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Asylrechts (Tschad)


Metadaten

Gericht VG Potsdam 6. Kammer Entscheidungsdatum 03.04.2014
Aktenzeichen 6 L 199/14.A ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 34 AsylVfG, § 36 AsylVfG, § 71a AsylVfG, § 80 Abs 5 VwGO

Leitsatz

In Fällen der Ablehnung eines asylrechtlichen Zweitantrages ist vorläufiger Rechtschutz nur nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig.
Prüfmaßstab ist in diesen Fällen § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens;

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der aus dem Tschad gebürtige Antragsteller brachte 2011 in Italien ein Asylgesuch an, das nach seinen Angaben abschlägig beschieden wurde. Indes war ihm dort im März 2013 eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen („Titolo di viaggio per stranieri“) erteilt worden. Im April 2013 reiste der Antragsteller nach Deutschland ein, wo er am 23. April 2014 bei der Außenstelle Eisenhüttenstadt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen (abermaligen) Asylantrag anbrachte. Der Antragsteller wurde am 22. Januar 2014 nach in Bezug auf Italien erfolglos gebliebenem Wiederaufnahmegesuch angehört. Dabei führte er u.a. aus, 2006 wegen des Krieges aus dem Tschad mit den übrigen Familienmitgliedern fortgegangen zu sein und aus dem Sudan heraus gegen die tschadische Regierung mitgekämpft zu haben, bevor er 2008 für etwa drei Jahre nach Libyen gegangen sei. Dort habe er gehört, dass es Flüchtlingen in Deutschland sehr gut gehe. Deshalb habe er in Italien nur gezwungenermaßen Asyl beantragt und sei er nach Erhalt der dortigen Papiere nach Deutschland weitergereist. Er habe Angst vor einer Rückkehr in den Tschad, weil sein Vater Führer der Volksgruppe ihres Dorfes und des gesamten Volkes gewesen sei und man ihn – den Antragsteller – daher identifizieren und als Oppositionellen verfolgen würde.

Mit am 25. Februar 2014 aufgegebenem Bescheid vom 19. Februar 2014 lehnte das Bundesamt unter Bezugnahme auf § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab (Nr. 1), stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), und forderte es den Antragsteller zur Ausreise innerhalb einer Woche unter Androhung seiner Abschiebung in den Tschad auf (Nr. 3).

Hiergegen hat der Antragsteller am 6. März 2014 Klage erhoben (VG 6 K 511/14.A) und beantragt er im Eilrechtsschutzwege,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Ausländerbehörde gegenüber die Mitteilung zum Fehlen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorläufig zu widerrufen.

Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt von Klage- und Eilverfahrensakte sowie des Bundesamtsvorgangs Bezug genommen.

II.

Der Eilrechtsschutzantrag ist auch gegen die anwaltliche Formulierung bei sachgemäßer Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehen, dass es dem Antragsteller um eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der genannten Klage geht. Das Bundesamt hat den in Deutschland angebrachten Asylantrag des Antragstellers nämlich als Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylVfG zu dem bereits in Italien angebrachten Asylantrag behandelt und auf dieser Grundlage eine Abschiebungsandrohung erlassen. Diese hat entsprechend § 71a Abs. 4 AsylVfG i.V.m. §§ 34, 36 AsylVfG zur Folge, dass die hiergegen gerichtete Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 75 Satz 1 AsylVfG). Es liegt insbesondere kein Fall des § 71 Abs. 5 AsylVfG, also kein Folgeantrag hinsichtlich eines früher in Deutschland angebrachten ersten Asylantrages vor. Statthafter Eilrechtsschutzbehelf kann daher im vorliegenden Fall nur derjenige nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO sein wie in allen übrigen Fällen einer auf §§ 34, 36 AsylVfG gestützten Abschiebungsandrohung.

Der solchermaßen statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb der einwöchigen Antragsfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG angebrachte Antrag bleibt indes in der Sache ohne Erfolg. Denn der angegriffene Bundesamtsbescheid vom 19. Februar 2014 begegnet keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG; zum Prüfungsmaßstab vgl. VG Berlin, Beschluss vom 3. Februar 2014 - VG 33 L 562.13.A -, juris, Rn. 14).

Angesichts des vom Antragsteller selbst vorgebrachten, nach seinen Angaben erfolglos gebliebenen Asylantrages in Italien – einem den einschlägigen europarechtlichen Bestimmungen zum Flüchtlingsschutz unterliegenden sicheren Drittstaat –, welcher mit Blick auf die vom Antragsteller im Verwaltungsverfahren vorgelegten italienischen Ausweisdokumente unzweifelhaft im Jahr 2011 gestellt worden war, erweist sich die Annahme des Bundesamtes schon im summarischen Verfahren als richtig, dass es sich beim 2013 in Deutschland angebrachten Asylantrag um einen Zweitantrag i.S.v. § 71a Abs. 1 AsylVfG handelt. Es ist überdies nicht ernstlich zweifelhaft, dass im Falle des Antragstellers die für einen Erfolg versprechenden Zweitantrag erforderlichen Wiederaufgreifensvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (§ 71a Abs. 1 1. Hs. AsylVfG) fehlen. Denn sein gesamtes im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren auf den Tschad bezogenes Vorbringen betrifft allein und ausschließlich Umstände, die er bereits im italienischen Asylverfahren entweder vorgebracht hat oder hat vorbringen können und sollen. Es bleibt sein Geheimnis, aus welchen Gründen der „nationalen Besonderheiten“ etwas anderes gelten sollte. Immerhin war er – genauso wie in Deutschland – bereits in Italien gehalten, seine „guten Gründe“ für die Zufluchtgewährung von sich aus umfassend, nachvollziehbar und glaubhaft sowie unter Vorlage aller zumutbar erreichbarer Dokumente darzulegen (vgl. Art. 11 der seinerzeit geltenden Richtlinie 2005/85/EG vom 1. Dezember 2005, ABl. EU L 326/13 - „Aufnahmerichtlinie“ -). Dass und inwieweit dem Antragsteller solches Vorbringen in Italien verwehrt blieb, hat er nicht nachvollziehbar vorgebracht; insbesondere bleibt er jeden Vortrag zu etwaigen Bemühungen schuldig, sich dieserhalb in Italien um Hilfe bei staatlichen oder nichtstaatlichen Stellen bemüht zu haben. Wenn er im Verwaltungsverfahren sogar angibt, mit anwaltlicher Hilfe in den Besitz der italienischen Ausweispapiere gelangt zu sein, spricht Überwiegendes dafür, dass er seine Fluchtgründe in Italien sehr wohl hat anbringen können.

Soweit der Antragsteller mit zwei im Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen, die bisher allerdings auch nur in Kopie vorliegen, die politischen Aktivitäten seines Vaters darzulegen sucht, womit er offenbar auf eine von diesem abgeleitete eigene Gefährdung hinweisen will, liegen ersichtlich keine neuen Beweismittel (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) vor, die der Antragsteller nicht bereits in Italien hätte vorlegen können. Aus der Kopie ergibt sich nämlich, dass sie bereits 2010 gefaxt worden waren. Der Antragsteller hat auch nichts dazu angegeben, wann er diese Unterlagen woher von wem unter welchen Umständen erhalten haben will. Daher kommt ihnen jedenfalls im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren keine ihm günstige Bedeutung zu.

Zuletzt teilt das Gericht die Auffassung des Bundesamts im angegriffenen Bescheid, wonach für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG hier nichts ersichtlich ist. Auf die Begründung des Bundesamtsbescheides wird insgesamt Bezug genommen.

Nach allem unterliegt die Ausreiseaufforderung samt Abschiebungsandrohung keinen rechtlichen Bedenken; sie beruht auf § 71a Abs. 4 AsylVfG i.V.m. §§ 34 Abs. 1 Nr. 3, 36 Abs. 1 AsylVfG und § 59 AufenthG.

Die Kostenfolgen ergeben sich aus §§ 154 Abs. 1 VwGO; 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).