 1990 Regelungen enthalten, die dem § 88 Abs.2 SGB VI als Spezialregelungen bzw. wegen des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und damit des Grundgesetzes als Kollisionsnorm vorgehen. Diese Rechtsfrage betrifft eine Vielzahl (nach den Angaben von Poleztky / Pflaum, a.a.O. in den Vorbemerkungen - wahrscheinlich mehrere Hunderttausend) von Neu- und Bestandsfällen und ist in der Praxis von hoher rechtlicher und tatsächlicher Bedeutung.